Humor & Satire
Schimmeln am Flughafen

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"Schimmeln am Flughafen"
Veröffentlicht am 22. Juli 2010, 8 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man ...
Schimmeln am Flughafen

Schimmeln am Flughafen

Beschreibung

Hab ich zwar unter »Humor und Satire« eingetragen, aber ich schwöre, dass es sich so zugetragen hat. immer wieder eine Wohltat, sowas... (Cover: © Werner Hagmüller / pixelio.de; www.pixelio.de)

Sterben Sie heute und gönnen Sie sich endlich wieder das Maß an Freizeit, das Sie sich verdient haben. Genießen Sie neue Aktivitäten wie gemütliches Schimmeln im handgefertigten Eichenholzsarg. Können oder möchten Sie sich den Tod nicht leisten, dürfen Sie alternativ auch an einem Flughafen Ihrer Wahl herumsitzen. Dort ist es ähnlich trist wie in der wenig geräumigen Holzkiste, und genug Zeit zum Schimmeln bleibt auch, denn mit ziemlicher Sicherheit ist der Flieger ordentlich verspätet. Zumindest dann, wenn man ich ist.

Und ich bin bekanntlich ich, also hatte ich kürzlich einmal mehr das Vergnügen, im wunderbaren Düsseldorf auf dem wahrscheinlich verhältnismäßig kleinsten Flughafen mit den weitesten Laufstrecken dieser Erde zu versacken. Düsseldorf, Düsseldorf, was macht man dort auch sonst, außer auf dem Airport festsitzen und schimmeln? In Düsseldorf, wo man Altbier in der Altstadt trinkt und so tut, als würde ersteres schmecken und als wäre letzteres schön. In Düsseldorf, der Stadt vieler Sehenswürdigkeiten wie, hmm, dem Rhein. Düsseldorf, die Stadt, in der man per Skytrain vom Bahnhof zum Flughafen gebracht wird, diesem Zug, der keinen Fahrer hat. Wahrscheinlich der feuchte Traum eines jeden Technikers und Programmierers, der sein Handwerk direkt in der Hölle vom Gehörnten persönlich gelernt hat.

Tja, und ist man dann sicher am Düsseldorfer Flughafen angekommen, dahergebracht von diesem fürchterlichen Zug aus der Unterwelt, der keinen Fahrer hat und trotzdem mit Verspätung einfährt, dann sitzt man erst einmal herum. Und wie man so sitzt, sieht man allerhand Leute, die auch nichts anderes wollen, als Düsseldorf verlassen, stattdessen aber herumsitzen müssen. Oder stehen, weil schon zu viele andere Leute sitzen. Vermutlich sind sie alle hier, weil sie das Altbier getrunken und vergessen, die Altstadt tunnelblickend durchwandert und den Rhein naserümpfend beschnuppert haben und somit so ziemlich alles erledigt haben, was es in Düsseldorf zu tun gibt. Und so sitzen wir hier, alle gemeinsam, im großen tristen Sarg namens Gate B39 und warten auf den fliegenden Tomatensafttransporter und seine servierenden Schergen.

Und wie sie so warten, die Leute, denken sie sich vermutlich, können sie mir auch ruhig ein wenig auf die Nerven gehen. Spaß haben eben, dem Thomas 'nen dicken Hals verpassen. Da wäre also dieser Mann mit seinem iPad, dem schwersten Koksspiegel, der je gefertigt wurde, und liest ein Buch. Ein E-Book. Und vermutlich kommt er sich dabei ein wenig nerdy vor, ja, geradezu geeky. Oder einfach nur cool. Beneiden tue ich ihn in dem Moment ja schon ein wenig, glaube aber immer noch, dass iPads nichts weiter sind, als Geräte, die frustgeplagte Familienväter mit auf den Abort nehmen, um sich abseits vom häuslichen Geschehen bei einem netten Schmuddelstreifen einen von der Palme zu wedeln.

Brauch ich nicht, sowas, also vergrab ich meine Augen wieder in ein echtes Buch, geklebt von echten Händen chinesischer Kinder. So lese ich also, bis das Businesspärchen neben mir die iPhones in die ledernen Etuis schiebt, um stattdessen laut schmatzend miteinander zu kommunizieren. In einer Sprache, die ich nicht gutheißen kann, versteht sich. Argh! Also stehe ich auf und wandere ein wenig durch den Sarg B39. Mein Zorn klingt ab, bis ich den Weg der telefonierenden Businessfrau kreuze. Sie ist eine jener Damen, die eigentlich ein Mann sind und denen man das Blackberry wahrscheinlich an die Wange getackert hat, denn um die Gesichtshälfte an eine starke Männerschulter zu lehnen, bleibt ja ohnehin bei allerlei Business-Bullshit-Bingo keine Zeit. Und so ledert sie auch schon los und säuselt in ihr Gerät: »Jetzt haben wir einen politischen Issue.« So so, einen politischen was? Himmel, Leute mit einem solchen Talk bringen mich innerlich zum Burnen und rauben mir vor lauer Wut den letzten Breath. Und meine Sanity sowieso. Macht nichts, geh ich halt woanders hin.

Zum Beispiel hinüber zu den Anzugträgern, die ihr Haupthaar wahrscheinlich früh morgens im Hintern eines ausgewachsenen Brauereipferdes gegelt haben und nun die Financial Times lesen, dabei immer im Hinterkopf überlegend, mit welchen Transaktionsgeschäften sie als nächstes das Konto von Oma Hildegard schmaler und das eigene dicker gestalten können. Nein, muss ich auch nicht haben, denke ich, sonst muss ich noch laut schreien. Also gehe ich auf die Toilette. Da ist es ruhig, da quatscht niemand dummes Zeug, da ist man noch ganz Mann, und allerhöchstens begegne ich dort dem Kerl mit dem iPad wieder. Egal, Hauptsache, ich schreie nicht wirklich vor Wut. Was jedoch nach kurzer Begutachtung auch gar nicht möglich ist, weil es auf dem Lokus so dermaßen stinkt, dass es mir den Hals zuschnürt. Donnerwetter, wie gehen Armani-Bügelfalten und dieses Sagophagaroma nur Hand in Hand?

Letztlich ist es egal, was ich tue, es wird nicht erträglicher, das Schimmeln am Flughafen. Und wenn das Schimmeln zu Lebzeiten schon so unangenehm ist, denke ich noch, bevor ich dann irgendwann endlich in den verspäteten Flieger steige, wo mir freundliche aber ganz sicher ebenso genervte Flugbegleiter einen guten Abend wünschen, dann möchte ich gar nicht wissen, wie das Gammeln am Ende der Fahnenstange erst wird, wenn tatsächlich jemand den Deckel auf die Holzkiste tut. Kleiner Trost: Sollte ich meiner vielen Flüche wegen nach meinem Ableben nicht nach oben, sondern nach unten fahren, werde ich zumindest dafür sorgen, dass dort unten niemand mehr automatisch fahrende Züge baut.

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Über den Autor

PhanThomas
Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man trifft mich stets mit einem lachenden und einem weinenden Auge an. Das scheint auf manche Menschen dermaßen gruselig zu wirken, dass die Plätze in der Bahn neben mir grundsätzlich frei bleiben. Und nein, ich stinke nicht, sondern bin ganz bestimmt sehr wohlriechend. Wer herausfinden will, ob er mich riechen kann, der darf sich gern mit mir anlegen. ich beiße nur sporadisch, bin hin und wieder sogar freundlich, und ganz selten entwischt mir doch mal so etwas ähnliches wie ein Lob. Nun denn, genug zu mir. Oder etwa nicht? Dann wühlt noch etwas in meinen Texten hier. Die sind, äh, toll. Und so.

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PhanThomas Re: ahahahaha :D -
Zitat: (Original von AnneNowhere am 08.01.2011 - 00:36 Uhr) Und wieder clappe ich einfach nur in meine händs!

Du scheinst Düsseldarf ja wirklich abgrundtief zu hassen. Sehr gut. Ich mag's wenn Leute etwas hassen :D

Hallo Anne,

danke, danke, danke! :-) Ich finde Düsseldorf so verkehrt gar nicht, hihi. Nur den Stadtteil, in dem ich da hauste und, öh, den Flughafen halt. Zumindest dann, wenn ich auf meinen Flug warten muss. Wie ich aber inzwischen weiß, sind die Berliner Flughäfen in der Hinsicht noch deutlich schlimmer!

Viele liebe Grüße
Thomas
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PhanThomas Re: Das Leben -
Zitat: (Original von Thiar am 07.01.2011 - 10:26 Uhr) schreibt eben immer noch die besten Satiren^^.

Wundervoll geschrieben und einem Deutsche Bahn geplagten wie mir ein echter Trost^^

Hallo Alex,

danke schön! :-) Hihi, was du so findest, hier im Gewirr älterer Texte meinerseits. Schön, dass du mal wieder vorbeischaust!

Viele Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Thiar Das Leben - schreibt eben immer noch die besten Satiren^^.

Wundervoll geschrieben und einem Deutsche Bahn geplagten wie mir ein echter Trost^^
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Hihi, -
Zitat: (Original von LadyLy am 30.08.2010 - 12:38 Uhr) ich hab wieder jeden einzelnen der beschriebenen Mitmenschen vor mir gesehen. Im übrigen kann ich mit Düsseldorf mehr anfangen als Altbier und Rhein *grinst*

Aber witzig ist und bleibt es. Ein typischer Thomas eben.

Liebe Grüße

Huhu Lychen,

hui, da hast du aber fix aufgeholt. Ja, das hier ist so'n Text, wie ich ihn geschrieben hab, öh, damals, als, öhh, noch Sachen, Dinge, Wesen in der Welt umgingen und irgendwie noch alles anders war. :-) Hab lieben Dank! War im Nachhinein witziger als auf dem Flughafen selbst zu sein. Und hey, soooo schlimm fand ich's in Düsseldorf nicht. Nur Unterrath ist wirklich eine Meisterleistung in Sachen Provinz.

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
LadyLy Hihi, - ich hab wieder jeden einzelnen der beschriebenen Mitmenschen vor mir gesehen. Im übrigen kann ich mit Düsseldorf mehr anfangen als Altbier und Rhein *grinst*

Aber witzig ist und bleibt es. Ein typischer Thomas eben.

Liebe Grüße
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Da ich Kölnerin bin ... -
Zitat: (Original von MarionG am 24.08.2010 - 22:00 Uhr) und die Kölner und Düsseldorfer eine innige Feindschaft verbindet, finde ich Deinen Text natürlich gut.
Ich war auch schon oft am Flughafen in der verbotenen Stadt - und dieser scheußliche Zug, der auch noch Geld kostet, hat mich schier überfordert. Da fahre ich doch lieber nach Frankfurt oder ich fliege von der schönsten Stadt der Welt (natürlich Köln) ab.
Deine satirischen Darstellungen habe ich mit Freude gelesen. Du könntest auch über ein Telefonbuch schreiben - Du hast so eine witzige ironische Art, da macht jede Geschichte einfach Spaß.
Liebe Grüße
Marion

Hallo Marion,

oho, danke danke. :-) Da ich selbst fast drei Jahre in Bonn, dem Köln für Arme sozusagen, gewohnt hab, weiß ich natürlich um die Beziehung zu Düsseldorf. Und ja, dass dieser schreckliche Zug da auch noch Geld kostet, ist ein Ding. Da ist mir der Kölner Flughafen auch lieber. Schon allein der netten Ansage bei der Ankunft wegen: »Wilkommen in Bonn. KÖLN Bonn.« Ganz nach 007. :-)

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
MarionG Da ich Kölnerin bin ... - und die Kölner und Düsseldorfer eine innige Feindschaft verbindet, finde ich Deinen Text natürlich gut.
Ich war auch schon oft am Flughafen in der verbotenen Stadt - und dieser scheußliche Zug, der auch noch Geld kostet, hat mich schier überfordert. Da fahre ich doch lieber nach Frankfurt oder ich fliege von der schönsten Stadt der Welt (natürlich Köln) ab.
Deine satirischen Darstellungen habe ich mit Freude gelesen. Du könntest auch über ein Telefonbuch schreiben - Du hast so eine witzige ironische Art, da macht jede Geschichte einfach Spaß.
Liebe Grüße
Marion
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: So, gelesen ... -
Zitat: (Original von Gunda am 06.08.2010 - 13:38 Uhr) ... und besternt hatte ich schon, aber für den Kommi fehlte mir noch die Zeit.
Lieber Thomas, ich hatte bestimmt keinen Mangel an Lesestoff während meines Urlaubs, aber als ich jetzt, zu Hause, deinen Text las, wusste ich, was ich während der Zeit vermisst habe. Nein, nicht die von dir beschriebene Situation natürlich, sondern eben Lesefutter à la Phanthomas.
Herrlich beobachtet und beschrieben, köstlich zu lesen und mit so viel sprachlichen Raffinessen versehen (etc. etc. etc.), dass ich bedauerte, dass dieser Text nicht die sonst übliche Phanthomas-Länge hatte ;o))

Lieben Gruß
Gunda

Hallo Gunda,

huh, so viele Komplimente auf einen Schlag. Erröten würde, ich wär ich nicht vor lauter Abgabestress kreidebleich. Ich dachte mir, nach diesem Flughafenerlebnis könnte ich doch mal wieder so 'nen Text verfassen. Hab ich gewissermaßen ja schon ewig nicht mehr getan. Und die Zeit fehlte und fehlt im Moment irgendwie auch. Dabei brodelt mir der Kopf vor Ideen. Na ja, Wochenende naht... ;-)

Liebe Grüße und danke schön
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda So, gelesen ... - ... und besternt hatte ich schon, aber für den Kommi fehlte mir noch die Zeit.
Lieber Thomas, ich hatte bestimmt keinen Mangel an Lesestoff während meines Urlaubs, aber als ich jetzt, zu Hause, deinen Text las, wusste ich, was ich während der Zeit vermisst habe. Nein, nicht die von dir beschriebene Situation natürlich, sondern eben Lesefutter à la Phanthomas.
Herrlich beobachtet und beschrieben, köstlich zu lesen und mit so viel sprachlichen Raffinessen versehen (etc. etc. etc.), dass ich bedauerte, dass dieser Text nicht die sonst übliche Phanthomas-Länge hatte ;o))

Lieben Gruß
Gunda
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