Kurzgeschichte
Gedanken eines Gärtners - Das Hmm

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"Gedanken eines Gärtners - Das Hmm"
Veröffentlicht am 18. November 2010, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Gedanken eines Gärtners - Das Hmm

Gedanken eines Gärtners - Das Hmm

Hmm, ein kleine Lautmalerei mit der auch dieser Tag wohl beginnen und auch enden wird. Naja schließlich ist hmm, meiner Meinung nach, das am häufigsten gesagte Wort überhaupt und schlägt das bibelmachende „Und“ um Längen. Ob Gott wohl auch einen Satz mit hmm beginnt und mit: „ich bin mir nicht sicher beendet“ ?

Ich jedenfalls habe in Hmm eines meiner Lieblingswörter gefunden, egal wann, egal wo, es passt. Ob Interesse gefragt ist, oder Desinteresse gezeigt werden soll oder es als Einleitung für eine spöttische Bemerkung dient, seinen Zweck erfüllt es immer. Das Beste an einem Hmm ist, dass es ein jeder versteht.

Nunja genug gefachsimpelt es wird Zeit. Schließlich macht sich die Arbeit nicht von selbst.

Welche Arbeit ? Ich bin Gärtner.

Ich kümmere mich um die Gärten von Leuten die anstelle eines: „Hmm, weiß nicht.“ ein klares „Ja“ oder „Nein“ von sich geben können. Eben für jene Leute, die so bestimmend sind, dass sich ihre Freunde an einer Hand abzählen lassen, aber die Zählung ihrer Feinde selbst einen gestandenen Arithmetiker in numismatische Nöte stürzen würde.

Nunja, wenigstens haben sie ein paar Freunde. Mein Hmm stört zwar niemanden und so habe ich nicht einen einzigen Feind, aber auch keinen Freund. Zumindest nicht mehr. Ob ich wirklich einmal welche hatte? Hmm, eine gute Frage, wenn ja ist es schon zulange her, als das ich mich noch daran erinnern könnte. Hmm, wann habe ich eigentlich das letzte mal eine Gespräch ausserhalb des Berufes geführt. Ich gehe für gemeinhin sehr pfleglich mit meinen Worten um und spare mir die meisten, da man fast alles, was sich zu sagen lohnt, auch schon mit wenigen Worten sagen kann, sofern man es denn möchte. Ich spare an allen Wörtern außer an Hmm, an Hmms spare ich nicht, an Hmms habe ich auch noch nie gespart. Wann immer meine Meinung gefragt ist, brauche ich ein Hmm. Ich bin praktisch hmm-süchtig.

Die Hecke der Robertsens ist eine meiner schlimmsten Aufgaben. Nicht das die Arbeit besonders schwer oder gefährlich wäre. Das Schlimme an jener Hecke ist der Grund und Boden auf dem sie steht. Nicht die Bodenqualität macht mir Sorgen, sondern jene Menschen, die auf diesem Boden leben. In meinem ganzen fünfundreißigjährigen Leben habe ich nie eine solche Sorte Menschen getroffen. Jeder würde sie als beispielhafte Menschenfreunde und Christen anführen, aber wenn man einmal das fragwürdige Vergnügen hatte sie näher kennen zu lernen, verfliegt der Duft der Heiligkeit so schnell, dass einem von dem Dunst, der danach Einzug erhält, schnell schlecht wird.

Die Robertsens sind die scheinheiligste Familie, welche ich jemals das Kreuz Christi habe anheucheln sehen. Ich bin zwar nicht besonders gläubig, aber ein wenig habe ich auch mitbekommen. Und dieses Wenige ist schon genug, um zu wissen, wie schlecht jene sind, die sich über andere stellen, obwohl sie genauso, wenn nicht schlimmer, sind.

Hmm, die Hecke, ja ja eine schöne Hecke ist das, die grünste in der ganzen Strasse. Doch sie war schon immer grün, es ist nicht mein Verdienst, dass diese Hecke so grün ist. Man könne meinen ein Wink von oben habe diese Hecke so grün gemacht. Doch wer würde schon für eine grüne Hecke beten. Aber wenn ich es mir recht überlege, Jeffrey Robertsen würde ganz sicher für mehr grün in der Hecke beten, was soll man den sonst die ganze Zeit in der Kirche machen, während man sich in fleischlicher Entbehrung übt, also auf seinen vier Buchstaben sitzt und nichts isst. Jas so könnte es sein. Und dem Ersuchen wird dann wohl stattgegeben, weil selbst der Geduldsfaden des Mannes, der dort Oben sitzt, ein Ende hat. Pädagogisch absolut nicht wertvoll, aber ein effektiver Weg seine Ruhe zu haben „Soll er seine Hecke haben, wird wohl niemanden stören“ Hauptsache er belästigt mich nicht wieder. Das war sicher sein Gedanke hinter dieser beispielhaft schönen Hecke. Doch Jeffrey telefoniert fleißig jede Woche Sonntag weiter. Zumindest ist er jeden Sonntag da, ich bin auch da, aber nicht um zu telefonieren, sondern um das Grün um die Kirche so grün zu machen, wie die Hecke bei den Robertsens, aber ohne Tricks nur mit Mühe und Dünger. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Was zuvor vertrocknete Erde war, auf der nichts wuchs, sprießt jetzt saftiges Grün und ein paar wunderschöne Rosen.

Ganz ohne Anruf, ich denke er wird ganz froh sein, dass ich ihn nicht auch noch störe.

Genug getrödelt. Zurück an die liebe Arbeit. Schließlich macht sich die Arbei nicht von selbst.

Nach der Arbeit pflege ich meist auf einen Kurzen bei Anna einzukehren. Sie ist die Bardame des Pubes, aber meiner Meinung nach eine Verschwendung von ästhetischem Kapital in diesem Laden. Und da es keine Gerechtigkeit in der Vergabe der Gaben gibt, ist sie nicht nur bildschön, sondern auch noch recht klug, sofern ich das beurteilen kann, schließlich bin ich nur ein einfacher Gärtner.

Nunja, Anna gefällt der Job, dass sagt sie zumindest. Aber ich denke eher sie will nicht im Meer schwimmen und begnügt sich daher lieber mit einem Aquarium. Vermutlich hat sie Angst unterzugehen, wenn sie hinaus schwimmt.

Hier ist sie mit Abstand die schönste junge Frau und an Klugheit und Charme kann hier niemand das Wasser reichen. Aber das es draußen außerhalb von Oakville anders aussieht ist ihr klar.

Lieber unter den Blinden ein einäugige Königin, als unter den Einäugigen eine von Vielen. Die Beidäugigen spare ich bewusst aus, da es wohl kaum welche geben mag.

Der Whisky bei Anna schmeckt mir zwar nicht sonderlich, aber als hier Ansässiger gehört es sich Abends im Pub zu sein. Eine komische Tradition die, so denke ich, nur aus Misstrauen heraus geboren ist. Denn jeder, der dem üblichen Pubbesuch fernbleibt, ohne das jemand Bescheid weiß, ist direkt kriminell oder zumindest auf der schiefen Bahn. Kleine Städte sind eingeschworene Gemeinschaften, die man als Außenstehender nicht begreifen kann.

Henry war auch mal wieder nach langer zeit im Pub,er ist die Galionsfigur der Stadt. Reich, erfolgreich, berühmt und gutaussehend, wie gesagt an der Verteilung der Gaben sollte oben noch gefeilt werden. Vor allem, wenn so zahlreiche Gaben einem so großen Arsch zuteil werden. Er ist kein einfaches Null-Acht-Fünfzehn-Arschloch. Er ist eine Koryphäe auf dem Gebiet des Arschlochseins. Er hat das Hobby zum Beruf gemacht, er ist Anwalt. Fürs in die Suppespucken bezahlt zu werden ist mal ein echter Luxus, erst recht, wenn man ein so passionierter Spucker wie Henry White ist.

Ich hoffe eine knappe Begrüßung wird diesen aufgeblasenen Pinsel zufriedenstellen und ihn auf die Spur seiner Selbstbeweihräucherungsrunde zurückwerfen.

„Nabend Henry“ eine Begrüßung die zum Berufsbild passt, als Gärtner sollte man sich um plump klingende Sprache bemühen, da alles andere nur unliebsame Blicke nach sich zieht.

„Guten Abend John, wie geht es dir ? Was machen die Blumen?“

Die stopfe ich dir gleich ins Maul du Pinsel. Manchmal ist es eine wunderbare Gabe seine Gedanken für sich zu behalten. Mit einem Schmunzeln über meine Gedanken erklärte ich ihm, dass das Geschäft so lala ginge und das Wetter besser sein könnte. Eine geniale Antwort, wie ich finde, eine Spur Idiotie, eine Brise Lautmalerei, alles was man von einem einfachen Mann erwartet. Hin und wieder bin ich schlichtweg fasziniert von mir. Ich könnte den Robertsens fasst Konkurrenz machen, meine Heuchelei ist fasst so gelungen wie die ihre. Einen kleinen Unterschied gibt es aber schon ich versuche nicht den Herren zu täuschen, sondern nur meine Mitmenschen. Ich will auf keinen Fall auffallen.

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felix86

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