Betäuben. Alle Gefühle betäuben die gerade in ihr tobten, einen erbitterten Kampf mit ihrer Vernunft in ihren Gedanken ausfochten, die sie ermahnte nichts dummes zu tun....
Sie saß da, auf dem Boden, Kopfhörer in den Ohren, mit unzähligen Scherben um sie herum und einem riesigen Glassplitter in ihrer Hand. Blut, unmengen an Blut an ihrem Arm und auf ihrer Schneeweißen Hose. Schnell, reagieren, Abbinden, das Blut stoppen, Bitte lass sie nicht sterben, schoss es ihm durch den Kopf. Er fuhr wie ein Besessener, es gab keine Ampeln, keine Stop Schilder für ihn. Bitte lass sie nicht sterben. Endlich, er konnte das große Gebäude erkennen. Mit ihr auf dem Armen lief er rein, schrie nach Hilfe, er sah auf sie runter. Sie lag einfach nur da, leblos kein zucken, nichts. Eine Krankenschwester kam ihm entgegen, mit Zornesfalten auf der Stirn, als sie jedoch den bewegunglosen Körper sah, schnappte sie nach einer Trage , nahm sie aus seinen Armen und verfrachtete sie darauf. Sie rannte mit ihr die Gänge runter, er ihr hinterher. Sie brachte sie in einen Raum, orderte über eine Anlage einen Arzt. Mehrere Personen traten ein, sie hasteten alle wild um sie herum, sagten ihm er solle rausgehen, doch er wollte nicht, er konnte nicht. Er musste wissen was mit ihr passiert. Mutlos strich er sich mit den Händen durchs Haar, Tränen bahnten sich den weg aus seinen Augen er hätte sie nicht alleine lassen dürfen. Was hatte dies Arschloch ihr angetan? Sie fing plötzlich an zu schreien, sich zu winden, als sie ihr eine Infusion legten. Ihr Körper bäumte sich auf als sie ihr einen Schlauch in den Hals steckten um ihren Magen auszupumpen, jetzt hörte man nur noch röcheln, weil sie immer noch versuchte zu schreien und gegen imaginäre Dämonen zu kämpfen. Sie stellten sie mit einer Spritze ruhig. Blutkonserven wurden ihr reingepumpt, die Wunde vernäht. Wieder lag sie reglos da. Blass, so gut wie tot. Er nahm sich einen Stuhl und setzte sich mit angezogenen Knien neben ihrem Bett darauf, den Kopf auf seinen verschränkten Unterarmen. Auf einmal ging ein zittern durch ihren Körper, weißer Schaum kam aus ihrem Mund, geschockt starrte er sie an, wusste nicht was er machen sollte. Er packte sie an den Schultern, drückte sie auf die Liege zurück und versuchte so ihren Körper ruhig zu halten, schrie wieder nach einem Arzt. Wieder kamen sie reingestürmt, diesmal schob ihn eine Krankenschwester grob aus dem Zimmer.
Licht, warmes gleißendes Licht, das ihren Körper umhüllte. Hatte sie überhaupt noch einen Körper?Sie fühlte sich so leicht an, sie schwebte, sie sah runter und konnte sich selber auf einen Tisch sehen, fremde Menschen um sich herum. Ihr Körper zitterte, war von Blut überströmt, trockenes braunes Blut. Sie blickte wieder zum Licht, das so Einladend war, dort war es ruhig und nicht so hektisch wie unten bei ihrem Körper,Wunderschön, noch ein kleines Stück und das Licht würde sie verschlucken. Nur noch ein kleines Stück. Ein starker Blitz der wie Wellen durch ihren Körper jagte lenkte sie von dem Licht ab. Und noch einer, und noch einer. Das schützende Licht verschwand immer mehr, mit jedem Stromstoß der ihren Körper durchfuhr, bis es schließlich von einem anderen, grellem kalten Licht abgelöst wurde. „Sie ist wieder zurück Doktor“ hörte sie die Schwester sagen......
Sie hatte sich schon seit einer Ewigkeit auf diesen Tag gefreut. Endlich erlaubten ihr ihre Eltern die Fahrt ins Feriencamp, alte Freunde treffen, Spaß haben einfach alles was sie schon lange nicht mehr gemacht hat. Womit sie allerdings nicht gerechnet hat war, das sie auch jemanden treffen würde den sie nun echt nicht sehen wollte. Denjenigen der für ihre ganze Misere verantwortlich war. Ihren Ex-Freund. Sie hatten vor genau 6 Monaten und 3 Tagen Schluss gemacht, nun ja eigentlich ging es mehr von ihm aus. Natürlich hatte sie jetzt jemand neuen an ihrer Seite. Jemand der sich um sie kümmerte, der sie nicht Links liegen lies um mit seinen Kumpels zu feiern. Sie hatte ihn wirklich gern, allerdings waren die Gefühle nicht im geringsten so stark wie die, die sie eben für ihren Ex mal empfand. Er hatte auch eine neue an seiner Seite. Sie war schön, schöner als sie selbst, sie war diejenige für die sie verlassen wurde. Sie wollte stark sein, sich nicht den Spaß verderben lassen. Schließlich hatte sie Wochen gebraucht um ihre Eltern zu überreden. Sie ging ihm so gut es ging aus dem weg, aber auf einer Party die im Camp gefeiert wurde, kam er auf sie zu und fing an sich mit ihr zu unterhalten. So als ob nie irgendwas zwischen ihnen gewesen wäre. Er wollte einen Spaziergang mit ihr machen, ganz ungezwungen und unschuldig. Sie unterhielten sich über vergangene Tage, mieden es aber über ihre gemeinsame Vergangenheit zu reden. Sie blieben am See stehen und ließen flache Steine am Wasser abprallen. Kindisch aber Lustig. Stumm standen sie nach einer Weile nebeneinander und genossen die Abend Luft. Ohne Vorwarnung packte er ihre Hand und zog sie zu sich. Sein Gesicht kam den ihrem immer näher bis er schließlich seine Lippen auf ihre senkte. Nur ein Kuss, ganz unschuldig, doch dieser Kuss jagte Blitze durch ihren ganzen Körper. Nach einiger Zeit die ihr wie eine Ewigkeit und doch zu kurz vorkam, löste er sich von ihr. Sie schaute auf ihre Schuhe und fragte nach wieso er das getan hat, wagte es nicht in seine Augen zu sehen, aus Angst was sie darin erblicken könnte. Er erwiderte Emotionslos das er wissen wollte, ob er dabei etwas fühlen würde. Hoffnungsvoll Blickte sie ihn an und fragte ihrerseits ob er den was gefühlt hätte. Sich von ihr abwendend antwortete er mit einem leisen Nein. Dieses eine kleine Wort fühlte sich wie tausend Nadelstiche in ihrem Herzen an. Sie konnte keinen Augenblick mehr neben ihm verweilen. Sie musste weg. Weit weg. Sie rannte, Tränen strömten ihre Wangen runter und verschleierten ihr die Sicht. Sie stolperte über einen Ast der am Boden lag, rappelte sich jedoch sofort wieder auf um weiter zu rennen. Ihre Freunde waren alle in der Mitte des Platzes wo ihre Häuser standen versammelt, doch sie wollte nicht zu ihnen, sie wollte alleine sein. Sie riss die Tür ihres Bungalows auf und lief die Treppen zu ihrem Zimmer rauf. Betäuben. Alle Gefühle betäuben die gerade ihn ihr tobten, einen erbitterten Kampf mit ihrer Vernunft in ihren Gedanken ausfochten, die sie ermahnte nichts dummes zu tun. Verzweifelt griff sie sich in die Haare, sah sich im Zimmer um und entdeckte ihren Ausweg. Ein kleines Plastikröhrchen mit winzigen runden Pillen, eine jeden Morgen stand drauf. Kleine Wunder die ihr halfen den Tag zu überstehen seitdem sie ihn verloren hatte. Doch eine würde jetzt nicht reichen, Nein, sie wollte nichts mehr fühlen, nie wieder. Sie nahm den Deckel ab und stürzte alle Tabletten auf einmal runter, spülte das ganze mit großen schlucken Wodka aus der Flasche die ihr Freund mit reingeschmuggelt hat. Wo war er eigentlich?, dachte sie bei sich. Das war jetzt jedoch auch egal. Nichts war wichtig außer nichts mehr zu fühlen. Sie trank noch den Rest der Flasche aus, die halbe Flasche in wenigen schlucken, hatte sie noch nie geschafft. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Aus dem Augenwinkel konnte sie ihr Spiegelbild sehen. Sie drehte sich um, um sich kurz darin zu betrachten. Sie bemerkte nicht das während der ganzen Zeit ihre Tränen nicht aufgehört hatten zu fliessen. Sie flossen immer noch in Strömen. Wieder stieg das Bild von ihrem Ex in ihrem Kopf auf. Er hatte nichts gefühlt, doch für sie war es so wie früher. Als er noch was empfunden hatte. Als er sie zum Lachen brachte, als er mit ihr ausging, als er sie immer um sich herum haben wollte. Als er ihr immer und immer wieder ewige Liebe schwor. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals. Sie nahm sich ihren Mp3 Player, sie wollte Musik hören während sie auf die Wirkung wartete, wollte damit auch die schmerzhaften Gedanken übertönen. Die Gitarren von Korns Falling away (Beating me down) dröhnten in ihren Ohren. Ja genau das tat er mit ihr. Er prügelte immer wieder auf ihre Gefühle ein. Bis sie am Boden lag. So glücklich er sie am Anfang gemacht hatte, so sehr hatte er sie am Ende ihrer Beziehung zerstört. Hatte sie gedemütig, hatte sie darum betteln lassen sie nicht zu verlassen. Hatte ihr Hoffnungen gemacht, sie aufgebaut nur um wieder auf sie mit Gehässigkeiten einzuhämmern. Sie konnte die Gedanken nicht mehr ertragen. Sie schwirrten unablässig und ohne Erbarmen in ihrem Kopf rum. Sie sah sich im Spiegel an, fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. Sie fühlte sich schwummerig, es drehte sich alles. Ihr Spiegelbild schien sich selbstständig zu machen. Projizierte unwirkliche Bilder von ihr. Ihr Kopf schien in zuckenden Bewegungen von einer Seite zur anderen zu fallen. Ihre Mimik war verzerrt. Angsterfühlt vergrub sie wieder ihre Finger in ihre Haare,zog an ihnen, langsam erinnerte sie sich daran, das ihr Arzt gesagt hatte, man darf die Tabletten nicht mit Alkohol mischen. Tja jetzt ist es zu spät dachte sie. Sie starrte auf das Spiegelbild das jetzt wild den Kopf schüttelte sie ansah, sie auslachte, mit wutverzerrtem Gesicht anstarrte, sie stumm anbrüllte. Sie konnte es nicht mehr aushalten, sie schrie ihre Verzweiflung raus und zerbrach dem Spiegel mit der Flasche die neben ihr lag. Splitter flogen um sie rum, nicht der ganze Spiegel war kaputt, sie konnte noch die Linke Seite ihres Körpers darin erkennen. Ihr Spiegel-Ich griff nach einer der größeren Scherben und führte sie zu ihrem Handgelenk. Es schnitt rein. Unbewusst tat sie es ihrem Spiegelbild gleich, bis sie den Schmerz des sich in ihr Fleisch bohrenden Glases spürte. Ein kleiner Blutfluss bildete sich bis zu ihrer Hand runter. Ein kleiner Schnitt, ganz schnell, den ganzen Unterarm entlang und alles würde vorbei sein. Sie schaute nochmal in den Spiegel und ihr Spiegel-Ich nickte ihr zu, zeigte ihr seinen Unterarm mit einer klaffenden Wunde. Gerade als sie wieder auf ihrem eigenen Arm sehen wollte, rief jemand ihrem Namen. Erschreckt drehte sie sich um, in der Tür stand ihr Freund und zwei ihrer Freundinnen die sie wohl ins Haus rennen gesehen haben. Ein brennender Schmerz in ihrem Arm verleitete sie dazu runter zu sehen. Ein tiefer, langer Schnitt war zu sehen, Blut strömte unbändig raus. Ihr Freund lief zu ihr, riss einen Streifen aus einen T-Shirt raus das am Boden rum lag, verband schnell ihrem Arm und nahm sie in die seinen, rannte mit ihr runter zu seinem Auto um sie ins nächste Krankenhaus zu fahren. Auf den Schoß einer ihrer Freundinnen lag sie,der Ohnmacht nahe. Sie schrieen ihr zu, sie soll die Augen nicht schließen, doch sie kam nicht gegen die Ohnmacht an, sie wurde besiegt.