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Kopfkino

Kopfkino

Leise giert die schwere Eichentür, ich betrete dein Zimmer. Mein Blick schweift durch den düsteren Raum. Du sitzt in der Mitte der Stube, über einen massiven Schreibtisch gebeugt. Am dreiarmigen Tischleuchter flackern Kerzen und werfen gespensterhaftes Licht an die Wände.
Du hörst mich nicht, nimmst mich nicht wahr. Zu sehr bist du mit dir selbst beschäftigt. Lautlos stehe ich hinter dir, schaue über deine Schultern, sehe den Federhalter in deiner rechten Hand – und das leere Blatt Papier. Regungslos bist du verharrt, die Tinte an der Feder längst eingetrocknet.
Ein ovaler Stehspiegel auf dem Pult ermöglicht es mir, in dein Gesicht zu sehen. Deine Augenlider sind geschlossen, die vollen Lippen leicht geöffnet. Du hältst dein Haupt etwas nach vorn geneigt. Durch die schwarzen Locken, die deine blassen Wangen berühren, sehe ich schimmernde Tränen kullern. Tröpfchen für Tröpfchen fallen sie aufs Papier und werden langsam aufgesaugt.

Wo bist du in deinen Gedanken? Was quält dich und lässt dich nicht zur Ruhe kommen?

Dann heben sich vorsichtig deine Lider. Zwei braune Augäpfel blicken mich fragend an. Ich zwinkere freundlich zurück. Nur einen ganz kurzen Moment treffen sich unsere Blicke im Spiegel, kraftvoll und intensiv. Wundersam ziehen sich deine Mundwinkel nach oben. Meine linke Hand hebt das mit Tränen durchtränkte Blatt hoch, meine rechte streicht dir sanft über dein Haupt. Wortlos verlasse ich den Raum, welcher sich mit Licht und Farben füllt. Du nimmst einen neuen Papierbogen, tauchst die Feder in das Tintenfass und beginnst zu schreiben. Dein Kopfkino ist entschwunden und klare Gedanken sprudeln aufs Papier.

Deine Tränen aber sind bei mir – das Blatt wird an meinem Kamin trocken.