Isthar und die Liebe
Vor vielen, vielen Jahren war Isthar ein wunderschöner Prinz, dem viele Ländereien gehörten und der alles hatte, was das Herz begehrte. Alles, ist natürlich nicht ganz richtig, eines fehlte ihm noch zu seinem Glück, es war die Prinzessin aus dem Nachbarreich. Er wurde von allen gewarnt: Lass, sie, vergiss sie, glaub uns, sie ist schlecht, bitte such dir eine andere Prinzessin.
Es nütze nichts, Isthar hatte sich nur diese Prinzessin in den Kopf gesetzt. „Bestimmt ist sie gar nicht so hochnäsig und böse, wie ihr sagt, ihr kennt sie doch gar nicht. Sie ist so wunderschön und wenn ich sie nicht zur Frau haben kann, dann will ich keine“. Er war wirklich nicht zu belehren. Irgendwann stand dann ein Reiter vor seinem Schloss und bat den jungen Prinzen mitzukommen. An der Uniform erkannte Isthar sofort, wohin dieser Mann gehörte. Er sattelte sein Pferd und dann ritten sie gemeinsam zum Schloss der Prinzessin.
„Ich höre, ihr habt euch in mich verliebt?“ fragte die schöne Prinzessin „Was bildet ihr euch eigentlich ein, wer seid ihr überhaupt? Nichts als ein armseliger Prinz aus dem Nachbarland, hab ich recht? Ihr erdreistet Euch an mich zu denken, ich verbiete euch das. Auf der Stelle will ich, dass ihr mich vergesst, Auf der Stelle!“ „Ich bin Ishtar aus Bahel, mir gehören die Inseln Baheli und Batiti und dann noch die ganzen Ländereien die an Euer Reich anschließen. Bitte liebe Prinzessin, ich kann nicht anders als nur an Euch zu denken, ich möchte Euch all mein Gut und Geld, ich möchte Euch alles was ich besitze schenken, wenn ihr mich nur erhört.
Die Prinzessin war nicht nur sehr schön, sie war auch sehr machtbesessen. Wie schön, wäre es doch, wenn der dumme Prinz mir all sein Hab und Gut schenken würde. „Gut lieber Prinz, du bist ja gar nicht mal so unansehnlich, ich glaube ich könnte dich auch mögen. Aber zuerst müssen wir natürlich alles schriftlich machen, ich heirate nur einen Prinzen, dem ich vertrauen kann. Wenn du mir also deine Ländereien überschreibst, dann werde ich deine Frau, aber nur dann. Tust du das nicht, muss ich natürlich an deiner großen Liebe zu mir zweifeln. Sie legt den Kopf ein bisschen schief und schaut ihn aus ihren großen grünen Augen an. Ja sie lächelt sogar ein bisschen.
Isthar ist so glücklich, dass er es fast nicht glauben kann. Ws nützt ihm denn sein ganzer Reichtum, wenn sein Herz doch so allein ist? So lässt er sofort einen Vertrag aufsetzen und binnen 5 Minuten gehört alles, was er so sehr geliebt und gehütet hat, der Prinzessin. Glücklich will er die Prinzessin umarmen, aber die gibt ihm einen Schubs und lacht nur böse: „Ja glaubst du denn, ich will einen dummen Prinzen. Wer mir alles schenkt und dann noch glaubt, dass ich ihn erhöre, der ins sehr dumm. Dumm, dumm, dumm“, lacht sie ganz schrill. Ihre Augen blitzen und funkeln und ein paar rote Sprenkel sieht Isthar auch darin. „Verschwinde du Wicht, verschwinde aus meinem Reich, ich mag keine armen Leute und schon gar keine Armen, Dummen. Nie wieder sollst du dieses Land betreten, du sollst für immer ein armer hässlicher kleiner Mann sein. Erlösen kann dich nur jemand, der deine Geschichte aufschreibt. Die Geschichte vom dummen Prinzen, der sich eine wunderschöne Prinzessin zur Frau nehmen wollte und auch noch so dumm war, ihr alles, was er besessen hat, zu schenken. Ich bin gespannt, ob es jemanden gibt, der sich für so etwas interessiert.“
Ihr böses Lachen schallt durch das ganze Schloss, sie freut sich diebisch, dass sie aus dem schönen jungen Prinzen nun einen hässlichen kleinen Mann gezaubert hat. In Lumpen steht Isthar vor ihr, seine Augen schauen sie sehr traurig und enttäuscht an. „Macht euch das glücklich liebste Prinzessin, seid ihr so traurig und verzweifelt, dass ihr mich verzaubern müsst, ihr habt doch alles, was ihr wolltet, warum müsst ihr mir denn nun auch noch meine Jugend nehmen?“.
„Wofür braucht ihr Aussehen und Jugend, wenn ihr doch sowieso nichts mehr habt. Arme Leute sind immer hässlich und ihr seid ja nun arm. Verschwindet endlich, sonst muss ich die Knechte rufen, damit sie euch Beine machen. Ach was, sicher ist sicher und dann ruft sie nach ihren Knechten. Drei große starke Männer kommen mit ihren langen Stöcken und jagen den Prinzen, zuerst vom Schlosshof und dann noch viel weiter, bis er auch die Grenzen seines ehemaligen Landes überschritten hat.
„Lieber Isthar“ warum hast du denn auch nicht auf die Ratschläge der Leute gehört? Unsere Prinzessin ist wahrlich kein guter Mensch, sie setzt ihre Zauberkraft für all ihre bösen Taten ein. Es tut uns so leid, was dir passiert ist, aber du bist ein guter Mensch, es wird sicher jemand kommen und dich erlösen.
Viele Jahre wandert Isthar durch die Lande, inzwischen war er sehr alt und gebrechlich geworden. Die Leute haben ihm Essen und Trinken gegeben, er hat bei der Ernte geholfen. Sehr fleißig und gut war er all die Jahre, aber nun war alle Kraft aus ihm gewichen. Er war nur noch müde und wollte sich irgendwo zur Ruhe setzen.
Traurig lag er unter einem alten Birnbaum und sah in den Himmel, „ach, wenn ich doch nur mein zu Hause nochmal sehen dürfte, nur noch einmal“. Ganz fest ist Isthar eingeschlafen und träumt von seinem Schloss und dem schönen Garten. Den Obstbäumen und den Menschen, die immer alle so nett zu ihm waren. „Wie schön, wie wunderschön hatte ich es doch damals und dann musste ich mich ausgerechnet in diese Prinzessin verlieben. Ja sie hatte recht, ich war sehr dumm, es geschieht mir recht, dass sie mich weggejagt hat. Alles, aber auch alles habe ich vor blinder Liebe verschenkt. Aber mein Herz, das habe ich wiederzurückgeholt, das gehört mir. Was nützt aller Reichtum, wenn man kein Herz hat. Wenn ich es recht überlege, bin ich ja doch sehr reich, ich gehöre mir. Ganz egal wie ich ausschaue, ich habe mein Herz noch immer auf dem rechten Fleck.“
Was ist das für ein Geräusch? Ganz leises Klingeln, wie von einem Glöckchen, nur noch viel zarter, so leicht und beschwingt. Langsam wird es lauter und kommt immer näher. Ishtan ist ganz verzaubert von der wunderschönen Melodie und dann sieht er auch das junge Mädchen, dem diese sanfte Stimme gehört. Unter ihrem Arm hat sie ein dickes Buch und hinter ihrem Ohr steckt ein großer roter Bleistift. „Hallo alter Mann, wo kommst du denn her? Ich habe dich hier noch nie gesehen. Darf ich mich neben dich setzen und dir ein bisschen Gesellschaft leisten?“. „Komm nur und hock dich zu mir, ich habe deine zarte Stimme schon von ganz weitem gehört, sie ist bezaubernd, wie der Gesang einer Elfe, wunderwunderschön“. „Danke“ sagt das Mädchen „das hat mir noch nie jemand gesagt. Weißt du, ich singe eigentlich nur für mich. Ich bin ganz allein, meine Eltern sind schon vor langer Zeit gestorben und da keiner mit mir spricht, singe ich mir halt selbst meine Lieder vor oder erzähle mir Geschichten und manchmal schreibe ich sie auch auf. Du bist doch sicher schon weit in der Welt herumgekommen, du kennst doch bestimmt die ein oder andere Geschichte“. „Freilich“ sagt Isthar und dann erzählt er dem Mädchen seine ganze Geschichte.
Saskia, so heißt das Mädchen, schreibt und schreibt und schreibt. Isthar und Saskia sitzen ganz dicht nebeneinander, denn die Stimme des Alten ist schon sehr schwach und leise. Plötzlich spürt Isthar ein kribbeln und krabbeln im ganzen Körper, geradeso, als würden 1000 Ameisen durch seinen Leib wandern. „Was zitterst du denn so“, fragt Saskia ohne auch nur den Kopf von ihrem Buch zu heben „frierst du oder bist du krank. Sag doch was, ich mach mir Sorgen um dich“, und weil sie nun doch ein bissel Angst bekommen hat, hebt sie endlich ihren Kopf und schaut ganz erstaunt. Neben ihr sitzt ein wunderschöner junger Mann. „He, wo ist der Alte, der eben noch hier saß, was machst du hier?“ „Ich bin es immer noch. Du hast mich erlöst, denn vor langer Zeit hat mich eine böse Prinzessin verwandelt und zwar so lange, bis sich einer meine Geschichte anhört und niederschreibt. Du hast mich soeben von dem Zauber dieser bösen Frau befreit. Ich danke dir. Gerne würde ich dir etwas schenken, aber ich habe nichts mehr, sie hat mir alles genommen. Einst war ich ein reicher Prinz, dem viele Ländereien und Inseln gehörten, aber alles ist nun im Besitz der Prinzessin“.
„Du hast mir diese wunderschöne Geschichte geschenkt und dann durfte ich dich kennenlernen, was meinst du, was das für große Geschenke sind. Ich habe so lange mit keinem Menschen geredet und du hast dich neben mich gesetzt und mir zugehört, all das sind Geschenke, glaub mir. Wenn man die Gabe besitzt andere tief im Herzen zu berühren, dann hat man das größte Geschenk überhaupt gemacht und dir ist das gelungen“.
Isthar geht es genauso mit Saskia, auch sie hat sein Herz berührt, denn wer setzt sich denn schon freiwillig neben einen alten abgerissenen Mann, kaum einer auf jeden Fall kein Mensch, der nicht sein Herz auf dem rechten Fleck hat……
©UteAnneMarieSchuster 24.6.2010