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Der Weg führt am rechten Ufer die Mosel entlang in Richtung der französischen Grenze. Viele kleine Ortschaften, die idyllisch inmitten der Weinberge gelegen sind, säumen das rechte Moselufer. Auf der anderen Seite erblickt man das kleine Fürstentum Luxemburg. Auch dort wird das Ufer von Weinbergen und kleineren Ortschaften begleitet.
Als fahrende Händler sind die Wittichs in den verschiedensten Ortschaften auf Volksfesten und Viehmärkten bekannt.
Beim Anblick der vielen Dörfer juckte es Ludolf regelrecht in den Fingern anzuhalten, um dort seine Künste als Scherenschleifer und Kesselflicker erneut anzubieten. Hatte er doch erst gestern soviel Geld in der Stadt Trier damit verdient. Doch leider zwang ihn die knappe Zeit die Ortschaften links liegen zu lassen.
In zwei, spätestens drei Tagen mussten sie die Stadt Ribeauvillè, zu deutsch Rappoldsweiler erreicht haben, um dort noch rechtzeitig einen Standplatz zu ergattern.
Sie beabsichtigen am diesjährigen legendären Pfifferfest teilzunehmen, ein Fest, dass an die frühen Zünfte der Minnesänger und Pfeifer des Mittelalters erinnerte. Sie ahnten nicht, dass ihnen besondere Begegnungen bevorstanden, die ihnen Aufschluss über ihre wahre Herkunft geben sollten.
Zwei starkknochige Haflinger ziehen den schweren Wohnwagen samt dem einachsigen Anhänger den ausgefahrenen Uferweg entlang. Das Fuhrwerk knirschte verdächtig in den Achsen, als drohe es jeden Moment auseinander zu brechen. Die Radnaben geben bei jeder Umdrehung ein quietschendes und knirschendes Geräusch von sich. Immer wieder muss Ludolf anhalten, um die trocken gelaufenen Radlager neu zu fetten, was das Vorwärtskommen erheblich verzögerte.
„Wenn das so weiter geht schaffen wir es nicht rechtzeitig in Ribeauvillè anzukommen!“, sagt er zu seiner Frau, die hinter ihm sitzend aus dem Wagen blickte.
„Das schaffen wir schon!“, antwortet sie zuversichtlich.
„Wollen es hoffen. Wenn der Wagen nicht so voll beladen wäre, kämen wir wesentlich schneller voran! Im Ãœbrigen muss ich auf den Dinnelo (Narr) hinter uns achten, sonst verpasst er den Weg noch! Will in Frankreich Wein verkaufen, dass ich nicht lache!“
Und wirklich, ihr Gespann war bis aufs Dach voll mit Körben, Töpfen und Pfannen beladen. Auf dem Dachträger stapelten sich zusätzlich Kisten und Ballen, die ebenfalls allerlei Handelswaren enthalten.
Ludolf steigt, nachdem er wieder einmal die Radnaben gefettet hatte, auf dem Kutschbock zurück und bemüht sich den Wagen in der Spur zu halten. Ausgefahrene Furchen machten ihm das Lenken schwer und lassen den Wagen immer wieder gefährlich zur Seite neigen. So geht es stetig die Mosel entlang
Blechwannen und allerlei sonstige Handelswaren, welche seitlich an ihrem Fuhrwerk befestigt sind, verursachen beim Fahren über Stock und Steinein ein stetig schepperndes Geräusch. Hinter ihrem Fahrzeug hatten sie zusätzlich noch zwei vollbepackte Esel angebunden, die ebenfalls Handelswaren auf ihrem Rücken transportierten. Das Ganze war natürlich dem Fremden hinter ihnen nicht entgangen.
Unauffällig beobachtete er jede Bewegung der vor ihm fahrenden Familie, wobei ihm auch nicht entgangen war, dass Ludolf unterwegs des öfteren anhalten musste, um die Radnaben zu fetten.
Die beiden Geschwister, Maria und Wilhelm laufen dem Gespann wackeren Schrittes hinterher, stets darauf achtend, dass keines der Gepäckstücke unterwegs verloren ging. Ab und zu blickten sie hinter sich und sahen den Fremden im gehörigen Abstand folgen.
„Ich hoffe, wir erreichen Ribeauvillè morgen noch vor dem Abend“, sagt Ludolf zu seiner jüngsten Tochter Emma, die neben ihm auf dem Kutschbock sitzt.
„Das hoffe ich auch, Vater. Du solltest übrigens keine große Rücksicht auf den Fremden hinter uns nehmen. Er kann ja unserer Wagenspur folgen, um nach Ribeauvillè zu kommen. Ich traue dem Mann so wie so nicht über den Weg.
„Warum, traust du ihm nicht?“
Merkst du nicht, dass er uns die ganze Zeit unauffällig beobachtet, und wenn du wegen der Radnaben anhalten musstest, hält er auch immer in gehöriger Entfernung an, anstatt heranzukommen und zu fragen ob er dir helfen kann. Irgendetwas hat der Gatsch da hinten zu Verbergen!“
„Er will uns halt nur nicht belästigen, wie er gesagt hat, zumal ich ihn gestern ziemlich barsch angefahren habe!“
„Nein Vater, das ist es nicht. Er hat bestimmt irgendwas vor, ich kann das Spüren! Der kam gestern bestimmt nicht zufällig auf den Viehmarkt vorbei!“
„Dann werden wir ihn scharf im Auge behalten, mein Kind!“, antwortet Ludolf und knallt mit der Peitsche durch die Luft.
Emma hatte Recht, der Fremde hielt sich immer im gehörigen Abstand hinter dem Gespann der Wittichs. Seinen zerkrempelten Hut hatte er sich tief in die Stirn gezogen, damit ihn seine Blicke nicht verraten konnte. Nervös kaute er auf einem Grashalm herum, den er im Mund hin und her wandern ließ. Das ganze Aussehen dieses Mannes war als heruntergekommen und schmutzig zu bezeichnen.
Warum hatte er sich den Wittichs in Trier überhaupt angeschlossen, was wollte er von ihnen? Gehörte er vielleicht zu jenen Strauchdieben, die in den Vogesen und in der Gegend um Straßburg die Rheinauen unsicher machten.
Da fragte Vater Ludolf seine Tochter Emma: „Warum hältst du dem Mitreisenden hinter uns für einen Strauchdieb?“
„Er hat böse Augen und einen unruhigen Blick. Als er mich gestern in Trier anblickte erschaudert es mich und es lief mir kalt den Rücken herunter.
Wie er dann behauptete, er wolle nach Ribeauvillè, um dort auf dem Markt Geschäfte zu machen, so glaubten Maria und ich ihm das nicht. Wir sind ihm hinterher gegangen und haben gesehen, wie er sich mit einem anderen Mann traf. Leider konnten wir ihre Unterhaltung nicht verstehen weil wir uns zu weit zurück hielten und er uns nicht sehen sollte. Doch Maria erklärte mir, dass sie an Hand seiner Gestiken erraten habe, dass es dabei um uns gegangen sei. Immer wieder deutete er mit seiner Hand in Richtung unserer Wagen und der andere Mann nickte darauf sehr heftig mit dem Kopf. Dann verschwanden sie zusammen in einer Kneipe!“
„Wir werden also aufpassen müssen, ob er etwas gegen uns im Schilde führt!“, antwortet Ludolf seiner Tochter. „Und wenn er etwas gegen uns im Schilde führen sollte hetze ich ihm unseren Balduin auf den Hals. Der Hund scheint den Kerl ohnehin nicht zu mögen. Im Ãœbrigen sind dein Bruder Wilhelm und ich auch nicht von schlechten Eltern. Hinten im Wagen habe ich für solche Fälle einen Karabiner K 98 aus dem ersten Weltkrieg versteckt. Also keine Sorge liebe Emma, es sind genügend Augen die aufpassen!“
Damit war ihre Unterhaltung beendet. Die Fahrt ging immer den Uferweg entlang und folgten den Moselschleifen.
Nach fünf Stunden erreichten sie die deutsch-französische Grenze. Die Formalitäten an der Grenze waren schnell erledigt, da die Zöllner die Sippe der Wittichs bereits von früheren Fahrten her kannten. Sie kontrollierten lediglich ob zusätzlich fremde Personen auf dem Wagen sind. Nur bei Raoul durchsuchten sie dessen Wagen, fanden jedoch nichts.
„Bon Route!“, sagten die Zöllner und ließen den Wagentross den Zoll passieren.
Die Strecke führte sie über Sierck-les-Bains - Thionville – Metz – nach Nancy, um sie später vom Fluss wegführend, links in Richtung Colmar weiterzubringen.
Nach 10 Stunden war Nancy erreicht. Es war bereits tiefschwarze Nacht und nur die Lichter der nahmen Stadt leuchtete Ludolf noch den Weg. Es war Vollmond und so entschloss sich Ludolf bis Lunéville weiterzufahren. Der Rest seiner Sippe schlief bereits hinten im Wagen. Bei Lunéville angekommen machte er am Rande eines Wäldchens halt. Ohne sich weiter um seinen komischen Mitreisenden zu kümmern, wickelt Ludolf sich in eine dicke Wolldecke, nimmt den Hund Balduin zu sich auf den Kutschbock und schläft alsbald ein.
Obwohl es noch Stockduster ist, wird er einige Stunden später durch das holpern des Wagens geweckt.
„Wie, was?“ Verstört blickt Ludolf Wittich sich um. Im Nu ist er hellwach, erkennt aber zum Glück in der Dunkelheit seinen Sohn Wilhelm neben sich das Fuhrwerk lenken.
„Guten Morgen Vater, es wird bald hell. Wir müssen weiter, wenn wir noch vor heute Abend in der Nähe der Stadt Ribeauvillè ankommen wollen!“
„Dann fahr du mal weiter mein Sohn, ich bin noch müde und mir ist kalt!“
Ludolf steigt nach hinten in den Wagen, legte sich auf einer der Pritschen, deckte sich warm zu und schläft sofort wieder ein. Er hatte die halbe Nacht auf dem Kutschbock zugebracht und gefroren.
Wilhelm lenkte das Fuhrwerk ebenso gut und sicher den holprigen Waldweg entlang, wie sein Vater Ludolf gestern den steinigen und teils matschigen Uferweg entlang der Mosellè, wie die Mosel in Frankreich genannt wird. Wilhelm fährt in der Dunkelheit immer weiter in die Vogesen.
Mal geht es steil bergan, dann wieder bergab. Wilhelm folgt dem sich schlängelten und viele Kurven aufweisenden Waldweg stur an einem kleinen Fluss entlang. Als der Tag sich allmählich zu Lichten beginnt, sieht Wilhelm weit hinter sich im Tal, das Fuhrwerk dieses Fremden fahren. Er hatte wohl die letzte Nacht ganz in der Nähe der Wittichs zugebracht und folgte jetzt den Wagenspuren, die Wilhelm auf dem frischen Waldboden hinterließ.
Nach und nach wird die gesamte Familie wach und Großmutter Notburga fragt: „Wollen wir nicht endlich bald anhalten und frühstücken? Die Pferde und unsere Esel brauchen auch bald Futter!“
„Sobald ich einen geeigneten Platz gefunden habe Großmutter, halte ich an!“
Nach 2 Stunden deutet eine Holztafel mit Pfeil auf die Ortschaft Azerailles.
„Wir kommen gleich in einem Ort an, dort werde ich die Pferde tränken!, ruft er nach hinten.
Jede kleine bäuerliche Ortschaft besaß einen Steintrog mit Wasser für dass Vieh, das wusste Wilhelm.
In Azerailles angekommen, hält er das Gespann an und versorgt zunächst die Tiere. Mutter Hedewig geht zum Brunnen und holt Wasser für den Kaffee, den sie stets mit sich führten. Inzwischen kommt auch Raoul angefahren und wartet auf der anderen Straßenseite ohne vom Bock abzusteigen.
„Komischer Heiliger“, flüstert Wilhelm seiner Schwester Emma zu, die gerade Pferdeäpfel einsammelt, um sie später im Ofen zu verheizen.
„So lange er nicht zu uns herüber kommt, kann er bleiben wo der Pfeffer wächst!, antwortet Emma ebenso leise. „Bin froh, wenn wir ihn endlich los sind!“ Dabei wirft sie einen verstohlenen Blick zu dem Fremden hinüber.
Nach 20 Minuten geht die Fahrt weiter.
Ludolf ist inzwischen aufgewacht und sieht Raoul wieder hinter ihnen herfahren. „Ist dieser falsche Fünfziger immer noch hinter uns? Ich hoffte gestern, er wäre in Nancy weiter Geradeaus die Mosellè entlang gefahren. Dort befand sich ein Schild, in Richtung Ribeauvillè, über Chatel-sur-Moselle!“
„Das Schild habe ich auch gesehen, Vater!“, sagt Wilhelm und lenkt das Gespann wieder eine Anhöhe hinauf.
„Vielleicht weiß er über unser alljährliches Treffen mit den Sinti und Roma Bescheid und kennt diese Abkürzung durch die Vogesen?“
„Wenn das wirklich so wäre, dann müssen wir uns vor diesem Schlitzohr noch mehr in Acht nehmen! Ich werde diesen Nabelo jetzt noch besser im Auge behalten!“, sagt Wilhelm. „Solange er nur alleine hinter uns ist, haben wir nicht zu befürchten. Doch sollten wir von jetzt ab den Weg vor uns besser im Auge behalten!“, meinte Wilhelm zu seinem Vater.
Ludolf geht nach hinten in den Wagen und holt den Karabiner K 98 hervor, läd ihn durch, und sagt zu seinem Sohn.
„Hier, nimm Du das Ding und, wenn sich jemand uns in den Weg stellt schießt du! Ich fahre jetzt weiter!“ Damit setzt er sich neben Wilhelm auf den Kutschbock und nimmt ihm die Zügel aus der Hand. Wilhelm nimmt den Karabiner und legt ihn schussbereit neben sich.
Nach einigen Kilometern muss Ludolf wieder anhalten, da die Radnaben wieder trocken gelaufen waren.
Gleichzeitig hielt der Fremde hinter eine Kurve sein Gespann an und wartete. Ein paar Minuten darauf tauch ein Mann aus dem Gebüsch auf und fragt: „Alles klar, Raoul?“
„Ja, es schein alles nach Plan zu laufen!“, antwortet der Kutscher, der mit dem Namen Raoul angesprochen wurde.
Der zweite Mann steigt auf das Fuhrwerk und verschwindet sofort hinten in dem Kastenwagen, Von alledem bemerkten die vorausfahrenden Wittichs nichts. Da Rudolf vermutlich in Kürze wieder anhalten würde, um die Radnaben erneut zu schmieren, konnte Raoul das Gespann ruhig eine Weile halten lassen und sich mit seinem Kumpan besprechen. Die Wittichs würde er leicht wieder einholen.
„Was willst du eigentlich von der Sippe da vorne?“, fragt Raoul nach hinten in den Wagen hinein.
„Diese Leute führen ein Dokument mit sich herum, welches ich unbedingt in meinen Besitz bringen muss!“
„Um was für ein Dokument handelt es sich denn?“
„Eine alte Urkunde, die mir gehört!“
„Eine Urkunde, worüber?“
„Das tut nichts zur Sache, fahre du diesen Leuten nur weiter unauffällig hinterher. Bei passender Gelegenheit werde ich in ihren Wagen schleichen und nach dem Dokument suchen. Du bekommst dafür alles Geld, was diese Wittichs mit Sicherheit bei sich führen.
„Woher kennst du die Familie Wittich? Wer und was sind sie eigentlich, dass sie dir so wichtig sind?“
„Das habe ich dir doch schon gesagt!“, antwortet der Fremde mit verhaltener Stimme hinten aus dem Wagen. „Doch will ich dir sagen, was ich über diese Sippe in Erfahrung gebracht habe!
Das ganze Jahr reist die Familie von Ort zu Ort, wobei ihre Reisen sie quer durch Deutschland, Schweiz, Österreich, dem Böhmerland und Frankreich führt. Seit vielen Generationen sind sie fahrende Händler und Kesselflicker, die Messer und Scheren schleifen und ihre Körbe Töpfe, Pfannen an die Bevölkerung verkaufen.
Nebenbei überbringen sie den Leute Nachrichten aus anderen Landstrichen, oder persönliche Grüße von Freunden und Bekannten. Darum sind sie, trotz ihres schlechten Rufes, die dem fahrenden Volk anhaftet, gern gesehene Leute!“
„Heißt das, sie sind heimliche Botengänger oder Spione?“
„Das weiß ich nicht, wäre aber gut möglich. Sie verhalten sich jedenfalls sehr unauffällig, wie es Spione stets auch zu tun pflegen. Das Besondere ist ihre Sprache, die Jenisch genannt wird und aus dem Rotwelschen stammt. Sie zählt zu den Zigeunerdialekten, wie Sinti und Roma!“
„Was versteht man unter der Rotwelsche Sprache?“, will Raoul wissen.
„Das rotwelsche Sprache ist im Mittelalter entstandene und bedeutete soviel wie: Die Sprache einer Rot (Rotte) mit einem unverständlichem Kauder(welsch)!“
„Aha!“ lässt sich Raoul nun leise vernehmen, denn er war inzwischen weiter gefahren und den Wittichs wieder sehr nahe gekommen. Diese sollten nicht bemerken, dass er mit jemandem sprach.
„Erzähl leise weiter, so dass nur ich dich hören kann. Die Wittichs sind drei Wagenlängen vor mir!“, flüstert Raoul nach hinten, ohne jedoch seine Kopf zu bewegen.
 „Die Jenischen können ihre Sprache nur untereinander verstehen, was sie auch tun wenn sie alleine sind und andere nicht wissen sollten, was untereinander gesprochen wird!“
„Also sind sie doch Spione, da sie sich einer geheimen Sprache bedienen!“
„Wie gesagt, möglich wäre das. Neben der eigenen Mundart und den der anderen Zigeunermundarten beherrschten sie perfekt die deutsche und französischen Sprache. Auch die verschiedenen landesüblicher Dialekte, wie fränkisch, schwäbisch, bayrisch, schweizerdeutsch oder luxemburgisch sind ihnen geläufig. Darum können sie sich mit fast allen Leuten in deren Mundart unterhalten, was ihrem Geschäft sehr zuträglich ist. Ebenso wäre da Spionage nicht auszuschließen!“
„Erzähl mir mehr darüber!“, murmelt Raoul leise nach hinten. Ebenso leise hört er seinen Kumpane von hinten sprechen:
„Im Mittelalter entstanden viele geheime Sprachen; und damit einhergehend ebenso viele verschiedene geheime Zeichen, welche die fahrenden Völker benutzten, um sich untereinander Botschaften zukommen zu lassen. Hierzu gehören Handzeichen, wie Augenzwinkern, Mimiken und Gestiken, um die Absichten ihrer Benutzer vor Außenstehenden geheim zu halten. Man benutzte sogar sogenannte Zinken, die man an Zäunen, Häusern, Türen und Bäumen hinterlässt!“
„Davon habe ich schon gehört!“, murmelt Raoul vor sich hin, dass nur der hinter ihm sitzende es hören konnte. „Erzähl weiter!“
„Mit solchen Zeichen teilten die fahrenden Völker ihren Nachfolgenden Brüdern und Sippenmitgliedern mit“ Vorsicht, bissiger Hund –, oder nette Leute hier– geizige Leute – fromm tun lohnt sich – hier gibt’s nichts – hier gibt’s Geld - Ãœbernachtung möglich – Achtung Polizei – schnell abhauen – Betteln verboten – u.s.w. Auf diese Weise weiß jeder Eingeweihte woran er ist und richtet sein Verhalten danach!“
„Ganz schön raffiniert!“, antwortete Raoul wiederum sehr leise. „Lass uns jetzt Schweigen, sonst bemerken die da vorn noch etwas!“
Die weitere Fahrt verlief ohne besondere Zwischenfälle. Einzig die Landschaft verdient hier einige Aufmerksamkeit. Man kam an vielen Weilern vorüber und streckenweise wurde der Mischwald durch hochgelegene Äcker und Wiesen unterbrochen, worauf die Sonne eigentümliche Schatten warf, wie sie nur in Hochebenen zu finden sind.
Gegen Mittag erreichten die Wittichs die 550 Meter hoch gelegene Ortschaft Belle Fontaine in den Vogesen, und hatten somit die halbe Strecke zu ihrem Ziel hinter sich.
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