Biografien & Erinnerungen
Mutter Theresa im Stillen - Papua New Guinea, wenn ein Engel Liebe sät

Sie hiess Hanna und hatte die gleichen nussbraunen Augen wie ich. Ihre Ausstrahlung glich dem Gesicht eines liebenden Engels. Sie lebte für andere und ihr Herz quoll aus Nächstenliebe und Fürsorge über. Als 27jährige Frau entschloss sie sich mit ihrem Mann und den drei kleinen Kindern nach Papua New Guinea in den Dschungel zu ziehen um dort ihre ganze Kraft und Liebe einzusetzen. Ich war noch klein, 3.5 Jahre alt und trotzdem erwachen die Erinnerungen in mir wie eine Gedankenperlenkette.

Ich bewundere sie, weil sie alles zurück liess um ihren Nächsten zu dienen. Ihre geliebte Zwillingsschwester, ihre Mutter und alles was ihre kleine Welt in der Schweiz verwurzelte. Meine Brüder waren 1.5 Jahre und der andere 9 Monate alt. Mitten im Busch eröffnete sie eine kleine Krankenstation vor unserem Haus mit den nötigsten Medikamenten, und das mit dem Wissen dass sie sich selbst angeeignet hatte. Unser Haus ist leicht übertrieben, es war eine eher primitive Hütte mit Blechdach und die Fensteröffnungen bedeckten Fliegengitter um uns vor den wilden Tieren und Moskitos zu schützen. Die Hütte war auf Pfählen gebaut und oft kam es vor, dass die Schlangen uns Gesellschaft leisteten indem sie durch die Fenster starrten. Ich weiss noch wie schön der Regen immer auf dieses Wellblech geprasselt hat. Ich kann mich erinnern, wie Hanna die braunen Eingeborenen zu uns nach Hause einlud und ihnen einen riesen Topf Reis mit Thon vermischt kochte! Draussen spielten wir mit den „Wilden“ wie die „Zivilisierten“ Menschen sie nannten und auch wir Kinder bekamen später in der Schweiz zu hören, dass wir „verwildert“ seien, man merke dass wir im Busch aufgewachsen sind!

Schon bald sprachen wir ihre Sprache Pidgin, ein Gemisch aus Englisch und Koreanisch und waren den ganzen Tag über barfüssig draussen unterwegs.

„Passt auf die Kokosnüsse auf!“ War ein berühmter Warnspruch von Hanna. „Lauft nicht unter den Palmen durch, die Nüsse die runter fallen könnten euch erschlagen!“ Jaja, das wissen wir doch, wir wollen jetzt raus!

„Und geht nicht zu nah an die Tausendfüssler heran, die spritzen auf Entfernung schon ihr tödliches Gift!“ Jahaaa!
Nebst der Krankenstation gründete Hanna auch eine kleine Nähgruppe mit den einheimischen Frauen. Sie hatte sich einige alte Nähmaschinen aus der Schweiz zuschicken lassen und so nähten die Frauen draussen im Freien ihre bunten Kleider. Die Stoffe sahen aus wie Schmetterlinge, glücklich, farbenprächtig und schillernd bedruckt. Sana eine junge Frau die Hanna so kennen lernte nähte bei ihr sogar ihr Hochzeitskleid. Ich weiss noch dass es gelb war mit dem Paradiesvogel, dem Wahrzeichen von PNG bedruckt. Und wir durften an der Hochzeit teilnehmen!

Hanna steckte ihr ganzes Herzblut in ihre Arbeit dort und war auch für uns Kinder immer da! Gesundheitlich ging es ihr meistens schlecht, sie mochte das Klima nicht gut ertragen und schon bald erkrankte sie schwer an Malaria. Sie hat sehr gelitten und es war gefährlich, doch immerzu war da eine unmenschliche Kraft in ihr die sie weitertrieb dort Gutes zu tun.

Nie hat sie damit geprahlt wie gut sie sei und was sie alles aufgegeben hat um ihren Nächsten zu dienen! Nie hörte ich sie klagen wenn sie litt. Hanna arbeitete im Stillen bis über die Grenzen ihrer Kräfte hinaus! Sie gab jedem Menschen ihre Liebe weiter, säte so ihre Saat, ohne davon Geld oder Ruhm zu verlangen, wie so viele Leute auf dieser Erde die sich mit ihrer Hilfsbereitschaft brüsten!

Und wenn ein Mensch nicht mehr da ist, geht seine Tat oft auch vergessen. Aber die Saat wächst weiter, durchbricht den oft versteinerten Herzensboden und lässt ungeahnt die schönsten Blumen wachsen, die einst eine junge, einfache Frau mit grossem Herz gesät hat.

Hanna, meine liebste Mutter, ich danke Dir!!! Danke auch für alles was du in mein Herz hinein gelegt hast, das trägt mich durch diese Welt bis wir uns wiedersehen werden!

Deine Conny