Gedichte
Betrachtungen eines Winzers - S is nimma mei Zeit

Mei’ Weiart am Beri, a poar Faßln in Kölla,

da Gspritzte in Glasl, a Speckbrot am Tölla,

des woar holt mei Lebm, hob mei Orbat gern gmocht,

und s’Essn hot ollwl guat gschmeckt auf d’Nocht.

Heit bin ih oid, s’hot si g´ändart de’Wölt,

iatzt kriagst fia de doppölte Oarbat s’holbate Göd.

A Weiart mit a poar Ar zöhlt laung scho nix mehr,

heit brauchst a Schippl Hektar und ollwl wird’s mehr.

D’Kloan gebn auf, glaubn woaunders is bessa.

D’Großn kafan’s zaum und wern imma greßa.

Fia ols host Maschinen, fia’s Schneidn, fia’s Schern,

mit da Haund, so wia fria, tatst jo net fiati wern.

Lest oana mit da Maschin tuat’s ma richti weh,

waun ih nocha vor den zfetztn Weiart steh.

Oba wos wüst d’n mocha, du kriagst koane Leit,

s’gibt neamd den’s Weinbalesn no gfreit

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In mein Kölla fria woar jeds Faßl aus Hoiz,

d’Schnitzarei am Foßbodn, mei gaunza Stoiz.

Heit haum’s lauta Nirostatank und a Obsaugaunlog,

„Is des no a Kölla?“ ih mi oft frog.

Koa Plotz mehr zum Sitzn, koit wia a Fabrik,

s’is nimma mei Zeit, vielleicht is a Glick.

Mit’n Gspritztn und mit’n Speckbrot is a so a Gschicht,

host an Führaschein hot a jeds Glasl a Gwicht.

Derfst net vüll trinka und da Speck is net gsund,

so sogt da Dokta, oba der findt jo fia ols an Grund.

Oamol is’s Cholesterin, nocha wida de Goi,

wia gsogt de heitige Zeit is nimma mei Foi.

„Fria woar ois bessa”, is ollwl mei Red,

oba wer kaun’s scho zruckdrahn? Ih leida ned!

Hier zum besseren Verständnis eine wörtliche Übersetzung

Mein Weingarten am Berg, ein paar Fässer im Keller

die Weißweinschorle im Glas, ein Speckbrot am Teller

das war mein Leben, hab meine Arbeit gerne gemacht

und das Essen hat immer gut geschmeckt am Abend.

Heute bin ich alt und es hat sich geändert die Welt

heute bekommt man für die doppelte Arbeit das halbe Geld

ein Weingarten mit einigen Ar zählt längst nicht mehr

heute braucht man viele Hektar und immer wird es mehr.

Die Kleinen geben auf, glauben woanders ist es besser

die Großen kaufen alles und werden immer größer.

Für alles gibt es Maschinen, fürs Schneiden, fürs Scheren (die Erde auflockern)

mit Handarbeit würde man nicht fertig werden

lest einer mit der Maschine, tut es mir richtig weh,

wenn ich nachher vor dem zerfetzten Weingarten steh

Aber was soll man tun, man bekommt keine Leute

die Weinlese macht niemanden mehr Freude

In meinem Keller früher,  war jedes Faß aus Holz

die Schnitzerei am Faßboden mein ganzer Stolz

heute gibt es nur Nirostatank und eine Absauganlage

ist das noch ein Keller, so meine Frage.

Kein Platz mehr zum Sitzen, kalt wie eine Fabrik

es ist nicht mehr meine Zeit, vielleicht ist es mein Glück

Mit dem Gespritztem und dem Speckbrot ist es auch so eine Geschichte

hast du einen Führerschein hat jedes Gläschen Gewicht

darfst nicht viel trinken und der Speck ist nicht gesund

sagt der Arzt, doch der findet für alles einen Grund

Einmal ist es das Cholesterin, dann wieder die Galle

wie gesagt, die heutige Zeit ist nicht mehr mein Fall

Früher war alles besser, ist immer meine Rede

doch wer kann es zurückdrehen, ich leider nicht.

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