Kapitel 3
Das Feuer war herunter gebrannt. Die Kälte der Nacht ließ seinen Körper zittern und er erwachte. Morgana war gegangen, Ferned schnarchte verträumt in seiner Achselhöhle und sabberte seine Brust feucht. Kehleb stahl sich davon, deckte seinen Freund mit der Wolldecke zu und machte ein neues Feuer in der Räucherkammer. Pökeln wollte er nicht mehr. Das Fleisch war schnell verstaut und würde vor sich hin arbeiten. Er machte eine Schublade seines Werkzeugschrankes auf und fand eine seiner selbstgemachten Zigarren. Der Tabak war aus seinem kleinen Garten, aus dem letzten Jahr. Sehr gutes Zeug. Nächstes Jahr konnte er das Rauchen wohl vergessen. Wenn auch nicht die ganze Ernte des Dorfes zum Teufel ging, seinen Tabak konnte niemand mehr retten.
Morgana. Sie war schon eine. Er musste lächeln. Sie würde nie ihm gehören, dennoch gab er sich dem Wagnis hin, ihr Mann zu werden.Was das Herz will, hält der Verstand nicht auf, das war einer der wichtigsten Erkenntnisse seines Vaters. Falk der Starke, wie er im Dorf gerufen wurde. Er war der Einzige, der jemals einen von Ihnen erschlagen hatte und die Dörfler warteten auf den Tag, an dem Kehleb es ihm gleich tat. Bei dem letzten Aufeinandertreffen ihrer beiden Arten, blieb der große Frodo auf der Strecke. Er war der Stärkste der jungen Männer, stärker als Kehleb, aber viele glaubten nicht, dass er stärker als Falk war.
Kehleb hatte von Frodo und Falk alles gelernt, was man über die Jagd lernen konnte. Falk hatte Frodo noch mit auf die Elefantenjagd genommen, um Kehleb hatte er damals noch zu viel angst. Elefanten hatten sich in dem Tal aber auch schon seit mehreren Winter nicht mehr verirrt. Sie zogen wohl in den Süden, wo es wärmer war. Schließlich kamen sie aus Afrika, einem Land, das Kehleb wohl in seinem Leben nicht mehr erblicken würde. Früher, in den Tagen der Eisenvögel, da flogen die Menschen einfach nach Afrika. Holten Tiere in den kalten Norden. Flogen nach Amerika, Indien, China und weiß der Teufel wo noch hin. Kehleb hatte gehört, dass es ungezogen war nach einem Land zu fliegen, was sich Thailand nannte, weil die meisten Leute nicht die Finger von den thailändischen Kindern lassen konnten. Dort soll es auch Mannsweiber gegeben haben und viele sollen eine Krankheit eingeschleppt haben, die die Menschen dahin vegetieren ließ. Doch so genau wussten die Lehrer Kehlebs das auch nicht und das Thema wurde auch nicht mehr besprochen. Ihre Vorväter waren schon seltsame Menschen. Und das seltsamste war, sie hätten eigentlich glücklich sein sollen, weil sie doch mit jedem auf der erde kommunizieren konnten. Doch viele Bücher berichteten, dass die Menschen sehr einsam waren, trotz ihrer immensen Möglichkeiten.
Dann spuckten die Berge Feuer. Was seine Lehrer wussten, passierte dies wohl häufiger in der Geschichte der Erde und immer fiel eine Spezies dem Berggift zum Opfer. Der giftige Hauch der Drachenberge, nannten sie diese Theorie und die Menschheit wäre diesem Hauch auch fast zum Opfer gefallen. Aber, so hatte Kehleb in einem Buch gelesen, das Leben findet einen Weg. Die Menschen waren die, die sich den Planeten untertan machten. Sie beuteten ihn aus, egal auf welche Verluste. Es gab Länder die hatten Brennstoffe, die raubten sie der Erde und verdampften sie zu giftigen Rauch, das Wasser wurde beschmutzt, nur damit sie das Brennmaterial von einen Hafen in den anderen schiffen konnten. Pflanzen und Tiere starben und die Menschen wurden ebenfalls krank, doch sie waren auf allen Kontinenten.
Ob die Menschen immer noch auf allen Kontinenten herum kreuschten und fleuchten, wusste Kehleb nicht. Er selbst wusste das hinter den Hügeln im Westen ein weiterer Stamm lebte. Die Lotzenbörger. Kehleb und seine Mannen waren Tierer, die Lotzenbörger wussten was von Strassbörger, die lebten im Süden hinter ihnen. Da es aber eigentlich für alle genug Platz auf dieser Erde gab, handelte man hin und wieder, ging sich aber sonst aus dem Weg. Sein Vater der starke Falk zog einmal mit dem Bürgermeister in den Kampf gegen die Lotzenbörger und er erschlug ihren stärksten Mann. Danach waren die Streitigkeiten ausgeräumt und nur alle fünf Jahre schickte man jemanden in ihr Dorf um Nachrichten auszutauschen. Vor allem über die Anderen. Die Monster die in den alten Städten hausten.
Kehleb ließ Ferned schnarchend zurück. Zog sich an und ging in die kalte Nacht hinaus. Er zündete sich seine Zigarre mit einem brennenden Reisighalm an und schmauchte zufrieden. Der Wind blies ihm kalt ins Gesicht und ließ ihn frösteln. Im Norden, bei den großen Bergen funkelten die Lichter wieder. Sie waren weiß, rot und gelb, wenige waren blau und sie kamen nicht vom Himmel, sonder schienen von der Erde her zu leuchten. Als ob ein leuchtender Lindwurm über die Hügel hüpfen würde. Aber an Lindwürmer glaubte Kehleb nicht, sie waren Legenden aus Sagen wie die vom König Artus und seiner Tafelrunde, Beowulf, oder die Geschichte vom 13. Krieger. Nur Geschichten, mit denen man kleine Kinder erschrecken will. Und er war schon lange kein kleines Kind mehr.
Mit glühender Zigarre ging er zum Schutzwall. Nachts hatten nur wenige der tapferen Männer Dienst und da es in den letzten drei Sommern eigentlich nicht viel gab, wovor sie einen schützen mussten, waren diese froh wenn sie mit einem anderen der Dörfler ein Gespräch führen konnten. Kehleb wusste, das Resahl Dienst auf dem Westturm hatte und er wusste, dass Resahl immer einen guten Tropfen von seiner Frau in den Korb gelegt bekam.
„Bleib stehen, Feuerjäger!“ zischte Resahl, als er die Glut vor seinem Sitz erblickte.
„Niemand gibt mir Befehle, Schutzmann!“
„Oh, Kehleb! Hattest du wieder Besuch von der Hexe und nun kannst du nicht mehr schlafen?“
„So wie jeden Abend in diesem Zyklus, mein Freund.“ Kehleb lachte. „Das verspätete Frühjahr macht Morgana ganz unruhig!“
„Ich weiß mein Freund! Meine Frau hat uns letzten Vollmond erwischt wie sie es mir machte. Ich sag dir ich bin froh, dass du ihr baldiger Mann bist seit dem ist sie viel ruhiger!“ Resahl reichte Kehleb die Hand und zog ihn in seinen Ausguck, in dem gerade zwei Mann beengt Platz hatten. Der Wächter roch an Kehlebs Hand und fragte: „Ist das ihre Hitze?“
„Nein!“ Kehleb grinste. „Eher Ferneds, oder meine Arschspalte!“
„Widerlich. Diese Hexe. Ich bin froh, dass sie nur dich so hält und nicht mich.“
„Sie hält uns alle. Das weißt du doch. Als eine Vertreterin Mutters ist sie die Frau von allen und niemanden!“
„Und trotzdem willst du mit ihr die Ehe machen. Wie willst du je wissen ob ihre Kinder auch die deinen sind?“ Resahl fingerte nach der Rotweinflasche.
„Das werden wir Männer nie wissen. Wir können nur hoffen, dass sie uns schöne Töchter und mutige Söhne schenken. Es steht nicht in unserer Macht.“
Resahl goss ein und gab Kehleb einen Becher. „Das war Früher aber mal anders.“
„Früher sind die Menschen zum Mond geflogen und sieh, wo wir jetzt sind! Wir haben das Feuer neu erfunden und scheißen in die Ecke! Wir bleiben auf der Scheiße sitzen mein Freund.“
Sie tranken und lachten. Schauten zu den Lichtern über den Bergen und fragten sich, welche Geheimnisse sich da wohl versteckten. Plötzlich hörten sie ein Getrampel und ein Posaunen und eine Herde Elefanten kam aus den Bäumen gerannt und trampelten über die verdorbenen Setzlinge vor ihrem Fort. Resahl und Kehleb warfen ihre Becher weg, griffen nach den Speeren an der Wand und zündeten die Wachfeuer an. In ihrem Schein sahen sie sieben Elefantenkühe, die sich durch die Dunkelheit schoben, auf ihr Tor zu. Die Tiere, die Nachts eigentlich schlafen sollten und auch schon seit Wintern nicht mehr im Tal waren, hatten Panik in den Augen. Kehleb betätigte die Alarmglocke. Die anderen Wächter auf den Türmen schlugen ebenfalls Alarm, da krachte das erste Tier mit seinem Gewicht gegen das Tor. Alles vibrierte, aber das Holz gab nicht nach.
Dann hörten sie den Schrei.
Es war einer Ihrer Schreie. Ein Angriffsschrei, ein Mordsschrei. Babys in dem Dorf erwachten aus ihrem Schlaf und schrien sofort in Todesangst, ihr Blut würde gefrieren und sie würden vor Furcht sterben. Und dann sahen Kehleb und Resahl die Monster im Schein ihrer Feuer.
Keiner der Lebenden, außer der starke Falk hatte je einen der Anderen aus der Nähe gesehen und davon berichten können. Selbst Kehleb nicht, der nur den zerschundenen Leichnam des großen Frodo gefunden hatte, nachdem er aus seinem sicheren Loch gekrabbelt kam, als das Monstrum verschwunden war. Jetzt zwei Frühlinge später sah er eins der Scheusale und Angst stieg in ihm auf.
Der nächste Elefant krachte gegen das Tor.
Ein zweiter Dämon brach aus dem Wald und schnitt den Elefanten den Weg ab, so dass diese wieder gegen das Fort liefen. Ein ohrenbetäubendes Gebrüll von Elefanten und Monstern erschütterte die Nacht. In der Ferne tanzten unbeirrt die Lichter. Weiß, rot, gelb, blau. Ein Schauspiel der Natur. Und hier standen die, die wider der Natur waren. Aus Büchern wusste Kehleb, dass die Anderen ihre Brüder waren. Genetisch verändert. Nach Versuchen, die einen Menschen erschaffen wollten. Aus nichts. Doch aus Nichts erschafft man kein Leben und so wurde es Antileben, das jedes Leben zerstören wollte. Die Jäger wussten, dass sie sich vor diesen Ekelwesen in Acht nehmen mussten, so war sie die Jagd, schnell konnte man zum Gejagten werden. Aber ein Angriff auf ihr Fort, das hatte es noch nie gegeben. Und dann gleich von zwei.
Sie sahen aus wie große, behaarte Menschen, gingen etwas gebeugt wie Gorillas, hatten eine Dämonenfratze und Ziegenbockhörner auf ihren Häuptern. Wilde Teufel nannten die Lotzenbörger sie. Ziegenmonster die kleinen Kinder des Dorfes.
Der nächste Elefant traf das Tor.
Es brach. Gab nach und die Elefantenkuh stand im Fort.
Männer waren mittlerweile aus ihren Hütten und Häusern gerannt. Bewaffnet mit Lanzen und Messern, einigen Äxten und Knüppeln. Die Elefanten stürmten herein und mähten sie nieder. Sie liefen in einige Hütten und rissen diese nieder, mit Frauen und Kindern in ihnen. Die Männer verscheuchten sie mit Feuer und die verängstigten Tiere liefen Quer durchs Dorf, wo sie dann von der nächsten Wand gestoppt wurden und wieder kehrt machten. In diesem Gewimmel stürmten die Monster durch den Wall und Kehleb sah, wie eins dieser Biester einen der Wachen in der Mitte seines Körpers zerriss. Blut und Gedärm flog durch die von Fackeln und Feuer erhellte Nacht. Einem Mann, Kehleb erkannte ihn als Raider, einen mutigen Jäger, riss das Untier das Gesicht weg, kreischend lief er umher und starb.
Der Bürgermeister Wirtz schleuderte seinen Speer in das Herz einer Elefantenkuh und das Tier krachte zu Boden. Resahl war seine Lanze einem Elefanten in den Nacken und er verendete, noch bevor er den Boden erreichte.
Kehleb sah wie ein dritter Unhold aus dem Wald stürzte. Gekonnt zielte er und warf seinen Speer. Die Spitze traf das Biest genau zwischen die Hörner, aber es lief unbeirrt weiter in das Fort. Der dicke Bergmann lief aufgeregt wie ein Huhn in seiner Nachtwäsche herum und wich den Elefanten geschickt aus. Dann sprang einer der Teufel vor ihn. Der Dämon packte mit seinen Pranken zu, die Klauen gruben sich in seinen Hals und mit einem widerlichen Geräusch riss das Untier dem Fettsack den Kopf von den Schultern. Es fand ein Stück Holz und rammte es dem Kopf durch den Mund, dass die Zähne davon stoben und nagelte den Kopf des zweiten Bürgermeisters an dessen Haustüre. Im Innern seines Hauses hingen die Hirschbullenköpfe als Trophäen an der Wand, seiner hing nun blutend an der Türe und seine toten Augen blickten trübe in die Nacht.
In dem Moment trat Morgana zusammen mit der Alten vor die Türe und schrie, als sie den Mord an ihren Vater sah. Das Monster mit Kehlebs Speer zwischen den Hörnern, vernahm den Schrei und stürmte mit Geifer vor seinem Maul auf die Hexe zu. Wirtz schleuderte einen weiteren Speer in den Rücken des Dämons, doch auch von diesem ließ sich das Ding nicht stoppen und so stand es mit Mordgier in den Augen vor den beiden Dorfhexen. Kehleb war vom Turm herunter gehechtet und lief auf die tobende Bestie zu, drückte den Speer des Bürgermeisters tiefer in die Wunde und beißendes Blut spritzte heraus. Drehte das Untier von den beiden Frauen weg und griff nach einer Axt, die am Boden lag. Dann zog er an der Lanze, holte das Biest an sich ran und drosch mit dem Schneidblatt auf den Hals des wilden Teufels.
Nach unzähligen Schlägen hielt Kehleb endlich den Kopf des Unholds in den Händen und ließ einen Siegesgeschrei erklingen. Morgana besudelt vom Blut des Teufels johlte und Reihja stimmte mit ein. Das Vieh, das ihren Vater getötet hatte, sprang auf die Mauer und grunzte wild. Blut und Gedärm der Nachbarn hingen in seinem Pelz und es war wütend. Wütend, dass es einen Gefährten verloren hatte. Kehleb stellte sich vor die Frauen und schleuderte die blutbesudelte Axt. Das Werkzeug drehte sich wild herum und die Schneide trennte die Stirn von dem Rest des Hauptes und die Bestie fiel blutüberströmt auf den Boden. Blieb noch eins.
Das dritte Monstrum wurde von mehreren Dorfbewohnern angegriffen, unter ihnen war Resahl, der es mit einer Lanze attackierte. Das Ungeheuer schlug mit seinen Pranken in die Gemeinde der Leute und schreiend brachen einige zusammen. Resahl stark mit der Lanze in seinen Unterleib und es brüllte laut auf. Kehleb war von dem Sieg über zwei dieser Monster so beseelt, dass er sich die blutige Axt schnappte, auf das Untier zulief, es von hinten ansprang, sich an den Hörnern festhielt und dann ließ er die Axt mitten in das Gesicht brechen und er und der Teufel begruben Resahl unter sich, so dass sich dessen Lanze noch tiefer in das Scheusal bohrte.
Die Überlebenden des Dorfes jubelten und feierten, die Elefanten wurden aus dem Dorf gelotst und als Ruhe einkehrte, klopfte jeder der Männer Kehleb auf die Schulter und ließ ihn und seinen Vater hochleben. Die Teufelsschlächter, riefen sie.
Resahl, der von oben bis unten in Teufelsblut schwamm, grinste Kehleb an und meinte: „Mann, mein Freund. Drei Teufel und davor es einer Hexe besorgt? Du bist ja ein Superstar!“
„Also bei der Hexe hatte ich Hilfe!“ Kehleb lachte.
In diesem Augenblick kam Ferned zu den Leuten gelaufen und schrie: „Ein Elefant hat deine Hütte nieder gemacht. Als ich darin geschlafen habe. Was war denn los?“