Ricardo hatte es sich im Moos bequem gemacht und war völlig vertieft in seine Arbeit, er schenkte der jungen Frau kaum Beachtung, die ihn wie ein schmollendes Kind gegenüber saß und ihn genaustens beobachtete.
Er studierte die Karte, grübelte ein paar Mal nach, aber es ließ sich einfach nichts machen! Sie mussten den Weg bis zur Weggabelung zurück und dann doch dem verwuchertem Pfad nehmen. Das kostete ihnen viel zu viel Zeit und alles nur weil dieses Weib meinen musste einen kleinen Morgendlichenspaziergang machen zu müssen. Entnervt faltete er die Karte wieder zu und sah dann zu Shanti hinüber. Ihre Augen loderten schon fast vor Zorn, es passte ihr merklich gar nicht. Ricardo war dies egal, sollte diese blöde Kuh ruhig schmollen, immerhin war es ihre Schuld allein, dass sie nun viel zu viel Zeit verschenkt hatten.
Er stand auf und ging an ihr vorbei zum Pferd, verstaute die Karte in die Satteltasche und richtete sich dann zu Shanti hin.
„Steh auf, wir müssen weiter…“, seine Stimme klang mürrisch und die junge Frau erhob sich leicht seufzend denn ohne die Hände benutzen zu können war es gar nicht so einfach das Gleichgewicht zu halten. Sie ging zu ihm und als sie neben ihn stand trat Ricardo hinter sie und legte seine Hände um ihre Hüfte. Bei dieser Berührung kribbelte wieder ihre Haut und Nervosität breitete sich in ihr aus. Was war nur los mit ihr? Sie verstand es einfach nicht.
Obwohl sie eine schreckliche Wut auf diesen Mann hatte, konnte sie ihn nicht hassen und sie musste zu geben er machte sie neugierig, wie konnte er sie neugierig machen? Wie war das möglich.
Mit Leichtigkeit hob er sie auf das Pferd hinauf in den Sattel und stellte dann einen Fuß in den Steigbügel damit er aufsteigen konnte. Alles was er tat sah so Professional und gekonnt aus, so als hätte er nie Schwierigkeiten mit dem was er tat.
Kaum saß er hinter ihr und hatte die Arme neben ihr, in den er die Zügel festhielt, fühlte sich Shanti wieder so nervös und sein Atem kitzelte ihr leicht im Nacken. Was war nur los mit ihr, was geschah da nur? Es fühlte sich so fremd an, alles fühlte sich fremd und falsch an.
Wieder wurde es ein stummer Ritt, beide schwebten in ihren Gedanken und als die Sonne am Horizont verschwand und die Erde in völliger Dunkelheit getaucht war, waren sie noch immer nicht am See angekommen, wo sie ihr Nachtlager aufschlagen sollten.
Fernando war erschöpft und auch seinem Reiter taten die Knochen weh, Ricardo hatte Hunger und wollte sich einfach nur noch an einen Feuer ausruhen können.
„Reiten wir denn die Nacht durch?“, brach sie auf einmal das Schweigen.
„Nein, nur dank dir müssen wir halt die verlorene Zeit in der Nacht aufholen, also beschwere dich nicht!“, wieso war er ihr gegenüber so mürrisch?
„tue ich doch gar nicht, ich habe nur gefragt“, murmelte sie leicht gekränkt.
Sein Nacken schmerzte unangenehm, seine Muskeln waren verspannt, er ließ den Kopf kurz sinken und tauchte ihn somit in ihr seidiges helles Haar.
Ihr Geruch krabbelte ihn in die Nase und er zog ihn unbewusst tief in sich ein, sie roch so wunderbar, man konnte sie gar nicht beschreiben, süßlich und verspielt und so rein. Noch nie hatte eine Frau jemals so gut gerochen.
Als er den Kopf hob sah er endlich das Ende des Waldes und vor ihnen tauchten Felder und Wiesen auf, nun war es nicht mehr weit dann würden sie den See erreichen.
Und als er den See auf der Wiese, rechts neben den Pfad, entdeckte, sehnte er sich so sehr nach einem Fisch und nach dem festen Boden unter den Füßen. Das er das Pferd angaloppierte, bis hin zum Wasser.
Es war wunderbar sie saßen direkt neben den Ufer und konnten auf das glatte Wellenlose Wasser schauen, die Sterne spiegelten sich in ihm wieder und es schien fast so als läge den Beiden das Universum zu den Füßen.
Es hatte nicht lang gedauert und schon hatte Ricardo ein kleines Lagerfeuer entfachen können, welches nun sanft knisterte und ihnen eine angenehme Wärme schenkte.
Shanti sah Ricardo interessiert dabei zu wie er an einen Stock eine dünne Schnur band und daran einen spitzen Haken, welchen er aus der Satteltasche gesucht hatte und dann wühlte er in der Erde rum bis er einen Wurm ausgebuddelt hatte. Der Regenwurm schien nicht sehr begeistert über sein Schicksal und strampelte mit beiden Enden umher.
„Was hast du vor?“, fragte sie ihn, doch ihre Frage kam zu früh, schon hatte er den Wurm auf den spitzen Haken gespießt und warf das Band mit den Haken ins Wasser während er den Stock hielt.
In Shanti hatte sich alles zusammen gezogen, der Arme Wurm, erst wurde er aus seiner schönen Umgebung gerissen, dann spießte man ihn lebendig auf, um ihn dann zu ertränken.
Sie sah Ricardo mit finsterer Miene an, doch der junge Mann schien es nicht zu bemerken, er machte es sich erst einmal nahe am See und am Feuer bequem.
„Du bist grausam!“, nun war sie es die mürrisch klang. Ricardo sah sie verwundert an.
„Nein ich habe Hunger!“, wehrte er sich und blickte wieder auf das Wasser.
„Wie könnt ihr nur so grausam sein und diesen Wurm so quälen?“, bohrte sie weiter nach und fixierte ihn finster.
„Ich quäle ihn nicht aus spaß, aber ich habe nun einmal Hunger und werde mir einen Fisch fangen!“, erklärte er, langsam fragte er sich ob sie überhaupt irgendetwas wusste.
„Wofür braucht ihr da bitte den Wurm? Ihr habt doch eure Hände“, wenn Shanti es nicht völlig ernst gemeint hätte, dann würde Ricardo nun lachend auf den Boden liegen und sich umher kullern. Doch das traurige daran war ja eben, das sie es völlig ernst meinte.
Er wollte ihr grade eine Antwort schenken als er ein Zerren an der Angel vernahm.
Ricardo konnte sein Glück kaum fassen als er die Schnur auf Land zog und die prächtige Forelle daran hängen sah.
Geschickt löste er den Mund der Forelle vom Haken und legte sie auf einen Stein.
Shanti streckte sich etwas um besser sehen zu können, was er tat.
„Ich hoffe ihr mögt Fisch, Prinzessin?“, fragte Ricardo als er der Forelle einen Schlag auf den Kopf verpasste und diese aufhörte zu zappeln.
Shanti`s Magen zog sich zusammen und ihr wurde auf einmal so schlecht.
„Ihr habt sie getötet! Ihr habt sie einfach getötet!“, sprudelten die Wörter aus ihr her raus und ihr sowieso schon helles Gesicht, wurde nun noch bleicher.
„So ist das nun einmal gefressen und gefressen werden! Ganz einfach! Was meinst du wie dein Stück Fleisch auf euren Teller landet, meinst du so etwas pflückt man von Bäumen“; verteidigte er sich und verstand nicht wie man sich über so etwas so aufregen konnte.
„Ihr esst ihn?“, fragte sie schockiert und drehte sich vom Fisch weg, dabei kämpfte sie immer wieder gegen diese Übelkeit gegen an.
„Natürlich esse ich ihn, gibt es bei euch etwa keinen Fisch?...“, kurz hielt er inne dann schüttelte er leicht verzweifelt den Kopf. „Ich hab vergessen, bei den Adel kommt ja nur das feinste vom Feinsten auf den Tisch, Rind, Schwein, Pferd!“
Shanti`s Magen konnte nicht mehr und sie schleppte sich auf allen vieren was wirklich anstrengend mit gefesselten Händen war zum See hin, wo sie dann mit einen schrecklichen Geräusch erbrach, nach Luft schnappte und wieder sich übergab. Diese Vorstellung so etwas zu essen war unerträglich für sie und es trieb ihr diese schreckliche Übelkeit in den Magen.
Wie konnte jemand ein anderes Lebewesen essen, nur die Vorstellung daran machte sie fix und fertig.
Ricardo war besorgt zur ihr gekommen und strich ihr das Haar zur Seite als sie sich wieder übergeben musste.
War sie krank, hatte sie sich etwa erkältet?
Nach einer weile beruhigte sich ihr Magen wieder sie durfte einfach nicht daran denken, dann würde sie es vielleicht vergessen.
Ricardo half ihr auf und half ihr zum Feuer zurück.
„Fühlt ihr euch nicht gut?“, fragte er sie und hockte sich zu ihr hinunter ihr Blick war ins Feuer gerichtet und wirkte traurig.
„Ihr esst Tiere?“, fragte sie leise und wirkte schockiert.
Ricardo konnte einfach nicht verstehen wie so etwas denn nur so fragwürdig sein konnte.
„Ja, ihr etwa nicht?“, fragte er nun ebenfalls leise. Vielleicht erinnerte sie sich auch einfach nicht daran, vielleicht war es deswegen so seltsam und schockierend für sie.
Nüchtern schüttelte sie den Kopf.
„Ihr tötet sie. Nur damit ihr satt werdet…. Dabei würde euch auch Salat genügen…“, flüsterte sie, ihre Stimme wurde fast vom Knistern des Feuers übertönt.
„Was ist daran so schlimm?“, fragte er sie.
Nun wandte sie ihren Kopf zu den seinen und ihre Tränen getränkten Augen schauten viel zu tief in die seinen.
„Ihr raubt ihnen ihr einziges Kostbares Leben, esst ihr Fleisch und fragt mich dann was daran so schlimm ist?“, hauchte sie nun fast.
„Aber Liebes, das ist doch das natürlichste der Welt, in der Tierwelt geht es auch nicht anders zu, gefressen und gefressen werden so ist das nun einmal…“, versuchte er es ihr zu erklären.
„So müsste es nicht sein…“, traurig senkte sie ihren Blick und ihre Worte gingen ihn auf einmal so tief er konnte diese Worte einfach nicht beiseite schieben.
So müsste es nicht sein… hatte sie gesagt und so viel Traurigkeit schwang in ihrer Stimme mit, weil es aber so war und es aber anders sein konnte.
Den Appetit auf einen schön gegrillten Fisch hatte sie ihn deutlich vermiest und so hatte er den leblosen Fisch ärgerlicher weise in den See zurück geworfen, jetzt war er ganz umsonst gestorben, dachte Ricardo noch und biss verärgert in sein trockenes Brot, welches gummihaft war und nach gar nichts schmeckte. Shanti wollte nichts essen, sie meinte ihre wäre noch immer übel und so legte er eine Decke auf den Boden nahe ans Feuer, sattelte das Pferd ab, benutzte die Satteldecke als Kopfkissen und die Abschwitzdecke als Decke.
Hoffentlich würde Shanti sich damit zufrieden geben.
Doch zu seiner Verwunderung legte sie sich ohne zu murren auf das selbstgebaute Bett. Er wollte sie zu decken da er sich dachte, das dies mit gefesselten Händen recht schwierig sein müsste, doch sie wollte keine Decke, also beließ er es dabei und lehnte sich nun mit den Rücken an den Sattel an, den er auf den Boden gelegt hatte und beobachtete abwechselnd das Pferd und die junge gefesselte Frau.
Sie würde ihn wohl kaum abhauen, ihre Hände waren schließlich gefesselt, trotzdem spielte er kurz mit den Gedanken auch ihre Füße zu knebeln, jedoch empfand er dies als zu brutal.
Eigentlich musste er auch etwas schlafen, aber hier Draußen war dies zu gefährlich,
es war an der Zeit sich mal einen gezähmten Wolf zu zulegen oder einen Partner.
Fortsetzung folgt!