Beschreibung
[...] An dieser Stelle lohnt es sich also, dem User eine Exception als Feedback bereitzustellen: der Almanach. Heute würde man vermutlich Wikipedia dazu sagen. Die temporär gültige Wissensquelle der Vergangenheit. Nein, nicht digitial, sondern analog. Ja, Sie haben richtig gelesen [...]
Prolog
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Die Geheimnisse von Computerprogrammen und ihrer Routinen beginnen häufig damit, dass sie von spitzen Klammern umgeben sind, die angeblich Befehle ausführen, Berechnungen anstellen, deren Interpretation „wahr“ oder „falsch“ ist; oder anders ausgedrückt, Null und Eins repräsentieren, so dass am Ende ein Ergebnis steht, dass dem Anwender eines solchen Programms sinnhaftig unterstützen soll.
Und eben dieses Thema wurde während einer viertägigen Messe besprochen, die ironischerweise alljährlich für Redakteure und deren Profession stattfindet. In den nun folgenden Zeilen sind einige Eindrücke wiedergegeben, die binnen einer zwölfmonatigen Frist ein regelmäßiges Schauspiel auf die Kaufmannsbühne stellen ...
Leider werden durch den mystorys-Editor nur eckige Klammern unterstützt. Ich nehme an, dass spitze Klammern die HTML-Darstellung durcheinander bringen würden. Welch Ironie.
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Das Geheimnis spitzer Klammern
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„Wir sind auf der Suche nach einem System, dessen Datenhaltung in XML erfolgt und gleichzeitig die Möglichkeit bietet, semantische Vernetzung bzw. ontologische Daten zu hinterlegen.“ Der blonde junge Mann schlug innerlich die Hände über den Kopf zusammen, bei dem Versuch, dem Messebesucher aufmerksam zu folgen und ihn nicht merken zu lassen, dass er eigentlich keine besondere Lust hatte, diese Unterhaltung zu führen. Das lag zum einen daran, dass er schon drei Tage Messe hinter sich hatte und einfach müde war. Und zum anderen wollte dieser Interessent die allseits bekannte eierlegende Wollmilchsau. Nein, das war einfach zuviel für einen Freitagnachmittag, wo die Messe doch schon so gut wie vorbei war und die ersten Aussteller bereits ihre sieben Sachen zusammenpackten.
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Wie jedes Jahr kamen Herscharen von Besuchern, die auf der Suche nach „der“ Lösung waren, die ihr Problem beseitigen sollten. Zu dumm, dass eben diesen Besuchern niemand mitgeteilt hatte, dass es eine solche Lösung zwar gibt, aber für gewöhnlich nur von ausreichend solventen Entrepreneuren in Auftrag gegeben wurde, denn – man mag es kaum glauben – auch Nullen und Einsen sind bedauerlicherweise entgeldwürdig. Und während der Interessent schwelgte, von ontologisch motivierten Datenhaltungen und von seinem Wissen über eine Markup Language sprach, verirrte sich der blonde junge Mann in den Untiefen der Reflexion und schaltete innerlich ab. Man könnte sagen, der Server wurde auf Standby gestellt. Ja. Das ist eine gute [emphasis]Metapher.[/emphasis]
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Drei ganze Tage von morgens bis abends hatte er nun diese Gespräche führen müssen und, nebenbei bemerkt, wunderte er sich stets über die merkwürdigen Gepflogenheiten der Gewerbetreibenden und der Gewerbeinanspruchnehmenden. Inzwischen hörte er dem Interessenten nur noch nebensächlich zu, sondern widmete sich lieber seinen gedanklichen Ausschweifungen. Es war manchmal einfach zu verlockend, die ausstellende und besuchende Meute das sein zu lassen, was sie war: ein jährliches Schauspiel.
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Da gab es zum Beispiel die Sorte Mensch, die für sich in Anspruch nahm, das große Geschäft machen zu wollen. Big Business, wenn man will. Von Scheitel bis Sohle auf Erfolg getrimmt. Gut sitzende Krawatten, die adrett und autark, verschlüsselt in einer Einzelplatzlizenz zur geschwollenen Rede 1.0, diktiert wurden. Prinzipiell der Stereotyp des treu ergebenen Branchenvertreters, vermutlich von automotivierten Denkvorgängen befreit, auf der akribischen Suche nach bedruckten Geschäftskarten. Am Ende würde er die Personifizierung von Google sein? Amüsant.
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Dem hübschen, unnahbaren Beiwerk, vorzugsweise in der Konfiguration Neunzig-Sechzig-Neunzig, schien seltsam unbequem zumute, was an sich kein Wunder war, denn auf zehn Zentimeter hohen Absätzen steht es sich vermutlich relativ bedauerlich in einem Zeitintervall von zehn Stunden am Tage. Für einen Moment stellte sich dem blonden jungen Mann die Frage, ob das nun ein Bug oder ein Feature der ausstellenden Messeteilnehmer war?! Vor allem, weil die Laufmasche den schweren Beinen das Leben als eine Katastrophe erscheinen lassen musste und gleichzeitig doch für Unterhaltung sorgte. Ich beschloss, es als optionales Feature einzustufen und wenn es denn etwas auszusetzen gab, so würde es sicher einen Telefonsupport geben, der mir im Bedarfsfall weiterhelfen würde.
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Dieser Mensch schien wichtig zu sein, dachte sich der blonde Mann. So eine Art Boolscher Algorithmus; man kann nicht mit und nicht ohne und so [...]. Eine nicht überschaubare Menschentraube scharte sich um jene Person, die mit einem glänzenden Pilotenkoffer und einigen Unterlagen unter dem Arm durch die Hallen schritt. Das musste eine Art wandelnder Almanach sein.
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Pardon, das sollte wahrhaftig erklärt werden. An dieser Stelle lohnt es sich also, dem User eine Exception als Feedback bereitzustellen: der Almanach. Heute würde man vermutlich Wikipedia dazu sagen. Die temporär gültige Wissensquelle der Vergangenheit. Nein, nicht digitial, sondern analog. Ja, Sie haben richtig gelesen mein lieber User, so etwas gab es einmal und ist in gewisser Weise ein sentimentales Erbe. Ende der Exception.
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Doch nun zurück zu dem wichtigen Menschen inmitten der Traube. Eigentlich schritt er nicht, denn er kam nur im Gänsemarsch voran. Aber er hatte der Traube vieles mitzuteilen; zum Beispiel, wann man sein nächstes Buch erwarten könne, wann die nächste Podiumsdiskussion belauscht werden könne, welche Entrepreneure Vielversprechendes böten. Aha! Eindeutig Spam! Mit dem einen Sinn, die Performance des Mail-Server zu beeinträchtigen! Oder am Ende doch das lästige Popup-Fenster, dass das sichere Surfen im World-Wide-Web unmöglich macht? Wie dem auch sei, man wusste es nicht. Es war aber auch belanglos, denn für diesen Moment sollte es nur ein History-Eintrag im LogFile sein.
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Die After-Work-Party. Der blonde junge Mann dachte ein wenig nach, denn eigentlich hatte er ja gut gegessen, aber so richtig wohl fühlen wollte er sich nun auch nicht, denn irgendeine Störung – nennen wir sie ein nicht valides XML-Tag – machte ihm zu schaffen. Und dieses Tag wollte einfach nicht in sein persönliches Abend-Datenformat passen. Dieses sah nämlich ein Session Timeout für den heutigen Abend vor. Stattdessen drängelte sich die Strukturverletzung in den Mittelpunkt der Geschehnisse, erzählte von Kindknoten und Elternobjekten, die in semantischer Verbindung in der relationalen Datenbank der Erziehung standen und durch den permanenten Daten-Traffic das erholsame, nächtliche Re-Boot aller Systeme unmöglich machte und letztlich zu einem Schlafdefizit führte. Der blonde junge Mann wollte nicht mehr. Nichts wäre ihm lieber gewesen, sich zu defragmentieren und die Systeme neu zu starten. Ein Paradoxon.
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„Hallo?“, fragte der Interessent verwundert und riss den blonden Mann aus seinen Gedankengängen und beendete jäh den Standby-Modus.
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Epilog
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Schlussendlich bekam der Interessent einige passende Antworten zu seinem Vorhaben, die eierlegende Wollmilchsau in Auftrag zu geben und war dennoch überzeugt, auch mit simplen organisatorischen Maßnahmen an sein Ziel zu kommen. Bisweilen war es erstaunlich, dass ein bescheidener Rat ein glückliches Kundengesicht zaubern kann. Es verkürzte die Wartezeit auf das Ende der Messe doch enorm.
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Inzwischen war der blonde junge Mann wieder daheim, verstaute seine sieben Sachen, trank einen frischen Kaffee und lauschte den Klängen des Pianos. Wie schön war es doch, die handgemachte Kunst zu erleben – voller Bescheidenheit und Dankbarkeit, die so unendlich entspannend war. Fern ab von jeglichen Kadetten seltsam versionierter Messegesellschaften.
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