Kurzgeschichte
Zwei Zauberer

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"Zwei Zauberer"
Veröffentlicht am 09. August 2010, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Lieber ist mir, wenn meine Texte für mich sprechen...
Zwei Zauberer

Zwei Zauberer

Beschreibung

Die Geschichte spielt im alten Tibet und handelt von zwei sogenannten Mahasiddhas - große Zauberer, wie sie das Land einmal zuhauf kannte...

Zwei Zauberer

Nach Aussage der Tibeter gibt es in ihrem Land nur drei Arten von Menschen: Gelehrte und Verbrecher. Die dritte, mehrheitlich vorkommende Art ist jene, die sich nicht für eine von beiden entscheiden kann und deshalb hin und her schwankt, heute Gutes tut und morgen weniger Gutes.
Und so ist es kein Wunder, daß der dort herrschende Buddhismus sehr früh schon dreigeteilt wurde. Dreigeteilt in die sogenannten drei Fahrzeuge: das kleine Fahrzeug; das mittlere Fahrzeug und das Diamantene Fahrzeug - Vajrayana.
Das kleine Fahrzeug entsprach dem Verständnis der Menge – klein und Menge, das braucht nicht weiter erklärt zu werden. Das mittlere Fahrzeug ist dann für jene, deren Geist ruhelos das Denken auf der Suche nach Wahrheit bemüht; und das Diamantene Fahrzeug entsprechend für die Maßlosen, Raffgierigen und Verschlagenen. Auch das ist uns bekannt: Verbrecher fahren immer die teuersten Autos.
Die Belehrungen für das Volk bestehen hauptsächlich aus sittlichen Verhaltensregel, während für die Intellektuellen ausgefeilte Methoden entwickelt wurden, wie sie zum Beispiel durch die Koans aus dem japanischen Zen hier im Westen bekannt geworden sind. Ziel ist dabei, dem eigenen Geist einen Spiegel vorzuhalten.
Was nun aber die Art, mit Verbrechern umzugehen betrifft, da gibt es die abenteuerlichsten und skurrilsten Geschichten, die man sich denken kann. Eine davon möchte ich hier erzählen:

Eines Tages hörte Wangdrag, ein gerissener Dieb und Halsabschneider von Döndrub Dorje, einem Meister des Vajrayana. Es hieß nämlich, der könne einfaches Metall in Gold verwandeln und so beschloß Wangdrag, diesen zu bestehlen.
„Was machts schon, er kann sich ja neues Gold herstellen“ rechtfertigte der Dieb seinen Entschluß und schlich zur Hütte des „Siddhas“- was ungefähr unserem Begriff „Zauberer“ entsprechen mag.
Kaum hatte er sich leise bis auf drei Schritte genähert, flog plötzlich ein goldener Topf aus der Fensteröffnung und rollte scheppernd vor die Füße Wangdrags. Und noch bevor der sich richtig fassen konnte, segelte auch schon das nächste goldene Gefäß heraus, direkt in seine Arme. Damit nicht genug, wurden weitere goldglänzende Dinge heraus geworfen, so viele, daß er sie am Ende gerade noch wegschleppen konnte.
„Das ging ja recht einfach“ frohlockte er und beschloß, am nächsten Tag wieder hinzugehen. Er wollte schließlich mehr, viel mehr! Und wo’s doch auch so einfach war….
Und es wiederholte sich, wie am Vortag, wieder kam glänzendes Geschirr herausgeflogen und der Beschenkte machte sich damit wieder wortlos grinsend auf und davon.

Natürlich erzählte er niemandem davon, sonst kämen ja andere auch auf die Idee, es ihm nachzumachen und dann wäre für ihn nicht mehr genug da. Sein Weib hatte längst aufgehört, unangenehme Fragen zu stellen. Sie wußte ja: „mein Mann klaut wie die Kesselflicker!“
Und so ging das einige Tage weiter. Bis zu dem Tag, wo Wangdrag in seiner maßlosen Gier sich die Frage stellte: „Eines Tages wird der alte Idiot sterben – dann ist es vorbei mit der ganzen Herrlichkeit. Warum frage ich ihn nicht einfach, wie er das macht und…. mache mir mein Gold selber?“
Am nächsten Tag schlich er nicht heran, sondern ging festen Schrittes auf die Hütte zu, trat durch den Eingang und sah den mickrigen Döndrub Dorje, der ihn willkommen hieß, lächelnd auf dem Fußboden sitzen. Die Hütte war karg, fast leer, kein Gold glitzerte irgendwo, außer in des Siddhas Augen und fast zweifelte Wangdrag, ob es die richtige Hütte sei. Doch Döndrub forderte ihn mit einer Handbewegung auf, Platz zu nehmen und der Dieb gehorchte.
Jedoch nicht lange, da polterte es aus ihm heraus: „Alter Mann – ich kam, um dich zu bestehlen, doch du beschenktest mich. Was bist du nur für einer….!“
„Oh! Du meinst das wertlose Zeug, das ich jeden Tag aus dem Fenster schmeiße?“ entgegnete dieser. „Du bist das also, der es für mich wegräumt? Da ist es an mir, zu danken!“
Immer mehr begann Wangdrag zu staunen über diesen sonderbaren Kauz, bis er ihn schließlich direkt fragte: „Würdest du mich Sünder deine Kunst lehren?“
Der scheinbar gebrechliche Siddha brachte seinen Mund ans Ohr des Angesprochenen und flüsterte leise: „Ich weiß nicht, ob das eine Kunst ist und wer von uns kann sagen, von Sünde frei zu sein? Doch was ich weiß, will ich dich gern lehren. Nur mußt du Geduld mitbringen, denn das Lernen geschieht nicht an einem Tag.“
Und von dem Tag ab kam Wangdrag nicht mehr als Dieb, sondern als lernbegieriger Schüler.
Döndrub Rinpoche lehrte ihn die Umwandlung seines habgierigen Geistes in Mitgefühl und Weisheit. Und als sein Meister nach ein paar Jahren starb, hatte Wangdrag längst vergessen, warum er ursprünglich gekommen war…

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LotharAtzert
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LotharAtzert Re: -
Zitat: (Original von Martine am 15.08.2010 - 20:04 Uhr) Hallo LotharAtzert,
eine sehr schöne tiefsinnige Geschichte. Gefällt mir sehr gut. Ich hoffe du schreibst noch weitere in der Art.
Herzliche Grüße
Martine



Hallo Martine,
Vielen Dank. Ob ich noch weitere Geschichten mit ähnlichem "Tiefsinn" schreibe, kann ich nicht versprechen. Wenn die Muse es so will, dann ja!
Ebenso herzliche Grüße retour
Lothar
Vor langer Zeit - Antworten
Martine Hallo LotharAtzert,
eine sehr schöne tiefsinnige Geschichte. Gefällt mir sehr gut. Ich hoffe du schreibst noch weitere in der Art.
Herzliche Grüße
Martine
Vor langer Zeit - Antworten
LotharAtzert O Luanna, das freut mich. Zwar bin ich ein echter Hesse, aber asiatische Philosophien haben mich von je her angezogen - insbesondere natürlich der Buddhismus.
Auf anderen Foren bin ich damit eingebrochen, aber wenn es hier Leser gibt - fantstisch!
Danke und liebe Grüße retour
Lothar
(ps: die Wiege Deiner Philosophie würde mich schon genauer interessieren...)
Vor langer Zeit - Antworten
luanna APPLAUS - 1.) für den meisterhaft fliessenden worterinnsal
2.) erinnerung an meine heimat.

asien ist die wiege meiner philosophie.. habe mich in deinen
zeilen wiedergefuden und dafür ein herzliches * MERCI *..

freue mich auf die fortsetzung

liebe grüsse

luanna
Vor langer Zeit - Antworten
LotharAtzert Re: Großartige Geschichte :) -
Zitat: (Original von BrianBrazzil am 10.08.2010 - 21:41 Uhr) hat mich sehr gefreut und bereichert sie zu lesen.

Gruß
Brian


Brian, auch Dir: Vielen Dank!
Gruß
Lothar
Vor langer Zeit - Antworten
LotharAtzert Re: Werte - Zitat: (Original von Persephone am 11.08.2010 - 08:36 Uhr) Wunderbar!
Das regt zum Nachdenken an, über die " Werte" des Lebens!


Hallo Persephone,
Dein Name ist mir sofort aufgefallen, da meine Tochter mit Zweitnamen ebenso heißt. Mir ist diese Göttin immer eine der liebsten gewesen.
Danke für die gute Aufnahme.
Gruß
Lothar
Vor langer Zeit - Antworten
Persephone Werte - Wunderbar!
Das regt zum Nachdenken an, über die " Werte" des Lebens!
Vor langer Zeit - Antworten
pyrmonter Re: Re: Die Zauberer -
Zitat: (Original von LotharAtzert am 10.08.2010 - 20:11 Uhr)
Zitat: (Original von pyrmonter am 10.08.2010 - 14:34 Uhr) Hallo Lothar, das hast du ehrlich gut gezaubert.
meint
p.




Hallo pyrmonter,
danke, vielleicht kann ich noch das eine oder andere nachlegen!


... das würde mich freuen und anzuraten wäre es auf jeden Fall.
Es grüßt der Pyrmonter






Vor langer Zeit - Antworten
BrianBrazzil Großartige Geschichte :) - hat mich sehr gefreut und bereichert sie zu lesen.

Gruß
Brian
Vor langer Zeit - Antworten
LotharAtzert Re: Ein toller -
Zitat: (Original von KarinRegorsek am 09.08.2010 - 21:56 Uhr) und mit Weisheit geschriebener Schluß!

Sehr gerne gelesen!

Liebe Grüße an Dich Lothar! Karin


Hallo Karin,
vielen Dank fürs Lesen und auch an Dich liebe Grüße
Lothar.
Vor langer Zeit - Antworten
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