Beschreibung
Sensible Naturen neigen mitunter zu Depressionen. Da kann es hilfreich sein, sich einfach nur umzudrehen und schon ist die Sichtweise eine andere.....
L.A.
Der Flußgeist
- von Zapavino Müskäs
Es war einmal, es ist noch nicht so lange her, daß ein Dichter beschloß, seinem Leben ob des fortschreitenden Mißerfolges, sowie der damit verbundenen wirtschaftlichen Not, ein gewaltsames Ende zu setzen.
Länger her war, was dahin führte, nämlich, daß die Frau unseres Dichters mit einem Industriellen davon lief, das Töchterchen Camilla Persephone in Amsterdam verschollen ging und sein letztes Gedicht, der Zyklus „Die vier Jahreszeiten“ in die er, wie er vermeinte, sein ganzes Können steckte, von fast allen verschmäht wurde.
Also ging er zum nahegelegenen Fluß, der ihn schon einmal um ein Haar ins Jenseits befördern wollte – damals ging es ihm noch gut – um sich zu ertränken.
Er stopfte sich nach dem Vorbild der ähnlich unglückseligen Dichterkollegin Virginia Woolfe die Manteltaschen voller Steine und stieg dann ins Wasser.
Aber ach! – der Fluß hatte gerade Niedrigwasser – selbst in der Mitte reichte es ihm gerade mal bis zu den Knien.
„Welch ein Hohn“ sprach der Dichter der vier Jahreszeiten, mehr zu sich selbst, als zum Fluß, „Damals, als ich Freude am Leben hatte, wolltest du mich umbringen und heute, wo ich den Tod suche, läßt du mich nicht sterben.“ – so stand er in der Flußmitte und betrachtete das Wasser, wie es zwischen seinen Beinen unaufhörlich davon schwamm, einem fernen Meer entgegen.
„So ist das Leben – alles entgleitet, schwimmt im großen Zeitstrom davon – nichts läßt sich bewahren, nicht für einen einzigen Moment.“
Es begab sich aber, daß der Flußgeist gerade in einer Bucht einem Biber sein abgenagtes Stämmchen für den Burgbau zutrieb, wozu er einen Strudel erzeugen mußte, als er des sinnenden Menschen ansichtig wurde. Und etwas mißmutig wegen der Störung gurgelte er ihm zu: „Ach Menschlein – so dreh dich doch anders herum, was siehst du dann?“
Einer unbewußten Regung folgend drehte sich der Angegurgelte um und empfand ein gänzlich anderes Bild: „Aber ebenso unaufhörlich strömen die Dinge auf mich zu… aus einer fernen Quelle sprudelnd…tagein, tagaus… vielleicht sollte ich noch etwas wasrten...."
Und langsam leerte er seine Taschen, ließ Stein um Stein fallen und würde nie erfahren, daß er so am Biberbau maßgeblichen Anteil hatte. Denn mit Hilfe der Steine konnte der Flußgeist den rechtsdrehenden Strudel aufbauen, der den Baumstamm perfekt in die Burg fügte.
Zapavino Müskäs
(statt eines Einkaufszettels: Zahnpasta, Rotwein, Gemüse, Käse...)
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