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14. Kapitel: Auf Verbrecherjagt
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Nachdem Ferdinand Raoul die Urkunde abgenommen, und das Aubergè du Rhin mit seinen Leuten wieder verlassen hatte, fluchte Marcel lautstark vor sich hin und schrie Raoul an:
„Du Vollidiot, was gibst du diesem dahergelaufenen Zigeuner die Urkunde? Sie gehörte ihm doch nicht!“
„Hast du mir nicht selbst gesagt, dass diese Urkunde keinen Wert besitzt? Soll ich mir deswegen ein Schuri zwischen die Rippen stecken lassen? Ãœbrigens hatte dieser Marco mir schon mal die Peitsche übergezogen und bestimmt nicht gezögert mich sein Messer spüren zu lassen, hätte ich seinem Vater die Urkunde nicht gegeben!“
„Na gut! Aber diese Schmach dürfen wir nicht auf uns sitzen lassen! Wir holen uns die Urkunde natürlich wieder zurück und die Andere gleich dazu!“, sagte Marcel zwar gereizt, aber jetzt wesentlich leiser und sachlicher zu Raoul.
Wie willst du das anstellen, Marcel?“, fragt Raoul ebenso leise zurück. Man wollte jetzt natürlich nicht, das die anderen Gäste ihr Gespräch mitbekommen sollten. Deren Aufmerksamkeit hatten sie ohnehin schon durch den Auftritt von Ferdinand und seinen Zigeunern auf sich gezogen.
„Indem wir diesen Zigeunern hinterher schleichen!“, antwortet Marcel, als sie wieder an ihrem Tisch Platz genommen hatten. „Wir müssen doch wissen, wo sich diese Wittichs aufhalten, sonst bekommen wir die richtige Urkunde nie in die Finger. Ihr Lager zwischen den Rheinauen haben sie nämlich inzwischen abgebrochen!“
„Meinst du sie sind nach diesem blöden Pfeifenkopffest in Ribeauvillè wieder abgereist, ohne dass wir es mitbekommen haben und nicht wissen wohin sie abgereist sind? Ich habe mitbekommen sie wollten später noch in die Schweiz, nach Genf und von dort nach Südfrankreich!“
„Nein, das bestimmt nicht. Denke doch mal an die Kleine, die hat doch jetzt einen Freund, zu dem und dieser Madame werden sie umgezogen sein?“, mutmaßte Marcel und lag damit nicht verkehrt.
„Der Freund von ihr scheint ein Bauerntrampel zu sein, also keiner aus der Stadt. Darum werden die Wittichs wohl irgendwo außerhalb von Ribeauvillè ihr neues Lager aufgeschlagen haben! Also los lass uns aufbrechen, damit wir die Zigeuner nicht aus den Augen verlieren!“
Beide verlassen das Lokal durch die Vordertüre, wobei Marcel der Wirtin zuruft.: „Setzen Sie den Wein auf unsere Rechnung, wir sind bald wieder zurück!“
Als sie vor die Türe treten blicken sie die Rue de la Volga entlang und sehen gerade noch rechtzeitig wie Ferdinand nach rechts zur Stadt abbiegt, während seine Leute links in Richtung Rheinbrücke abzweigen.
„Los ihm nach, der alte Zigeuner scheint in eine andere Richtung gehen zu wollen, also nicht zu ihrem Lager. Vermutlich weiß er, wo sich die andere Sippe befindet. Den schnappen wir uns jetzt alleine. Vermutlich hat er auch die Urkunde bei sich!“
Beide beeilten sich im Laufschritt die Wegkreuzung rechtzeitig zu erreichen bevor Ferdinand irgendwohin verschwinden konnte. Dort angekommen sehen sie ihn an einer Weggabelung stehen und auf die Wegweiser blicken. Offensichtlich wusste er nicht genau, wohin er sich wenden sollte. Dann geht er weiter und biegt links ab. An der Wegkreuzung angekommen lesen sie auf dem Schild; - La Route Castel de Ulrichsbourg.
Von dort folgen sie Ferdinand im nötigen Abstand, um nicht von ihm entdeckt zu werden. Nach fast einer Stunde erreicht dieser zu Fuß ein Hofgut und betätigt dort eine Glocke. Nun steht er wartend vor einem verschlossenen Holztor. Marcel und Raoul hatten sich inzwischen soweit herangeschlichen und hinter einem Baum versteckt, dass sie Ferdinand von ihrer Warte aus genau beobachten konnten. Nach kurzer Zeit wurde das Tor geöffnet und Marcel sieht Ludolf dort im Torbogen stehen.
„Hatte ich doch Recht, jetzt wissen wir endlich wo sich die Wittichs aufhalten!“, flüstert Marcel Raoul ins Ohr.
„Komm, lass uns wieder abhauen, wir haben genug gesehen. An die Urkunde kommen wir heute ohnehin nicht mehr heran. Wir werden uns morgen früh die Kleine schnappen und dann sehen wir, ob sie uns die Urkunden rausrücken oder nicht!“
In der Aubergè du Rhin wieder angekommen fragen sie die Wirtin ob sie jemanden kenne, der ihnen für einige Stunden ein Auto für einen Transport überlassen könne?
„Wann braucht ihr denn das Fahrzeug?“ fragt die Wirtin.
„Morgen früh, für etwa zwei Stunden. Wir müsse eine Fracht abholen!“
„Ihr könnt meinen Wagen nehmen, der steht gleich hinter dem Haus. Wie sieht es denn mit der Bezahlung aus?“, dabei machte sie die typische Handbewegung zwischen Daumen und Zeigefinger.
„Wieviel wollen Sie denn dafür, Madame Undill?“
„Gebt mir zwanzig Deutsche Mark und ich stelle keine Fragen!“
„Das hört sich gut an, abgemacht Frau Undill! Bringen Sie uns jetzt noch zwei Flaschen Rotwein!“
Die Wirtin bringt den bestellten Wein an den Tisch und raunt den beiden vertraulich zu: „Der Schlüssel liegt unter dem Linken hinteren Rad. Macht mir aber keinen Ärger, Jungs! Aber wenn ihr einen Lagerschuppen oder so was ähnliches für Euere Fracht braucht, kann ich Euch behilflich sein!“ Damit zwinkert sie Marcel und Raoul vielsagend zu, nimmt die zwanzig Mark, die ihr Raoul hinhielt, und verschwand wieder hinter ihrem Tresen.
„Die Alte denkt wohl wir haben morgen einen Einbruch vor!“, lacht Raoul. „Will sich wohl als Hehlerin etwas dazu verdienen. Schau dir nur die Leute hier in dem Schuppen an dann weißt du, was das für ein Laden hier ist!“
„Lass sie doch in ihrem Glauben!“, meinte Marcel mit einem leichten Achselzucken. In seinem Kopf malte er sich die Entführung bereits in allen Einzelheiten aus.
Gemeinsam leerten sie noch einige Flaschen Wein und gingen dann zu Bett.
Noch bevor die Sonne am anderen Morgen aufgegangen war befanden sich Raoul und Marcel bereits mit dem geliehenen Wagen der Wirtin in der Nähe des Weinguts der Urslingen. Dabei bemerken sie jetzt erst das Wappen an der Außenwand des Hauses.
„Sieh mal, ist das nicht das gleiche Wappen, wie auf der Urkunde?“
„Ja, dass ist das gleiche Wappen! Dann sind die Wittichs wohl mit dem Bauernlümmel verwandt?“, meinte Raoul.
„Das kann uns jetzt egal sein. Schau hin, das Tor geht auf!“
Sie sehen wie Agatha das Tor mit beiden Händen aufdrückt und wieder im Hof verschwindet. Dann kommt sie mit dem Citroen herausgefahren.
„Los, hinterher!“
„Ich dachte, wir wollen die Kleine schnappen und nicht die Alte!“, wendet Raoul ein.
„Das ist doch jetzt völlig egal, wenn die sowie so alle miteinander verwandt sind. Fahr los und halte genügend Abstand!“
Raoul fährt dem Citroen von Agatha hinterher. Es geht einige Kilometer auf unbefestigter Straße zwischen den Weinfeldern entlang, bis sie die Ortschaft Guèmar erreichen. Hier verlangsamt Agatha ihr Tempo und Raoul überholt ihr Fahrzeug. Kurz vor der Bäckerei bremste Raoul sein Fahrzeug abrupt vor dem Citroen von Agatha ab und zwingt Agatha von Urslingen auf diese Weise anzuhalten. Einige Meter vor der Bäckerei kommt ihr Wagen zum stehen.
Marcel steigt aus dem Fahrzeug aus und begibt sich zu Agathas Auto.
„Pardon Madame, Gendarmerie du Civil!“
„Gendarmerie?“
„Sie sind zu schnell gefahren Madame, kommen Sie bitte mit zu unserem Wagen!“
Ohne an etwas Arges zu denken steigt Agatha aus ihrem Citroen aus und folgt Marcel zu seinem Auto. Raoul wartet bereits außerhalb des Fahrzeugs auf die Beiden.
„Bonjour Madame!“, sagt er freundlich.
Agatha ahnt nicht in welcher Gefahr sie sich nun befindet. Blitzschnell hält Marcel Agatha vin hinten den Mund zu und zwingt sie mit Gewalt auf den Rücksitzt ihres Autos.
„Machen Sie keine Schwierigkeiten Madame, dann passiert Ihnen auch nichts!“, hört sie den fremden Mann ihr ins Ohr zischen.
„Wer sind Sie und was wollen Sie von mir?“, fragte Agatha bittend und zitterte dabei am ganzen Leib.
Doch bevor sie weitersprechen und eventuell um Hilfe rufen konnte, hatte Marcel ihr schon eine Kapuze übergestülpt.
„Schweigen Sie!“
„Hilfe!“ ertönt es unter der Kapuze hervor. Verzweifelt wehrt Agatha mit Händen und Füßen. Doch Marcel hält sie fest im Griff.
„Wenn Sie nicht sofort aufhören sich zu wehren, muss ich Ihnen weh tun!“, sagt Marcel und verrenkt Agatha zum Beweis seiner Worte den Arm. Agatha hörte darum auf sich weiterhin zu wehren. Ihr Sohn und ihre Tochter würden schon nach ihr suchen und da war ja auch noch Ludolf mit seiner Sippe, machte Agatha sich Hoffnung.
Ohne von jemandem gesehen worden zu sein kommen die beiden Verbrecher am Hintereingang des Aubergè du Rhin an.
Mit vereinten Kräften zerren sie ihr Opfer aus dem Auto und zwingen Agatha eine steile Treppe hinaufzugehen.
„Hier, in die Kammer mit ihr! Verbinde ihr die Augen und fessle sie ans Bett!“
„OK Chef!“, antwortet Raoul.
Sie nannten sich in Gegenwart ihrer Gefangenen bewusst nicht bei Namen, damit diese später keine Aussage machen konnte.
Raoul tat, wie ihm geheißen, verband Frau von Urslingen die Augen und fesselte sie ans Bett. Dann begab er sich gemeinsam mit Marcel in die Gaststube, die um diese Zeit bereits geöffnet hatte.
„Guten Morgen Madame Undill, einen heißen Kaffe bitte! Ihren Wagen haben wir hinter dem Haus geparkt!“
In der Zwischenzeit nannte Raoul die Wirtin beim Namen.
„Madame Undill, wir müssen nachher kurz in die Stadt nach Ribeauvillè. Können Sie bitte darauf achten, dass niemand unsere Kammern betritt?“
„Ich werde aufpassen, meine Herren, Sie können getrost losgehen!“
Während des Frühstück, welches nur aus heißem Kaffee einer Karaffe Rotwein und Zigaretten bestand, ließen sie sich von der Wirtin Papier und ein Couvert geben. Nachdem sie einen Erpresserbrief geschrieben haben machten sie sich gemeinsam auf den Weg zur Stadt. Sie wollten zunächst den Wittichs diese Nachricht zukommen lassen und dann an einem vereinbarten Ort die Urkunden als Lösegeld für ihre Gefangene entgegen nehmen.
„Schau mal Marcel, dort drüben läuft der Idiot, der auf diesem Pfeifenkopffest auf den Wagen der Wittichs aufpassen sollte. Der müsste doch das Weingut kennen wo die Wittichs jetzt wohnen.!“
„Dann rufe ihn mal her!“
„He Du, komm doch mal her zu uns, wir wollen dich etwas fragen!“
Pascale tat wie ihm geheißen und wechselt die Straßenseite.
„Bonjour Monsieur, ich kenne Sie noch vom Pfifferfest. Mein Freund Antonien hatte gar nicht nach mir gerufen. Sie haben gelogen!“
„Nein, ich habe nicht gelogen, es war nur ein Irrtum. Es wird wohl ein anderer gewesen sein, als Du, nach dem dein Freund verlangt hat!“
„Ach so, dann haben Sie also nicht gelogen!“, antwortete Pascale und blickte Raoul mit stupidem Blick treudoof ins Gesicht.
 „Möchtest du dir ein paar Franc verdienen?“, fragt Marcel ihn ohne Umschweife.
„Oui Monsieur, was muss ich dafür tun?“
„Kennst du das Weingut hinter Guèmar, dass sich Vigneron le Urslingen du Muehlbach nennt?“
Marcel hatte das Schild gelesen und vollkommen richtig vermutet, dass es das Weingut sein müsste auf dem die Wittichs nun wohnten.
„Oui Monsieur, ich arbeite manchmal dort!“
„Aha, dann kennst du die Eigentümer?“
„Voila, Madame de Urslingen? Oui!“
„Ich habe hier einen Brief den sie heute noch erhalten muss!“ Marcel zog den Erpresserbrief aus der Tasche und zeigte ihn Pascale.
„Soll ich den Brief bei Madame de Urslingen für Sie abgeben?“
„Das ist genau das, um was wir dich bitten wollten!“
Pascale nahm den Brief, ohne nochmals zu fragen wie viel Geld er dafür bekommen würde, und ging los.
Zwei ein halb Stunde später, nachdem Raoul und Marcel in die Stadt gegangen waren, kamen Ludolf, Frederik, Ferdinand, Emma und Bernadette beim Aubergè du Rhin an.
Man fand den versteckten Pferdewagen unter einer Trauerweide stehen und beriet, was als nächstes zu tun sei. Ein Kontrollblick durch das kleine Seitenfenster ergab weiter nichts, da das Fenster von innen mit einem Jutesack verhangen war.
Wie wollen wir jetzt vorgehen!“, fragte Ludolf. „Stürmen wir den Laden und hauen alles um, was sich uns in den Weg stellt?“
„Nein Ludolf! Du, ich und deine Tochter wir betreten das Lokal durch den Hintereingang, während Frederik mit seiner Schwester als ganz normale Gäste das Lokal durch den Haupteingang aufsuchen.
Eine gute Idee!“, mein Frederik. „Das erregt keinen Verdacht da die Wirtin uns als ihre Weinlieferanten bereits kennt!“
Frederik betrat mit Bernadette das Aubergè du Rhin.
„Guten Tag Frau Undill!“, grüßt Frederik die Wirtin freundlich und blickt sich nebenbei verstohlen im Lokal um. Von Raoul und Marcel war jedoch nichts zu sehen. Nun einige Gäste lungerten an den Tischen herum.
„Was machen Sie denn hier, Herr von Urslingen? Heute mal zusammen mit ihrer Schwester? Wir haben keinen Wein bestellt, oder was gibt mir die Ehre?“
„Ich will es Ihnen gerade heraus sagen Frau Undill, wir suchen zwei Verbrecher!“
„Bei mir etwa?“
„Sie kennen sie bestimmt, Frau Undill!“ Frederik gibt eine kurze Beschreibung von Marcel und Raoul ab.
„Ja, diese beiden Männer wohnen in meiner Herberge! Was haben sie dann verbrochen?“
„Sie haben unsere Mutter entführt!“
„Wie? Ihre Mutter, Agatha von Urslingen wurde entführt?“ Agatha war natürlich in der ganzen Umgebung den Leuten bekannt. Selbst die besoffenen Gäste hoben nun ihre Köpfe vom Tisch und starrten ungläubig auf Frederik und Bernadette.
Die Wirtin wurde bei diesen Worten ganz blass im Gesicht. „Und dann kommen Sie zu mir?“, stotterte sie verlegen.
„Genau Frau Undill, weil die beiden Entführer bei Ihnen wohnen!“
„Ich sagte Ihnen doch bereits, die beiden Gäste sind nicht hier. Sie sind vor etwas über zwei Stunden von hier fort gegangen. Wohin, das weiß ich nicht, Herr von Urslingen. Ich schwöre es Ihnen bei der heiligen Jungfrau!“
„Dann können wir ja ihre Zimmer durchsuchen!“, hörte die Wirtin eine fremde Stimme hinter ihr sagen.
Sie blickt sich erschrocken um, und sieht Ludolf am Hintereingang stehen.
„Was machen Sie denn hier, und wie kommen Sie hier herein? Meine Gäste benutzen für gewöhnlich den Haupeingang!“, sagte die Wirtin schroff zu Ludolf, nachdem sie sich vom ersten Schreck erholt hatte. „Jetzt aber raus, sonst rufe ich die Gendarmerie!“
„Die Gendarmerie können Sie von mir aus gerne rufen. Hier sind noch zwei Personen, die Sie sehen sollten!“
Ferdinand und Emma betreten nun vollends ins Lokal herein.
„Was ist denn heute los?“, fragt sie bestürzt.
„Ja, rufen Sie die Gendarmerie, damit sie diese Räuberhöhle endlich auffliegen lassen kann!“, sagte da Emma zu ihr..
„Wer sind Sie junge Frau? Habe ich Sie nicht auf dem Pfifferfest gesehen?“
Meine Name ist Emma Wittich und das ist mein Vater!“, dabei deutet sie auf Ludolf. „Und die beiden Männer, denen Sie Unterschlupf gewähren sind Feinde von uns! Sie werden in Deutschland landesweit von der Polizei gesucht!“, log Emma ohne zu wissen, dass sie damit vollkommen richtig lag.
Da tritt Ferdinand hervor und sagt: „Wenn Sie uns erlauben die Kammern der Beiden zu durchsuchen wollen wir Ihnen glauben, dass Sie mit der ganzen Sache nichts zu tun haben!“
„Mit welcher Sache soll ich nichts zu tun haben? Ich gebe doch keinen Verbrechern Unterschlupf. Ich kenne diese Leute nicht, das müssen Sie mir glauben. Ich glaubte das sind ganz normale Besucher des Pfifferfests!“
„Das sind keine harmlosen Besucher, sondern gesuchte Verbrecher!“, antwortet Ferdinand.
„Dann durchsuchen Sie mein Haus solange Sie wollen, sie werden nichts finden. Die Schlüssel zu den einzelnen Kammern hängen hier am Brett!“ Dabei deutete sie auf eine Holztafel an dem mehrere Schlüssel hingen.
Die Wirtin wusste wirklich nicht, dass Marcel und Raoul die Frau von Urslingen verschleppt hatten und in ihrem Haus gefangen hielten.
„Uns genügen die Schlüssel zu den Kammern ihrer beiden Hotelgäste!“, sagte Frederik.
„Dann warten Sie, ich gehe voran!“ Sie winkte einem ihrer Gäste, einem älteren Herrn zu und sagt: „Peter, pass hier solange auf. Wenn neue Gäste kommen sollten sag ihnen, dass ich gleich wieder zurück bin!“
„Jawohl Madame!“
Zusammen betreten sie neben dem Hintereingang das Treppenhaus.
„Warten Sie, ich mache uns Licht!“ Dabei drehte die Wirtin Undill irgendwo eine Sicherung ein und ging schlurfenden Schrittes die Treppe voran.
Im ersten Stock angekommen deutet sie auf zwei nebeneinander liegende Türen und sagt: „Dies sind die Zimmer der Beiden!“ Dabei schließt sie die erste Türe auf.
Frederik betritt als erstes das linke Zimmer. „Nichts!“, sagte er.
Auch in der zweiten Kammer war außer einem zerwühltem Bett nichts weiter zu finden.
„Sehen Sie, hier ist niemand!“
Als sie die Treppe wieder heruntergehen wollen hörte Bernadette ein Geräusch aus dem gegenüberliegenden Zimmer. „Was ist dort drin?“, fragte sie die Wirtin.
„Diese Kammer ist leer!“, gibt sie wahrheitsgemäß zur Antwort.
„Aber ich habe doch gerade ein Geräusch gehört!“, beharrt Bernadette auf ihre Meinung.
„Wem gehört dieses Zimmer!“, will Ludolf wissen.
„Das wurde ebenfalls von ihren beiden gesuchten Männern angemietet. Sie erwarten in den nächsten Tagen einen Freund aus Deutschland, wie sie mir erzählten!“
„Schließen Sie bitte diese Türe auf!“, verlangte Ferdinand.
„Warten Sie ich hole nur den Schlüssel!“ Die Wirtin geht zurück zur Gaststube und kommt nach einer Minute zurück.
„Hier, der Schlüssel!“
Ferdinand öffnet die Türe. „Mama, Mama!“, rufen Bernadette und Frederik zugleich.
Sie sehen dort Agatha gefesselt mit verbundenen Aug und Knebel im Mund auf dem Bett liegen.
Ludolf stürm in das Zimmer und mit zwei gekonnten Schnitten seines Tschuri durchtrennt er die Fesseln von Agatha.
Etwas benommen steht Agatha vom Bett auf.
„Oh, was bin ich froh Euch hier zu sehen!“ dabei fällt sie ihrer Tochter Bernadette in die Arme.
„Komm, wir gehen runter in die Gaststube, dort können wir in Ruhe sprechen!“, sagt Ludolf und geht voran.
„Das wird für Sie noch ein Nachspiel haben!“, drohte Ludolf.
„Ich habe von alledem nichts gewusst!“, beteuert die Wirtin.
Unten angekommen fragt die Wirtin Frau Agatha von Urslingen: „Möchten Sie einen Cafe au Lait, gnädige Frau von Urslingen? Es tut mir so außerordentlich Leid, was Ihnen in meinem Hause wiederfahren ist!“ Die Wirtin war total aufgelöst. Ohne eine Antwort abzuwarten verschwand sie in der Küche und kam nach kurzer Zeit zurück.
„Hier ihren Cafe au Lait, Madame de Urslingen!“ Händeringend und ziemlich unbeholfen steht sie neben dem Tisch und blickt Agatha entschuldigend an. Sie wusste wirklich nicht, was Marcel Herzberger und dieser Raoul vorhatten.
„Haben die beiden Strolche Ihnen gesagt, wann sie wiederkommen wollten?, wurde sie von Ferdinand gefragt.
„Nein! Diese Leute brauchen mein Haus auch nicht mehr zu betreten! Ihre Gespann und das Pferd nehme ich als Entschädigung für das Geld, dass sie mir noch schulden!“
Man blickte sich gegenseitig fragend an.
„Dann schnappen wir uns die Beiden heute Mittag in der Stadt!“, sagt Ferdinand Da geht die Türe des Lokals auf und Manolo erscheint.
„Du kommst mir genau richtig Manolo! Laufe zurück ins Lager und trommele noch mehr Leute zusammen. Sie sollen alle hierher kommen. Es gibt einiges für sie zu tun!“
Manolo machte auf dem Absatz kehrt und kommt nach einer Stunde mit zehn Mann zurück.
Ferdinand erklärte seinen Leuten, was vorgefallen war und teilte seinen Plan mit, wie sie die Verbrecher fangen wollten.
„Ihr besetzt die Straßen und Wege die aus Ribeauvillè hinausführen, die anderen kommen nachher mit uns zum Schlossgarten!“
Es war inzwischen 13 Uhr, also noch drei Stunden Zeit bis zur Ãœbergabe der Urkunden. Ihr bleibt solange hier in der Kneipe und achtet darauf, dass niemand ohne unsere Erlaubnis das Lokal verlässt. Nicht, dass sie am Ende noch von einem der Gäste gewarnt werden!“
Inzwischen hatte sich das Lokal mit den üblichen Stammgästen gefüllt. Man war allgemein neugierig, was nun weiter passieren würde.
Punkt 15 Uhr machte man sich in mehreren kleineren Gruppen auf den Weg zum Schlossgarten. Ludolf und Frederik wurden dazu ausersehen pünktlich am Treffpunkt zu sein und die Urkunden bei sich zu tragen. Übergeben wollte man diese an die Strolche allerdings nicht.
Agatha wollte natürlich unbedingt mit von der Partie sein, weil sie ja die Betroffene war und besonders mit Marcel noch ein Huhn zu rupfen habe, da er es war der ihren Arm auf den Rücken drehte, wie sie sagte.
„Agatha, du kannst gerne mit uns mitkommen“, sagte Ludolf“, hältst dich aber solange versteckt bis ich dich rufe. Sonst sehen sie, dass du wieder frei bist und entkommen uns am Ende noch!“
Kurz vor Vier warteten Frederik und Ludolf in der Toreinfahrt zum Schlossgarten. Es sind heute nur wenige Besucher dort zu sehen. Da schlägt die nahegelegene Kirchturmuhr viermal hintereinander Dong.
„Die werden wohl gleich kommen!“, meinte Frederik zu Ludolf.
„Dort kommen Sie ja schon!“, antwortet dieser.
Raoul und Marcel kamen seelenruhig die Straße hinauf geschlendert, als machten sie nur einen Spaziergang zum Schlosspark.
„Habt ihr die Urkunden dabei!“ fragt Marcel frech, als sie beim Tor zum Schlosspark ankommen. Er erhielt jedoch keine Antwort, stattdessen hört er Raoul rufen:
„Marcel, das ist eine Falle!“ Raoul hatte Agatha von Urslingen zu Rappoltstein hinter Ludolf und Frederik entdeckt. Sie war vor lauter Ungeduld zu früh aus ihrem Versteck hervor gekommen.
Im Bruchteil eine Sekunde erkannte auch Marcel die Situation, stieß Ludolf und Frederik zur Seiten und flüchtete in den Schlosspark. Schnell verschwand er unter den Bäumen und rannte über eine Wiese. Raoul lieft entgegengesetzt die Kopfsteinpflasterstraße hinunter, in Richtung Grand Rue. Als er jedoch einige der Roses auf sich zukommen sieht rannte er schnell in eine der nahe gelegenen Gassen und war im nächsten Augenblick den Augen seiner Verfolger entschwunden. Dort angekommen, ward Raoul nicht mehr zu sehen.
Aus dem Schlosspark hört man lautes Rufen:
„Hierher, er ist über die Mauer geklettert!“
Nach wenigen Minuten verstummte das Geschrei und die Leute versammelten sich am vereinbarten Platz.. Marcel und Raoul waren ihren Verfolgern in letzter Sekunde noch entwicht.
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