Die Truppe hatte inzwischen ihren Weg fortgesetzt. Kate schwärmte von Gatomon Digitation zu Angewomon.
„Das war ja so cool. Wie Gatomon digitiert ist. Ich hoffe, bei Leomon ist es auch bald so weit.“
Hana lächelte nur schwach. Ihre Kleidung war zwar inzwischen wieder getrocknet, trotzdem fühlte sie sich in den Sachen nicht mehr wohl. Normalerweise wäre sie duschen gegangen und hätte sich dann umgezogen, doch hier war ihr das nicht so einfach möglich. Leomon hatte zwar gesagt, sie würde etwas zum anziehen für sie finden, doch so richtig konnte Hana daran nicht glauben. Wieder war das braunhaarige Mädchen in ihre Gedanken versunken und merkte gar nicht, wohin sie eigentlich gingen. Erst als sie in Leomon rein lief, weil dieses stehen geblieben war, kehrte Hana aus ihren Gedanken zurück.
„Was ist denn los?“, fragte sie und luckte an dem Löwendigimon vorbei.
Sie hatten vor einer kleiner Hütte halt gemacht. Sie machte auf die Mädchen keinen besonders soliden Eindruck.
„Was wollen wir hier?“, fragte Kate.
„Hier könnt ihr euch umziehen“, antwortete Gatomon und betrat die Hütte.
Nach längerem Zögern folgten Kate und Hana dem Digimon. Von innen sah die Hütte etwas anders aus. Es sah zwar nicht sonderlich einladen aus, aber nicht so heruntergekommen wie von außen. An einer Treppe wartete das Katzendigimon schon auf die Beiden.
„Geht nach oben. Das erste Zimmer gleich rechts. Dort gibt es einen großen Kleiderschrank mit Klamotten. Ich hoffe, es ist was für euch dabei, aber bitte beeilt euch. Wir wollen schnell weiter.“
Die Mädchen nickten und gingen die Treppe nach oben. Bei jedem ihrer Schritte knirschte und knarrte es. Als sie das Zimmer betraten gab es nichts weiter, als den von Gatomon genannten Kleiderschrank.
„Ob hier wohl mal Menschen gelebt haben?“, fragte Hana ihre Freunden.
„Wer weiß das schon“, antwortete sie ihr nur und machte sich daran den Inhalt des Schranke zu erkunden.
Die Sachen im Schrank waren nicht gerade top modern, aber die beiden würden es schon überleben. Kate hatte schnell etwas gefunden, was ihr gefiel und ihr auch passte. Einen dünnen lilafarbenen Pullover, darüber trug sie ein einfaches langes weißes Hemd, eine einfache Jeans und ihr größter Fund waren die dunkelblauen Chuks, die sie jetzt trug.
„Ich liebe diese Schuhe“, sagte das blonde Mädchen mit großen Augen, dann sah sie zu ihrer Freundin.
Hana stand immernoch ziemlich unschlüssig vor dem Schrank rum. Es fiel ihr schwer, sich für etwas zu entscheiden.
„Brauchst du noch etwas?“, fragte Kate sie.
„Ja. Du kannst aber ruhig schon runter zu den beiden gehen. Ich versuch mich zu beeilen“, entgegnete die braunhaarige Digiritterin.
Kate nickte und verliess das Zimmer. Nach langem hin und her entschied sich Hana dann für eine dunkle dreiviertel Hose, normale weiße Turnschuhe, ein blaues T-Shirt und ein Kapuzensweatshirt. Das Sweatshirt hatte es ihr besonders angetan. An der Kapuze waren Katzenohren befestigt. Auf so was fuhr das Mädchen richtig ab. Sie machte sich gerade daran ihre Sache auszuziehen, als die Tür aufgerissen wurde. Im ersten Moment dachte sie, Kate wäre wieder gekommen. Doch als Hana zur Tür sah, stand da ein Jungen mit schwarzen Haaren, einer Schutzbrille auf dem Kopf und lila Augen. Die Beiden sahen sich einen Momentlang an, dann begann Hana, die nur noch ihre Unterwäsche trug, laut zu schreien. Dem Jungen schien das etwas peinlich zu sein, denn er schlug dir Tür schnell wieder zu. Hanas Gesicht färbte sich rot vor Scham. So hatte sie noch nie ein Junge gesehen. Schnell zog sie sich ihre ausgesuchten Sachen an und ging aus dem Zimmer. Dabei lief sie fast in den Kerl rein, der vor der Tür einfach stehen geblieben war. Kate und die beiden Digimon kamen nun auch, da sie Hanas Schrei gehört hatten.
„Hana was war denn los?“, fragte Kate, doch sie verstummte sofort, als sie den Jungen entdeckte.
Gatomon sah den Jungen durchdringend an.
„Wer bist du und was machst du hier?“, fragte es dann.
Der Junge blickte das Katzendigimon kurz an und hob dann langsam seinen Arm. Der Ärmel seines Shirts rutschte zurück und eine schwarze Digiwatch kam zum Vorschein.
„Er ist ein Digiritter“, murmelte Kate.
„Und ein Spanner“, fügte Hana hinzu und drückte sich an dem Jungen vorbei.
„Hat er dir etwa beim Umziehen zugesehen?“, fragte Gatomon.
„Nein, aber er hat einfach die Tür aufgerissen, als ich mich umgezogen habe.“
„Als gäb es bei dir viel zu sehen“, meinte der Junge spöttisch.
Das kurzhaarige Mädchen ballte seine Hand zu einer Faust und musste sich zusammenreißen, dem fremden Jungen eine rein zuhauen. So war sie eigentlich nicht. Sie war in der Regel eher ruhig und ließ sich eine Menge gefallen, doch sie war ja nicht alleine. Manchmal schämte sie sich, dass sie nur stark war, wenn jemand bei ihr war. Sie war eigentlich so wie einer dieser dummen Sprücheklopfer, die sich nur in der Gruppe stark fühlten. Hana schloss kurz die Augen und atmete tief durch. Sie löste ihre Faust langsam wieder und warf dem Jungen einen kurzen, aber tödlichen Blick zu.
„Sag uns lieber wer du bist“, fauchte sie.
„Ich heiße Daiki Kira“, antwortete der Junge.
Als Hana den Namen Kira hörte, wurde sie hellhörig. Dieser Kerl trug den gleichen Nachnamen wie ihr Lehrer. Ob das Zufall war? Bestimmt! Es gab sicher eine menge Leute, die diesen Nachnamen trugen.
„Du bist Hana nicht?“, fuhr Daiki fort und sah das Mädchen an.
Hana zuckte kaum merklich zusammen und drehte sich langsam zu ihm. Das Grinsen war immernoch nicht aus seinem Gesicht verschwunden. Woher wusste er, ihren Namen? Ok Kate hatte ihn vorhin genannt, aber warum fragte er dann nach?
„Ähm ja bin ich. Warum fragst du?“, brachte sie nur hervor.
„Mein Bruder hat mir mal von dir erzählt und mir ein Bild gezeigt.“
Verdammt! Es war also doch kein Zufall.
„Soll das heißen, du bist der Bruder von Herr Kira?“, fragte Kate nach.
„Klar bin ich das und wer bist du?“
„Ich bin Kate. Wag es ja nicht, eine dicke Lippe zu riskieren. Ich kann Typen wie dich nicht leiden. Hana lass uns gehen.“
Ihre Freundin war mit ihrem Digimonpartner bereist wieder zur Treppe gegangen und Hana wäre ihr gerne gefolgt, wenn da nicht ein Schatten gewesen wäre, der ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.
„Hana“, sagte Gatomon und zupfte am Ärmel ihres Sweatshirt, doch das Mädchen reagierte nicht.
Die Beleuchtung war nicht besonders gut und Hana erkannte nicht genau, was der Schatten eigentlich genau war. Der Schatten, der bis eben noch ziemlich klein gewesen war, wurde immer größer. Es war, als würde er näher kommen. Je näher er kam, um so mehr nahm er eine Gestalt an. Als er schon fast bei ihnen war, konnte Hana erkennen, was der Schatten war. Es war ein Wizardmon.
„Daiki es wird Zeit“, sprach es zu Daiki.
Dieses Digimon war wohl sein Partner. Wizardmon sah mit seinem spitzen Hut, auf dem ein Totenkopf zusehen war, seinem etwas zerfanzten Umhang, der auch großen Teil seines Gesichts verdeckte, und seiner anderen Kleidung ein bisschen wie eine Vogelscheuche aus. Plötzlich schoss Hana eine Frage durch den Kopf. War dieser blöde Kerl ein Freund oder ein Feind? Das Mädchen wusste, dass nicht alle Digiritter unbedingt gut sein mussten. Gerade wollte sie was sagen, als der Boden unter ihren Füßen zu wackeln anfing. Etwa ein Erdbeben? Oder vielleicht sogar etwas anderes? Was immer es auch war, es war sicher nicht besonders freundlich. Hana warf Daiki einen kurzen Blick zu. Konnte es sein, dass er verfolgt wurde? Immerhin hatte Wizardmon gesagt, dass es Zeit wird. Wahrscheinlich Zeit um zu gehen. Hana konnte nicht weiter darüber nachdenken, denn Daiki packte sie unsanft am Handgelenk und zog sie zurück ins Zimmer. Die Beiden Digimon folgten ihnen.
„Hey was soll das? Lass mich gefälligst los“, maulte Hana und versuchte sich aus dem Griff des Jungens zu befreien, doch es war vergebens.
Daiki war einfach zu stark für sie. Er drückte sie an die Wand und hielt ihr mit der Hand den Mund zu.
„Sei gefälligst still oder sie werden uns finden“, zischte er.
Ein kaum hörbares Rumpeln war zu vernehmen, dann hörte Hana ihre Freundin schreien. Die braunhaarige Digiritterin riss etwas ihre Augen auf. Kate war doch wieder nach unten gegangen. Sollte ihr etwas passiert sein? Hana strampelte etwas und versuchte erneut sich zu befreien. Sie wollte Kate helfen. Daiki drückte sie etwas stärker gegen die Wand hinter der Tür. Plötzlich ging die Tür auf und zwei Gestalten kamen rein. Es waren zwei Bakemons. Geistdigimons auf dem Champion-Level, die auch nicht wirklich freundlich aussahen. Wenn es nur diese Beiden gewesen wären, hätte Leomon doch mit ihnen fertig werden müssen. Oder gab es unten noch mehr von ihnen? Hanas Herz begang immer lauter zu schlagen, sodass sie Angst hatte, dass die Bakemons es hören würde. Doch sie hatten Glück. Die Digimon sahen sich nur kurz um und verschwanden wieder. Sie hatten die Digiritter hinter der Tür nicht gesehen. Noch eine ganze Weile blieben sie dort. Hana versuchte ihr Her wieder zu beruhigen, was ihr nicht ganz gelang. Erst als Daiki sie langsam los ließ, wurde es besser. Sie sank auf ihre Knie und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Sie haben sicher Kate“, meinte sie leise und unterdrückte ihre Tränen.
„Wir müssen sie befreien“, entgegnete Gatomon und seine Partnerin nickte schwach.
„Ihr werdet ihr nicht helfen können, also lasst es“, hörten die Beiden Daiki sagen.
„Warum können wir ihr nicht mehr helfen?“, fragte Hana.
„Sie werden sie entweder opfern oder zu ihrem Boss bringen.“
„Dann müssen wir ihr erst recht helfen.“
„Es wird zu spät sein. Sie wird tot sein, bevor ihr sie erreicht.“
Die Digiritterin stand auf, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sah Daiki an.
„Ich lass meine Freundin sicher nicht im Stich. Ich werde alles tun, um ihr zu helfen. Wenn du Idiot mir nicht helfen willst, ist es mir auch egal. Gatomon und ich schaffen das auch sehr gut alleine“, sagte sie und ging mit Gatomon aus dem Zimmer.
Sie musste sich beeilen, wenn sie Kate retten wollte. Vielleicht konnte sie die Bakemons ja noch einholen und so ihre Freundin befreien.
„Hana“, sagte Gatomon und sah das Mädchen an.
Sie war wirklich wild entschlossen nicht einfach auszugeben. Hatte sie etwa schon so schnell einen Wandel durch gemacht?
„Gatomon. Ich kann doch auf dich zählen oder?“, fragte Hana.
„Natürlich. Ich werde sicher nicht von deiner Seite weichen“, antwortete das Katzendigimon und sich machten sich schnell auf den Weg.
Daiki stand oben am Fenster und sah den Beiden nach.
„Das ist also Hana Kanegawa“, murmelte er leise vor sich hin.