Liebes Fliegentagebuch...
Heute war ein wirklich aufregender Tag. Als ich heute morgen auf dem obersten Blatt der Zimmerpflanze, im Wohnzimmer aufgewacht bin, konnte ich bereits einen verlockenden Duft vernehmen. Es roch süß und lecker. Wie sich herausstellte, hatte Frau Mayer vergessen, die Keksdose zu zu machen. Mh, sie war randvoll mit Schokokeksen. Ich lecke doch so gerne am Schokoguss. Oh, wenn die das wüsste! In der Keksdose habe ich dann den Billy getroffen. ich weiß, er ist ein wenig komisch, seit er von den süßen Säftchen in der Apotheke von neben an genascht hat aber ich finde ihn nett. Ich habe ihm erzählt, dass ich ein Date mit der Summine habe. Er hat nur gelacht und gemeint, dass eine so flotte Fliege doch niemals auf einen Typ wie mich fliegen würde. Weißt du, liebes Tagebuch, sie ist was ganz besonderes. Ihre engelsgleichen Flügel schillern im Sonnenschein und ihre Füße sind die haarigsten, die ich jemals gesehen habe.
Ich will dir was anvertrauen, ich hatte mich sogar einparfümiert. Ich habe mich unterm Waschbecken gesuhlt. Du weißt schon, da wo es so gut riecht, weil die Frau Mayer da nie sauber macht. Am Abend bin ich dann schon eine Stunde zu früh am Treffpunkt gewesen. Einen ganz feinen Laden hat sie sich da ausgesucht, mich hätten die da ohne Summine wahrscheinlich gar nicht rein gelassen. Äh, wie hieß der Schuppen noch gleich? Das... ähm... das Katzenklo! Ja, so hieß er. Da ist echt eine super Atmosphäre. Also, so lange der Kater Karlo nicht rein kommt aber der ist Abends so wie so immer draußen, also ist das kein Problem. Ich hab mir dann Schokokrümel bestellt. Summine wollte nur Brotkrümel haben. Sie meinte, sie müsste auf ihre Linie achten. Naja, typisch Frau eben. Nur weil der Panzer mal ein s drückt oder zwickt gleich ab nehmen. Das war schon ein gelungener Abend. Man, haben wir gelacht, als ich gegen die durchsichtige Klappe geflogen bin. Naja, als ich wieder dagegen flog war es dann nicht mehr ganz so lustig. Nach dem fünften mal war es eher peinlich. Plötzlich kam dann auch noch Kater Karlo und wollte nach mir schnappen. Dazu ist der zu langsam, also sind wir einfach ab gehauen. Als ob der dicke Kerl es nötig hätte, jemand wie mich zu fressen.
Wir haben uns dann auf dem gelblichen Lampenschirm versteckt. In dem schummrigen Licht sahen wir uns in die Augen. Unsere Rüssel glitten langsam auf einander zu. Unsere Beinhaare berührten sich. Als sich unsere Rüssel trafen, summten wir vor Verzückung mit den Flügeln. Liebes Tagebuch, das war mein erster Kuss! Leider wurden wir dann durch einen lauten Knall aus diesem magischen Moment gerissen. Frau Mayer hatte Billy mit einer Fliegenklatsche gejagt. Sie hat ihn am Bein erwischt. Wir mussten ihn zu zweit zu Doktor Kellerassel bringen.
Der hat seine Praxis neuerdings im Kellerfenster der Apotheke, worüber sich Billy für meinen Geschmack ein wenig zu sehr freute. Er hat scheinbar eine Panzerzerrung am linken Mittelbein. Naja, das wird schon wieder. Später als die Summine gegangen war, hat er sich tausend mal entschuldigt, dass er uns dazwischen gefunkt hat. Er wollte mir dann einen, wie er es nannte selbst gemachten Cocktail anbieten. Den lehnte ich allerdings dankend ab. Wer weiß, wo er den wieder her hatte. Ich fress ja auch nicht alles. Ich bin ja schließlich kein Mensch. Tja, liebes Tagebuch. Das war die Geschichte von meinem ersten Kuss. Ich freue mich schon auf den nächsten!