Romane & Erzählungen
NEU "Im Kopf da macht es Klick" Teil 7 - Eine neue Ordnung im Kopf

Eine neue Ordnung im Kopf

 

 

 

 

Eine neue Ordnung im Kopf

 

 

Als 12 Jähriger hatte ich einen wunderschönen Traum. Ich befinde mich zu jener Zeit in einer Klosterschule mit angeschlossenem Kinderheim im Rheingau.

Während des Traumes tauchte eine bildhübsche Frau auf, die gerade aus der Türe eines Hauses kommt. Neben ihr erscheint ein etwa 7 jähriges Mädchen. Die beiden sehen sich so ähnlich, dass man sie sofort als Mutter und Tochter erkennt. Ein schönes Bild, das von der Türe irgendwie eingerahmt schien. Ich erkenne und höre jede Einzelheit vor meinem geistigen Auge und Ohr. Das Haus, die Strasse, den Weinberg im Hintergrund und die Stimmen und Nebengeräusche. Alles war für mich real. Es war wie das Betrachten eines Gemäldes, das irgend Jemand vertont hatte. Einiges ist nur schemenhaft zu erkennen, und die Bewegungen laufen in Zeitlupe ab. Ich fühlte mich wie ein Zuschauer der ein Ereignis verfolgt ohne selbst eingreifen zu können. Es war ein sehr nachhaltiger Traum der mir, als ich erwachte, noch gut in Erinnerung war. Ich hing diesem Traum eine Weile in Gedanken nach, verdrängte aber alsbald seine Bilder.

Tags darauf, ich hatte diesen Traum bereits vergessen, gingen wir mit der gesamten Gruppe der Klosterschule spazieren. Wir gehen einen Holweg entlang, der in der Ortschaft Assmannshausen bei Rüdesheim endete.

Als wir die ersten Häuser dieser Ortschaft erreichen, erkenne ich das Haus wieder, das ich zuvor in meinem Traum erblickt hatte. Überrascht bleibe ich stehen und sehe mir die nun real gewordene Szenerie an. Meinem Traum zufolge musste nun eigentlich die Türe dieses Hauses aufgehen und die Frau mit ihrer Tochter erscheinen. Und genau das geschah.

Die Türe geht auf und jene Frau mit ihrer Tochter kommen aus dem Haus heraus. Ich traute meinen Augen nicht. Dort stand tatsächlich jene Frau mit dem Kind, und alles war genau so, wie ich es einen Tag zuvor im Traum erlebt hatte. Unglaublich?

Viele sprechen hier von „Seelenwanderung“ oder „Wachtraum“. Ich weiß es selbst nicht genau. Aber eines bin ich mir sicher, dass in und um uns mehr Dinge geschehen und möglich sind als wir im allgemeinen glauben. Ich erlebte damals mein erstes de`ja` vu.

An diesen Traum aus meiner Jugendzeit dachte ich in der Hoffnung, dass sich jetzt wiederum ein de`ja vu wiederholen würde und sie, die ich in meinem paradiesischen Garten gesehen hatte, endlich erschien würde. Denn, dass ich diese Person, die in meiner Seele herumgeisterte, sofort erkennen werde, dessen war ich mir ganz sicher.

Es drängte sich mir unwillkürlich die alte philosophische Frage auf. Was war zuerst da; „Das Küken oder das Ei“, die Frau oder der Traum?

Sollte es tatsächlich so sein, dass alle Dinge, Menschen, Gegenstände und Begebenheiten schon komplett fertig und existent sind, und unsere Aufgabe nur darin besteht sie Kraft unserer Wünsche und Imagination ins hier und jetzt zu rufen?

Für heute nahm ich mir vor meine Wünsche und Ziele aufzuschreiben, um dann daran zu gehen sie in die Tat umzusetzen. Zumindest was das schöne Haus anbelangte wollte ich nichts unversucht lassen. So sitze ich vor meinem Blatt Papier plane. Doch nichts fällt mir dazu ein. Alles ist wie weggewischt. Dabei hatte ich vor kurzem noch so tolle Ideen. Ich wusste im Moment nur eines, zu solch einem Projekt braucht man viel Geld, sehr viel Geld sogar. Doch woher es nehmen?

Da meldet sich mein Hauptgedanke von ganz alleine zu Wort und sagt: „Na, bist du heute beim planen?“

„Ja klar, mir fällt nur leider nichts ein! Und ich brauche doch für die Realisierung meiner Träume eine Menge Geld. Kannst du mir da nicht helfen, wie ich dazu kommen soll?“

„Mit normaler Arbeit wirst du es nicht schaffen, dazu musst du schon eine ganz besonders gute Idee haben!“

„Hm“, mache ich nur und ohne das mich jemand dazu aufforderte ging ich zu meinem Bücherregal und schnappe mir instinktiv das Buch von Napoleon Hill. Unbewusst schlage ich irgendeine Seite auf und lese:

„Schon eine einzige gute Idee genügt, um zum Erfolg zu gelangen. Und dieses Buch gibt Ihnen mit den darin enthaltenen Prinzipien den Schlüssel in die Hand, damit Sie die Tür öffnen können zu jener unerschöpflichen Schatzkammer voller erfolgversprechender Ideen, die in Ihrem Geist verborgen liegen.

Bevor wir allerdings mit der Beschreibung dieser Grundsätze beginnen, müssen wir schon jetzt auf eine verblüffende Tatsache aufmerksam machen: Beginnt Reichtum einmal zu entstehen, dann so rasch und in solchem Überfluss, dass man sich verwundert fragt, wo er sich nur in all den mageren Jahren versteckt gehalten hat. Diese Erscheinung ist um so erstaunlicher, als sie die weitverbreitete Überzeugung, man könne nur durch langjährige harte Arbeit zu Reichtum gelangen, völlig widerlegt. Jeder, der durch Denken zu Reichtum gelangte, konnte sich überzeugen, dass dieser nicht so sehr Lohn mühevollen Strebens war, sondern vielmehr die Frucht einer bestimmten geistigen Einstellung, eines klar erfassten Zieles.

Sie wissen bereits, dass jede Tat und jeder Erfolg aus einem Wunsch geboren werden, welcher der Werkstatt der Phantasie zugeleitet werden muss, in der jene Pläne entstehen, mit deren Hilfe sich der bloße Gedanke in greifbare Wirklichkeit wandelt.“

Mit einem Schwupps befand ich mich gedanklich im Garten meiner Träume und ich sitze mit der Geliebten auf der Terrasse. Im nächsten Augenblick befinde ich mich wieder an meinem Schreibtisch vor den leeren Blatt Papier. Schwupps hin und Schwupps zurück. Das geht ja einfach, dachte ich und fing unwillkürlich an zu schreiben. Ich schrieb, schrieb und schrieb und fühle mich dabei wie in Trance. Hinein in die Welt des Wunschgedankens und zurück zum Schreibtisch, ständig hin und her. Dabei kristallisierten sich meine Gedanken immer mehr zu einem klaren Ziel und die Dinge nahmen auf dem Papier sichtbare Formen an.

Gibt es eine universelle Theorie der Sinne, so fragte einst der Paläobiologe, Professor Simon Conway Morris? Er schreibt: „Das Bewusstsein, weit davon entfernt, eine beliebige Verkettung von Molekülen zu sein, könnte durchaus ein ebenso fester Bestandteil des Universums sein wie Sterne und Planeten.“

Eine wirklich interessante Ãœberlegung, wenn ich sie in Zusammenhang mit meinen Gedanken betrachtete.

Während ich weiter schrieb, tauchten immer mehr Bilder aus meinem Inneren auf. Und so schrieb ich wie verrückt, bis die Bilder immer klarer wurden. Mit der Zeit konnte ich sie so klar erkennen, als lebte ich bereits mitten in einem Bilderbuch.

Wenn schon Goethe sagte; das uns Menschen mehr Dinge möglich sind als uns unsere menschliche Weisheit erräumen lässt, dann bin ich hier seinem Geheimnis bereits auf der Spur.

Mein Großgedanke hatte völlig recht, wenn er sagte, dass ich so oft als möglich in das Land meiner Träume eintauchen sollte. Denn dort realisieren sich die Dinge am schnellsten und nehmen Gestallt an.

Genau dieser Großgedanke beobachtete mich die ganze Zeit stillschweigend und fragte mich nun:

„Na, wie gefällt dir das?“

„Ich bin überwältigt“, gebe ich zur Antwort. „Warum bin ich nicht schon früher darauf gekommen?“

„Das war erst möglich, nachdem du versuchtest den Dingen auf den Grund zu gehen und du mich zu neuem Leben erweckt hast!“

“Ach ja! Ich erinnere mich. Du warst ja damals total besoffen und zu keinem vernünftigen Gedanken mehr fähig!“

„Meinst du ich war der Besoffene, oder warst du es?“

„Na ja, wollen wir nicht darüber streiten“, antwortete ich ihm und grinse ihn frech an.

Ich überlegte, ob es nicht Sinnvoll sei alle meine Gedanken unter Kontrolle zu bekommen, allen voran meine logische Denkweise. Diejenige Denkweise, die sich nur daran orientiert, was sie sieht und als logisch begreifen kann.

Während ich so darüber nachsinne bemerke ich, dass mein logischer Gedanke bereits auf der Lauer lag. Nur dieses mal sollte er mich nicht überrumpeln. 

Als hätte er mich gehört meldet er sich auch prompt zu Wort.

„He, ich wollte dich bloß mal etwas fragen!“

Ich begebe mich also in mein Kopfhirn, um meiner Logik dort zu begegnen. Er wartete bereits voller Ungeduld auf mich und sieht mich herausfordernd an. Ohne Umschweife kommt er auch gleich zum Punkt.

„Sag mal, du warst doch gerade in deinem Wunschtraum? Dort bei dieser Frau im Garten deiner Träume und machtest Pläne?“

„Ja“, ging ich auf seine Frage ein.

„Findest du nicht, das du da etwas übertreibst? Du vergisst die Realität und den Ernst des Lebens! Denke doch einmal an die vielen Aufgaben, die dort in deiner Traumwelt auf dich zukämen! Und denke daran, wie alt du schon bist! Du wärest abends völlig kaputt und dann ist es aus mit der Romantik! Das Leben kann nicht immer so schön und heiter sein, wie du dir das vorstellst! Das Leben ist knallhart und brutal!“

„Du als Logik hast doch keine Ahnung wie man Wunder vollbringt und wie schön es ist total verliebt zu sein! Als Logik bist du gar nicht in der Lage zu lieben!“

„Ja, ja die Liebe“, äffte er mich nach. „Hör doch auf mit solchem Gefasel! Ganz logisch muss du an die Sache herangehen. Eine Frau braucht einen starken Mann und will versorgt sein, ist doch logisch. Die Weiblein interessieren sich nämlich nur für ein gesicherte Leben und einen guten Lover im Bett!“

„Eine Frau ist naturgemäß für die Liebe geschaffen, für die wahre Liebe, verstehst du Idiot? Und dass man das, was man liebt, hegt und pflegt und gut versorgt ist wohl logisch!“

Diesem Argument hatte meine Logik nichts entgegen zu setzen endlich und schwieg. Er sah hoffentlich jetzt ein, dass ich recht habe.

„Nun höre du mir endlich einmal zu, was ich dir zu sagen habe! In Zukunft wirst du mir mit deiner Logik zur Verfügung stehen und meldest Dich nur, wenn Du gefragt wirst. Aber so wie ich das will und nicht, wie du es mir in der Vergangenheit einzureden versuchtest! Und damit du es genau weißt, fuhr ich fort, kann ich mir sogar noch mehr vorstellen als du mit deiner blöden Vernunft je verstehen wirst! Sehr viel mehr sogar!“

„Na, dann schieß doch mal los! Ich bin sehr neugierig darauf!“

„Ich werde zunächst alle meine Gedanken um mich versammeln und ihnen meine künftigen Wünsche und Pläne mitteilen. Und du wirst mir mit deiner Logik dabei helfen!“

Kaum, dass ich das ausgesprochen hatte, kam Bewegung in meine Hirnmasse. Von überall traten die Gedanken aus ihren Neuronen hervor und wollten wissen, was ich in Zukunft auf sie zu kam. Die Neuronenfingerchen der Synapsen streckten sich mir entgegen und streichelten mir durchs Gesicht, als wollten sie wissen wer ich bin.

„Ja, ja ist ja gut! Ihr bekommt alle eure Aufgaben!“

Ich nahm einen der vielen Synapsen an seiner Hand und hielt ihn fest. Er benutzte sofort diese Gelegenheit meine Hand zu liebkosen.

Die ganze Schar meiner Gedanken lagerten sich um mich her und sperrten die Mäuler weit auf in der Erwartung, was sie jetzt zu hören bekämen. Dabei fuchtelten sie wie wild gestikulieren in meinem Hirnraum herum, wobei sie sich gegenseitig verknüpften und mich umschlangen.

„Komm lass das“, sagte ich zu einem der Synapsen als er mir mit seinen kleinen Fingerchen im Ohr zu spielen versuchte.

Da räusperte sich ein Gedanke aus dem Hintergrund und kicherte. Ich betrachte mir den Störenfried und erkenne ihn sofort.

„Aha, der Herr Zweifel meldet sich wohl zu Wort!“

Ich gebe meinem Hauptgedanken ein Zeichen und sagte:

„Werfe den Zweifel aus meinem Kopf hinaus!“

Und zu dem Zweifelsgedanken gewandt fuhr ich fort: „Ab sofort wirst du aus dem Kreis der Gedanken entfernt werden. Hinaus mit ihm!“, gebot ich meinem Großgedanken und alle anderen Synapsen fingen an in die Hände zu klatschen.

„Klick, Knack, Puff, Piff, Zack, Wumms“, machte es unaufhörlich.

Mein Großgedanke packt den Zweifel beim Schopf, klappte irgend ein kleines Türchen an meiner Schläfenlappe auf, und warf ihn hinaus.

Ein Tumult entstand auf einmal unter den zuhörenden Gedanken, weil sich der Hass - und Rachegedanke heftig dagegen wehrten, ebenfalls aus dem Kopf geworfen zu werden. Mein Großgedanke hatte die beiden bereits am Schlafittchen gepackt. Doch diese wollten sich nicht so leicht entfernen lassen. Alle anderen Gedanken jedoch erhoben sich gegen sie, stürzten auf die beiden ein und warfen sie mit vereinten Kräften aus meinem Schädel hinaus. Mit drohenden Worten verließen sie meinen Kopf.

„Wir kommen wieder!“, riefen sie von draußen durch mein Ohr hinein.

„Hört zu ihr Gedanken alle“, sagte ich, „achtet in Zukunft darauf, dass diese Störenfriede aus meinem Gehirn ferne bleiben, sonst kann es passieren, dass ihr sehr schnell wieder unter ihren Einfluss geratet und mir dann nicht mehr gehorcht!“

Nachdem ich das gesagt hatte ging ein hörbares Aufatmen durch die Hirnwindungen der Neuronen, und meinem Gedanken waren mit einmal völlig klar.

Wie ein still ruhender See lag nun meine Gedankenwelt vor mir. Alle frei gewordenen Gedanken standen mir nun zu Diensten.

Ich übergab als nächstes meinem Hauptgedanken die Kontrolle über meinen Kopf und begab mich über den geheimen Zugang in mein Bauchhirn und von dort in das Reich meiner Phantasie.

Ich war fest entschlossen nicht eher wieder aufzutauchen, bis ich eine Lösung für meine Situation gefunden hätte. Was nützen mir Träume, die nur Träume bleiben? Mir war klar geworden, dass die Lösung in mir selber lag. Die Schatzkammer meiner Seele, oder war es sogar der Zugang zu meinem Geist, stand mir jetzt endlich offen.

Wie auf einer Rutschbahn rutschte ich hinab und tauchte in die Welt meiner unendlichen Möglichkeiten ein. Während dieser Rutschpartie achtete ich genau auf alle Einzelheiten und beobachtete dabei die Reaktion meiner Gefühle. Die reale Welt drang wie aus weiter Ferne an mein Ohr. Dabei lauschte ich den Klängen von: „Sweet Home Alabama“, die aus irgendeiner Musikanlage zu mir drangen. Aha dachte ich, der Kontakt zur Außenwelt ist nicht abgebrochen. Ich bekam alle Geräusche, jeden Eindruck und jedes Gespräche aus der realen Welt mit, sogar viel intensiver als dies normalerweise der Fall wäre.

Als ich nach meiner Rutschpartie endlich in der Welt meiner Träume und Phantasien angekommen bin, stellte ich alle meine Sinne auf Empfang.

Da höre ich ein Lied, welches an mein Ohr dringt. Es ist es der Song: „Riders on the Storm“. Diese Klänge beruhigen meine, doch ein wenig aufgewühlte, Seele und innerlich gehe ich mit den Rhythmus der Musik mit. Alles in mir bildet nun einen einzigen Resonanzkörper. Meine Knochen schwingen und mein Körper erfährt dabei ein prickelndes Gefühl.

Musik, so sagt man, öffnet das Tor in die Welt der Gefühle. Man weiß inzwischen, dass Musik tiefgreifende Wirkungen auf dass sogenannte limbische System hat, das auch „Tor zur Emotion“ genannt wird. Schöne Musik, so sagen viele Wissenschaftler, aktivieren bestimmte Zentren im Gehirn, die glücklich machen.

Es ist einem himmlischen Gefühl zu vergleichen sich in dieser Sphäre von Klängen aufzuhalten. Es kommt einem so vor, als hörte man alles durch ein Ofenrohr und sieht die Dinge durch ein Vergrößerungsglas. So ähnlich sind die Symptome bei der Einnahme der halluzinogenen Droge Meskalin.

Im Zustand der Ruhe und des inneren Friedens mussten sich fast zwangsläufig gute und erfolgversprechende Ideen einfinden.

 

 

 

Fortsetzung folgt...

 

 

Copyright: Ernst Dierking