Romane & Erzählungen
23. Das Erbe der Rappoltstein - 23. Kapitel: Der Fremdenlegionär

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"23. Das Erbe der Rappoltstein - 23. Kapitel: Der Fremdenlegionär"
Veröffentlicht am 01. November 2010, 30 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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23. Das Erbe der Rappoltstein - 23. Kapitel: Der Fremdenlegionär

23. Das Erbe der Rappoltstein - 23. Kapitel: Der Fremdenlegionär

 

23. Der Fremdenlegionär

 

 

Kommissar Anderlech wusste den Blick von Philippe Cardinale richtig zu deuten und sagte: „Ich höre, Sie sind Commissairè Chabrol!“

„Ja, der bin ich, und mit wem habe ich das Vergnügen?“

„Ob es ein Vergnügen ist, weiß ich noch nicht. Mein Name ist Anderlech. Ich komme aus Köln und bin der ermittelnde Beamte der beiden Wasserleichen!“

Chabrol bemerkte den Unterton in der Stimme dieses Kommissars. Auch war ihm die misstrauische Frage von Philippe Cardinale, von wegen „Herzberger und Verbrecher“, nicht entgangen.

Chabrol überlegte kurz und fragte sich, habe ich da was falsch gemacht, mich etwa verplappert? Und wenn, man konnte ihm ja nichts beweisen.

„Eine Frage Monsieur Chabrol, Sie sind doch als Franzose sicherlich ein Patriot?“, fragte Philippe Cardinale aus heiterem Himmel und offensichtlich ohne einen bestimmten Zusammenhang.

„Oui Monsieur Cardinale! », antwortet Chabrol beflissen und nahm instinktiv militärische Haltung an, indem er die Hacken zusammenschlug und seine rechte Hand an ein nichtvorhandenes Kepi hielt. Er wusste, dass Philippe Cardinale vom französischen Konsulat abgesandt worden war und offensichtlich in hohem militärischen Rang zu stehen schien. Wie sonst sollte er diese Frage, nach dem Patriotismus verstehen?

« Dann haben Sie also sicherlich auf die Tricolore, liberté – égalité - fraternité, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit geschworen, Monsieur Chabrol?“

„Oui Monsieur!“, antwortet Chabrol erneut, ohne zu bemerken, worauf Philippe Cardinale hinaus wollte.

„Bei welcher Garnison haben Sie Ihren Militärdienst für die französische Nation abgeleistet?“, fragte Philippe Cardinale weiter.

„Ich habe in Aubagne gedient, Monsieur“

„Ah, in der Nähe von Marseille? In Aubagne befindet sich doch das Hauptquartier der Légion Étrangère, soweit ich informiert bin. Waren Sie denn nicht bei der Garde de Nationale?“, fragte Cardinale freundlich.

„Non Monsieur!

Oui “ verbesserte sich Chabrol schnell. „Natürlich war ich bei der Garde de Nationale! »

Chabrol kam innerlich in Bedrängnis, da er sich wieder mal verplappert hatte. Er fühlte nun die Blicke aller auf sich gerichtet.

Da tritt ihm Ludolf entgegen und fragt: „Monsieur Chabrol, haben nicht Sie das Gespann von Raoul und Marcel Herzberger hierher gefahren?“

„Was fällt Ihnen ein Monsieur Wittich, von welchem Gespann sprechen Sie?“

„Von dem da hinten, das bei uns im Schuppen steht!“

„Bei Ihnen steht ein Gespann, dass den beiden Getöteten gehört hat? Dann sind Sie ja der Hauptverdächtige in diesem Mordfall! Sie haben die Beiden erstochen!“

„Woher wissen Sie Monsieur Chabrol, dass die Beiden erstochen wurden?“, wurde er von Kommissar Anderlech unterbrochen.

„Das weiß ich, eh.., das weiß doch inzwischen jeder in Ribeauvillè, dass die Beiden mit einem Messer umgebracht wurden!“

„Mit diesem hier?“, fragt Anderlech und bringt die Tatwaffe zum Vorschein.

Chabrol erschrak. Das war sein Messer, dass der Kommissar da zwischen seinen Fingern hielt. Chabrols Körper spannte sich unmerklich an.

„Was ist das für ein Messer?“, will Chabrol wissen.

„Die Tatwaffe!“

Chabrol wurde ganz bleich im Gesicht. Er konnte sich eins und eins zusammenzählen.

„Was ist mit Ihnen, Commissairè?“, fragt Ludolf. Ihm war nicht entgangen, das Chabrol sichtlich in Verlegenheit geriet und ihm der Schweiß auf die Stirn trat.

„Da kommen ja gleich zwei Zeugen“, sagt da Ludolf, in Richtung der nahe gelegenen Weinberge deutend, „die können Ihnen sagen, wer den Wagen von Raoul hier abgestellt hat!“

Franz und Bernhard kommen den Feldweg entlang, vom Weinberg zurück.

Chabrol betrachtet die beiden Ankommenden mit misstrauischem Blick. Er hatte sie noch nie zuvor gesehen. Doch ahnte er instinktiv, dass die Beiden ihm gefährlich werden konnten. Wie sonst sollte dieser Wittich so etwas sagen? Dennoch verhielt er sich abwartend.

„Guten Tagen!“, grüßten beide sehr höflich, als sie nähere heran waren. Da erkennen sie Chabrol bei der Gruppe und bleiben abrupt in einiger Entfernung stehen.

Da meldet sich Emma überraschend zu Wort und sagt: „Kann ich die Fotos noch mal sehen, Herr Kommissar?“

Anderlech gibt ihr die Fotos und Emma schaut hin und her, einmal auf das Bild und dann wieder auf Chabrol.

„Jetzt hab ich’s!“, sagte sie laut und richtet ihre schwarzen Augen durchdringend auf Chabrol. „Sagen Sie mal Herr Commissairè, Ihnen fehlt doch ein Stück Ihres kleinen Fingers an der rechten Hand, genau, wie bei diesem Mann hier auf dem Foto!“

„Geben Sie mal her!“, wurde sie von Kommissar Anderlech unterbrochen, der ihr das Foto aus der Hand nimmt.

Ehe man sich versehen konnte, hatte Chabrol Emma gepackt und hielt ihren Kopf so zwischen seinen Armen, dass er ihr mit einem Ruck das Genick hätte brechen können.

„Zurück!“, ruft er laut, sonst stirbt sie!

Mit der rechten Hand Emma beim Genick haltend, zieht er mit der linken Hand eine Armeepistole unter seinem Reverse hervor. Rückwärts gehend begibt er sich zu seinem Peugeot, dessen Tür noch offen steht, und hält dabei die Anderen mit der Armeepistole in Schach.

„Keinen Schritt weiter, sonst schieße ich!“

„Geben Sie auf Chabrol, Sie haben keine Chance, lassen Sie das Mädchen los!“, fordert ihn Philippe Cardinale dringend auf.

Ludolf und Wilhelm waren sofort bereit sich auf Chabrol zu stürzen, doch erkannten sie die aussichtslose Lage, in der sich Emma befand, ein Ruck und sie wäre tot. Alle anderen Anwesenden stehen da, wie erstarrt.

„Nun geben Sie endlich zu Chabrol, dass Sie die Beiden getötet haben, Sie haben Marcel Herzberger von der Fremdenlegion her gekannt!“

„Warum musste dieser Idiot hier auftauchen?“, brüllte Chabrol vor Wut. „Er hätte die Vergangenheit ruhen lassen sollen, kommt hierher nach Ribeauvillè und will mich wegen eines Massakers im Spanischen Bürgerkrieg erpressen, es war damals 1936 Krieg in Spanien, Monsieurs!“

„Aha, mir geht da ein Licht auf!“, rief Philippe Cardinale. „Sie sind in Wahrheit vermutlich der langgesuchte Rafael Caprice, der damals von der Légion Étrangère, zur spanischen Legion unter General Franco gewechselt war, Sie wurden damals schnell bekannt, als der Spion von General Varela!“, resümierte Philippe Cardinale.

„Sie sind ja richtig gut informiert Monsieur Cardinale!“

„Ich weiß noch mehr über Sie, Monsieur Chabrol, ich sollte wohl besser der Schlächter von Toledo zu Ihnen sagen?“, versuchte Cardinale Chabrol aus der Reserve zu locken.

„Ihnen wurde unter General Verla der Oberbefehl über die Legion Condor übergeben und Sie arbeiteten eng mit der deutschen Wehrmacht zusammen!“

„Ich bin wirklich erstaunt über Sie, Monsieur!“, lästerte der angebliche Commissairè Chabrol.

„Zur Legion Condor kann ich auch einiges sagen!“, mischte sich Kommissar Anderlech, trotz der heiklen Situation, in der sich Emma befand, dazwischen.

„Von dieser Legion Condor wurde uns in der Polizeiakademie ausführlich berichtet, dass es sich um einen verbotenen Geheimdienst gehandelt hat, dem jedes Mittel Recht war!“

„Was wissen Sie denn schon, Sie deutscher Spürhund?“, zischte Chabrol den deutschen Kommissar an. „Meinen Sie, ihr werdet hier noch etwas finden, die Jungs von damals waren viel zu gut, und haben alle Spuren verwischt?“

„Sind Sie sich da sicher, Monsieur Caprice?“, fragte Philippe Cardinale und beobachtete die Reaktion von diesem angeblichen Commissairè Chabrol.

„Was können Sie mir noch zu dieser Legion sagen, Monsieur Anderlech?“, richtete Cardinale die Frage an seinen deutschen Kollegen.

„Die Legion Condor war eine verdeckt, d. h. ohne deutsche Uniformen oder Hoheitszeichen, operierende Einheit der deutschen Wehrmacht im Spanischen Bürgerkrieg. Sie wurde 1936 unter strengster Geheimhaltung ins Leben gerufen, griff in alle bedeutenden Schlachten ein und war entscheidend für den Sieg der Putschisten unter General Franco über Spaniens demokratisch gewählte Regierung. Ihre Existenz wurde jahrelang geleugnet. Die Legion Condor führte den ersten massiven Luftkrieg der Geschichte gegen die Zivilbevölkerung eines europäischen Landes und verübte Verbrechen an der Zivilbevölkerung im Auftrag der deutschen Wehrmacht aus.1936 waren Sie Monsieur Chabrol, oder wie Sie heißen, in Toledo für das Massaker an republikanischen Soldaten und der Zivilbevölkerung verantwortlich. Nach dem Kriege suchte man überall nach Ihnen, Monsieur Caprice! Doch nun sind Sie endlich entlarvt!“

„Ha, machen Sie sich nicht lächerlich!“, höhnt der ehemalige Kriegsverbrecher und Doppelmörder. „Noch haben Sie mich nicht in Ihren Händen!“ Dabei gibt er einen Schuss aus seiner Luger Parabellum auf Philippe Cardinale ab. Da er aber mit der rechten Hand Emma im Griff hielt, zielte er schlecht und traf Cardinale nur im linken Oberarm.

„Sie erwischen mich nie!“, brüllt er vor Hass. „Ich besitze noch immer ausreichende Verbindungen zur ehemaligen Legion Condor. Mich, einen ehemaligen Offizier der Légion Étrangère, einer Spezialeinheit aufhalten zu wollen, dass ich nicht lache, haha!“

Bei diesen Worten gibt er Emma einen Stoß und springt rasch in seinen Peugeot. Die Schrecksekunden ausnutzend rast er mit quietschenden Reifen auf die Ausfahrt des Jagdschlosses zu.

„Schnell, ihm hinterher!“, ruft Cardinale mit schmerzverzerrter Stimme Kommissar Anderlech zu.

„Monsieur, ich habe in Frankreich keine amtlichen Befugnisse“, sagt dieser, als er die Wagenschlüssel von Cardinale entgegen nimmt.

„Die sind Ihnen hiermit erteilt. Los, hinterher, sonst entkommt uns dieser Bastard noch!“

Chabrol hatte bereits einen nicht geringen Vorsprung, als ihm von unten ein anderes Fahrzeug entgegen kommt. Es ist Frederik und Bernadette mit ihrem Citroën H, die wie jeden Tag Emma und die Familie Wittich besuchen wollten. Frederik erkennt den Commissairè von Ribeauvillè am Steuer sitzen und lässt, nichts ahnend, was inzwischen beim Jagdschloss vorgefallen ist, Chabrol passieren. Da kommt ihm auch schon das zweite Fahrzeug im rasanten Tempo entgegen. In ihm sitzt der deutsche Kommissar, der die Verfolgung von Chabrol, respektive dem Schlächter von Toledo, Rafael Caprice aufgenommen hat.

Als Frederik und Bernadette das Schloss erreichen, sieht Frederik Emma am Boden sitzen und Maria offensichtlich einem fremden Mann den Arm verbinden.

„Was ist denn hier los?“, fragt Frederik erschrocken, als er hastig aus dem Citroën ausgestiegen war und sich neben seine Emma kniete. Diese hielt sich immer noch die Hand am Genick, dass ihr offensichtlich weh tat und antwortet Frederik:

„Wir haben den Mörder von Raoul und Marcel Herzberger überführt, es war dieser angebliche Commissairè Chabrol, der in Wirklichkeit ein lang gesuchter Verbrecher ist!“

Frederik hilft Emma auf die Beine und fragt: „Hat er dir was angetan, Liebes?“

„Nein, er hat mich nur als Geisel genommen und mir fast dabei das Genick gebrochen!“

Frederik war erschüttert, mit welcher Leichtfertigkeit Emma darüber sprach, dass sie fast ermordet worden wäre.

Nun erzählte Wilhelm, was vorgefallen war und stellte beiden den verwundeten Attaché Philippe Cardinale vor.

Frederik kümmerte sich indes um seine Emma und sagte zu Philippe Cardinale nur: „Bonjour Monsieur, bienvenue!“

Kommissar Anderlech fährt indes im rasanten Tempo hinter dem Flüchtenden her. Er sieht den Peugeot vor sich die Straße zwischen den Weinfeldern entlang fahren. Aufgewirbelter Straßenstaub, die Weinstöcke und die vielen Kurven, lassen das fliehende Fahrzeug immer wieder aus seinem Blickfeld verschwinden. Da tauchen die ersten Häuser von Ribeauvillè vor ihm auf und er sieht, wie Chabrol, alias Caprice mit seinem Peugeot in der Stadt verschwindet. Als der Kommissar die Häuser erreicht, ist von dem Peugeot weit und breit nichts mehr zu sehen.

„Verdammt!“, schimpft Anderlech. „In Köln würde mir dieser Hurensohn nicht entkommen sein, aber hier in Ribeauvillè?“, murmelt er ärgerlich vor sich hin.   

Links und rechts, in alle Straßen und Gassen schauend, fährt er weiter durch die Stadt. Doch von dem Peugeot keinerlei Spur. Er fährt zur Präfektur, aber auch hier ist das Fluchtauto nicht zu finden.

„Wo kann er nur hin sein?“, überlegte er sich. „Ribeauvillè ist doch nicht groß!“

Und wie immer ist das Naheliegendste weit entfernt.

Nach über einer Stunde Suche innerhalb der Stadt Ribeauvillè, fährt er in Richtung Marckolsheim und erreicht endlich das Rheinufer und findet das gesuchte Fluchauto dort abgestellt. Doch der falsche Commissairè Chabrol ist verschwunden.

Frustriert wendet er sein Fahrzeug zum Jagdschloss der Wittichs, um Philippe Cardinale Mitteilung zu machen, dass ihm Chabrol entwicht sei, als er die dumpfe Sirene eines vorbeifahrenden Rheindampfers hört. Unbewusst schaut er zu diesem Schiff und sieht dort Chabrol höhnisch lachend und ihm winkend an der Reling stehen. Unweit des Fluchtautos befand sich eine Schiffsanlegestelle. Verärgert fährt Anderlech zum Schloss der Wittichs zurück.

 

„Was meinen Sie, Monsieur Cardinale, wird ihr Kollege diesen Spitzbuben und Mörder erwichen?“, fragte Ludolf, nachdem Kommissar die Verfolgung von Chabrol aufgenommen hatte.

„Das glaube ich nicht, Monsieur Wittich. Dieser Verbrecher ist viel zu gewieft, um sich so leicht fangen zu lassen. Er kennt sich hier in der Gegend, im Gegensatz zu Kommissar Anderlech, bestens aus und hat bestimmt schon längst für alle Fälle einen Fluchplan geschmiedet!“

„Was wird denn nun werden?“

„Wir werden eine Fahndung nach ihm einleiten müssen. Jetzt wissen wir ja endlich, wie dieser Kriegsverbrecher Caprice in Wirklichkeit aussieht. Wir brauchen bloß eine Beschreibung von Napoleon durchzugeben!“

Hier musste Ludolf lachen. „Ja, das habe ich auch gedacht, als ich Chabrol das erste Mal sah!“

„Ist jemanden hier, der mir die Gendarmerie hierher schicken könnte?“, fragte Cardinale in die Anwesende Runde.

„Ich, ich fahre zur Gendarmerie nach Ribeauvillè!“, meldete sich Bernadette. „Ich habe mit diesen Flics (umgangssprachlich in Frankreich für Bulle) ohnehin noch ein Wort, wegen der Entführung meiner Mutter, zu sprechen!“

„Sehr gut Schwesterherz, fahre du zu den Flics, ich bleibe inzwischen hier bei den Wittichs und meiner Emma!“ Bernadette wartete nicht lange, sondern startete den Citroën und rauschte los.

Da ergriff Philippe Cardinale wieder das Wort: „Mich würde doch brennend interessieren, was in Ihrem Gewölbekeller zu finden ist!“

„Nun gut!“, sagt Ludolf „Wilhelm, bringe doch mal drei oder vier Öllampen her, wir wollen jetzt gemeinsam den Keller untersuchen!“

„Ja, Vater!“

Wilhelm ging los und kommt nach einigen Minuten mit drei Öllampen in der Hand wieder.

„Gib mir auch eine Öllampe!“, bat Maria ihren Bruder, ihm eine der Lampen aus der Hand nehmend und geht Schnurstracks, in Richtung Kellertüre.

„Kommt ihr?“ Ich kenne mich schon ein wenig in den Gewölben aus!“

Gemeinsam betritt man die breite Steintreppe, die zum Gewölbekeller hinab führte. Unten tat sich ihnen, beim Schein der Öllampen, ein eigentümliches Bild auf. Ein nicht enden wollender langer Gang bot sich ihren Blicken dar. Links und rechts zweigten mehrere Gänge ab, von denen manche mit eisenbeschlagene Holztüren versperrt waren. Ludolf geht, den schmiedeeisernen Schlüssel in der Hand haltend, allen anderen voran und beleuchtete die einzelnen Gänge und Türen.

„Dort hinten die rechte Türe, dort passt unser Schlüssel nicht ins Schloss, Papa!“, dabei zeigt Maria in die angegebene Richtung und geht, dicht gefolgt von ihrem Vater, mit ihrer Öllampe in der Hand, voran.

„Hier ist die Türe, probier mal, ob der Schlüssel passt, Papa!“

Nachdem Ludolf einige vergeblich Versuche gestartet hatte, den Schlüssel ins Schloss zu stecken, gibt er auf und sagt: „Der Schlüssel hier passt nicht, es ist ein anderes Türschloss, als die anderen hier im Haus!“

„Lassen Sie mich mal sehen!“, bat Cardinale und ging an Ludolf und Emma vorüber zur Türe.   

Mit der Öllampe in der Hand inspiziert er das Türschloss und sagte: „Diese Türe ist mit einem sogenannten Besatzungsschloss verriegelt, eine Doppelzuhaltung macht es fast unmöglich, das Schloss zu knacken. Ein guter Schlosser und Schmied könnte es eventuell mit Gewalt aufkriegen!“

„Rufe doch unseren Mitarbeiter Bernhard herunter, der ist Schlosser von Beruf, er soll gleich entsprechendes Werkzeug mitbringen!“

„Ja, Papa!“, antwortet Wilhelm, an den die Aufforderung gerichtet war.

Zehn Minuten später machte sich Bernhard an dem Schloss zu schaffen. Die Anderen warten inzwischen sehr gespannt darauf, ob er das Schloss öffnen konnte und vor allem, was sich hinter der Türe befand. Es war Maria, die ganz ungeduldig Bernhard bei der Arbeit zuschaute.

„Das ist ja ein verflixtes Ding, lässt sich Bernhard vernehmen, das Schloss lässt sich mit einem normalen Dietrich nicht öffnen!“

Bernhard sieht sich das Schloss kritisch an und überlegte einen Augenblick. Dann blickt er genauer hin und sagt:

„Jetzt habe ich`s!“

Es machte zwei Mal kurz knacks und wieder knacks, dann sprang der Türriegel zurück und die Türe war offen.

„Lasst mich zuerst eintreten!“, bat Maria.

Sie drängte sich, ohne lange zu fragen, an ihrem Vater und Philippe Cardinale vorbei und huschte durch die offene Türe. Sie erwartete natürlich, die langgesuchten Bücher und Aufzeichnungen über Alchemie und Zauberkunst vorzufinden. Mit ihrer Öllampe leuchtete sie in den Raum und fährt erschrocken zurück. Ganz bleich im Gesicht sagt sie leise zu ihrem Vater: „Da drinnen sitzt ein Skelett auf einem Stuhl!“

Ludolf wendete sich zunächst an Bernhard, weil er nicht wollte, dass dieser eventuell ein Geheimnis mitbekam, was ihn nichts anging und sagte zu ihm: „Das hast du gut gemacht, du kannst jetzt wieder zu deiner Arbeit gehen.

„Ja, Chef!“, antwortet dieser und wendet sich in Richtung Treppe.

„Gib Franz noch Bescheid, in einer Stunde werden wir Essen!“, ruft Ludolf ihm hinterher.

„Ich werde es ihm ausrichten, Herr Wittich!“

Nachdem Bernhard gegangen war, betritt Philippe Cardinale, mit der Öllampe in der Hand, den dunklen Raum. Wilhelm nimmt kurz entschlossen Marias Öllampe und folgt Cardinale hinterher. Als auch Ludolf noch mit seiner Lampe den Raum betrat, wurde der Raum hinreichend beleuchtet.

Was Maria gesehen hatte, war kein Skelett, sondern eine alte Kleiderbüste auf dem ein schwarz-weiß gestreifter Kittel hing.

„Hier hast du dein Skelett!“, sagt Ludolf lachend zu Maria, die zögerlich das Gewölbe betreten hatte und deutete auf die Büste.

„Es sah aber im Dunkeln so aus, als säße dort ein Toter!“, verteidigt sich Maria.

„Ich weiß, in der Nacht sind alle Katzen grau!“

Gemeinsam ließ man die Blicke durch den Raum schweifen. Auf dem Tisch standen eine Alte verstaubte Schreibmaschine, eine Funkanlage nebst Morsetastatur und ein Feldtelefon. In der Ecke standen zwei Sturmgewehre an die Wand gelehnt und daneben, am Boden stehend, eine Munitionskiste.

„Das sieht ja hier aus, wie in einem richtigen Führerbunker!“, meldete sich Ludolf als Erster zu Wort.

„Das hier war bestimmt eine geheime Kommandozentrale!“, sagt Cardinale. „Ich vermute sogar, das ist der langgesuchte Kommandostand der Legion Condor!“

„Woran sehen Sie das, Monsieur Cardinale?“

„Sehen Sie, dort auf dem Tisch liegen alte Flugkarten!“, antwortet dieser Wilhelm.

Philippe Cardinale blickte sich weiter in dem Raum um, als suchte er nach etwas bestimmten.

„Nach was suchen Sie, Monsieur Cardinale?“, fragt Wilhelm, dem der Blick ihres Gastes nicht entgangen war.

„Fällt Ihnen an der Gewölbedecke etwas auf, junger Mann!“, richtet Cardinale die Frage an Wilhelm. Dieser blickt nach oben und sagt:

„Ich kann nichts Außergewöhnliches feststellen!“

„Dann achten Sie mal auf die Struktur des Gewölbes. Es handelt sich um ein sogenanntes Kreuzgewölbe, wie in alten Kathedralen. Kann, aufgrund der Deckenstruktur, der Raum dort enden, wo der Schrank an der Wand steht?“

Wilhelm, darauf aufmerksam gemacht, blickte sich die Decke nun genauer an:

„Nein, es sieht eher so aus, als wenn der Raum hinter dem Schrank in einen Gang mündet!“

„Dann helfen Sie mir mal, den Schrank beiseite zu schieben, vielleicht wir finden dahinter einen weiteren Raum!“

Mit vereinten Kräften versuchte man den Schrank zu verrücken, doch gab dieser nicht um einen Millimeter nach.

„Wir sollten die Aktenordner herausnehmen, damit der Schrank leichter wird!“, meinte Ludolf, dem der Schweiß schon auf der Stirn stand.

Inzwischen hatten auch Emma, Frederik und die beiden Frauen, Notburga und Hedewig, den Raum getreten und blickten sich neugierig um. Sie waren gespannt darauf, ob hinter dem schweren Eichenholzschrank noch ein weiterer Gewölbekeller vorzufinden war. Allen voran Maria, die nun wieder die Hoffnung hegte, doch noch alte Geheimnisse zu lüften.

„Ich vermute eher, dahinter steckt ein bestimmter Mechanismus, der den Schrank bewegt!“, meinte Cardinale zu Ludolf.

Und richtig, nach einigem Suchen fand Philippe Cardinale, was er suchte. Rechts, neben dem Wandschrank waren Ösen angebracht, die den Schrank zu halten schienen. Cardinale löste die raffinierte Verriegelung und der Schrank schwebte, wie von Geisterhand, zur Seite.

„Das ist ja eine sehr raffinierte Konstruktion. Man hat den schweren Schrank einfach auf Rollen gestellt und seitlich verhakt!

Maria wollte wieder Mal die Erste sein, die den Raum betritt.

Als Erstes sah man einen Gang, der in einen weiteren Raum zu münden schien. Maria ging, gefolgt von ihrem Bruder Wilhelm, der immer noch die Öllampe in der Hand hielt, voran. Nach fünf Metern traf man auf einen weiteren Raum.

„Kommt her, macht Licht, hier scheinen lauter Regale zu stehen!“, ruf Maria nach hinten.

Im schwachen Lichtschein von Wilhelms Öllampe sah man an den Wänden mehrere Regale. Nachdem auch Ludolf und Cardinale den Raum betraten, erkannte man einen Weinkeller und Vorratsraum, voll gefüllt mit eingeweckten Gläsern und hunderten von Weinflaschen.

„Die Vorbesitzer scheinen ja nicht schlecht gelebt zu haben!“, meinte Notburga, als sie die Einweckgläser sah. „Kürbis, Apfelmus, Zwetschgen, Sirup, Gewürzgurken, Sellerie, alles da!“

„Hm, was ist denn das?“, fragte Ludolf und nahm eine Flasche aus dem Regal. Als er sie entkorkt hatte, roch er daran. „Das ist ja selbstgebrannter Zwetschgenschnaps!“, ruft Ludolf entzückt. „Hier Wilhelm, riech mal daran!“ dabei hält er ihm die Flasche unter die Nase.

„Ja, das riecht nach Obstler!“, bestätigt dieser.

„Vater, leuchte mal hierher“, ruft Maria, „dort hinten steht eine alte Holztruhe!“

Als man in die Ecke leuchtete, sah man dort eine, mit Eisenbändern beschlagene, alte Holztruhe stehen.

„Sie ist verschlossen!“, meinte Maria enttäuscht, als sie versuchte die Truhe zu öffnen. „Was da wohl drin ist?“

„Bestimmt deine Hexenbücher!“ stichelte Wilhelm.

„Lass das Wilhelm. Schau lieber, ob hier irgendwo ein Schlüssel für die Truhe zu finden ist!“ Schalt Ludolf seinen Sohn.

„Was erwartet ihr, dass in der Truhe drin sein soll?“, fragte Philippe Cardinale.

„Das wissen wir nicht, aber in solch alten Gemäuern finden sich immer irgendwelche Ãœberraschungen, zumindest besitzt die Truhe eine große Ähnlichkeit mit einer Schatztruhe!“, bemerkte Ludolf scherzhaft.

„Wir können sie ja mal Anheben!“, schlägt Maria vor.

Wilhelm und Ludolf versuchten auch gleich, die Truhe zu heben. Obwohl sie sehr schwer war, gelangt es ihnen doch, dabei kam unter der Truhe ein kleiner Schlüssel zum Vorschein.

„Hier ist ja, was wir suchen!“ Schnell hatte Maria den Schlüssel aufgehoben und versuchte die Truhe damit zu öffnen. Doch leider ließ der Schlüssel sich nicht drehen.

„So ein Mist, der Schlüssel scheint nicht zu passen!“, seufzte Maria.

„Lassen Sie es mich einmal versuchen!“, bat Philippe Cardinale.

Er drehte den Schlüssel ein paar Mal hin und her und das Schloss schnappte auf. Vorsichtig hob man den Truhendeckel an und leuchtete in das Innere.

„Bücher, die Truhe ist voll mit Büchern!“, jubelte Maria laut.

Maria nimmt eines der Bücher aus der Truhe und liest: „Tempelarbeit.“

Das nächste Buch, das sie der Truhe entnahm, hatte den Titel: „Opus Magnum.“

Sie schlug es auf und las: „Das große Werk, der mittelalterlichen Alchemie, der sich auf die erfolgreiche Umwandlung des Ausgangsstoffes in Gold oder auf die Schaffung des Steins der Weisen bezieht.“

„Juchhe! Ich hab endlich die Bücher gefunden, nach denen ich schon lange suche!“

„Zeig mal her!“, bat Notburga ihre Enkelin. Sie interessierte sich ebenfalls für dieses außergewöhnliche Thema der Hexenkunst. Sie griff sich ein anderes Buch aus der Truhe, dass ihr sofort ins Auge stach.

„Hier lies, Maria: Mandragora officinarum! Die Alraune ist eine giftige Heil- und Ritualpflanze, die seit der Antike als Zaubermittel gilt!“

„Jetzt hast du ja endlich deine Hexenbücher!“, lästerte Wilhelm scherzhaft. „Vater und ich haben auch ein Zaubermittel entdeckt!“

„Wo, was?“, fragt Maria rasch.

„Hier, Obstwasser!“, lachte Wilhelm und hält Maria die Flasche mit Zwetschgenschnaps unter die Nase.

Nachdem Wilhelm und Maria ihre Frotzeleien beendet hatten, stöberte man noch eine Weile in allen Ecken des Kellergewölbes herum, fand aber nichts weiter, als einige alte Möbel und Handwerkszeug.

Danach begab man sich zurück in den Salon, um darüber zu sprechen, wie es nun weiter gehen sollte.

Philippe Cardinale meinte: „Ich werde die Funkanlage und die Aktenordner beschlagnahmen müssen und nach Paris bringen!“

„Dass Sie die Funkanlage mitnehmen, Herr Cardinale, dagegen habe ich nichts einzuwenden, nur die Aktenordner sollten wir zuvor sichten, ob nicht etwa für uns wichtige Dokumente darunter sind!“, bemerkte Ludolf.

„Damit bin ich selbstverständlich einverstanden, Monsieur!“, gibt Cardinale ihm zur Antwort.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Ernst

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Ernst Re: na dann mal auf nach Paris, ich war noch nie da. -
Zitat: (Original von UteSchuster am 01.11.2010 - 14:00 Uhr) Liebe Grüße deine Ute



In Paris direkt war ich auch noch nicht. Immer nur dort in der Nähe.

lg
Ernst
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster na dann mal auf nach Paris, ich war noch nie da. - Liebe Grüße deine Ute
Vor langer Zeit - Antworten
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