Zweieinhalb Jahre Schläge, Demütigungen, Leid und Tablettensucht. Wieviel kann ein Mensch ertragen? Diese Geschichte handelt von meiner schlimmsten Zeit. Es zeigt aber auch, dass manchmal alles so kommen muss wie es kommt und dass sich ständig Türen öffnen, wenn andere hinter einem ins Schloß fallen
Der Sommerabend war wunderschön. Der warme Wind streichelte zart meine leicht gebräunte Haut. Es lag eine ganz spezielle Atmosphäre in der Luft. Ich fühlte mich frei. Jung und frei und glücklich.
Was wollte ich mehr? Ich war gerade frisch getrennt, war in der Ausbildung zur Krankenschwester und ich hatte mich neu verliebt. Nur wußte derjenige noch nichts von meiner Verliebtheit.... aber Mutter Zufall half nach. So wie sie das immer tut. Es kommt alles im Leben so wie es kommen soll..... Und damit hatte sie Recht ... und das Schlechte dabei ist es ist nicht immer alles gut.....
Sommerwind bläst mir um die Nase. Ich komme gerade vom Einkaufen und fahre zu meinem Appartment. Ja das Leben als Auszubildende zur Krankenschwester ist nicht immer ein Zuckerschlecken. Als ich um die letzte Ecke bog und in die Hofeinfahrt des Krankenhauses fahren wollte - das Schwesterwohnheim liegt praktischerweise gleich neben dem Krankenhauses - machte mein Herz einen großen Sprung.
Da sah ich ihn!! Uniser neuer Assistenzarzt auf der Chirurgischen Abteilung. Er ist der neue Liebling aller Krankenschwestern und Patienten. Braune Augen, filigrane Hände, Glatze, durchtrainierter Körper und einen richtigen Knackpo. Ich nutzte in dem Moment die Stunde um ihn anzusprechen. Also raus aus dem Auto - die Einkäufe waren in dem Moment vergessen und hin zu ihm. Gut, ein wenig verlegen war ich schon...
Was sollte ich eigentlich sagen? Also fragte ich ihn, warum er denn hier stünde und ob er auf jemaden wartet. Er antwortete mir, dass er auf eine ehemalige Arbeitskollegin wartet die ihn nach Hause bringt, da er momentan keinen Führerschein besitzt. Und da ich ja ganz ladylike bin, bot ich ihm an ihn nach Hause zu fahren, da seine Kollegin offensichtlich zu spät dran war und ihn ganz schön warten ließ. Wir plauderten noch ein zwei belanglose Sätze und da kam sie auch schon angefahen....
Am nächsten Tag, ich hatte Frühdienst, fieberte ich schon der Visite entgegen. Denn da kam er wieder. Oh mein Gott, ich hatte mich verliebt. Mittags kam er auf mich zu und plauderte mit mir in der Pause. Unsere Blicke trafen sich auf Station ständig..... Ich wußte gar nicht wie ich damit umzugehen hatte. Ich als Schülerin - flirtete mit einem Arzt. Im Nachhinein ein sehr naives Denken.
Es dauerte auch nur ein paar Tage, da nahm ich wieder meinen Mut zusammen und ich lud ihn zu mir zum Essen ein. Ich war so nervös, den ganzen Tag lang. Ständig räumte ich Sachen hin und her und vor allem um. Als er dann abends klingelte war ich ganz aus dem Häuschen. Ich öffnete die Tür, und da stand er. Weiße Turnschuhe - Jeanshose, und helles Jacket und eine Flasche Wein in der Hand.
Ich bat ihn hereinzukommen und führte ihn auf den Balkon wo ich bereits der Jahreszeit entsprechend einen Salat mit Knusperbaguettes vorbereitet hatte. Mit einem Plopp sprang der Korken aus der Flasche - und oh ja ich hatte einen kleinen Schwips und meine Backen glühten...... Aber noch mehr glühten sie, als er mir zum Abschied einen Kuss gab und versprach sich bei mir zu revanchieren....
Leider war die Zeit in dem Krankenhaus viel zu schnell vorbei, da ich ja immer in verschiedenen Krankenhäusern auf verschiedenen Stationen eingesetzt war.... áber in der letzten Woche meines Einsatzes lud mich Dirk zu sich nach Hause für ein Abendessen ein.
Als der Abend nahte, klopfte mein Herz wie verrückt, ich konnte am Vorabend nicht schlafen, malte mir voller Vorfreude aus wie es werden könnte.... Glockenschlag Punkt 6 fuhr ich weg und zu Dirk - ich klingelte an der Adresse und ging in seine Wohnung hoch. Dort angekommen war ich etwas enttäuscht, da ich eigentlich einen ganz anderen Einrichtungsgeschmack erwartet hatte....Aber es gab Essen und darauf freute ich mich - aber zu meiner Enttäuschung gab es Essen aber welches halt. Spargel umwickelt mit Parmaschinken sowie Honigmelonen dazu. Und natürlich die obligatorische Flasche Wein. Ich merkte zu dem Zeitpunkt schon vage, dass er extrem viel Wein bzw. Alkohol trank, dachte mir aber nichts dabei. Den Abend verbrachte ich dann bei ihm ebenso die Nacht............
Die letzten Tage brachen an, ich verbrachte mittlerweile die Nächte bei ihm in seiner Dienstwohnung wenn er Dienst hatte. An einem dieser letzten Abende schlief ich mit ihm. Ich mochte seinen Geruch, seine Behaarung. Die vielen Brusthaare, und vor allem seine zärtliche und innigen Berührungen. Er war genau der Typ Mann, den ich suchte. Älter, reifer und vor allem erfahren..... Ich wünschte mir die Nacht möge nicht enden.
Auf der Station wurde natürlich getuschelt, nachdem man mich einige Male gesehen hatte bei ihm. Aber wir versuchten beide unsere "Beziehung" geheimzu halten. Denn noch befanden wir uns ja nicht in einer Beziehung....
Und so ging es dass wir uns zwar regelmässig trafen - aber doch jeder seine eigenen Wege ging. Und dieser Weg führte mich in eine Mädels WG in die nächste größere Stadt.
Wir suchten nicht lange nach einer Wohnung. Dank einer Maklerin wurden wir schnell fündig. Meine finanzielle Lage war damals ja nicht gerade rosig. Aber ich bildete mir die WG unbedingt ein und wollte sie auch. Aber das Geld für den Makler hätten wir uns sparen können......
Und so zogen wir also knapp 2 Wochen später nach Renovierungsarbeiten ein. Ich hatte keine Möbel - im Keller fand ich eine alte Matratze welche ich als Schlafgelegenheit. Erst später kam noch ein Schrank dazu. Das einzige Möbelstück welches ich beim Einzug besaß war eine Stereoanlage.
Es dauerte auch nicht lange, bis es sich herumsprach dass wir in einer WG wohnten. So kam es dass ich immer mehr Leute kennenlernte. Wir waren nie alleine. Abends kamen regelmässig Leute zu uns, wir köpften dann immer mindestens 1 Flasche Wein und gingen meistens nie ins Bett.
Es wurde Haschisch und Marihuana geraucht. Ich war ständig nur unterwegs, nahm vom Leben alles mit was ich kriegen konnte. Meinen 19. Geburstag feierte ich mit Leuten welche ich nicht einmal kannte. An diesem Abend kam auch die Polizei zu mir, da ich am vormittag zu meiner Oma fahren wollte und mir ein Reifen geplatzt war. In meiner Naivität ließ ich das Auto auf der Autobahn einfach stehen ohne Warndreieck und lief nach Hause und wollte nachts Reifen wechseln.... Dass das nicht ging, hätte mir eigentlich bewußt sein müssen. Auf alle Fälle kam nachts die Polizei, teilte mir mit, dass mein Auto abgeschleppt worden sei und ich eine Strafe in Höhe von 100 DM zu zahlen hatte. Das tat weh!!!
Ich stand da also vor dem Beamten unten vor der Tür, total dicht und betrunken und zahlte schließlich 100 DM.
Wie die Nacht zu Ende ging, weiß ich aber nicht mehr. Das Verhältnis zu Dirk wurde zwischenzeitlich auch immer enger. Ich verbrachte teilweise ganze Wochenenden bei ihm oder er auch bei mir in meinem Zimmer. Eines Tages klingelte er unverhofft an der Tür. Ich machte ihm die Tür auf und sah ihm an, dass er bereits vormittags sturzbetrunken war. Ich ließ ihn also herein und machte mir Sorgen warum er denn bereits um diese Uhrzeit so betrunken war. Bat ihn auf meine Matratze und wollte ihn umarmen. Doch Dirk holte plötzlich aus und gab mir eine Kopfnuss!! Ich war im ersten Moment so geschockt, dass ich nicht wußte wie mir geschah. Ich kannte so etwas nicht. Ich bin in keiner meiner vorherigen Beziehungen geschlagen worden. Ich brach in Tränen aus und Dirk sagte nur wenn ich jetzt nicht sofort aufhören würde dann würde ich noch eine zweite erhalten. Das saß!
Es klopfte kurz darauf leise an meine Zimmertür. Heidi steckte ihren Kopf rein und fragte mich ob alles in Ordnung sei. Sie sah mein verquollenes Gesicht und Dirks Zustand. Sie kam herein und ich war ihr dankbar dafür in diesem Moment. Ich bat Dirk zu gehen, doch er machte keine Anstalten. Er wurde stattdessen noch aggressiver! Wir konnten ihn zu zweit doch noch zur Tür bringen, in dem wir mit Engelszungen auf ihn einredeten. Als die Haustüre zu war, schnauften wir aus. Aber ich konnte immer noch kein Wort sagen, so erschrocken war ich. Heidi versuchte mir den Kopf zu waschen und mich dazu zu drängen dass ich mich sofort von Dirk trennen müsse. Einmal Schläger, immer Schläger. Doch ich konnte mir nicht vorstellen, dass er so gewaltätig sei. Also ging ich nicht darauf ein.
Unten klingelte und klopfte es mittlerweile Sturm. Es war Dirk. Er wollte wieder rein. Was also tun? Schließlich kamen wir überein, dass wir ihn ins Auto schleppen und heimfahren.
Also runter zum Auto - Autotüren auf und nach einigen Versuchen bekamen wir Dirk ins Auto und schnallten ihn an. Die Fahrt war mörderisch. Ständig versuchte Dirk zu schreien und anzuecken. Auf einmal ging die hintere Autotür auf! Dirk versuchte sich bei laufender Fahrt aus dem Auto zu stürzen. Mir klopfte mein Herz. Ich war eh schon so verwirrt nach dem Erlebnis. Ich versuchte mich zusammenzureißen und brachte ihn wieder ins Auto zurück, in dem ich nach hinten kletterte und ihn reinholte und schließlich festhielt. Endlich kamen wir an und konnten ihn nach Hause in seine Wohnung bringen. Doch dann wurde es noch schlimmer! Er bat mich ihn nicht alleine zu lassen. Doch ich konnte in dem Moment nicht. Es fiel mir schwer ausserdem drohte er sich umzubringen. Nur meiner Freundin gelang es schließlich mich rauszustoßen. Sie sagte dass er es eh nicht tun würde. Doch ich machte mir große Gedanken. Das war eine Situation in welcher ich mich noch nie befunden hatte.
Und der Gedanke ließ mich auch nicht in Ruhe. Also beschloß ich, abends die Polizei anzurufen und ihr dies mitzuteilen. Nach ca einer Stunde kam dann auch der Rückruf dass es ihm gut gehe und er sich jetzt zum Rausch ausschlafen hingelegt habe.
Ab diesem Zeitpunkt war alles anders..ich lebte auf der Überholspur. Am nächsten Morgen klingelte es plötzlich. Es war Dirk. Mit einem riesigen Blumenstrauß. Sein Gesicht war gar nicht zu sehen, so groß war der Strauß. Mit zerknirschtem Gesicht und einem letzten Restalkoholfähnchen bat er mich um Verzeihung. Ich bat ihn rein und freute mich natürlich über den Strauß. Gleichzeitig versuchte ich mit ihm zu reden. Er versprach mir hoch und heilig dass dies nie wieder vorkommen würde.......Und ich glaubte ihm.... Die nächsten Wochen war dann wieder Party in der WG angesagt. Meine Noten litten mittlerweile extrem darunter. Aber das war mir zu dem damaligen Zeitpunkt egal.
Ich hatte mein Vergnügen, konnte all das ausleben was ich in meiner Jugend nicht konnte. Und ich probierte alles aus, was ich bekam und fand. Drogen von A-Z es war alles dabei. Besonders gut war der Sex bei Kokain. Man hatte das Gefühl man könne seinen Orgasmus auf lange Minuten ausweiten. Dazu kam noch reichlich Alkohol. Mittlerweile trank ich fast jeden Tag eine Flasche Wodka. Dass das natürlich irgendwann ein Abhängigkeitspotential entwickelt war ja klar. Natürlich passte es da auch gut, dass Dirk ebenso mittrank, da fiel es nicht auf, dass er ein schwerwiegendes Alkoholproblem hatte.
Die Zeit war auch wunderschön. Ich unternahm viel mit Dirk. Wir fuhren auf Konzerte oder öfter in seine Heimatstadt und bummelten dort viel auf Flohmärkten oder stellten die verrücktesten Sachen an. Auch seine Eltern lernte ich kennen.
Ich wurde von beiden, obwohl sie geschieden waren herzlichst aufgenommen. Ebenso von seinem Sohn, welcher gerade mal 1 Monat jünger war als ich.
Eines Abends kamen wir gerade nach Hause und fuhren in seine Wohnung. Da lag ein Einschreiben im Postkasten. Hierbei kündigte sein Vermieter ihm die Wohnung wegen Eigenbedarf. So und was nun? Neue Wohnung musste her. Dirk fragte mich dann plötzlich, ob ich denn mit ihm zusammenziehen möchte? Ich war so perplex - hatte nicht damit gerechnet und schon gar nicht nach so kurzer Zeit. Wir waren gerade mal ein halbes Jahr zusammen. Ich bat mir erstmal Bedenkzeit aus.
Die nächsten beiden Nächte lag ich wach und grübelte was denn nun das richtige war. Auf der einen Seite gefiel mir das WG-Leben natürlich sehr gut.
Auf der anderen Seite gefiel mir die Vorstellung, mich gesellschaftlich zu verändern oder nach oben zu steigen sehr gut. Gesellschaftlich aufzusteigen - ja das kommt mir jetzt auch sehr hochnäsig war - aber damals war ich eben noch sehr naiv und dachte noch anders. Also fuhr ich zu Dirk und sagte ihm zu.
Dieser Teil war geschafft. Nur wie bringe ich es jetzt meinen WG-Kolleginnen bei? Ohne mich könnten sie die WG zumachen, da dann der dritte Zahler fehlt und das merkt man. Obwohl ich damals auch nicht gerade üppig die Kohle hatte. Ich musste auf einiges verzichten. Und wo fängt man an? Beim Essen. Also um zurückzukommen. Ich fasste mir schließlich doch ein Herz und bat meine Freundin Heidi nach einem Schultag um Aussprache und erzählte ihr, dass ich gerne ausziehen würde und mit Dirk was Neues aufbauen möchte.
Heidi schaute mich entgeistert an und meinte nur ob ich noch bei allen Sinnen wäre??? Wie könne ich nur mit jemanden zusammenziehen welcher schon so eine Aura ausstrahlt. Sie verstand es nicht. Doch ich war damals blind. Blind vor meinen starken Gefühlen - der Naivität und dem Bestreben, ihn ja doch auf die richtige Bahn lenken zu können.
Danach war das Verhältnis zwischen Heidi und mir nie mehr so locker. Kann ich aber verstehen. Dirk und ich suchten unterdessen nach der passenden Wohnung für uns zwei. Nach etlichen Versuchen wurden wir auch fündig.
Die Wohnung war einfach toll. Eine Zweizimmerwohnung mit Gartenanteil - zentral gelegen. Ideal für uns. Auch die Miete war relativ erträglich, wobei ich dazu sagen muss, dass es mir finanziell ziemlich mies ging. Aber es ging schon. Wir zogen also ein und renovierten die komplette Wohnung nochmals neu. D.h. auch die Türen und Zargen wurden vom alten Lack befreit und neu lackiert. Das war eine mords Plackerei.....Unsere erste gemeinsame Wohnung verbrachten wir am Tag des Einzugs nur auf der Couch ... alles andere zog sich dahin. Es machte natürlich auch schnell die Runde, dass wir zusammengezogen waren. Wenn die wüßten....
Dirks Alkoholproblem wurde mittlerweile immer heftiger. Die Symptome traten immer mehr in den Vordergrund. Ich lag teilweise nachts wach und konnte nicht mehr schlafen, nicht mehr essen. Ständig musste ich daran denken wie ich ihm helfen könnte. Ein fataler Fehler.
Eines Abends kam ich nach Hause - kaputt, ausgelaugt und müde vom anstrengenden Spätdienst. Nur noch von dem Gedanken an das Bett beseelt steckte ich den Schlüssel in das Schloß, sperrte auf und mit einem Ruck wurde die Tür aufgerissen! Dirk stand im Rahmen, brüllte mich an warum ich einige Minuten zu spät kam. Ich war so perplex in dem Moment, wußte nicht was ich darauf sagen sollte. Aber der Gedankenstrom wurde jäh von seiner ausziehenden Hand unterbrochen. Er schlug mich mehrmals ins Gesicht, schleifte mich in die Wohnung und stoß mit seinen Füßen nach mir. Ich fühlte mich elendig. Anfangs hatte ich noch die Kraft mich dagegen zu wehren. Doch je mehr ich mich wehrte, umso heftiger schlug er zu. Also ließ ich es lieber bleiben und versuchte mich ganz ruhig zu verhalten und in einem ruhigen Ton ihm zu erklären, dass die Übergabe länger gedauert hat als sonst. In dieser Nacht hatte ich zum ersten Mal Angst um mein Leben.
Tags darauf, ich hatte wieder Spätdienst, lag ich immer noch wie benebelt im Bett. Die Nacht war kurz, ich hatte kaum ein Auge zugemacht. Dirk war mittlerweile zum Dienst ins Krankenhaus gefahren -wobei ich erwähnen muss - er hatte wieder seinen Führerschein. Als wir uns dann abends trafen - war die Welt wieder in Ordnung. Zumindest für ihn. Er nahm mich in den Arm und beteuerte nochmals dass er das gar nicht sei in diesem Zustand und er mich lieben würde.
Und ich? Ich war verwirrt. Ich hatte das Helfersyndrom, wollte ihm helfen trocken zu werden. Mittlerweile trank ich selber keinen Alkohol mehr auch verbannte ich jeglichen Alkohol aus der Wohnung. Verstecke gab es ja genügend. Also was tun? Verzeihen? Gehen? Ich verzieh ihm.
Die folgenden Wochen passierte nichts. Alles lief in ganz normalen und geregelten Bahnen. Wir besuchten Konzerte, fuhren zu seiner Mutter. Auf dessen Grundstück hatte er noch sein Haus stehen,
welches wir als Wochenendhäuschen nutzten. An einem dieser Nachmittage machten wir auch einen Ausflug zu seinem Vater. Dieser lebte mit seiner Lebensgefährtin mittlerweile gut 200 km weiter südlich. Wir hatten uns zum Mittagessen verabredet. Dort angekommen nahmen wir beide mit und fuhren ins Lokal. Alles schien in Ordnung. Wir bestellten unser Essen, Dirk stand kurz auf - entschuldigte sich und kam nicht wieder!!!! Hier saßen wir also nun - mitten im Wald - ohne Auto und ohne Dirk und ich vor allem ohne Geld!
Wir waren entsetzt! An Essen war ja nun nicht mehr zu denken. Also was tun? Ein Taxi musste her. Dieses fuhr uns zurück und ich wurde mit Geld ausgestattet und zum nächsten Bahnhof gefahren, wo ich die Verbindung raussuchte und erst mitten in der Nacht ankam. Mittlerweile ging es mir schon schlecht. Ich konnte nachts nicht mehr schlafen, war unruhig, konnte nicht mehr alleine bleiben und hatte Panikattacken.
Also kam ich mitten in der Nacht an. Leistet mir von dem Restgeld noch ein Taxi und ließ mich heimfahren. ABER, ich stand vor verschlossenen Türen. Dirk ließ mich nicht in die eigene Wohnung rein. Ich klingelte und klopfte, versuchte meinen Schlüssel umzudrehen nichts ging. Ich sank zu Boden und weinte. Teils vor Erschöpfung, teils vor Wut und vor allem wegen dem Gefühl des Unterdrücktseins...... Was sollte ich jetzt tun? Wo soll ich schlafen??? Mir blieb nur noch eine Wahl. In meinem Auto. Das war kein Spaß.
Also runter ins Auto, das Handy als Wecker benutzt und versucht zu schlafen. Das ging natürlich nicht so wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich war so durcheinander, so verwirrt. Verstand die ganze Welt nicht mehr. Auch meine ganzen Freunde hatten sich mittlerweile abgewandt. Da ich mich so um Dirk kümmerte und er auch dafür sorgte dass niemand mir zu nahe kam.....
So wurde ich immer isolierter und einsamer. Der nächste Morgen begann früh. Ich sah gerade noch Dirk vorbeihuschen und in sein Auto steigen. Ich nutzte die Gelegenheit und sprang aus dem Auto in Richtung Wohnung. Dort angekommen blieb mir erst einmal die Sprache weg. Mir bot sich ein Bild der totalen Verwüstung.
In der Küche waren sämtliche Möbelteile auseinandergeworfen. Das Wohnzimmer war übersät mit Zigarettenkippen und Bierdosen. Da ich an diesem Tag frei hatte - fing ich an zum aufräumen. In der Hoffnung - er trinkt abends keinen Alkohol mehr. Ich hoffte mittlerweile schon jedesmal, bebte innerlich, wenn die Tür zum Schloß sich öffnete und er herein kam. Wie sieht er aus? Hatte er getrunken? War er nüchtern?
Auch an diesem Abend hatte ich kein Glück. Er kam heim und zwar spät und hatte viel getrunken.... ich durfte ihn nicht mal ansehen. Sonst hätte ich sein Mißfallen errungen. Aber er kam selbst auf mich zu und sagte dass ich mir eine Watschn verdient hätte... Sofort fing ich zu wimmern an. Ich verstand es nicht? Bitte nicht flehte ich ihn an. Aber er schlug bereits zu. Die Ausfälle wurden immer heftiger. Da ging er plötzlich in die Küche und holte ein Messer mit den Worten jetzt stech ich dich ab du dumme F.... In voller Panik rannte ich ins Bad. Das war der einzig mögliche Fluchtweg den ich in diesem Moment hatte. Konnte gerade noch die Tür zusperren. Draußen hämmerte und klopfte es. Mal brüllte er, mal versuchte er es auf die liebe Art, mich rauszuholen. Dann hörte ich ihn ins Wohnzimmer gehen. Er schrie nach mir, dass er sich jetzt umbringen würde.
Ich saß in der Falle und wußte nicht was ich tun sollte. Ich entschloß mich dann doch leise rauszugehen und nachzuschauen....auf leisen Pfoten und mit viel Angst schlich ich mich um die Ecke um nachzusehen. Er lag auf der Couch, hatte sich das Messer mittlerweile schon durch die oberste Hautschicht gebohrt, dass das Blut bereits durchdrang. Er wimmerte und bot mir einen jämmerlichen Anblick wie er so da lag. Die Unterhose verdreckt nur mit Socken an den Füßen. Ich ging zu ihm hin und nahm ihm das Messer ab. Jetzt konnte ich meinen Tränenfluß nicht mehr verhindern - es lief und lief und lief. Ich schaute ihn nur an und fragte leise Warum? Doch er konnte mir mittlerweile keine Antwort geben, da er bereits vor lauter Rausch eingeschlafen war...
Diese Nacht verbrachte ich aufgewühlt und innerlich zerissen zum ersten Mal in der Badewanne, ja in der Badewanne. Da ich Angst hatte ins Bett zu gehen und von ihm überrascht zu werden. Was war nur mit mir los? Eigentlich hätte ich schon längst gehen sollen, aber ich konnte nicht. Ich war gefangen. Gefangen in meiner Angst, welche nun immer größer wurde und sich natürlich auch auch mehr und mehr auf mein Leben auswirkte. Ich konnte nicht mehr alleine Autofahren, mich nirgendwo mehr alleine hinbewegen - ständig war die Angst da. ´
Am nächsten Morgen fuhr ich zu einer Freundin - Dirk hatte Dienst und ich frei. Als ich abends zurückfahren musste - überkam es mich. Mir wurde schwindelig und schlecht. Mein Herz klopfte´, ich befürchtete jeden Moment in Ohnmacht zu fallen. Auf halber Strecke hielt ich an - und ich hypverentilierte.... Panik stieg in mir hoch und je mehr ich panisch wurde, desto mehr hyperventilierte ich. Ich schrie um Hilfe, meine Seele schrie um Hilfe, doch keiner hörte mich....
Mit letzter Kraft gelang es mir mich zum nächsten Haus zu bewegen. Gottseidank hielt ich in einem Dorf an. Dort angekommen, klingelte ich und konnte der mir aufmachenden Frau nur noch stammeln ob ich telefonieren könne, da es mir nicht gut ginge....
Ich wurde hereingebeten und rief sofort Dirk an. Er holte mich ab und sah sofort was mit mir los war. Er gab mir zu Hause eine Plastiktüte zum Ein- und Ausatmen. Danach ging es etwas besser. Doch die Entspannungsphase dauerte nur kurz. Dirk war mittlerweile so angespannt, dass er nun schon jeden Tag trank und das ziemlich heftig.
Die Tage und Nächte wurden immer mehr zur Qual für mich. Mittlerweile schlug er mich schon jeden Tag. Wobei die Schläge und verbalen Beleidigungen noch harmlos waren.
Auch unseren Nachbarn und vor allem meiner Vermieterin fiel das jetzt mehr auf. Was mich aber nicht wunderte, da unser Streit und die Gewalttätigkeiten natürlich nicht unentdeckt oder unüberhörbar bleiben. Ich bin oft aus dem Haus gelaufen vor lauter Angst und Furcht und traute mich nicht mehr rein. Doch was sollte ich machen? Ich war mittlerweile psychisch und materiell abhängig von ihm.
Eines Abends hörte ich auf der Straße jemanden randalieren. Ich sah aus dem Fenster und wen sah ich? Es war Dirk. Er hat sich mit dem Nachbarn angelegt, war natürlich sturzbetrunken und prügelte sich. Unsere Vermieterin wollte dazwischen gehen doch es klappte nicht. Schließlich beleidigte er sie auch noch. Es kam wie es kommen musste.. Ich lief zwar runter und versuchte zu schlichten, doch mittlerweile war die Polizei auch schon da. Nach gutem Zureden konnte ich ihn dazu bewegen, mit mir in die Wohnung zu gehen.
Dirk war so sternhagelvoll, dass er mitten im Flur hinfiel und nicht mehr aufstand. Ich versuchte ihn dazu zu bewegen ins Bett zu gehen, aber es nützte nichts. Auf einmal brach es aus ihm heraus. Er übergab sich mehrmals auf dem Boden liegend. Ich war panisch, übernächtigt, stand total unter Streß und wußte weder ein noch aus. Schnell Lappen geholt und Wäsche. Ich zog ihn aus und wusch ihn und putzte das Erbrochene weg.
Plötzlich hielt er meinen Fuß fest, zog mich nach unten und verprügelte mich, trotz seines Zustandes!!! Ich versuchte mich zu wehren - versuchte ihn ebenfalls zu schlagen bzw. in sein Gemächt zu treten, doch er war stärker als ich. Wimmernd brach ich dann zusammen, kauerte mich in eine Ecke und versuchte nicht laut zu weinen. Denn wenn ich weinte, wurde er noch aggressiver.
Er ging dann nach einer Zeit doch ins Bett und ich war mittlerweile so übermüdet, dass ich in dieser Stellung einschlief - immer mit dem Gedanken im Hintergrund, aufpassen.......
Und wieder war am nächsten Tag das gleiche ablaufende Spiel... er entschuldigte sich und ich nahm die Entschuldigung an. Ich liebte ihn in irgendeiner Art und Weise obwohl ich mich auch immer mehr von ihm entfremdete. Ich war abhängig. Tief in meinem Inneren dämmerte mir dies, aber ich war nicht bereit, mich mit meinem Selbst auseinanderzusetzen und zu wissen was genau jetzt abläuft und welchen Weg ich zu gehen hätte. Ich wurde immer trauriger, die körperlichen Symptome nahmen natürlich extrem zu. Durch den ständigen Stress, begann ich immer unruhiger zu werden, konnte nicht mehr richtig durchschlafen, bekam Schwindelattacken, Herzrasen, Ohnmachtsanfälle und hatte keine Kraft mehr.
An diesem Tag beschloss ich zu meiner Oma zu fahren, da ich in ein anderes Krankenhaus wechselte und meine Oma gleich in der Nähe wohnt. Auf dem Weg dorthin überkam es mich auf einmal wieder.... kaum eingestiegen ins Auto und das schützende "Dorf" bzw. "Stadt" verlassen, fühlte ich mich ausgebrannt, und bekam einen Panikanfall. Mir wurde schwindelig vor Augen, mein Herz raste... ich konnte mich nur schwer beruhigen. Was tun? Ich steigerte mich in eine Art Todesangst. Wovor hatte ich Angst? Angst zu sterben, oder die Angst vor der Angst? Es war die Angst zu sterben, dachte ich und die Angst die Fassade nicht mehr aufrecht erhalten zu können. Es soll ja alles so wunderbar sein. Ich wollte ja jedem zeigen, dass ich es geschafft habe.
Einmal im Leben was zu erreichen. Es meinen Eltern zu zeigen, schaut her.. Aufgewachsen als 1. Erstgeborene von 3 Geschwistern, mit dem vorausreilenden Ruf als schwarzes Schaf. Deren Eltern sich nie um die Tochter gekümmert haben. Und ständig ins Ohr flüsterten ich sei nichts und werde auch nichts. Und nun?
Schnell steckte ich mir Traubenzucker in den Mund und versuchte mich zu beruhigen. In meinem Inneren aber war es leer. Ich fühlte mich, als hätte man mich mit Blei übergossen. Doch ich kam dann an. Auch meine Oma wußte nichts wie es mir ging, obwohl sie doch meine Seelenverwandte ist und ein Mensch, den ich sehr stark verehre. Ich denke sie wußte, was in mir vorging. Aber sie wußte nicht wie sie damit umgehen soll oder ob sie es ansprechen darf oder auch kann.
Ich blieb insgesamt 2 Wochen dort. Jeden Tag kam eine Karte von Dirk. Und mit jeder Karte wuchs meine Angst mehr. Meinen Dienst auf Station konnte ich nur noch mühsam verrichten. Mittlerweile entwickelte ich auch richtige Psychosen. Es gingen Schatten an mir vorbei, welche vorher nicht da waren. Und einer dieser Schatten überfiel mich eines Abends. Ich lag auf dem Sofa meiner Oma und fing sehr stark zum zittern an, mein Kopf dröhnte, ich bekam heftigste Schwindelanfälle und weinte unaufhörlich.
Ich hatte einen Nervenzusammenbruch. All die letzten Wochen waren zuviel für mich. Ich konnte nicht mehr. Außer sich vor Sorge rief meine Oma den Krankenwagen. Mit diesem wurde ich ins Krankenhaus transportiert und bekam Infusionen. Ich durfte die Station am nächsten Tag verlassen.
Da ich sagte, dass ich die Infusionen zuhause auch weiterführen könne. Dirk interessierte es herzlichst wenig an diesem Tag. Er war zwar nicht betrunken, doch sehr sehr unruhig und fahrig.
Ich hatte für eine Weile Ruhe. Alkohol befand sich mittlerweile nicht mehr im Haus. Doch ich übesah einiges. Alkoholiker sind wirklich sehr klug, wenn es um Stoff geht. So entdeckte ich dass aus einem Teeset von mir der Rum mit Apfelsaft aufgefüllt wurde...ebenso werden Verstecke genutzt für Flaschen, welche vorher nie in Erwägung gezogen wurden, dass man darin verstecken könne. Der Zustand des Nüchternseins hielt nicht lange an.
Eines Abends, ich kam von der Arbeit, wurde ich sehr stutzig. Dirk hatte schon ein paar Stunden vor mir Feierabend und hätte schon längst zuhause sein müssen.
Doch er kam nicht. Auch nicht die Stunden darauf... Ich wurde immer unruhiger und war bereits voller Sorge. Es verging noch eine Stunde und noch eine Stunde. Draußen begannen bereits die ersten Vögel zu pfeifen. Es war kurz nach 8 als der Schlüssel im Schloß sich drehte und Dirk komplett zerknirscht heimkam...Auf die Nachfrage wo er denn gewesen sei, kam keine Antwort. Er legte seine Papiere auf den Küchentisch und verzog sich anschließend ins Schlafzimmer.
Neugierig nahm ich die Papiere in die Hand und war erstaunt und entsetzt. Es waren Entlassungspapiere der Polizei! Er hatte die Nacht über in der Arrestzelle gesessen und seinen Rausch ausgeschlafen. Ich rannte sofort rüber ins Schlafzimmer und stellte ihn zur Rede.
Er antwortete mir nur zögerlich...Er habe getrunken und sei dann aggressiv geworden und einem anderen Auto von hinten reingefahren.
Deswegen bekam er eine Anzeige und musste auch wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt in die Zelle.
Er beichtete mit dann schließlich dass er betrunken und total aggressiv von hinten in ein anderes Auto gefahren sei. Ich war entsetzt!!! Ich wußte nicht was ich dazu sagen sollte. In meinem Kopf hämmerte es. Ich kam mir vor, als wäre innerhalb einer Sekunde sämtliches Blut aus meinem Körper entwichen. Die Worte schwebten in meinem Kopf und wollten sich im ersten Moment nicht zu einem klaren Satz zusammenfassen lassen.
Ich wiederholte den Satz schließlich ungläubig und versuchte im gleichen Moment stark zu sein. Warum? Das fragte ich mich - musste ich das mitmachen.
.
Veena Re: - ich kannte ihn ja schon einige Zeit und war auch heimlich in ihn verliebt. Und ja es war damals Gier - das gebe ich offen und ehrlich zu. Ich dachte damals ganz anders als ich es heute tue. Aber jeder macht Fehler, und diese sind ja dazu da um daraus zu lernen. lg Tanja |
Veena Re: - es ging noch viel schlimmer weiter. Wenn ich das jemandem erzählte, der konnte es nicht glauben. Deswegen möcht eich es mir von der Seele schreiben und es somit verarbeiten. Zitat: (Original von Gast am 14.07.2010 - 23:08 Uhr) kaum vorstellbar, was du da durchgemacht haben musst ... wie ging es weiter? |