Zombies, die aus der Erde wollen, hatte mein Bruder früher immer gesagt. Wenn du nicht schnell wegläufst, dann werden sie dich holen. Sie werden dich unter die Erde ziehen und dort in kleine Stücke reißen, rief er noch hinter mir her, doch ich war schon über 100 Meter weit weg. Sein Lachen habe ich nie gehört. Mir wurde erst später bewusst, dass er mir nur Angst einjagen wollte.
Mama sagte immer, dass wir dort nichts zu suchen haben. Es sei zu gefährlich. Mein Bruder hatte dann immer gemeint, dass sie nur nicht will, dass wir die Zombies sehen. Ich habe ihm geglaubt. Dann sind wir trotzdem gegangen. Mutter sagten wir, wir seien beim Nachbarsjungen. Der hat seiner Mutter dasselbe erzählt. Wir sind immer zu fünft losgegangen zu den Zombies. Ich war die jüngste. Mein Bruder erzählte immer, wie er einmal einem Zombie nur ganz knapp entschwischt sei. Wir glaubten ihm.
Seit seinem Tod sind 20 Jahre vergangen. Ein Zombie hatte ihn erwischt, als wir mal wieder bei ihnen waren. Seitdem war ich nie wieder dort gewesen.
Als ich den Motor abstelle, spühre ich die Stille von damals. Ich weiß, dass es keine Zombies gibt. Ich weiß, dass es nur die Phantasie meines damals 10jährigen Bruders war. Sie wollte uns die Gefahr signalisieren. Die Gefahr, die wir nicht sehen wollten, nicht sehen konnten. Sie war uns neu. Unbekannt. Wir waren schließlich noch Kinder. Wir konnten sie nicht als Gefahr identifizieren. Nur meine Mutter konnte es und die anderen Mütter. Sie haben die Gefahr gespührt. Sie haben gespührt, dass wir in Gefahr schwebten. Sie haben es immer gespührt. Auch an jenem Tag, als mein Bruder starb.
Als ich ein Stückchen in Richtung der Stelle gehe, werden die Bilder in meinem Kopf immer realer. Es war alles so schnell gegangen. Wir mussten zurück zu den Zombies. Mein Bruder hatte seine neue Digitaluhr dort verloren. Sagte er. Doch wir fanden sie nicht. Der Wind wurde stärker und die Dunkelheit rückte unaufhaltsam näher. Und plötzlich stürzte ein Zombiearm auf meinen Bruder.
Die Rettungskräfte sagten, er sei sofort tot gewesen. Sie haben davon gesprochen, dass er nicht sehr leiden musste. Ich war damals nach Hause gelaufen, weinend und hatte Mutter berichtet, was geschehen war. Sie war nicht sauer auf mich. Auf uns. Ich glaube, es war der Schock, weshalb sie mich nicht angeschrien hat. Weshalb sie nie gefragt hatte, warum wir immer wieder zu den Zombies gegangen waren.
Vor meinen Augen sehe ich das Bild meines toten Bruders noch heute. Ich stand neben ihm, ich wurde verschohnt.
Nur noch wenige Meter trennen mich von dem Ort. Trockenes Laub knirscht unter meinen Schuhen. Der Wind fegt mit einer milden Brise über mich hinweg. Der Himmel ist Sternen klar. Es ist eine mondlose Nacht. In meiner Hand halte ich einen Zettel. Es ist die Schadensersatzzahlung der Gemeinde. Sie hatte den Tod meines Bruders zu verantworten. Bis zu meinem Lebensende werde ich diese Briefe erhalten. Meine Mutter kann das nicht mehr. Sie hat sich vor 10 Jahren erhängt. Sie konnte den Tod meines Bruders nicht verarbeiten. Erst an ihrem Grab konnte ich ihr sagen, dass ich die Digitaluhr meines Bruders noch am Tag seines Todes auf der Terrasse gefunden hatte.
(c) Sep2010/Miriam