Biografien & Erinnerungen
Die zerschossenen Weinfässer

0
"Die zerschossenen Weinfässer"
Veröffentlicht am 04. Juni 2010, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.
Die zerschossenen Weinfässer

Die zerschossenen Weinfässer

Beschreibung

.. da meine Muse wieder einmal Urlaub macht ... nach den "Kirschendieben" noch ein Kapitel aus meinem Buch "Hans und Franz, Lausbubengeschichten aus längst vergangenen Tagen" - Erinnerungen meines verstorb Mannes

Die zerschossenen Weinfässer

 

 

Mit allen damals trüben Verhältnissen zog der Sommer 1945 ins Land.

In Zistersdorf herrschte die sowjetische Kommandantur. Russische Militärpolizisten versuchten, ihre meist betrunkenen Kameraden in Schach zu halten.

Geplünderte Weinkeller waren an der Tagesordnung.

            Eines Nachts erreichten die Keller- und Saufgelage der Russen einen ungeahnten Höhepunkt.

In Inzersdorf war die mit zahlreichen Schlössern versehene Eingangstür der Winzergenossenschaft aufgebrochen worden. Eine ganze Horde russischer Besatzungssoldaten hatte sich maßlos betrunken und randalierte.

Anzeige bei der Kommandantur.

Die Militärpolizisten rückten aus und sammelten ihre Kameraden ein. Anschließend befahl der Kommandant, die Weinfässer zu leeren. Diesem Befehl Folge leistend schossen die Militärs mit Sturmgewehren und Kalaschnikows  Löcher in die Fässer – und der Wein ergoss sich glucksend und sprudelnd auf den Kellerboden.   

Kaum hatte sich der Vorfall in der Ortschaft herum gesprochen, strömten die Menschen in den Genossenschaftskeller. Zuerst nur zaghaft, dann aber scharenweise.

Mit Kübeln und Kannen ausgerüstet wateten sie knöcheltief im Wein. Sie hielten ihre Gefäße unter die Schusslöcher und schleppten die randvoll gefüllten Kübel nach Hause.

Es dauerte nicht lange, bis auch die Zistersdorfer davon erfuhren und von dem ungewöhnlichen Weinfluss profitieren wollten .

Wie meistens in diesen unsicheren Zeiten mieden sie die Straße und wanderten auf den Bahnschwellen in die Nachbargemeinde, um sich ihre Ration zu holen.

„Vielleicht kommt der Vater bald aus der Gefangenschaft zurück? Lauft hinüber und bringt soviel Wein, wie ihr tragen könnt!“, trug die Mutter ihren damals elfjährigen Söhnen auf.

Hans und Franz machten sich auf den Weg, jeder mit einem Kübel ausgerüstet.

Sie waren jedoch nicht ganz bei der Sache. Erstens hatten sie Angst – immer wieder krachten irgendwo Schüsse - und zweitens waren sie hungrig.

Da erspähten sie auf den damals unbebauten Äckern einen verletzten Feldhasen.

Der Wein war im Nu vergessen.

Sie ließen ihre Kübel stehen und schlichen in Wild-West-Manier dem mit letzter Kraft hoppelnden Hasen nach, umzingelten ihn und warfen sich auf das Tier.

Der Hase strampelte, schlug aus und zuckte ein letztes Mal. Die Buben sahen sich an.

„Das gibt einen feinen Braten! Mama wird sich freuen  ... dazu der Wein!“

Jetzt erst erinnerten sie sich wieder ihres Auftrags.

Sie legten den Hasen in eine Erdmulde, deckten ihn mit Gras zu und sputeten sich auf den Bahnschwellen nach Groß Inzersdorf in die Kellerei.

Die beiden Knirpse sahen sich begeistert um.

Der ausgeflossene Wein stand ihnen bis über die Knöchel. Aus den Fässern sprudelte es zwar nur mehr spärlich, doch die Zwillinge waren erfolgreich und mit etwas Geduld wurden auch ihre Kübel noch voll.        

Ächzend traten die Kinder den Weg nach Hause an.

Immer noch krachten Schüsse durch den hereinbrechenden Abend.

Jetzt aber hatten die Buben keine Angst, denn wie sie waren viele Zistersdorfer auf dem Heimweg. Alle schleppten volle Eimer und Kannen und waren bestens gelaunt.

 

Unweit ihres Hasenverstecks hielten Hans und Franz zur Rast an. Die Kübel waren schwer. Die Kinder müde und vom Weindunst im Keller benebelt.

Es begann zu dunkeln.

Plötzlich sprangen die Zwillinge auf und riefen voll Freude: „Mama!“

Erleichtert liefen sie auf die näher kommende Gestalt zu.

Die Mutter hatte sich schon Sorgen gemacht und war ihren Buben entgegen gegangen.

Im Nu war alle Müdigkeit verflogen!

Stolz zeigten die Kinder die vollen Kübel und führten die Mutter zu der gut versteckten Jagdbeute.

Mama war begeistert. Sie wusste nicht, worüber sie sich mehr freute, über den bevorstehenden Hasenbraten oder über die vollen Kübel.

„Den Wein werde ich in Flaschen füllen – dann hält er, bis Vater heimkommt – das wird ein festlicher Empfang werden!“

Nun, da Mutter mit anpackte, ging es flott und frohgestimmt nach Hause.

„Jetzt gibt´s gleich einen Erdäpfelschmarrn!“, verkündete sie. 

Dies war ein Lieblingsgericht der Buben – und das hatten sie sich an diesem Tag wohl redlich verdient.

 

http://www.mscdn.de/ms/karten/beschreibung_36134-0.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/beschreibung_36134-1.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_219113.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_219114.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_219115.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_219116.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_219117.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_219118.png
0

Hörbuch

Über den Autor

mukk
Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.

Leser-Statistik
45

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
UteSchuster Re: Re: die Buben sind einfach zum lieb haben, -
Zitat: (Original von mukk am 06.06.2010 - 15:32 Uhr)
Zitat: (Original von timeless am 05.06.2010 - 23:26 Uhr) ich habe sie ins Herz geschlossen.


Liebe Grüße deine Ute


Liebe Ute, ...und ich erst! Einer von ihnen wurde in späteren Jahren dann ja mein Mann. Der Schabernack ist ihm aber bis zuletzt erhalten geblieben - danke dir ganz lieb.
Herzliche Grüße
Ingrid



und uns seine liebfreche Art. Danke dafür.

Liebe Grüße deine Ute
Vor langer Zeit - Antworten
Windflieger Re: Re: Ja, das hatten die Jungs sich verdient! -
Zitat: (Original von mukk am 06.06.2010 - 15:35 Uhr)
Zitat: (Original von Windflieger am 06.06.2010 - 14:21 Uhr) Eine Geschichte, wie ich mir das Leben kaum noch vorstellen kann, aber wunderbar!
GLG Ivonne



Ist auch schon lange her. und ich hoffe, so schlimme Zeiten kommen nie wieder. Danke dir ganz lieb und schicke dir Sommergrüße aus Wien!
Ingrid

Ja, bei uns zieht das erste Sommergewitter für dieses Jahr auf. Ich hoffe auch, das solche Zeiten nicht mehr zurück kommen.
LG Ivonne
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Schöne -
Zitat: (Original von anteus am 06.06.2010 - 10:52 Uhr) Geschichte, denn solche aus der, so genannten guten alten Zeit liebe ich.
Liebe Grüße
und Dir einen schönen Sonntag.

Anteus


Lieber Anteus, freue mich sehr über deine Besuche und dein Lesen, danke dir herzlich für den lieben Kommentar.
Mit herzlichen Sommergrüßen aus Wien!!
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Ja, das hatten die Jungs sich verdient! -
Zitat: (Original von Windflieger am 06.06.2010 - 14:21 Uhr) Eine Geschichte, wie ich mir das Leben kaum noch vorstellen kann, aber wunderbar!
GLG Ivonne



Ist auch schon lange her. und ich hoffe, so schlimme Zeiten kommen nie wieder. Danke dir ganz lieb und schicke dir Sommergrüße aus Wien!
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: die Buben sind einfach zum lieb haben, -
Zitat: (Original von timeless am 05.06.2010 - 23:26 Uhr) ich habe sie ins Herz geschlossen.


Liebe Grüße deine Ute


Liebe Ute, ...und ich erst! Einer von ihnen wurde in späteren Jahren dann ja mein Mann. Der Schabernack ist ihm aber bis zuletzt erhalten geblieben - danke dir ganz lieb.
Herzliche Grüße
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
Windflieger Ja, das hatten die Jungs sich verdient! - Eine Geschichte, wie ich mir das Leben kaum noch vorstellen kann, aber wunderbar!
GLG Ivonne
Vor langer Zeit - Antworten
anteus Schöne - Geschichte, denn solche aus der, so genannten guten alten Zeit liebe ich.
Liebe Grüße
und Dir einen schönen Sonntag.

Anteus
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster die Buben sind einfach zum lieb haben, - ich habe sie ins Herz geschlossen.


Liebe Grüße deine Ute
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: -
Zitat: (Original von Luap am 05.06.2010 - 22:25 Uhr) Deine Geschichten sind so einmalig, so richtig zum geniessen.... wieder sehr gerne gelesen... dein Buch liegt ja bei mir immer auf dem Nachtkästchen..

Herzliche Grüsse
Paulchen


Mein liebes Paulchen das freut mich aufrichtig ,,, Wann liegt dein Schnörkelchen auf meinem Nachtkästchen?
Schlaf gut und schöne Träume!!
Liebe grüße
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
Luap Deine Geschichten sind so einmalig, so richtig zum geniessen.... wieder sehr gerne gelesen... dein Buch liegt ja bei mir immer auf dem Nachtkästchen..

Herzliche Grüsse
Paulchen
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
23
0
Senden

36134
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung