Kurzgeschichte
Hohes Gericht

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"Hohes Gericht "
Veröffentlicht am 11. November 2010, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Hallo Ihr Lieben, ich heiße Marion. Ich habe lange Zeit sehr regelmäßig geschrieben. Leider fällt mir seit 2 Jahren wenig ein, was an mangelnder Zeit, aber sicher auch an der fehlenden Ambition liegt. Ich war ein paar Jahre sehr regelmäßig hier oder in anderen Foren. Mittlerweile genieße ich tatsächlich mehr das Leben abseits des PCs. So bin ich nur noch ganz selten hier. Ich danke denjenigen, die mich abonniert haben und meine Gedichte ...
Hohes Gericht

Hohes Gericht

„So schnell sieht man sich wieder“ sagt der Richter zu mir. In seinem Blick spiegelt sich eine Mischung aus Ärger und Belustigung. Bereits vor gut einem Jahr saß ich hier auf der Anklagebank. Ich komme mir vor, als hätte ich ein Deja-vu. Der gleiche Raum, der gleiche Verteidiger, der gleiche Richter. Nur die Staatsanwältin ist eine andere als damals. Sie sieht streng aus.

 

Warum konnte ich nicht die Finger davon lassen? Vor 13 Monaten bekam ich eine Strafe von einem Jahr und 7 Monaten auf Bewährung. Ich hatte Marihuana verkauft und war  erwischt worden. Die Anklage lautete: Besitz von Betäubungsmitteln in nicht unerheblicher Menge und Veräußerung von Betäubungsmitteln.

 

Ich rauche nur gelegentlich Marihuana. Um mein Einkommen aufzubessern, verkaufte ich Teile des Stoffs weiter. Meine Kumpels vertrauten mir und bezogen ihre Drogen immer von mir.

 

Als der Richter das Urteil sprach, war ich erleichtert und schwor mir, keine Drogen mehr zu verkaufen. Ich hätte einen Aufenthalt im Gefängnis nicht überstanden. Der Richter sagte, ich hätte eine gute Prognose, weil ich einen festen Job und einen festen Wohnsitz hatte. Außerdem lebte ich in einer festen Beziehung. Ich musste nicht dealen. Klar, ich rauche ab und zu selbst, aber das bisschen konnte ich mir von meinem Gehalt leisten.

 

Nach dem Urteil hielt ich für ein paar Wochen die Füße still. Ich habe sogar 3 Wochen lang keinen einzigen Joint geraucht. Danach besorgte ich mir einen kleinen Vorrat. Am Wochenende rauche ich gerne mal einen Joint, um mich zu entspannen. Ich wollte wirklich keine Drogen mehr verkaufen. Aber es ist schwer, wenn die Leute einen kennen.

 

In meiner Straße rauchen viele Leute Haschisch. Und viele haben früher das Zeug von mir erworben. Nach meiner Verurteilung auf Bewährung habe ich zuerst abgelehnt, den Kumpels Marihuana zu besorgen. Aber immer wieder sprachen sie mich an. Ich hatte die Verbindungen, und sie wussten das. Also gab ich irgendwann nach und besorgte ihnen den Stoff. Ich habe nicht viel Gewinn damit gemacht, nur ein bisschen. Schließlich mache ich die Arbeit nicht umsonst.

 

Mein Kumpel Michael rief mich vor einem halben Jahr an, ob ich seinem Schwager Heinz auch 3 Einheiten verkaufen könnte. Ich hatte immer ein bisschen im Haus und sagte zu. Michael kam mit seinem Schwager zu mir. Er klingelte an der Haustür. Ein Streifenwagen fuhr vorbei. Die beiden Männer vor meiner Tür blieben nicht ungesehen. Die Polizisten dachten zuerst, sie wollten einbrechen, weil sie sich so auffällig verhielten. Als Heinz seinem Schwager einen Fünfziger in die Hand drückte und am Eingang wartete, ahnten die Beamten wohl, was hier passierte. Sie warteten bis Michael wieder das Haus verließ und verfolgten die beiden. Schließlich hielten sie sie an und durchsuchten sie.  Als die Polizei bei ihnen Drogen fand, kamen die beiden zum Verhör auf die Wache. Auf Michael war Verlass, er schwieg. Der Schwager plauderte aber alles aus, nannte der Polizei nicht nur meinen Namen und meine Adresse, sondern erzählte auch ungefragt, dass Michael schön oft bei mir Drogen gekauft hatte.

 

Nur 2 Stunden später klopften 3 Polizisten an meine Tür. Sie brüllten „Aufmachen! Polizei“. Ich versuchte hektisch, das Beweismaterial zu vernichten. Ich öffnete das Küchenfenster und warf einen Beutel mit rund 40 Gramm Marihuana auf das Vordach. Beim Öffnen des Fensters fiel ein Teelichthalter aus Glas klirrend zu Boden. Ehe ich die Möglichkeit hatte, die Scherben wegzufegen, trat einer der Polizisten die Tür ein – und schon standen sie in der Küche. Sie durchsuchten die Zimmer. Das Glas vor dem Fenster entging ihnen nicht. So war es nur eine Frage der Zeit, bis sie das Tütchen fanden.

 

Und jetzt sitze ich hier, schaue den Richter an und verfolge die Verhandlung. Ich habe das Gefühl, in einem Film zu sein. Die Szenen laufen an mir vorbei. Ich sehe die Zeugen, die nach und nach vernommen werden, aber ich höre ihnen nicht zu. Mein Kopf dröhnt und ich schwitze. Nacheinander werden die zwei Polizisten, welche Michael und dessen Schwager verhörten, die drei Polizisten, die die Wohnung durchsuchten, meine Verlobte und natürlich Michael und dessen Schwager befragt.

 

Meine Verlobte und Michael verraten mich nicht, aber es ist fraglich, ob das Gericht ihren Aussagen glaubt. Zwischendurch höre ich immer wieder die Staatsanwältin, die meine Verlobte anbrüllt, das sei doch völliger Blödsinn. Sie solle sich genau überlegen, was sie sage. Sie werde ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage bekommen.  

 

Ich habe nichts gestanden. Ich habe behauptet, der Stoff auf dem Vordach sei nicht von mir. Meine Verlobte hat das gleiche gesagt. Aber ob der Richter das glaubt? Die Staatsanwältin hat mich schon ganz schön in die Mangel genommen und ich glaube, meine Aussage war nicht ganz plausibel. Aber ich stehe unter Druck.

 

Endlich ziehen sich der Richter und die beiden Schöffen zur Beratung zurück. Ich habe meine Hände gefaltet, aber ich glaube, ich strahle nicht die Gelassenheit aus, die ich gerne hätte.

 

Nach 10 Minuten betreten der Richter und die Schöffen wieder den Saal. Alle erheben sich, auch ich. Aber meine Beine zittern. Ich habe Angst zu fallen, aber irgendwie bleibe ich doch stehen.

 

Der Richter verkündet das Urteil: 2 Jahre – und keine Bewährung. Er erklärt die Gründe, aber ich höre nicht mehr hin. Mir wird schwarz vor Augen und ich höre bereits die Gefängnistür, die sich hinter mir schließt.

 

 

(c) 08.11.2010

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Über den Autor

MarionG
Hallo Ihr Lieben,

ich heiße Marion. Ich habe lange Zeit sehr regelmäßig geschrieben. Leider fällt mir seit 2 Jahren wenig ein, was an mangelnder Zeit, aber sicher auch an der fehlenden Ambition liegt. Ich war ein paar Jahre sehr regelmäßig hier oder in anderen Foren. Mittlerweile genieße ich tatsächlich mehr das Leben abseits des PCs. So bin ich nur noch ganz selten hier.
Ich danke denjenigen, die mich abonniert haben und meine Gedichte regelmäßig kommentieren.
Bitte nehmt es mir nicht übel, dass ich mich so rar mache. Vielleicht kommt irgendwann die Zeit, in der mir die kreativen Ideen nur so zufliegen und ich wieder regelmäßig schreibe.
Ich versuche auch, einige Werke von Euch zu lesen, wenn ich hier bin. Ich muss aber gestehen, dass ich nicht alles schaffe, in der kurzen Zeit, die ich hier verweile. Auch dafür bitte ich um Entschuldigung.
Ich verschwinde nicht ganz von hier, immer mal wieder werde ich Euch kurz besuchen.
Liebe Grüße an alle Schreiber und Leser.
Eure Marion

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MarionG Re: Mal eine Andere.... -
Zitat: (Original von gelberose am 29.11.2010 - 14:27 Uhr) Marion, die mir aber auch gut gefällt.
Kannst ruhig öfter mal Geschichten statt Gedichte schreiben,
hat auch was fesselndes.....
Danke dafür.....

liebe Grüße Netti



Liebe Netti,
ja, das sagen mir viele. Ist aber nicht so leicht, denn für eine komplette Geschichte braucht es schon eine komplexe Idee.
Danke für Deinen Kommentar.
Liebe Grüße
Marion
Vor langer Zeit - Antworten
gelberose Mal eine Andere.... - Marion, die mir aber auch gut gefällt.
Kannst ruhig öfter mal Geschichten statt Gedichte schreiben,
hat auch was fesselndes.....
Danke dafür.....

liebe Grüße Netti
Vor langer Zeit - Antworten
MarionG Re: Hihi, dumm... -
Zitat: (Original von PhanThomas am 28.11.2010 - 20:16 Uhr) ... gelaufen, würde ich sagen, denn tatsächlich hätt er damit durchkommen können, dass die Beweismittel auf dem Vordach lagen. ;-) Na ja, gut, okay, das kaputte Teelichtdingens vor dem Fenster war vielleicht etwas ungünstig.

Ich finde auch, du solltest öfter Geschichten schreiben. Mir gefallen sie nämlich auch richtig gut!

Liebe Grüße
Thomas



Hallo Thomas,
erst mal danke für Dein Lob. Außerdem freue ich mich, Dich ohne ausdrückliche Einladung auf einem meiner Werke zu finden. ;-) ;-)
Die Beweise stammen aus einer echten Gerichtsverhandlung, ebenso der Tathergang laut Aussagen der Zeugen. Nur die Gefühle des Angeklagten habe ich mal dazugedichtet.
Freut mich, dass Dir die Geschichte auch gefällt, obwohl sie etwas anders ist als meine sonstigen.
Liebe Grüße
Marion
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hihi, dumm... - ... gelaufen, würde ich sagen, denn tatsächlich hätt er damit durchkommen können, dass die Beweismittel auf dem Vordach lagen. ;-) Na ja, gut, okay, das kaputte Teelichtdingens vor dem Fenster war vielleicht etwas ungünstig.

Ich finde auch, du solltest öfter Geschichten schreiben. Mir gefallen sie nämlich auch richtig gut!

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
MarionG Re: solltest wirklich öfter geschichten schreiben -
Zitat: (Original von Himmelskind am 14.11.2010 - 12:03 Uhr) auch die gelingen dir hervorragend

lg

birgit



Liebe Birgit,
danke für das Lob. Von dieser war ich gar nicht ganz so überzeugt, weil irgendwie der Pfiff fehlt, dachte ich. Umso mehr freut es mich, dass sie doch ankommt.
Liebe Grüße
Marion
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Re: Re: mal eine ganz andere Marion -
Zitat: (Original von MarionG am 11.11.2010 - 19:31 Uhr)
Zitat: (Original von UteSchuster am 11.11.2010 - 17:43 Uhr) gefällt mir, aber ich hoffe du darfst den PC mit in die Zelle nehmen ;-)
liebste Grüße deine Ute



Liebstes Utelein,
vielleicht hätte ich in die Beschreibung setzen sollen, dass das Gedicht nicht autobiographisch ist. ;-)
Stimmt auch nicht ganz, denn die Details der Festnahme und Durchsuchung entsprechen einer wahren Begebenheit, sind aber nicht persönlicher Natur. Soll heißen, ich kenne die Details von einer Gerichtsverhandlung, der ich beiwohnen durfte.
Liebe Grüße
Marion



liebste Marion,
ich dachte keine Sekunde dran, es schrieb sich nur so schön ;-)

dein Utelein ;-)
Vor langer Zeit - Antworten
MarionG Re: mal eine ganz andere Marion -
Zitat: (Original von UteSchuster am 11.11.2010 - 17:43 Uhr) gefällt mir, aber ich hoffe du darfst den PC mit in die Zelle nehmen ;-)
liebste Grüße deine Ute



Liebstes Utelein,
vielleicht hätte ich in die Beschreibung setzen sollen, dass das Gedicht nicht autobiographisch ist. ;-)
Stimmt auch nicht ganz, denn die Details der Festnahme und Durchsuchung entsprechen einer wahren Begebenheit, sind aber nicht persönlicher Natur. Soll heißen, ich kenne die Details von einer Gerichtsverhandlung, der ich beiwohnen durfte.
Liebe Grüße
Marion
Vor langer Zeit - Antworten
MarionG Re: wenn die grenzen nicht so fließend wären.... -
Zitat: (Original von Tilly am 11.11.2010 - 15:54 Uhr) könnte ich mir eine legalisierung dieser "weichen" drogen vorstellen, aber es geht zu schnell über in den harten stoff

thomas



Lieber Thomas,
das Problem scheint noch tiefer zu gehen. Wären die weichen Drogen schon immer legal gewesen, wäre es unproblematisch. Aber welches Zeichen setzt man, wenn man Haschisch plötzlich legalisiert. Die Leute würden vermuten, das ist doch völlig OK und kein bisschen gefährlich. Und plötzlich wäre Deutschland ein Land voller Kiffer. Man kann die Gesetze nicht plötzlich ändern.
Liebe Grüße
Marion
Vor langer Zeit - Antworten
MarionG Re: was -
Zitat: (Original von Rajymbek am 11.11.2010 - 15:03 Uhr) woanders erlaubt, ist hier halt verboten. Sollen sie alle nach Mittelasien ziehen, da wächst das Zeug wie Unkraut am Wegesrand.

Gut geschrieben, Marion.

LG Roland



Lieber Roland,
och, ich find ´s eigentlich OK, dass das Zeug verboten ist. Ich bleib dann mal hier. ;-)
Danke Dir für Kommi und Wertung.
Liebe Grüße
Marion
Vor langer Zeit - Antworten
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