Kurzgeschichte
Schlafe süß mein Engel

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"Schlafe süß mein Engel"
Veröffentlicht am 06. November 2007, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Fröhlich, lustig, ein bisschen schüchtern, sarkastisch, kreativ, meistens ganz lüp, eigentlich immer gut drauf und BERLINERIN!!! ^_^
Schlafe süß mein Engel

Schlafe süß mein Engel

Es war eine kühle Dezembernacht im Venedig des 16. Jahrhunderts. Die Sterne loderten wie kleine Fackeln am Firmament, ein klarer, lieblicher Windhauch drang durch das Fenster des Palazzos. Sanft wehte er die weißen Vorhänge ins Zimmer und spielte mit dem Feuer der Kandelaber. Das Licht war gedämpft, es herrschte Stille. Von draußen drang nur das Geräusch eines bellenden Hundes und ein paar Betrunkener in das Zimmer.
Verona stand auf und betrat die Terrasse. Sie legte ihre sanften Hände auf das steinerne Geländer und sog die kühle Luft in die Nase.
‚Was für eine herrliche Nacht’, dachte sie.
Ihr erdbeerrotes Haar wehte leicht im Wind. Sie liebte es ihr langes Haar offen zu tragen und es in seichten Wellen auf den Rücken fallen zu lassen. Leider hatte sie nur alt zu selten die Gelegenheit dies zu tun. Sie blickte auf die Wasserstraße vor ihr. Es war ruhig, beängstigend still. Selbst das Gebrüll der beiden Trinker und das Bellen des Hundes waren verstummt. Ein kalter Windstoß durchfuhr Veronas Haare. Sie hob ihr blutrotes Kleid an und ging zurück in das warme Zimmer. Sie schloss die Fenster und zog die Vorhänge zu. Sie wollte diese Welt dort draußen nicht mehr sehen. Diese Welt mit all ihrer Schönheit. Sie hasste sie. Sie ließ sich auf den Stuhl vor dem Toilettentisch fallen und starrte in den Spiegel. Gebannt, als könne sie ihren Blick nicht davon wenden, starrte sie sich an. Minute um Minute.
Ihr Gesicht glich dem einer Puppe. Porzellanweiße Haut, dunkle, braune Augen, eine kleine, wohlgeformte Nase, und dann diese rötlichen Wellen, die das runde Gesicht einrahmten, wie das einer Puppe. Ihr Vater hatte sie daher immer „la bambola“ genannt, „die Puppe“. Als Kind hatte sie es geliebt, doch heute verfluchte sie es. Sie verfluchte es genauso wie sie ihr ganzes Leben verfluchte.
Sie sprang auf, schnappte sich den Leuchter vom Tisch und warf ihn gegen den Spiegel vorm Fenster.
„Ahhhh!“, schrie sie und brach in Tränen aus.
Sie sank kraftlos auf den Boden und weinte.
Wieso hatte man ihr das angetan? Wieso nur hatte Federico nach Verona kommen müssen? Warum? Wäre er nie dort aufgetaucht, dann wäre sie jetzt nicht hier, in diesem goldenen Käfig.
Er sagte ihr immer wieder, als er nach Verona gekommen war und sie gesehen hatte, da war er sich sicher gewesen, das Gott ihm einen Engel gesandt hatte. Sie hätte ihm mitten ins Gesicht spucken können, wenn er sie ansah und ihr dann immer wieder sagte, das Gott ihm einen Engel gesandt hatte. Federico war ein furchtbarer Mann. Er hatte rote Haare, war schlaksig und sein benehmen glich dem eines Bettlers. Er behandelte die Menschen die ihm begegneten ohne Respekt und auch seine Diener litten unter ihm. Außerdem sah er Verona als sein Eigentum an. Sie hasste ihn zutiefst. Nie hätte sie gedacht das sie so empfinden könnte, doch sie hasste ihn. Allein der Gedanke, das sie diesen Mann heiraten sollte und für immer hier bleiben musste, ließ sie verzweifeln. Wie um alles in der Welt sollte sie das durchstehen? Sie fühlte sich gefangen; hatte das Gefühl, als würde alles hier sie ersticken. Wie eine Flamme, über die man ein Glas stülpte, so fühlte sie sich jetzt. Erstickt; ihr fehlte die Luft zum atmen.
„Mein Engel“, erklang Federicos Stimme.
Verona schrak auf. Sie atmete schnell und wusch sich rasch die Tränen aus dem Gesicht. Die Klinke der Flügeltür senkte sich langsam ab. Schnell sprang Verona auf und drehte sich zu ihm.
„Mein wunderschöner Engel“, sagte er zu ihr und tastete mit seinem Blick ihren ganzen Körper ab.
Sie fühlte sich nackt, unbehaglich. Es gefiel ihr nicht wie er sie ansah. Das Korsett schürte sie ein, sie bekam kaum noch Luft. Dennoch wand sie den Blick nicht von ihm. Sie versuchte tief Luft zuholen, doch war ihre Atmung eher flach und das Herz schlug ihr bis zum Hals.
Langsam kam Federico auf sie zu. Er legte seine Hand an ihre Wange. Sie schloss die Augen. Sie konnte es einfach nicht ertragen, wenn er sie berührte.
„Oh meine Schöne“, flüsterte er sanft. „In wenigen Stunden wirst du mein sein und dann werden wir den Rest unseres Lebens zusammen verbringen.“
Innerlich schrie Verona auf. Sie ertrug es nicht länger. Sie konnte es einfach nicht. Wie sollte sie sich diesem Mann nicht verweigern? Das war unmöglich. Alles in ihr sträubte sich dagegen.
„Schon morgen mein sanfter Engel, werden wir verheiratet sein. Und dann werde ich dir zeigen, was Liebe wirklich bedeutet.“
Er ließ seine Hand über ihre Brüste gleiten und legte sie dann um ihre Taille.
„Ich freue mich auf morgen Nacht.“
Er küsste sie. Ekel stieg in ihr auf.
„Gute Nacht“, hauchte er noch einmal, dann verschwand er wieder.
Erstarrt, wie eine Statue, stand Verona im Raum. Sie schaffte es nicht einmal die Augen zu schließen. Es grauste ihr vor der morgigen Nacht. Sie schaffte es nicht einmal ihn zu küssen ohne Ekel zu empfinden, wie sollte sie sich ihm da voll und ganz hingeben? Seine Berührungen widerten sie an. Allein der Gedanke daran, das er sie morgen nicht nur im Gesicht berühren würde ließ sie erschaudern. Verona ließ sich wieder auf den Stuhl fallen. Erneut starrte sie in den Spiegel. Es vergingen Minuten, die sie einfach nur auf den Spiegel starrte. Aber dann, sah sie noch einmal genauer hin. Etwas hatte sich verändert.
Vorsichtig legte sie die Hand auf den Spiegel und glitt seicht über die glatte Oberfläche.
„Eine Puppe“, hauchte sie.
Sie nahm die Hand vom Spiegel und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Dabei neigte sie den Kopf langsam zur Seite und betrachtete sich ausgiebig. Sie ließ den Finger über die Lippen fahren und sah dann noch einmal ganz genau hin.
„Nur eine Puppe“, flüsterte sie erneut.
Was sie dort im Spiegel sah, das war nicht mehr sie. Es war nicht mehr Verona de Cocelli. Es war nicht mehr das Mädchen, das vor sechzehn Jahren in Verona zur Welt gekommen war. Das Mädchen das einst Träume gehabt hatte. Träume von Liebe und Geborgenheit. Es war nur noch eine Hülle. Eine Hülle, die die Lieblichkeit einer Puppe besaß.
„Aber auch diese Hülle sollst du nicht haben“, sagte sie entschlossen zu ihrem Spiegelbild.
Sie nahm eine lange Strähne und legte sie sich über die Schulter. Ein paar Mal kämmte sie mit der Bürste darüber. Sie betrachtete sich erneut.
‚Wunderschön; wie ein Engel’, dachte sie mit einem zarten Lächeln.
„Vincenzo!“, rief sie den Diener.
Einen Augenblick später betrat der arme Knabe den Raum und wartete auf die Befehle seiner Herrin. Verona musterte ihn einen Moment. Er war wirklich ein armer Knabe. Federico behandelte seine Dienerschaft nicht sonderlich gut. Verona hatte das anders kennen gelernt. Ihr Vater hatte sich immer gut um seine Diener gekümmert. Sie bemitleidete Vincenzo.
„Vincenzo“, sprach sie ihn jetzt wieder an. „Bring mir mehr Wein.“
„Ja meine Herrin“, entgegnete er und verschwand.
Minuten später kam er erneut und brachte den Wein. Kaum war die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen, stand Verona auf. Sie betrachtete den Weinkelch, dann sah sie sich wieder im Spiegel an. Mit leisen Schritten ging sie erneut auf die Terrasse. Noch einmal sog sie die kühle Winterluft in die Nase und genoss den kalten Wind auf ihrer Haut. Sie betrachtete die Sterne und den Kanal. Eine Träne lief über ihre samtweiche Haut. Sie weinte über die Schönheit der Nacht. Für einen Moment schloss sie die Augen und genoss die Stille die sich über sie legte. Dann sagte sie Lebewohl.
Sie schloss die Fenster und zog die Vorhänge zu. Doch sie achtete darauf, das sie vom Bett aus den Mond sehen konnte. Dann nahm sie den Becher und stellte ihn auf den Tisch neben dem Bett. Vorsichtig zog sie die Schublade des braunen Tischchens auf und nahm ein kleines Säckchen heraus. Mit ihren schmalen Fingern zog sie das Band auf und schüttete den pulvrigen Inhalt in den silbernen Kelch.
Wieder starrte sie den Kelch an.
„Zum Wohl Federico“, erhob sie entschlossen den Kelch und trank.
Mit einem dumpfen Geräusch schlug der Kelch auf den Boden. Der Rest des roten Weines ergoss sich über den Boden. Verona ließ sich in die dunkelroten Samtkissen fallen und starrte durch das Fenster zum Mond.
Langsam verschwamm alles vor ihren Augen. Nichts hatte mehr eine wahrnehmbare Gestalt. Stille senkte sich über sie, dann absolute Schwärze. Sie hörte plötzlich ihr Blut rauschen und ihr Herz schlagen. Doch langsam verging auch das, bis ihr kleines, gebrochenes Herz aufhörte zu schlagen.

Die Sonne war bereits aufgegangen. Sie lachte über der Herrlichkeit Venedigs. Ein paar Vögel zwitscherten, es herrschte reges Treiben in den Straßen. Die Gondoliere hatten viel zu tun. Es war ein herrlicher Wintertag. Es war bitterkalt, schon allein durch den Wind, doch der Himmel war strahlend blau und die Sonne streichelte die Menschen mit warmen Strahlen.
Federico stürzte aufgeregt in das Zimmer seiner Verlobten.
„Mein Engel, heute werden wir heiraten“, rief er euphorisch.
Er riss die Tür auf und stürmte aufs Bett zu.
„Sieh nur wie sie schläft, wie eine wunderschöne Puppe“, sagte er zu sich selbst und küsste Verona zärtlich auf die Wange.
„Verona mein schöner Engel“, versuchte er sie zu wecken, als sein Kuss das nicht zu tun vermochte.
Doch Verona lag weiter regungslos da. Erst jetzt bemerkte Federico, das sie noch immer ihr Kleid, und nicht etwa ihr Nachthemd trug. Auch fiel ihm auf, das ihre Beine aus dem Bett hingen, als hätte man sie heraufgeworfen.
„Vincenzo!“, rief er seinen Diener.
Dieser eilte sofort herbei.
„Mein Herr?“
„Komm her. Beeil dich.“
Vincenzo kam sofort dazu und betrachtete seine Herrin mit Entsetzten.
„Meine Herrin!“, stieß er aus.
„Was hat sie?“, fragte Federico dumm.
„Sie; sie; sie ist tot mein Herr“, stammelte Vincenzo.
Federico sah sie erschrocken an. Das konnte nicht möglich sein. Sie konnte nicht tot sein.
„Nein“, schluchzte er. „Sicher hat sie nur zu fiel Wein getrunken. Sieh sie dir doch an. Sie schläft nur.“
„Mein Herr“, versuchte Vincenzo es erneut. „Sie schläft nicht.“
Federico begann langsam zu begreifen. Erneut musterte er sie. Wie ein Engel lag sie da, mit diesem zärtlichen Lächeln, in das er sich so verliebt hatte.
Vincenzo entdeckte den Kelch am Boden und hob ihn auf. Er roch an dem restlichen Wein, der sich darin gesammelt hatte und schrak zurück.
‚Mein Gott’, dachte er. ‚Sie hat sich vergiftet.’
Federico nahm die Hand seiner Geliebten und spürte wie kalt und leblos sie war. Ebenso, wie eine wunderschöne Puppe.

- ENDE -
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Cheza
Fröhlich, lustig, ein bisschen schüchtern, sarkastisch, kreativ, meistens ganz lüp, eigentlich immer gut drauf und BERLINERIN!!! ^_^

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NStellaObuz Klasse - hallo cheza,
einfach klasse geschrieben , es gibt rothaarige mit brauen augen.
lg stella
Vor langer Zeit - Antworten
Cheza hsgjh - Danke für eure lieben Kommis. Danke!!!
Vor langer Zeit - Antworten
Nera200 super tolle story - gut gemacht cheza
wirklich
bin ich stolz auf dich
Vor langer Zeit - Antworten
franziw2000 Schlafe süß mein Engel - Wunderschöne Geschichte. Du hast einen tollen Schreibstil. LG Franzi
Vor langer Zeit - Antworten
Cheza Re: Fantastisch!!!! - Danke. Freut mich das es dir gefallen hat. ^^

Vor langer Zeit - Antworten
Cheza Re: Re: Re: Ein kleiner Einwand.... - Hab ich auch nicht so verstanden. :)
Hab inzwischen mal nachgefragt. Ich glaub du hast Recht und rothaarig und braunäugig ist eher die Seltenheit. Na ja, bei Gelegenheit verpass ich ihr dann wohl ne neue Haarfarbe. :)
Danke für denen Kommentar.
Vor langer Zeit - Antworten
Mechan Fantastisch!!!! - Die Geschichte ist einfach nur brilliant! Ich komm aus dem Loben nicht mehr raus! Ich liebe solche Geschichte...

liebe grüße Melly
Vor langer Zeit - Antworten
Dragonfly *deleted* Re: Re: Ein kleiner Einwand.... -
Zitat: (Original von Cheza am 06.11.2007 - 20:05 Uhr) Danke für den Tipp. Das ist mir noch gar nicht aufgefallen. :)
Allerdings glaube ich schon das es Rothaarige mit braunen Augen gibt. Aber weiß auch nicht.

Lg Cheza


War nicht böse gemeint okay? ansonsten finde ich Deinen Stil herrlich... die Story hat mir sehr gut gefallen, mal eine andere Umgebung und Epoche...
Gut!
Gruss
Stefan
Vor langer Zeit - Antworten
Cheza Re: Ein kleiner Einwand.... - Danke für den Tipp. Das ist mir noch gar nicht aufgefallen. :)
Allerdings glaube ich schon das es Rothaarige mit braunen Augen gibt. Aber weiß auch nicht.

Lg Cheza
Vor langer Zeit - Antworten
Dragonfly *deleted* Ein kleiner Einwand.... - öhm.... du?
mir fallen da ein paar Sachen auf.
erst mal... du hast einen beneidenswert guten Stil.
zweitens... eine Frau mit rotem Haar hat meist keine braunen Augen.
glaub ich...
Dann assoziierst du die Schöhnheit Veronas damit... und gleichzeitig wendest du den Antagonisten Frederico mit roten Haaren als Fiesling an.
irgendwie hakt es da fürchte ich.
Gruss
Stefan
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