Science Fiction
Sie hatten keine Chance! - Aber wer hält sich schon mit solchen Kleinigkeiten auf? (I)

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"Den Knights of Fate eilt der Ruf voraus, weder Tod noch Teufel zu fürchten. Bis ..."
Veröffentlicht am 29. August 2010, 108 Seiten
Kategorie Science Fiction
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Über den Autor:

Eigentlich ist es so wie es ein Landsmann von mir treffend beschrieb: 'Mit den Riesen habe ich keine Probleme; nur die Windmühlen machen mir echt zu schaffen!'
Den Knights of Fate eilt der Ruf voraus, weder Tod noch Teufel zu fürchten. Bis ...

Sie hatten keine Chance! - Aber wer hält sich schon mit solchen Kleinigkeiten auf? (I)

Einleitung

In den Tiefen des Alls, in dem von unzähligen interstellaren Kriegen erschütterten Boccatan-Cluster, gehört den Vereinigten Föderierten Streitmächte, der größten militärischen Organisation des zivilisierten Sternenbundes, das Ultimate Special Forces Operational Detachment (USFOD) an. Hierbei handelt es sich um ein Bataillon mit dem bezeichnenden Namen Knights of Fate. Das hauptsächlich wegen seiner einzigartigen, überschweren Kampfanzüge - Mounts genannt - von tausenden von Systemen sowohl gefürchtet wie verehrt wird. Auf der Todeswelt Styx stationiert, eilt dieser Eingreiftruppe der Ruf voraus, weder Tod noch Teufel zu fürchten. Ein Ruf, der bisher nie in Frage gestellt wurde …

INTRO


Maoui Syrias fragte sich, weshalb Arrestzellen meistens geräumiger als so manche Truppenunterkunft waren. Ihr kantiges Gesicht strahlte Resignation aus. Nachdenklich fuhr sie sich durch ihre rubinrote, von einer weißen Strähne gespaltene Mähne. Eines Tages würde sie diese Frage stellen. Eines Tages ... Das klang ja so, wie wenn sie in diesem trostlosen Loch zu Hause wäre. War sie es nicht? Achselzuckend stemmte sich die athletische Kaukasierin von bronzenem Teint von der schwebenden Pritsche hoch und räkelte sich,

bis die Gelenke hörbar knackten. Warum war es nichts Besonderes, wenn sich Männer prügelten, aber um so aufsehenerregender, wenn es Frauen taten? Und wieso galt es als verwerflich, sich an Ranghöheren zu vergreifen? Sie hatte doch bloß ihrem Korporal einige wiederherstellbare Zähne ausgeschlagen. Die Mehrzahl ihrer Kumpel teilte ja ihre Meinung, dass dieser es schon lange verdient hatte. Es war ungerecht. Mit einem Tritt beförderte die Frau die Pritsche an ihren ursprünglichen Standort und zauberte über einen Druckschalter ein gepolstertes Klosettbecken sowie einen Spender für Toilettenpapier aus der Wand. Immerhin hatte das hiesige Chili con Carne

einen gewissen Erinnerungswert. Sie würde zwar nie erfahren, ob es der Verdienst eines Kochs oder eines Nahrungssynthetisierers war, aber dieser Appetithappen ätzte einem echt alle Sorgen weg. Zumindest aus dem Verdauungstrakt. Maoui hatte sich des braunen, gemaserten Beinkleides entledigt und machte sich daran aus dem Slip zu schlüpfen, als ein dumpfes Klopfen erklang und die Zellentür auffuhr. „Soldat Maoui Syrias, nehme ich an!“ Brüllte ein stämmiger Hauptmann, in die Arrestzelle rauschend. Verblüfft hielt er inne. Dann traf ihn der Toilettenpapierspender an der Stirn und beförderte ihn wieder hinaus. Der neben dem Zellenzugang stehende

Wächter schüttelte resigniert den Kopf. „Ich hatte Sie gewarnt, Sir!“

PROLOG

Argwöhnisch betastete Hauptmann Ronald McTalbot die notdürftige Kopfbandage, während er sich auf die holografische Datenprojektion seiner SmartCard zu konzentrieren versuchte. Sein Blick blieb an den animierten Tätowierungen schwarzer, stilisierter Flammen hängen, die in einem hypnotisierenden Rhythmus über die Unterarme der ihm gegenüber sitzenden Frau züngelten. „Soldat Maoui Syrias, darf ich schließlich zu Protokoll geben, dass Sie das Ihnen entgegengebrachte Angebot vollumfänglich verstanden haben?“ Resigniert nickte die

Angesprochene. Erleichtert bestätigte es McTalbot auf seiner SmartCard. „Ihre Antwort, Soldat?“ „Ein klares und eindeutiges: Nein, Sir! Vergessen Sie es, Sir!“ Der Hauptmann sah Maoui ungläubig an. „Was? Bei Sarbots unsterblicher Seele, weshalb? Dieses einmalige Angebot ist doch für jeden Soldaten ein real gewordener Traum. Insbesondere für jemanden mit derart vielen Auszeichnungen wie Sie.“ „Ach, wirklich?“ Die Frau mit den goldenen, meergrün gesprenkelten Augen umarmte ihre Unterschenkel und verbarg das Gesicht zwischen den Knien. Ihre Stimme klang argwöhnisch. „Die Knights of Fate, das

Ultimate Special Forces Operational Detachment ist die effektivste Spezialleinsatztruppe des Sternenbundes. Ein wilder Haufen legendärer Asse. Oder?“ „Absolut.“ „Nun, dafür bin ich nicht ehrgeizig genug. Die Knights fressen eine wie mich ohne mit der Wimper zu zucken zum Frühstück. Heißt es nicht, dass von jeweils tausend Anwärtern einzig einer gut genug ist, ein Knight zu werden?“ „Ja.“ Entgegnete ihr McTalbot nüchtern. Maoui sprang auf, vergriff sich unbewusst im Ton. „Was zum Teufel soll ich dann dort, Hauptmann? WAS? Mit allem Respekt, Sir. Ich bin zwar ein einfacher, ersetzbarer Soldat. Aber ich kenne meinen Platz in der

Rangordnung und bin vollkommen zufrieden mit dem, was ich bin. Keine Ahnung, wer von euren überintelligenten Sesselpolierern auf die Idee gekommen ist, dass ich ein solcher Auserwählte sein könnte. Trotzdem weiß ich mit Sicherheit, dass das USFOD nichts für mich ist.“ Sie begann nervös auf und ab zu gehen. „Korrigieren Sie mich bitte, wenn ich mich irre. Aber war es nicht ein einzelnes Platoon der Knights, das innerhalb von Wochen einen Planeten ausräucherte, an dem sich das reguläre Militär seit Jahren die Zähne ausgebissen hatte?“ Erneut ein Nicken. „Ja, die Crushers auf Mangalor Prime. Aber Sie bewundern sie doch?“ „Ja, ja, JA! Wer nicht? Jedoch eher in der Art,

in der ein Amateursportler einen Finalisten der Megathlon-Meisterschaften vergöttern würde. Darum geht es doch gar nicht.“ Maoui rang nach Worten. „Was immer man von mir behaupten möge, ich persönlich kenne meine Grenzen. Und ich steig da nicht freiwillig ein. Sorry, falls Sie es noch nicht bemerkt haben, aber ich hänge an meinem Leben. Überlassen Sie den Ruhm ruhig jemandem anderem und streichen Sie mich von der Liste.“ Sie setzte sich wieder auf die Pritsche. „Sie weigern sich also, Soldat?“ „Nun, man könnte es gewissermaßen so ausdrücken.“ Eine peinliche Pause folgte, in der McTalbot unschlüssig an der Kopfbinde

herumfingerte. Mit einem schweren Seufzer wappnete er sich mit seiner SmartCard. „In diesem Fall, Soldat Maoui Syrias, habe ich eine unangenehme Nachricht für Sie.“ „Die wäre?“ „Sie verkennen Ihre Situation.“ „Ach ja?“ Maoui starrte ihr Gegenüber herausfordernd an. „Na, dann klären Sie mich mal auf, Hauptmann.“ „Also ... äh, es ist nicht gerade ein Geheimnis, dass Sie wegen Korporal Carlson Wingrain hier sind, dem Sie den Unterkiefer zertrümmert und aus dessen Oberkiefer Sie drei Zähne ausgeschlagen haben.“ „Reine

Notwehr.“ „Vermutlich, ebenso die fünf anderen Fälle schwerer Körperverletzung, die Sie bereits abgesessen haben.“ „Wenn ihr Kommandierenden euren Männern nicht nur das Kämpfen, sondern endlich auch den Umgang mit dem schwachen Geschlecht beibringen würdet, würde es niemals so weit kommen.“ „Schwaches Geschlecht? Mussten es denn gleich Knochenbrüche, Gehirnerschütterungen und ausgeschlagene Zähne sein? Und dies hier: Blutergüsse und“, McTalbot erblasste, „schwerste Quetschungen an den …?“ Maoui zuckte bedauernd mit den Schultern. „Wir waren damals im Manöver und trugen

deshalb Kampfuniformen. Sie wissen schon, die schicken Overalls mit den dazugehörigen Marschstiefeln. Die mit den massiven Stahlkappen. Und damit ...“ Der Uniformierte winkte eilends ab. „Was soll das eigentlich“, fuhr ihn die Frau unverhohlen an, „ich habe alle Strafen längst abgebüßt. Das ist Vergangenheit. Sie können mich deswegen nicht mehr belangen.“ „Nun, Soldat, deswegen vermutlich nicht. Wohl ebenso wenig wegen fahrlässiger Tötung, aufgrund Vernachlässigung vitaler Fürsorge. Hier wurden Sie ja letzten Endes sogar freigesprochen.“ „War ja bloß ein dreckiger Xeno.“ McTalbot überhörte geflissentlich das rassistische Schimpfwort für nichtmenschliche

Lebensformen. „Aber wenn ich in Ihrem Strafregister weiter zurückgehe - wie steht es dann mit dem Zwischenfall auf Basis 18? Laut Bericht grenzt es an ein Wunder, dass nicht gleich die ganze Basis in die Luft flog.“ Einen Moment lang schwieg Maoui unschlüssig. „Nun“, begann sie schließlich: „Es war eigentlich als wohlverdiente Rache für einen heimtückischen Scherz gedacht, der uns zuvor drei Tage Arrest eingebracht hatte. Jedoch geriet uns dieser Racheakt ein wenig … wie soll ich sagen … außer Kontrolle. Die Kretins, die für die Materialbeschaffung zuständig waren, verloren kein Wort darüber, dass sie mir anstatt des abgemachten D8-Sprengstoffes eine zünftige T13-Ladung

untergejubelt hatten.“ „Und Sie, ein ausgebildeter Sprengmeister, bemerkten den gravierenden Unterschied nicht?“ „Wie hätte ich denn auch? Damals standen wir unter Zeitdruck, sodass ich den Sprengsatz nur zusammenbasteln konnte, während ich im Kampfgebiet als Fahrer eines Obersts tätig war. Und Sie wissen doch selbst, dass bei der Fahrt durch feindverseuchtes Gebiet die Fahrerkabine nicht erleuchtet sein darf. Nun, ich kann Ihnen mit Sicherheit bestätigen, dass nur mit dem blassgrünen Licht der Armaturen, die Farbcodierung von Sprengstoff nicht zu erkennen ist.“ Sie fuhr sich durchs Haar. „Aber ich bin weiterhin der Meinung, dass die

Bestrafung unverhältnismäßig war. Eineinhalb Jahre Strafkolonie auf einem absolut öden Wüstenplaneten. Das ist wahrlich übertrieben für einen derart harmlosen Patzer.“ Der Hauptmann verzog keine Miene. „Schätze, man hat Ihnen nie verziehen, dass Sie mit ihrem Feuerwerk der Basis für etliche Standard-Wochen sämtliche sanitären Einrichtungen nahmen. Vor allem, weil deswegen der damals zu Besuch weilende General Crimson Derouge, zu jener Zeit Generalmajor, in den Urwald eskortiert werden musste, um seine Notdurft zu verrichten. Wo er dann prompt von einer seltenen Schlangenart in den Ehrenwertesten gebissen wurde. Dass es ihm aufgrund dessen, drei Standard-Monate lang verwehrt

blieb, sich auch nur ansatzweise setzen zu können, bekam dem Ansehen von Basis 18 nicht besonders gut.“ McTalbot konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Ich erinnere mich jetzt noch an einige deftige Charaden, Pointen und Witze, die schon kurz darauf im Umlauf waren. Schätze, Basis 18 hat sich bis zum heutigen Tag nicht von dieser Schmach erholt.“ Erbost verschränkte die Frau die Arme. „Damit habe ich nichts zu tun. Ein Tier mit solch hohen Rang hätte ja ruhig nachsehen können, wohin er sein Häufchen setzen will.“ Ohne auf den Kommentar einzugehen, fuhr der Uniformierte fort: „Aber da wäre ja ebenso die Episode mit Ihrer Fluglizenz-

Zulassungsprüfung.“ Jäh sprang Maoui wie eine Raubkatze vor; konnte sich jedoch im letzten Augenblick zurückhalten, handgreiflich zu werden. „Das ist ungerecht, verdammt nochmal! Das war nicht meine Schuld! Ich bin nämlich gut, wissen Sie, vielleicht sogar eine der Besten!“ „Wirklich? Nun, wenn man sich durch die Liste Ihrer Auszeichnungen nicht blenden lässt, muss ich leider feststellen, dass Ihr fliegerisches Können dazu geführt hat, dass Ihr damaliger Examinator bis zum heutigen Tag wegen Aerophobie in Behandlung ist. Und weswegen?“ Ronald McTalbot hielt demonstrativ die holografischen Daten der SmartCard weit vor sich, als fiele ihm das Lesen übermäßig schwer. „Aufgrund der

totalen Vernichtung eines militärischen Stützpunktes für Flugunterstützung. Man weiß eigentlich noch heute nicht, was man mit dem fraglichen Gelände anfangen soll.“ „Salat pflanzen?“ McTalbot sah die Frau verschwörerisch an: „Soldat Maoui Syrias, diesmal von Mensch zu Mensch. Ich hätte da nämlich eine ganz persönliche Frage an Sie: Als Sie erstmals dem Militär beitraten, hatten Sie schon damals die fixe Idee, diese Institution vom Angesicht des Universums zu tilgen, oder ist diese erst nach und nach in Ihnen gereift?“ Gereizt tigerte Maoui herum. „Und ich wiederhole: Es war NICHT meine Schuld! Ich kann fliegen, Gott noch mal, ich kann wirklich gut fliegen, das habe ich ja während der

galaktischen Primärkriege zur Genüge bewiesen! Ich erhielt all die Auszeichnungen ja nicht aus reiner Gutmütigkeit. Wieso versteifte sich dieser verdammte Examinator darauf, eine Präzisionslandung mit Höchstgeschwindigkeit im Instrumentalflug haben zu wollen? Stellen Sie sich das doch bloß einmal vor: wir, millimetergenau am manövrieren. Auf der Landepiste kaum Platz, um einen Personenschweber zu parken. Und der Kerl will ständig von mir wissen, nach welchen Instrumenten ich mich richte und wie die passiven und aktiven Anflugsparameter lauten!“ „Und?“ Entrann es dem Uniformierten beklommen. „Was weiß ich; ich hab doch keine Ahnung

von diesen Präzisionsinstrumenten und all den hochgestochenen Flugtheorien. Ich meine, wenn er mich doch nur hätte machen lassen, anstatt auf seinen dämlichen Instrumenten zu beharren. Mich hat mein Gespür noch nie im Stich gelassen!“ „Und, das haben Sie ihm so … gesagt?“ „Ziemlich genau denselben Wortlaut, ja! Doch auf einmal schnappt dieses Pappmännchen inmitten der schwierigsten Phase des Anflugmanövers über, und ... wissen Sie überhaupt, was der Irre dann tat?“ Stumm verneinte der Mann. „Gerade als ich daran war, die finale Landephase einzuleiten, griff mir doch dieser Riesenarsch in die Steuerung und startete durch. Und dabei hatte ich bereits

Bodenkontakt! In der Verhandlung versuchte er zwar, sich mit der Ausrede zu retten, dass er das Modell verwechselt, instinktiv hätte reagieren müssen ... und weiteren derartigen Müll. Aber eine Starmaster 401 hat nun mal vier große und prächtige rückwärtige Stabilisatorflossen, das sollte doch auch Ihnen bekannt sein, nicht? So surften wir nun mal mit der Heckflosse als Pflug durch eine startbereite Flottille von Auftankgleitern.“ Wie ein Seekranker das Wogen des Meeres, verfolgte jetzt der Uniformierte hypnotisiert die veranschaulichende Wellenbewegung von Maouis Hand. „Was soll eigentlich der ganze Quatsch? Wollen Sie mir vielleicht ein schlechtes Gewissen einreden? Auch diese übertriebene

Strafe habe ich komplett abgesessen. Und eine tiefere Degradierung wie danach ist nicht mehr möglich. Das gehört doch alles endgültig der Vergangenheit an!“ Augenblicklich erwachte ein dämonisches Glitzern in Ronald McTalbots Augen. „Leider nicht, Soldat, leider nicht. Denn Park Stjeikson, Sie wissen schon, Besitzer der multisolaren Aulis-Waffenwerke und jenes Stückes Ödlands, das einst ein militärischer Stützpunkt für Flugunterstützung war, hat sich entschlossen, den Gerichtsspruch anzufechten, der Ihnen damals verringerte Schuldfähigkeit attestierte. Scheinbar ist er in Besitz neuen Beweismaterials gekommen und strebt eine Wiederaufnahme des Verfahrens an. Es ist sogar die Rede vom Einsatz von

ESPern. Das Gesuch ist bereits eingereicht.“ Die Frau erbleichte. „Das bedeutet ...“ „Nun, sollte das Militärgericht Sie diesmal vollumfänglich für schuldig befinden, was ich unter den gegebenen Umständen und angesichts der vorher zitierten Fälle nicht gerade bezweifle, steht einer Verurteilung vermutlich nichts mehr im Wege. Zumindest für einen lebenslangen Urlaub auf Hell’s Gate.“ „Hell’s Gate“, wiederholte Maoui tonlos. „Wobei ich eine Hibernation auf unbestimmte Zeit oder die dauerhafte Überführung Ihres Gehirnes in einen Gefängnisbehälter ebenfalls nicht ausschließe. Überdies ist auch schon bestimmt worden, dass Sie für die Gerichtsverhandlung nach Basis 18

umquartiert werden sollen.“ Eine Pause folgte, in der das Fallen einer Nadel ohrenbetäubend gewesen wäre. „Sollten Sie jedoch der Versetzung zu den Knights zustimmen, wird aus verwaltungstechnischen Gründen Park Stjeiksons momentanes Gesuch sistiert. Und sollten Sie den Ausbildungsplatz erhalten, die Ausbildung schaffen und sogar zu einem Knight befördert werden, wären Sie damit vollumfänglich rehabilitiert. Puff ... und Ihr nicht gerade kurzes Strafregister würde aufhören zu existieren.“ „Das stimmt nicht! Das ist eine verfluchte Lüge!“ Die Frau sprang abrupt vor und machte Anstalten, Hauptmann Ronald McTalbot zerfleischen zu wollen. Dieser

streckte ihr die SmartCard entgegen, wie in längst vergangenen Zeiten ein Sterblicher einem Vampir ein Kreuz entgegengehalten hätte. „Soldat, lesen Sie es selbst. Achten Sie dabei vor allem auf die Unterschriften und die beigefügten Prioritätskodierungen! Sie ... Sie sind doch erfahren genug, um erkennen zu können, dass die Daten echt sind!“ Seine Stimme klang besorgt. „Ich habe nichts damit zu tun, ich führe nur Befehle aus!“ Wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte, sackte Maoui auf die Pritsche zurück. „Es ist wahr. Wirklich! Sie haben nicht gelogen ... es ist wirklich wahr! Wie konnten Sie bloß ... mein Leben ... ruiniert.“ „Außer Sie ... erfüllen sich den real

gewordenen Traum jedes Soldaten.“ Ernüchtert sah die Frau hoch. „Das heißt, dass Sie mich diesmal am Arsch haben.“ „Nun, man könnte es gewissermaßen so ausdrücken.

KAPITEL 1 - Willkommen an Bord!

Gottergeben trottete Maoui Syrias inmitten von über einhundert Knights-Aspiranten eine Gangway zu den Truppenverladerampen hinunter. Voller unbändigem Enthusiasmus strebte man - wie Lemminge zur Klippe, so schien es ihr - zu den Planetenfähren des Truppentransporters Sulaco, der in eine geostationäre Umlaufbahn um Styx eingeschwenkt war. Benommen ließ sich der Rotschopf mit dem Strom treiben, ihren Seesack wie einen letzten, rettenden Strohhalm umklammernd. Ihr brummte vor lauter Sorgen der Kopf. Was würde die Zukunft

bringen? Was erwartete sie nach der Landung? Eine weitere Arrestzelle? Oder wartete schon Park Stjeiksons Delegation auf sie? Frisch eingeflogen aus Basis 18… Apathisch sank die Frau im Innern der Fähre in ihren Sitz, schnallte sich mit schlafwandlerischer Sicherheit an und hakte den vertikalen Sicherheitsbügel fest. Momentan fühlte sich Maoui verraten und verkauft; ein ahnungsloses Opfer eines teuflischen Scherzes, den sie weder begreifen, noch dessen Ausmaß erahnen konnte. Ihr war hundeelend. Wieso sollte gerade sie zu einem Knight

ausgebildet werden? Sie, die von allen Anwesenden die wahrscheinlich ungünstigsten Voraussetzungen dafür besaß. Maoui wusste einerseits kaum noch, wann sie das letzte Mal auf einem Exerzierplatz gestanden hatte. Anderseits war sie aber in der Lage, problemlos alle Wandsprüche und Graffitti der letzten Arrestzellen aufzuzählen, in denen sie geschmort hatte. Wenn das nicht für sich sprach. Im Grunde genommen, hatte das Militär sie schon längst aufgegeben. Und nun … Wieso? Es ergab keinen Sinn. Ein schmerzhafter Ruck pflügte durch den

Rumpf der Fähre und ein beklemmender Sturz setzte ein. Mit Mühe kämpfte Maoui gegen eine aufkommende Übelkeit an. Diese selbstherrliche Taktik der Drop-Abwürfe planetarischer Landeeinheiten war auf nüchternen Magen stets wie ein brutaler Fußtritt in den Unterleib. Beim Versuch, sich abzulenken, blieb ihr Blick zwar bei einer nahen Sichtluke hängen, doch im ersten Augenblick bereute sie es bitterlich. Denn dort raste soeben der gesamte Sternenhimmel mit schwindelerregender Geschwindigkeit vorbei. Kurz erhaschte sie dabei einen Blick auf den wuchtigen und waffengespickten Rumpf der Sulaco. Aber erst als sich träge eine glitzernde, smaragdene Kugel ins Bild schob und alles

andere verdrängte, überwand sie ihr Unwohlsein. Styx war überwältigend! Und als der Planet in seiner kompletten Pracht erstrahlte, vergaß sogar Maoui kurzzeitig ihre Probleme. Gänzlich von undurchdringlichem Dschungel überwuchert, stellte dieser faszinierende Ort einen harten Kontrast zu den restlichen, übertechnisierten Welten der Föderation dar. Ihre Gedanken schweiften ab. Styx war der unwegsamste Dschungelplanet des ganzen erforschten Sternenbundes und die geheimnisumwitterte Heimat der humanoiden Reeliaks - emphatisch begabter Echsenwesen - die mit bloßem Willen pflanzliche Materie verformen konnten. Es

hieß von ihnen, obwohl sie praktisch immer noch in der Steinzeit lebten, dass sie die Einzigen waren, die länger als einen Monat unter Styx’s freiem Himmel zu überleben vermochten. Dieser grünen Hölle eilte der Ruf voraus, dass jeder Versuch, sie zu kolonialisieren, stets in einem verheerenden Fiasko endete. Unzählige Schiffswracks und überwucherte Ruinen sollten von dem sinnlosen Anrennen gegen Styx’s unbezwingbarer Wildnis zeugen. Was im Endeffekt dazu geführt hatte, dass er als unkolonialisierbar aufgegeben und als Todeswelt klassifiziert worden war. Einzig die Stadtfestung Urtsuk’Dõji hielt als letzter Brückenkopf einer unvereinbaren Zivilisation die Stellung - ein autarker

Stadtstaat, der von einem mehrere Kilometer breiten Ring gerodeten Ödlands umschlossen wurde. Eine Schutzzone, die sogar aus dem Weltraum sichtbar war, und die mit der neuesten Generation tödlicher Selbstschussanlagen, Killerdrohnen und semiintelligenter Jägerminen gepflastert sein sollte. Auf den Ruinen einer längst untergegangenen Hochkultur errichtet und hinter meterdicken Schutzwällen aus verdichtetem Plastostahl verbunkert, harrte man hier der Dinge, welche Styx’s Dschungel einem entgegenwerfen mochte. Wer es bis in diese Enklave schaffte, den erwartete ein endloses Meer gleichförmiger Wohnbaracken, deren triste Monotonie von monumentalen Verwaltungs- und

Militärgebäuden durchbrochen wurde, sowie durch vereinzelte Krankenhäuser und riesige Unterhaltungstempel. Es überraschte nicht, dass Urtsuk’Dõji in der Föderation als ‚Styx’s Ameisenhügel‘ oder schlechthin nur ‚der Ameisenhügel‘ bekannt war. Doch berühmt hatte den ‚Ameisenhügel‘ etwas anderes gemacht. Denn um die Massen der hier ansässigen Schichtarbeiter bei Laune zu halten, hatte man alledem Tür und Tor geöffnet, was ihren eintönigen Arbeitsalltag erträglicher machen müsste: Von unzähligen Casinos über Spielhallen, die sogar mit neuronalen Interfaces ausgerüstet waren, bis hin zu berüchtigten Wettkampfarenen und Rennbahnen, in denen auf die exotischsten Geschöpfe der Galaxis

gewettet werden konnte. Es war nichts ausgelassen worden. In diesem Kontext galten vor allem die Bordelle als legendär. Manch einer, den Maoui getroffen hatte, schwärmte noch Jahre später darüber. Davon, dass es dort kaum eine Praktik gäbe - so abartig oder bizarr sie sein mochte - die nicht für eine angemessene Geldsumme angeboten wurde. Und, dass uneingeschränkter Sex mit fast allen intelligenten und semiintelligenten Rassen des bekannten Universums möglich war. Maoui fand das zwar wesentlich morbide, wurde aber bei dem Gedanken daran eine gewisse, erwartungsvolle Neugierde einfach nicht los. Das pulsierende Herz, sowie der

Daseinsgrund des Ameisenhaufens, befand sich im Süden Urtsuk’Dõjis. Wie die Bäume eines bizarren Waldes erhoben sich hier die filigranen Türme der größten und berühmtesten Bioraffinerie der zivilisierten Welten herausfordernd in den Himmel. Im unübersichtlichen Labyrinth riesiger Produktionsbetriebe und modernster Labore wurde tagtäglich daran gearbeitet, Styx’s grüner Hölle seine Geheimnisse und Reichtümer zu entreißen. Dabei verging kaum ein Geschäftsquartal, in dem nicht von einem wissenschaftlichen Durchbruch in irgendeiner Fachrichtung berichtet wurde. So hatten sowohl die teuerste Parfüms, erfolgreichsten Kosmetiklinien, wie ebenso die

effektivsten Kampfdrogen und resistentesten Werkstoffe der Föderation alle hier in den Türmen des Ameisenhaufens ihren Ursprung. Die einzige Stadt, die sich vorerst noch Styx’s Dschungel erwehren konnte. Und zu deren Schutz, die VFS eigens ein ganzes Bataillon auf dem Planeten stationierten ... die Knights of Fate. Abrupt hatte die Realität sie wieder. Es fühlte sich an, als wäre sie bisher durch flockenweiche Wolken geschwebt, um jetzt im freien Fall auf Granit aufzuschlagen. Unterdessen stürzte die Fähre weiterhin ungebremst der Planetenoberfläche entgegen. Maoui fragte sich, wie viele Drop-Schiffe bei dieser Art von Anflug schon abgeschmiert waren. Und obwohl sie dabei

eine gewisse, makabre Befriedigung empfand, tat es ihrem Puls nicht gerade gut. „Soldat Maoui Syrias!“ Durchbrach unvermittelt der Bariton des Bordarztes die gegenwärtige Stille. „Äh, ja, Sir?“ „Kontrollieren Sie doch bitte mal Ihren Pulsmesser. Ich erhalte hier Werte, die auch innerhalb der Toleranzgrenze nicht ... üblich sind. Oder haben Sie vor Anbruch der Reise Psychostimulantien genommen?“ Köpfe drehten sich in ihre Richtung. „Nö ... Nein ... eigentlich nicht, Sir. Ich ... Sofort, Sir!“ Sollte sie ihm sagen, wie sie sich den Feuerball vorgestellt hatte? Eine kreischende, goldrote Feuerkugel, die sich versengend durch den Dschungel

fraß. „Soldat Maoui?“ „Ja, ja!“ Schleunigst begann die Frau mit meditativen Entspannungsübungen, bis nach und nach eine wohlige Wärme ihren Körper durchflutete und die Anspannung wich. Sie hätte es sogar genießen können, hätte sie nicht jäh ein heftiger Ruck aus dem Schwebezustand gerissen und beduselt tief ins Polster gedrückt. Die plötzliche Erkenntnis traf sie ebenso brutal wie der Ruck selbst. Die Reise war beendet, das Ziel letzten Endes doch noch erreicht. Das Ultimate Special Forces Operational Detachment – die Knights of

Fate! Zwar wusste sie im Moment nicht, ob sie in Panik ausbrechen oder sich darüber freuen sollte, es lebend bis hierher geschafft zu haben. Aber zumindest eines war sicher: dass ihr Unbehagen ins Unermessliche wuchs. Augenblicklich kam sie sich wie ein kleines, schüchternes Mädchen vor, das man mit den lakonischen Worten ‚Geh rein und lass dir nicht schon am ersten Tag den Kopf abreißen‘, vor der Schule abgesetzt hatte. Gab es denn überhaupt keine Möglichkeit, einen Rückzieher zu machen? Musste sie das ernsthaft auf sich nehmen? Vielleicht hob das Schiff ja sofort wieder ab, und sie konnte sich zuvor noch verstecken ... vielleicht landete es nicht einmal

... Vielleicht ... Ein brutaler Stoß ließ die Fähre ein letztes Mal erzittern, dann klappte ihr Sicherheitsbügel mit einem unangenehmen Zischen hoch und jegliche Hoffnung war Geschichte. So viel zu den unerfüllten Sehnsüchten einer Frau. Kurz darauf setzte eine kleine Völkerwanderung ein, der sich Maoui und ihr Seesack nur widerwillig anschlossen. Denn wenn sie gekonnt hätte, wäre sie sitzengeblieben, bis die Welt unterging. Aber daran war im allgemeinen Gedränge nicht zu denken. Dafür ließen das Geschwätz und die

vieldeutigen Kommentare um sie herum eine massive Mutlosigkeit vor der ungewissen Zukunft aufkommen. Wieso waren die Idioten nur so auf diese selbstmörderische Ausbildung erpicht? Dann war sie im Freien. Und Styx empfing oder besser gesagt, erschlug sie mit seiner erstickenden Schwüle sowie der betäubenden Vielfalt an Gerüchen und Geräuschen dermaßen, dass Maoui für einen Moment lang jegliche Orientierung verlor. Plötzlich atmete sie herbe, ungefilterte Luft - nach monatelangem Aufenthalt in vollklimatisierten Räumen - die sich versengend, wie ein reinigender Brand bis tief in die kleinste Alveole ihrer Lungen fraß. Am Himmel konnte sie die Umrisse von

bedrohlichen Kreaturen ausmachen, die ihren wildesten Alpträumen entsprungen schienen, an denen sich aber niemand störte. Gleichzeitig war die grelle Geräuschkulisse um sie herum ein einziges, ohrenbetäubendes Manifest der uneingeschränkten Herrschaft des Dschungels über diesen Planeten. Und der betäubende Duft von Jasmin überlagerte einfach alles. Unterdessen hatte sich ein ranghoher Offizier der Knights in medaillengespickter Galauniform vor ihnen aufgebaut und gab etwas von ‚schicksalhaftem Augenblick‘, ‚momentaner Bedeutungslosigkeit von Dienstgraden‘ und ‚natürlicher Auslese‘ zum

Besten. Doch erst als nach der feurigen Begrüßungsrede der Appell verlesen wurde, nahm Maoui ihre derzeitige Umgebung bewusst wahr. Inzwischen wurden die zukünftigen Rekruten ihren individuellen Trupps sowie den für sie zuständigen Ausbildern zugeordnet. Hierbei überschlugen sich die ungestümen Grünlinge nur so, um sich den wachsenden Gruppen um den einzelnen Instruktoren anzuschließen. Und dort weiterhin die Gerüchteküche zu schüren. Ob sie am Ende der Prüfwoche immer noch so redselig sein würden? Das Prozedere verlief mit der Routine eines althergebrachten

Rituals. Alltägliches bei den Knights, von denen derzeit - nach dem sichtbaren Alter zu urteilen - sogar einige Iron Knights, Mitglieder der Veteranenkompanie, anwesend waren. Wahrscheinlich schlossen diese schon erste Wetten über zukünftige Austrittskandidaten ab oder belustigten sich bloß an der ungeordneten Schar der Grünschnäbel. Die meisten schenkten dem ganzen Treiben jedoch kaum Beachtung. Man war es nun mal gewohnt. Eigentlich ... Bis zu dem Augenblick, an dem nur noch eine einzelne Frau dort stand und gereizt ihren Vorgesetzten anstarrte. „Und was ist mit mir, Sir?“ „Bei Ihnen handelt es sich sicherlich um den

Rekruten Maoui Syrias, oder?“ Der Rotschopf nickte und war wieder einmal Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit. „Ja, Sir!“ „Nun, Rekrut, für Sie persönlich hat Merlin die Order erlassen, dass Sie an Ort und Stelle zu warten haben, bis jemand anderes kommt, um Sie abzuholen. Alles Weitere werden Sie dann zum gegebenen Zeitpunkt erfahren.“ Er zögerte, bevor er sich abwandte. „Es ist uns zwar schmerzlich bewusst, dass Sie nicht den adäquaten Ruf haben, der einem echten, zukünftigen Knight gebührt. Aber es wird einen Grund geben, weshalb Sie hier sind. Deswegen, im Namen des Ultimate Special Forces Operational Detachment – Knights of Fate, herzlichst willkommen in Karidol, der

Heimat der Knights auf Styx. Möge Ihr Aufenthalt von Erfolg gekrönt sein!“ Sollte sie ihn umbringen? „Stillgestanden!“ Ein kurzes, aber heftiges Durcheinander folgte, welches manchen Iron Knight zu einem Schmunzeln verleitete. „Alle anderen abtreten!“ Geordnet in Reih und Glied trottete die Meute davon und ließ eine verunsicherte Maoui Syrias zurück. Mann, fing diese Unternehmung vertrauenerweckend an ...

- II -

Bedächtig glitten vier feingliedrige Finger über die berührungsempfindliche Oberfläche einer projizierten Tastatur. Darüber schwebte eine rechteckige Folie, auf der sich eine jüngere Maoui Syrias neben dem Textblock ihrer VFS-Laufbahn langweilte. In dem 12-Zoll Schirm war der letzte Abschnitt der Auswertung ihrer Fluglizenz-Zulassungsprüfung dargestellt. Der Absatz beschäftigte sich mit der Zerstörung eines militärischen Stützpunktes für Flugunterstützung und endete mit dem eindeutigen Zitat: „Dass diesem extrem gewalttätigen, zu xenophobischen Tendenzen neigenden und teilweise soziopathischen

Subjekt jeder Zugriff auf Armeematerial jeglicher Art verwehrt bleiben sollte. Des weiteren sollte es bei einem erneuten Versagen - trotz seiner überragenden Verdienste – endlich in Unehren entlassen oder zumindest einer Fachklinik zur Rehabilitation zugewiesen werden!“ Als das Curriculum Vitae geschlossen wurde, verdunkelte sich kurz die Anzeige und spiegelten sich darin die sternförmigen Pupillen eines phosphoreszierenden Augenpaares. Gleichzeitig verschränkte die virtuelle Maoui die Arme und übte sich in Geduld. „Wünschen Sie weitere Informationen?“ Meldete sich eine angenehme Computerstimme zu

Wort. Unschlüssig verharrte die silberhäutige Hand über der Tastatur und berührte schließlich den Avatar der Frau an den Tattoos ihrer Unterarmen. „Hierbei handelt es sich mit 87-prozentiger Wahrscheinlichkeit um das Wahrzeichen einer Gruppierung“, begann die Stimme, „welche unter dem Begriff ‚F’sslaks‘ in den Archivdateien geführt wird. Ein Terminus, der sich aus dem assorjanischen Nomen Brackfssla’yeea -lodernde, vernichtende/düstere Flamme- und dem davon abgeleiteten ‚Brackfsslacoyee‘ -Zerstörung, Vernichtung, Umsturz- entwickelte. Er bedeutet so viel wie schwarzes Feuer/schwarze Flamme. Hierbei wird mit

F’sslaks der historisch überlieferte Name einer Partisanengruppe assoziiert, welche mit ihren Guerillataktiken den Serenjita – hauptsächlich unter der umgangssprachlichen Bezeichnung Blutfresser bekannt – mehrfach schwerste Verluste zufügte. Und dadurch in einigen Systemen den Krieg praktisch im Alleingang für die Föderation entschied. Dabei stand diese spezifische Art von Tätowierung ursprünglich für die Mitgliedschaft in einem der mächtigsten Verbrechersyndikate des Sternenbundes - der Loge der Immerwährenden Sternenblüte. Das Tattoo ist zwar auch heutzutage noch in ebendieser symbolischen Rolle vereinzelt anzutreffen, wurde jedoch inzwischen mehrheitlich durch

Cyberimplantate verdrängt. Als Partisanensymbol gilt das Zeichen gegenwärtig als äußerst selten, da die Mehrzahl der Mitglieder der F’sslaks während der galaktischen Primärkriege getötet wurden. Wobei sie infolge ihrer unverhältnismäßigen Himmelfahrtskommandos und dem romantisierten, nomadischen Lebenswandel; aber vor allem wegen einem legendären Ehrenkodex, Eingang in die pseudohistorische Belletristik der Epoche der Primärkriege fanden. Gleichermaßen haben unzählige ihrer waghalsigen Aktionen - wie zum Beispiel die Schlacht um Sengsor II und das Koulouri- oder Höllenklingen-Manöver - nachhaltig Theorie und Praxis der allgemeingültigen Einsatz- und

Kampfstrategien für Kleinverbände beeinflusst, wenn nicht sogar revolutioniert. Es soll hierbei nicht unerwähnt bleiben, dass eine Untersuchung des renommierten Saarkur-Institutes zu dem faszinierenden Schluss kam, dass selbst die wegen ihrer absoluten Rücksichtslosigkeit gefürchteten Serenjitas, den F’sslaks gegenüber so etwas wie Respekt entwickelten. Weiterführende Informationen zu den Verdiensten der F’sslaks während der Primärkriege sind unter den Stichwörtern ‚Erzengel‘ und ‚Apostel der Dämmerung‘ zu finden. Dennoch wurden ihre Leistungen nie von der Föderation anerkannt, da einige ungeklärte und schwerwiegende Zwischenfälle mit den föderierten Streitkräften eine Akzeptanz oder Inkorporierung in

konventionelle Verbände komplett verunmöglichten. Weiterhin gelang es den einzelnen Überlebenden der F’sslaks kaum, sich nach den galaktischen Primärkriegen eine normale Existenz aufzubauen. Die Mehrheit von ihnen wandte sich der Kriminalität zu, während die restlichen auf weniger zivilisierte Planeten auswanderten, um dort ihr Glück zu suchen. Insgesamt gelang es nur acht Mitgliedern - trotz ihrer allgemein anerkannten Kampferfahrung - der regulären Miliz beizutreten. Maoui Syrias Identität wurde als zugehörig zu letzteren Individuen bestätigt!“ Keine Reaktion. „Wünschen Sie weitere Informationen?“ Ein Knopfdruck, und das Bild erlosch.

- III -

„Bitte, wiederholen Sie das.“ Der in dem für die Knights typischen cyanblauen, einreihigen Waffenrock mit niedrigem Stehkragen gekleidete USFOD-Offizier warf einen Blick auf die Kennzahl des Ganges. Dann wandte er sich seiner Begleiterin zu. „Nun, Rekrut Syrias, solange Ihre neue Unterkunft nicht fertig gestellt ist, werden Sie mit einem Quartier hier im Gästesektor vorliebnehmen, und es mit Ihrer zukünftigen Kameradin teilen müssen.“ „Ein Xeno, sagten Sie? Auch das noch. Kacke!“ Maoui schüttelte bekümmert den Kopf, „das musste zu allem Elend wohl noch

sein.“ Der blondhaarige Hüne nickte bloß. „Es handelt sich um eine Katirranerin. Die erste ihrer Art hier bei den Knights. Sie kam gestern.“ „Hab schon mal was von denen gehört. Sollen verdammt gute Späher ausmachen. Hab aber bisher noch nie ein echtes Exemplar zu Gesicht bekommen“, sie blickte abwesend in die Ferne, „vom Namen her klingt’s nicht besonders, eh.“ Inzwischen war der Offizier am Ende des Ganges stehen geblieben. „Hier ist es!“ Maoui packte ihren Seesack fester. „Wie Ihnen sicherlich bekannt sein wird, Rekrut, sind alle Sensoren Ihrer Unterkunft auf die thermische Signatur Ihrer individuellen

Physiognomie geeicht. Sodass sich die Tür automatisch öffnet, sobald Sie sich ihr nähern. Aber ich ...“ Ohne dem Mann weitere Beachtung zu schenken, steuerte sie zielstrebig und mit einer gewissen Erwartung die Türe an. Diese glitt sachte auf. „Sollte Sie unbedingt darauf aufmerksam machen, dass Katirra, im Sternbild Haar der Berenice gelegen, die sechsfache Schwerkraft der Erde besitzt, und ...“ Augenblicklich klebte die rothaarige Frau in der relativ gelungenen Nachahmung einer Briefmarke am Boden ihrer Unterkunft und konnte keinen Finger mehr krümmen. Der Offizier wirkte verlegen, als er zu Ende sprach: „Und ... sich deswegen Ihre

Zimmergenossin einen tragbaren Gravitationspotentierer in die Räumlichkeiten hat einbauen lassen.“ „D-d-dnke f-fü d’Warngung!“ Brachte Syrias mit Mühe über die Lippen. Der Blondhaarige verharrte einen Moment lang unentschlossen bei der Betrachtung der am Boden klebenden Frau, hüstelte dann kurz und betätigte den Rufknopf. „Rekrut Lyrrha? Ihre Zimmergenossin ist soeben abgest... äh ... eingetroffen!“ Darauf grüßte er knapp. „Ich ... hoffe, Sie verstehen ... dass ich ... noch anderen Tätigkeiten nachkommen muss. Gewissermaßen ... Wünsche dennoch einen ... angenehmen Aufenthalt!“ Grinsend, schon fast losprustend, wandte

sich der Mann ab. Lautlos glitt die Tür wieder zu. „Strräychen sch’s Trinkggöld!“ Japste ihm Maoui nach, während sie unter Einsatz ihrer ganzen Kraft versuchte, in die andere Richtung zu blicken. Auch wenn es das Letzte war, das sie in ihrem Leben tat. Sie wollte zumindest sehen ... ... welche Albträume bei sechsfacher Schwerkraft picknicken zu gehen pflegten? Doch was immer sie bei einer derart hohen Anziehungskraft erwartet hatte - ein grauenerregendes Silikonmonster oder einen imposanten Koloss nach bester frankensteinischer Manier ... DAS nicht. Daher kam ein knapp einen Meter hohes

Geschöpf von unerwartet zierlichem Wuchs, dessen große, phosphoreszierende Augen das Auffälligste war - jedenfalls das allererste – das Syrias bewusst wahrnahm. Mit den ausgeprägten Schulterpartien und der schmalen Taille, sah es praktisch wie eine Frau mit überlangen Beinen und Schulterpolstern aus. Nur im Format eines Kleinkindes. Es hätte aber auch eine Fee oder ein Kobold sein können, wie sie in den Erzählungen vorkamen, die man sich zu den Ursprüngen der Knights of Fate erzählte. Es trug sogar einen schmückenden Edelstein auf der Stirn. Eine Adlige aus dem sagenumwobenen Avalon? Möglicherweise hatte Maoui aber auch nur

Halluzinationen wegen der Schwerkraft. Den Gang einer Königin hatte die Kreatur jedenfalls. Oder den einer Raubkatze … Zumindest im Verhältnis zu einem Menschen waren ihre Ohren eindeutig zu groß. Und mit einer Art Pinselchen an den Enden. Das waren eher Tierohren. Maoui konnte sogar einen extrem langen Schwanz ausmachen, der ein Eigenleben zu führen schien. Es war offensichtlich ein Raubtier … Das humanoide Wesen schnupperte interessiert in ihre Richtung. Hatte es Hunger? Es wirkte jedoch weiterhin nicht bedrohlich. Eher neugierig

… Zwar hatte Syrias Abneigung gegenüber andersartigen Lebensformen nicht selten zu handgreiflichen Auseinandersetzungen geführt und sie einmal sogar in Teufels Küche gebracht. Aber hier und jetzt übte dieses Exemplar eine Faszination auf sie aus, die sie sich nicht erklären konnte. Das war nicht wirklich ein Xeno, eher ein Kind. Aber mit Schwanz. Inzwischen konnte sie sogar die leicht gemusterte, anthrazitfarbene Haarmähne von der silberweißen Haut auseinanderhalten. Insgesamt wirkte das Geschöpf für ein Alien schon fast niedlich, hatten dessen Bewegungen etwas Sinnliches. Maoui Syrias begann ernsthaft an ihrer

Wahrnehmungsfähigkeit zu zweifeln, als ihr - wie zur Bestätigung - mehrmals schwarz vor Augen wurde. Ebenso fiel das Atmen immer schwerer, machte sich inzwischen die hohe Schwerkraft schmerzhaft bemerkbar. Nur verschwommen erkannte sie dabei, wie das zartgliedrige Wesen einen anthrazitfarbenen Stift in ihre Richtung hob. Dann war jeglicher Druck weg. Für wen hielt sich dieser Balg überhaupt, so mit ihr umzugehen? Heftig japsend kam Maoui hoch. „Gottverflucht! Hör mir … gut … zu! Damit ... ich das nur einmal sagen muss, du Xeno ... solche dämlichen Scherze lässt Du von nun an sein!“ Ihr ganzer bisher aufgestauter Frust entlud

sich jetzt wie ein reinigender Orkan. „Vorsicht … denn ich bin extrem gereizt! Ich habe nämlich nicht nur überhaupt keine Ahnung, wieso ich eigentlich hier bin, es ist auch eine absolute Zumutung, das Zimmer mit einem Freak wie dir teilen zu müssen! Also, mach nicht noch alles schlimmer und bleib mir vom Hals! Und glaub‘ mir, ich spaße nicht! Ich ...“ Inzwischen hatten sich die langen, spitz endenden Ohren der Katirranerin weit nach hinten gelegt, während ein bedrohliches Knurren über ihre Lippen kam. Kurz wanderte ihr Blick von der Rothaarigen zu dem kleinen Metallstift in ihrer Hand und dann wieder zurück zur Frau. Maoui erbleichte. „Du wirst doch

n...“ Prompt klebte sie erneut in der Rolle der unglücklichen Flunder auf dem Boden. Dagegen huschte in dieser Sekunde ein zaghaftes Lächeln über das Gesicht des Wesens. Höflich verbeugte es sich, den Schwanz in eigentümlichen Spiralen durch den Raum ziehend, und vollführte einen vergnügten Willkommenstanz. „Hallo,“ sagte die Katirranerin dabei in gutturalem Tonfall, „mein Name lautet L’Yrrahy tpa Srrayt!“ „Schrr Rffrut!“

- IV -

„Sie sind eingetroffen!“ Inmitten vollkommener Dunkelheit schien ein leibhaftiger General Crimson Derouge - Oberbefehlshaber der Vereinigten Föderierten Streitmächte - auf einer hell erleuchteten Plattform zu stehen; als eine statische Interferenz die holographische Projektion flimmern ließ. „Und?“ „Beide haben ein gemeinsames Quartier bezogen“, meldete sich eine kräftige Stimme aus der Dunkelheit erneut zu Wort, „und wie von Ihnen empfohlen, ist der Rekrut Maoui Syrias erst im letzten Moment über seine Zimmergenossin informiert worden. Das Xeno hat ebenso keine Ahnung, was ihm da für ein

Prachtexemplar ins Zimmer schneit. Beide sind ferner im Gästesektor untergebracht, weit ab von den normalen Unterkünften der legitimen Rekruten. Dort werden sie diese so wenig wie möglich stören.“ Zufrieden nickte Crimson Derouge. „Außerdem haben wir, zum allerersten Mal, mit unserer geachteten Tradition gebrochen und den beiden alle wichtigen Informationen vorenthalten, sowohl über den gängigen Verhaltenscodex, als auch über Merlin und dem Ausbildungskomplex. So haben sie eine recht gute Chance, negativ aufzufallen.“ „Gefällt mir! Wann sind wir diese Witzfiguren wieder los?“ „Voraussichtlich in den folgenden zwei oder drei Tagen. Ansonsten spätestens am Ende

der Prüfwoche, sobald alle Eignungstests durch sind. Aber so lange werden sie nicht durchhalten!“ Kurz herrschte Stille. „Und ...“, die Person im Dunkeln, deren metallisches Abzeichen sie als einen Hauptmann auswies, räusperte sich, „ihr Spieß ist wahrhaftig eingetroffen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten! Wie haben Sie bloß Merlin dazu gebracht? Nein ... sagen Sie es mir nicht. Es ist besser, wenn ich es nicht weiß!“ Ein unschlüssiges Zögern folgte, dann fuhr er fort: „Was das angeht, sind einige ernstzunehmende Beschwerden eingegangen. Und diesmal selbst für einen

Knight extrem scharf formuliert. Manche drohen sogar mit einer formellen Klage an das oberste Tribunal! Allgemein sorgt die Aussicht, dass ein derartiges Geschöpf wieder in den aktiven Dienst gestellt wird für ziemlich böses Blut.“ Crimsons Erwiderung hatte einen drohenden Unterton. „Das wagen sie nicht!“ „Ich hoffe, dass Sie Recht behalten.“ Wie zur Antwort zupfte sich der General trotzig seinen imposanten Schnauzbart zurecht und schwieg. „Wenigstens hat sich Souldestroyer schon damit abgefunden“, fuhr demnach die Stimme fort, „und nüchtern betrachtet, ist es ja egal, was diese Weibsbilder unternehmen; letzten Endes werden es ihre persönlichen

Schwächen sein, die ihnen das Genick brechen. Reell gesehen, haben sie nicht einmal den Hauch einer Chance!“ „Absolut! Es geht mir gewaltig gegen den Strich, solchen Nullen die neuen Offiziersquartiere überlassen zu müssen. Aber solange Park für dieses von ihm finanzierte Projekt einer hundsmiserabeln Knights-Kopie vollumfänglich aufkommt, kann ich es wohl für den Moment billigen.“ Crimson Derouge blickte nachdenklich in die Ferne. Planet Aulis -vor fast genau einer Woche Mit stolzem Blick verfolgte General Crimson Derouge den Abflug des Raumfrachters

Deimos in die Morgenröte von Aulis. Fröstelnd stand er dabei auf der Beobachtungsplattform eines zwei Kilometer über dem planetaren Hauptraumhafen schwebenden Kontrollzentrums. Dann war die bullige Deimos nur noch ein heller Punkt am Himmel. Er lächelte zufrieden. Schon bald würde der Raumfrachter von einem Militärkonvoi in Empfang genommen werden, der ihn auf dem Heimflug nach Styx eskortieren sollte. Es könnte nicht besser laufen. „Neues Spielzeug für die Knights?“ Die sonore Stimme gehörte Park Stjeikson, einem drahtigen Mann mit blassem Teint und bronzefarbenem Haar, der auf den General

zukam. Heute trug er einen raffinierten Kaftan, von dem nur schon der Stoff teurer als die Deimos selbst war. Alleininhaber dieses und einiger weiterer solarer Systeme sowie Besitzer der hier ansässigen, multisolaren Waffenwerke, handelte es sich bei dem Neuankömmling um den reichsten Mann des bekannten Universums. Park begrüßte Crimson mit einem kräftigen Händedruck. „Willkommen, Cryd. Hab mir einfach mal gedacht, wenn sich schon mal so hoher Besuch hierher verirrt, dass er auch gebührend empfangen werden sollte. Bist du heute mein Gast? Natürlich nur, falls es dir überhaupt möglich ist.“ „Absolut! Dieses Mal bin ich inkognito hier.

Niemand ist informiert. Nicht einmal dieser Bluthund von Corrigan!“ Als die Deimos nicht mehr auszumachen war, machten sich die beiden Männer auf den Rückweg zum Kontrollzentrum. „Faktisch handelt es sich um Mounts-Prototypen der nächsten Generation. Kein Spielzeug! Werkzeug für die Elite. Ein relevanter Unterschied!“, erklärte der General. „Ist es nicht ein wenig mehr als nur einfaches Gerät? Letztendlich wäre das USFOD ohne die Mounts ja undenkbar.“ „Kaum, auch ohne ihre Mounts müssen die Knights of Fate niemanden fürchten. Sie sind, waren und werden immer handverlesene Koryphäen der Kriegskunst

sein!“ „Ist das jetzt nicht doch ein wenig zu hoch gegriffen, mein Freund?“ Der Oberbefehlshaber der VFS blieb abrupt stehen und funkelte Park ungehalten an. „Absolut nicht! Es gibt nichts Vergleichbares zu den Knights“, nervös zuckte Crimsons buschiger Schnauzbart, wie immer, wenn ihm etwas nicht behagte, „so wie niemand die Hürden der Ausbildung des Ultimate Special Forces Operational Detachment meistert, den die Vorsehung nicht schon dafür ausersehen hat; so ist ein Knight, auch ohne seinen Mount, absolut jeder martialischen Herausforderung gewachsen!“ Park lenkte sofort beschwichtigend ein, als ihm dämmerte, was er unbeabsichtigt

ausgelöst hatte. „Kann sein; du hast sicher Recht. Aber lass uns bitte nicht nochmals darüber streiten. Es gab das letzte Mal schon genug Ärger.“ Der General gab sich scheinbar damit zufrieden, als er zustimmend nickte. Sein Begleiter atmete erleichtert auf. Als Crimson die Schritte wieder Richtung Kontrollzentrum lenkte, verlor sich sein Blick in der Ferne. „Es spielt sowieso keine Rolle, was ein argloser Zivilist wie du davon hält. Deine Schlachtfelder sind die Finanzmärkte. Vom wirklichen, realen Krieg hast du nicht die Spur einer Ahnung. Fakt ist, dass nichts existiert, dem ein Knight nicht gewachsen ist. Denn zum Knight of Fate wird man geboren. Man hat es, oder man hat es nicht! Und daran

ändert auch alles Geld der Welt nichts.“ Nun war es Park Stjeikson, der stehen blieb. Seine Stimme klang herausfordernd. „Wie sehr glaubst du daran?“ „Wie?“ „Was hältst du von einer Wette?“ Planet Styx-Gegenwart Entschlossen schüttelte Crimson den Kopf und verdrängte die Erinnerungen. „Er hat Unrecht! Er kann nicht gewinnen … und wird es auch nicht.“ Murmelte er. „Das lässt allein schon mein Stolz nicht zu!“ „Sir?“ „Ach, nichts, ich will nur dieses Individuum so bald wie möglich vom Planeten weghaben, bevor es erneut die Gelegenheit erhält,

Schaden anzurichten!“ „Verständlich, aber denken sie nur einmal an den Majorston-Report, über die absolute Unfähigkeit von Katirranern zur visuellen Fokussierung auf große Distanzen oder Maoui Syrias psychologisches Gutachten, sowie ihre sogenannten Flugkünste. Das sind keine zukünftige Knights, nicht mal ansatzweise. Und sie werden es auch nie sein! An Merlins Auswahlverfahren und seinen Eignungstests gibt es kein Vorbeikommen. Sie werden mit absoluter Sicherheit versagen, es ist nur eine Frage der Zeit!“ Zustimmend nickte Crimson Derouge.

-V-

Der hiesige Kaffee war einer der wenigen Aspekte der Knights, den Maoui vom ersten Augenblick an mochte. Etwas so Gutes war ihr schon lange nicht mehr untergekommen. Durch eine riesige Glasplatte aus Armorplast, welche die südliche Wand einer weitläufigen Kantine bildete, beobachtete sie derweil einen tiefer gelegenen Trainingsraum. Hier waren einige Knights dabei, sich die Köpfe einzuschlagen - zumindest sah das wilde Treiben danach aus. Es war zwar nicht auszumachen, was der Zweck des Spieles sein sollte. Aber es hatte den Anschein, als müsse man einen neongelben Ball in einen von zwei

trichterförmigen Behältern an gegenüberliegenden Wänden befördern, wobei es verboten schien, die Kugel zu werfen. Das waren dann aber schon alle Regeln, die sie bisher hatte ausmachen können. Ansonsten schien alles erlaubt. Und so rammten, traten und stießen sich mehr als ein Dutzend muskelbepackte Halbnackte quer durch eine Halle, um in den Besitz des Balles zu gelangen. Teams oder Mannschaften konnte sie keine ausmachen und auch die Farben ihrer knappen Turnhosen waren diesbezüglich nicht sehr aussagekräftig. Die rothaarige Frau sah dem gewalttätigen Treiben noch eine Zeitlang zu, dann wandte

sie sich schulterzuckend ab. Ob es die Affen im Dschungel genau so trieben? Vielleicht mit Kokosnüssen? Zumindest dämmerte ihr jetzt, weshalb man für den Menschen den Begriff ‚haarloser Affe‘ geprägt hatte. Zaghaft nahm sie einen Schluck Kaffee, der wie Schleifpapier über ihre geschundene Kehle rieb. Es war wahrlich nicht angenehm, derart den Fängen der Schwerkraft ausgesetzt zu sein, wie sie es zuvor gewesen war, bis sie endlich ihr Fliegerehrenwort gegeben hatte, sich zivilisiert aufzuführen. Die Kleine hatte fürwahr sonderbare Manieren mit Leuten umzugehen. Was ihr an der ganzen Sache aber am

meisten zu schaffen machte, war die Tatsache, dass sie während der galaktischen Primärkriege, bei atmosphärischen Ausweichmanövern, locker eine Belastung von über 10g überstanden hatte. Nur um hier bei den Knights von mickrigen vier g’s geplättet zu werden. Sie wurde langsam alt. Ausgiebig massierte sich Maoui den Nacken. Dafür, dass ihre Zimmergenossin so unscheinbar wirkte, vermochte sie eine erdrückende Ausdauer an den Tag zu legen. Vor allem, wenn es darum ging, sich anderen in einem günstigeren Licht zu präsentieren. Aber vielleicht lagen bei dem Xeno bloß die Nerven blank. Das würde dann ihre unverhältnismäßige Überreaktion

erklären. Ein weiterer Schluck folgte. Zwar hatte Maoui geschworen, sich früher oder später für diese Erniedrigung zu rächen, doch für den Moment hatte man sich auf einen Waffenstillstand geeinigt, den sie einzuhalten gedachte. Die Kleine war ja schnell mit ihrem Wort zufrieden gewesen - woher nahm sie eigentlich die Sicherheit, dass sie sich daran halten würde? Und woher wusste sie, dass sie es mit einer Pilotin zu tun hatte? Maoui fixierte die Spiegelung ihres Gesichtes im Armorplast und seufzte resigniert. Manchmal war ihr Ruf einfach nur ein Fluch. Dann schüttelte sie den Kopf und wandte sich wieder dem Kaffee zu - momentaner Lichtblick

ihrer tristen Existenz. Dieses Xeno gab ihr echt Rätsel auf. Nach einem weiteren kräftigen Schluck musste sie auf einmal verschmitzt lächeln. Ach egal, die Kleine war ja eh harmlos. Zwar irgendwie bizarr und ziemlich weltfremd, aber vor allem leichtgläubig. Maoui zauberte einen anthrazitfarbenen Stift hervor, während das Lächeln zu einem lausbübischen Grinsen wuchs. Als Wiedergutmachung und Entschuldigung für den ‚übertriebenen und unangemessenen‘ Missgriff mit dem Gravitationspotentierer hatte ihr das Xeno nicht nur die Grav-Fernsteuerung freiwillig, sondern auch ihren geladenen USFOD-Credchip unentgeltlich überlassen. Und ihr ebenso einige äußerst

praktische Insiderinfos zur Basis der Knights gegeben, wie zum Beispiel den Standort dieser kaum rekrutenverseuchten Kantine. Die Kleine musste wohl wirklich verzweifelt sein, wenn sie der erstbesten Person, die ihren Weg kreuzte, solche Zugeständnisse machte. Nachdenklich spielte Maoui mit der Fernsteuerung herum. Das Xeno schien einerseits zu allem bereit zu sein, um hier wegzukommen - anderseits konnte jemand mit derartigem Wissen an einem Ort wie dieser Basis eine wahre Goldgrube sein ... Ein Grund, sie zu mögen? Nicht unbedingt. Aber ein verdammt guter Grund, ihr eine

hilfsbereite Kollegin zu werden, solange sie von Nutzen war. Irgendjemand musste doch auf die Kleine aufpassen ... Sie streckte sich mit einem Anflug von Zufriedenheit, bis ihre Gelenke hörbar knackten. Nun, ganz so abgestumpft war sie in den letzten Jahren doch nicht. Denn noch immer beherrschte sie die diffizile Kunst, unter widrigsten Umständen jede sich bietende Gelegenheit am Schopfe zu packen. Das Grinsen verfloss jedoch bald, als andere Überlegungen die momentanen Gedanken vertrieben. Sie ließ die Fernsteuerung verschwinden. Im Grunde genommen, erging es dem Xeno wie

ihr. Denn die Katirranerin war, als Maoui wortwörtlich mit der Tür ins Haus gefallen war, gerade damit beschäftigt gewesen, ein Schreiben an ihre Botschaft aufzusetzen. Darin ging es um die Frage, ob es überhaupt zulässig war, sie hierher zu versetzten. Gleichzeitig verlangte sie, dass man es ihr ermögliche, sofort den Einsatzort zu wechseln. Die Kleine fürchtete echt um ihre Gesundheit, falls sie hierbleiben musste. Maoui blickte nachdenklich in die Ferne. Möglicherweise war das Verschwinden der Kleinen aus ihrem Leben das Beste und Angenehmste, was ihr hier bei den Knights überhaupt passieren konnte. Ein Kind bei

dem USFOD. Anderseits handelte es sich bei diesem Kind, im weitesten Sinne, auch um eine Leidensgenossin. Zumindest jemand der, wie sie, nicht zu den restlichen Chaoten da draußen gehörte. Jemand, der ein ähnliches Schicksal teilte. Und letzten Endes, war die Kleine nicht eine leicht ausbeutbare Quelle unschätzbarer Informationen, die Maoui das Leben ungemein erleichtern konnten? Aber wieso musste es ausgerechnet ein Xeno sein? Sie war von den widersprüchlichen Gefühlen hin und her gerissen. Was sollte sie nur tun? Wie handeln? Es war alles so

verwirrend. Geistesabwesend umklammerte die Rothaarige ihre Tasse, als müsste sie sich daran festhalten. Das Einzige, was sie mit Gewissheit wusste, war, dass sie sich völlig verarscht vorkam. Und so verflucht einsam. Nachdem sich Maoui einen weiteren Schluck der schwarzen Brühe genehmigt hatte, konzentrierte sie sich wieder auf den Trainingsraum zu ihrer Rechten. Dort wurde jetzt ein blondhaariger Recke von vier Mitstreitern gleichzeitig über den Haufen gerannt. Hierbei erinnerte sie dieser Jüngling ein wenig an den Mann, der sie heute Morgen in ihr Quartier begleitet hatte. „Feste drauf!“, murmelte

sie. „Interessanter Zeitvertreib, eh?“ Überrascht fuhr Maoui zu einem schwarzhaarigen Hünen herum, der mit einem Tablett vor ihrem Tisch stehengeblieben war. „Wie bitte?“ „Oh, entschuldigen Sie bitte. Ich hatte bemerkt, dass es sich dabei“, er wies auf den Trainingsraum, in dem eben ein Dunkelhäutiger wuchtig gegen eine der Wände geschmettert wurde, „um einen interessanten Zeitvertreib handeln muss.“ „Ich ... äh ... nein! Eigentlich nicht.“ „Nun, damit haben Sie nicht Unrecht. Darf ich mich zu Ihnen setzen?“ Die Frau blickte den Knight leicht abwesend an. „Wenn Sie nicht an höhere Schwerkraft

gewohnt sind.“ Verwirrung spiegelte sich im Gesicht der muskulösen Gestalt amerindianischen Ursprungs, als Syrias entschuldigend lächelte. „Ach, vergessen Sie’s bitte. Ich war in Gedanken gerade anderweitig beschäftigt. Aber setzen Sie sich doch.“ Der Mann setzte das Tablett ab, auf dem sich eine Schale mit Salat und einigen grünen Eiern befand und folgte Maouis Aufforderung. Gleichzeitig musste diese an die Katirranerin denken. Was hatte diese gesagt, als sie verkündet hatte, sie würde in die Kantine essen gehen? ‚Es wolle nicht mitkommen, sondern lieber etwas Lebendes zu sich nehmen!‘ Syrias erschauerte bei diesem

Gedanken. „Wie erwähnt, entschuldigen Sie bitte das unhöfliche Auftreten. Mein Name ist Korporal Warlock Darkstar, Delta-Rotte des Unterstützungstrupps vom ersten Platoon der ersten Gefechtskompanie. Und mit wem habe ich die Ehre, falls ich so direkt fragen darf?“ „Soldat Maoui Syrias.“ „Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn ich ...“ Der Mann wies dabei mit einer Gabel auf den Salat. Die Rothaarige schüttelte den Kopf. „Nein, nur zu. Erinnert mich irgendwie an einen militärischen Stützpunkt für Flugunterstützung.“ „Wie bitte?“ „Sorry, bin wieder

abgeschweift.“ Darauf bedachte die athletische Erscheinung Syrias mit einem prüfenden Blick. „Ich hab sie bisher noch nie hier gesehen. Dann sind Sie bestimmt wegen der Eignungstests hier. Welchem Zweig der Knights of Fate wurden Sie für das Training zugeordnet?“ Maoui wirkte verlegen. „Ich äh ... nun ... eigentlich ... keinem.“ „Oh … Rekrut Syrias, wie ist denn das zu verstehen? Sie sind doch Rekrut und wegen der Prüfwoche hier, oder?“ „Nun ...“, die Frau würgte den Rest des Kaffees herunter und sprach laut aus, was ihr seit der Begegnung mit Hauptmann Ronald McTalbot am meisten zu schaffen gemacht hatte. „Ich ... bin einer speziellen

übergeordneten Einsatztruppe ohne bisher definierten Einsatzzweck oder so, zugeordnet worden. Obwohl ich, wenn ich ehrlich sein darf, absolut keine Ahnung habe, was das überhaupt bedeuten soll.“ Warlock verschlang inzwischen das letzte Salatblatt und hielt dann einen Moment lang gedankenverloren inne, unschlüssig mit der Gabel wippend. Dagegen wurde Syrias von einem spindeldürren Asiaten im Trainingsraum abgelenkt, der die neongelbe Kugel an sich gebracht hatte. Augenblicklich rammte ihn jemand auf Höhe der Knie und schleuderte ihn quer durch den Raum. Doch wider Erwarten landete der Asiate gekonnt auf den Füßen, hechtete vor und lochte die Kugel

ein. „Genau!“, riss der Mann Maoui aus ihren Gedanken. „Ich wusste doch, dass ich davon schon was gehört habe. Sie sind eine dieser hochqualifizierten Profis für die neue Spezialeinheit!“ „Hochqualifizierte Pro ... Profis?“ „Ja doch, nur nicht so bescheiden. Dieses neu rekrutierte Team besteht ja aus Ihnen und einer Xenoform, oder? Einer Katz... Katr...“ „Katirranerin?“ Der Mann nickte bestätigend. „Ja, genau, das meinte ich. Sehen Sie, ich habe mich nicht geirrt. So was spricht sich schnell herum. Aber sagen Sie mir doch bitte ... wie ist sie? Ich meine, ich will mich zwar nicht in Ihre

Angelegenheiten mischen, aber es ist doch Ihr zukünftiges Teammitglied, oder? Ähem ... wissen Sie, ich besuche gerade einen Kurs über die aktuellsten Erkenntnisse in Exobiologie und Astrosoziologie. Ein wenig, hm ... Insiderwissen über diese Rasse könnte sicherlich von Vorteil sein.“ Maoui vollführte eine weit ausholende, vieldeutige Geste. „Tja ... sie sind zwar ... klein, aber dennoch ... beeindruckend. Ja vor allem ... gewissermaßen ... letzteres. Ansonsten scheinen sie äußerst zuvorkommend und freundlich zu sein ... und sie sehen aus wie Kinder!“ „Aha …“ ließ Warlock enttäuscht verlauten. „Was wissen Sie eigentlich über diese neue Spezialeinheit?“ Hackte Maoui

nach. „Mit ziemlicher Sicherheit nichts, was Sie selbst nicht schon wissen.“ „Ab...“ „He Bonebreacker, deine Fingerfertigkeit ist gefragt!“ Der Ruf kam vom anderen Ende der Kantine. Maoui bemerkte erst jetzt, dass das Spiel im Trainingsraum bereits geendet hatte. Warlock Darkstar erhob sich. „Ich ...“ „Entschuldigen Sie mich bitte, aber ich werde wirklich gebraucht. Sie können mich aber gerne in meiner Abteilung besuchen. Sie sind dort jederzeit willkommen.“ Doch sein Gegenüber gab nicht so rasch auf, als es neugierig aufsah. „Bonebreaker?“ „Mhmm ... ein Übername den mir meine

Kollegen für meine, äh ... Tätigkeit gegeben haben.“ Plötzlich versteifte er sich. „Beim Stichwort Übername fällt mir gerade ein ... ich bewundere Sie! Faktisch beide, Sie und Ihre Katziranerin. Ihr von dieser Spezialeinheit seid echt couragiert. Hut ab! Ich meine, mit DEM Spieß! Schätze, dass sich sogar Hauptmann Thunderbringer versetzen ließe, wenn er dem zugewiesen werden würde. Und das heißt schon was! Aber ihr ... mögen die Geister mir beistehen, dass zumindest ich ihm niemals begegnen muss. Viel Glück dennoch. Ihnen und Ihrer Begleiterin. Denn meine Achtung habt ihr!“ Sprach es, schnappte sich das Tablett und

ging. Maoui ihrerseits blieb wie versteinert zurück, während sie stumm dem Hünen nachblickte. Minuten vergingen, in denen nichts geschah. Bis die Frau mit einem Ruck nach Luft schnappen musste. Etwas stimmte hier nicht. Stimmte überhaupt nicht. Es waren nicht nur Warlocks Worte, die ihr einen eiskalten Schauer den Rücken hinab jagten. Nicht nur … Nein, es war ebenso die Tatsache, dass dieser zwei Meter hohe Riese jedes einzelne Wort vollkommen ehrlich gemeint hatte. Seine Haltung, der zurückhaltende, ehrfürchtige Klang seiner Stimme, alles war echt

gewesen. Sie hatte für einen Augenblick lang waschechte Furcht in den Augen Warlock Darkstars erlebt. Dieser Herkules hatte panikartige Angst vor dem Spieß, der ... ihnen ... zugeteilt worden war? Die rothaarige Frau verkrampfte sich. Hochqualifizierte Profis? Neue Spezialeinheit? ‚Spezieller‘ Spieß? „Hilfe!“ Flüsterte Maoui leise.


--ENDE

KAPITEL 1

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Hörbuch

Über den Autor

Lobezno
Eigentlich ist es so wie es ein Landsmann von mir treffend beschrieb:

'Mit den Riesen habe ich keine Probleme; nur die Windmühlen machen mir echt zu schaffen!'

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