Biografien & Erinnerungen
Die Fensterscheibe

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"Die Fensterscheibe"
Veröffentlicht am 16. August 2010, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Rainer Güllich, Jahrgang 1954, lebt in Marburg/Hessen. Als begeisterter Leser schon ewig von dem Wunsch getrieben selbst zu schreiben, nahm er an einem Kurzkrimiwettbewerb teil, der im Rahmen des 1. Marburger Krimifestivals stattfand. Er kam auf einen der vorderen Plätze und sein Kurzkrimi ?Hass? wurde in der regionalen Presse veröffentlicht. Dadurch motiviert belegte er seinen ersten Schreibkurs in kreativem Schreiben. Weitere schlossen sich an ...
Die Fensterscheibe

Die Fensterscheibe

Beschreibung

Ein kleiner Bericht über die Tücken des Alltags.

Die Fensterscheibe

Über unserer Wohnungstür befanden sich zwei kleine Glasfenster, die nicht zu öffnen waren. Wir hatten das Haus unverändert vom Vorbesitzer übernommen, daher kann ich nur vermuten, dass diese Fenster dazu dienten mehr Licht über den sehr hellen Hausflur in die Diele der Wohnung einzulassen.

An einem Freitag gingen meine Frau und ich zum Einkaufen der benötigten Lebensmittel für das bevorstehende Wochenende. Wir schlossen die Wohnungstür und…oh, Schreck: unsere beiden Schlüssel waren in der Wohnung zurück geblieben. Was nun?

Wie immer spontan und kurz entschlossen, begab ich mich in den Keller und kam mit Malerleiter, Besen und Gummihammer zurück. Ich stellte die Leiter vor der Wohnungstür auf, stieg mit dem Hammer hinauf und schlug das linke kleine Glasfenster mit dem Hammer ein. Es klirrte laut als die Glasscherben auf dem Boden aufschlugen, doch der Weg zur Türklinke die sich an der Innenseite der Wohnungstür befand, war frei. Meine Frau reichte mir den Besen, ich führte den Besen durch das nun offene Fenster, drückte die Türklinke mit dem Besen nach unten und die Tür lies sich öffnen. Schön! Problem gelöst!

Nun könnte man davon ausgehen, dass meine Frau und ich die Öffnung wieder verschließen ließen. Mitnichten! Weit gefehlt!

Die Fensteröffnung ohne Glasscheibe blieb. Denn, wie meine Frau und ich überlegten, könnte uns das eben beschriebene Malheur wieder ereilen. Man kann schon mal schnell den Schlüsselbund in der Wohnung liegen lassen. Und dann? Wieder eine Scheibe einschlagen? Nein, das sollte uns nicht wieder passieren. Außerdem fiel damit auch die Notwendigkeit weg bei Verlassen der Wohnung, sei es um in den Keller, in die Waschküche oder auf den Speicher zu gehen, den Schlüssel mitzunehmen. Hatten wir doch jetzt unsere eingebaute „Schlüsselsicherung“.

Und ich muss tatsächlich sagen, dass sich ab diesem Zeitpunkt unser Leben entspannter gestaltete. Angstfrei nomadisierten wir durch unser Haus. Ohne Schlüsselbund und ohne die Wohnungstür noch eines Blickes zu würdigen. Uns war klar geworden, dass wir unter der vorherigen Situation tatsächlich gelitten hatten. Die Situation eine Tür im Nacken zu haben, die sich von außen nur mit einem Schlüssel öffnen ließ! Im Grunde genommen ein außergewöhnlicher, gewagter, risikobehafteter Zustand.

Wir lebten ein befreites Leben. Doch nur zwei Jahre lang. Denn ich begann meine Umschulung zum Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten. Der Anfang vom Ende eines unbefangenen Lebens.

In der Ausbildung stehen viele handwerkliche Techniken auf dem Plan wie Weben, Flechten von Körben, Arbeiten mit Holz und vieles mehr. Auch das Bearbeiten von Glas gehört dazu.

Dies lernte ich nun ausgiebig. Wie man den Glasschneider einsetzt, um entsprechend große Glasteile, in unterschiedlicher Form, zum Beispiel für Tiffany-Lampen, zu erhalten. Ich kam zu einer gewissen Meisterschaft im Glasscheiben schneiden. Stolz wollte ich dies natürlich auch meiner Frau vorführen.

In unserem Keller lagerten noch einige alte Fenster aus denen man die Scheiben leicht herauslösen konnte. Was lag näher, um für unser offenes kleines Fenster über der Wohnungstür die entsprechende Glasscheibe zurechtzuschneiden, um sie dann im Fenster einzusetzen.

Das Zurechtschneiden des Glases gelang sehr gut. Die Scheibe selbst war schnell eingesetzt, den Fensterkitt anzubringen war auch kein Problem. Stolz betrachtete ich mein Werk. Nach zwei Jahren war endlich alles wieder so wie es vorher gewesen war.

Am nächsten Tag wollten meine Frau und ich wieder Einkaufen gehen. Was wir auch taten. Wir schlossen die Wohnungstür und … oh, Schreck: unsere beiden Schlüssel waren in der Wohnung geblieben!

Ich ging in den Keller, holte Besen, Malerleiter und …

Wir haben das Haus vier Jahr später verkauft. Der Käufer lobte das Haus sehr. Es gab einen kleinen Fehler, den er bemängelte: eine kleine Fensteröffnung über der Wohnungstür ohne Fensterscheibe.

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Hörbuch

Über den Autor

Epilog
Rainer Güllich, Jahrgang 1954, lebt in Marburg/Hessen. Als begeisterter Leser schon ewig von dem Wunsch getrieben selbst zu schreiben, nahm er an einem Kurzkrimiwettbewerb teil, der im Rahmen des 1. Marburger Krimifestivals stattfand. Er kam auf einen der vorderen Plätze und sein Kurzkrimi ?Hass? wurde in der regionalen Presse veröffentlicht. Dadurch motiviert belegte er seinen ersten Schreibkurs in kreativem Schreiben. Weitere schlossen sich an und als Folge davon erschienen in kurzer Zeit seine beiden ersten Krimianthologien. Der Kriminalroman ?Unter Druck - Ein Marburg Krimi? folgte.

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UteSchuster ich musste doch herzhaft lachen. - ich sehe dieses Problem auf mich zukommen, wenn ich wieder eine Haustür mit Knauf habe, heute habe ich eine mit Griff, wenn ich die hinter mir zuziehe, kann ich auch wieder rein, wenn ich den Schlüssel vergesse, ist sie halt nicht abgeschlossen. Oder aber ich vergesse den Schlüssel abzuziehen.

Deine Geschichte lässt einen doch sehr über die verschiedensten Türen und Fenster nachdenken ;-)

Liebe Abengrüße Ute
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