Der geheime Garten
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Es war einmal - so begann der alte Mann - ein Kaiser und eine Kaiserin.
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Beide regierten gut und weise ein stattliches Reich. Dieses war begrenzt durch die Wüste im Westen, die Berge im Norden, das Meer im Süden und das Nachbarland im Osten.
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Glücklicherweise herrschte Frieden mit dem Nachbarland. Das lag nicht so sehr an der Weisheit des Königs, und auch nicht an der Friedfertigkeit des Nachbarn, sondern daran, dass der andere Herrscher zu sehr damit beschäftigt war gegen alle anderen Länder Krieg zu führen. Dadurch war das Land im Westen ganz übersehen worden.
 Vielleicht hatte der Herrscher aber auch gedacht:
"Das kann ich mir immer noch nehmen, wenn ich alle Anderen erobert habe, der König ist dumm und friedlich, da wird es ein Leichtes sein ihn zu besiegen, darum muss ich mich nicht kümmern."
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Der Kaiser wünschte sich seit vielen Jahren sehnlichst ein Kind, doch zu seinem Leidwesen konnte seine Frau keines bekommen. Schließlich, beide waren schon über der Lebensmitte, da gebar sie ihm doch noch eine Tochter. Die Geburt aber war so schwer , dass die Kaiserin bald darauf an den Folgen starb.
Nun war der Kaiser mit seiner einzigen Tochter alleine. Er weinte viele bittere Tränen um seine verstorbene Frau, zog sich in seinen Palast zurück und war sehr traurig.
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Er wollte niemanden mehr um sich haben, außer seiner geliebten Tochter.
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Doch er fürchtete sie zu verlieren, wenn der räuberische Nachbar in sein Reich eindringen würde, wie es vorauszusehen war. Diese Angst raubte ihm den Schlaf und so sann er nach, was er gegen die Gefahr unternehmen könne.
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Schließlich hatte er die Lösung gefunden:
Er befahl den besten Gärtnern seines Reiches, zu kommen und vor dem Palast einen riesigen Park anzulegen.
Im Zentrum der Anlage ließ er einen filigranen Turm aus Marmor bauen. Darin waren die Zimmer der Prinzessin untergebracht.
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Silberweiß, wie Mondlicht, schimmerte der Pavillon in der Nacht, wie poliertes Elfenbein glänzte er am Tag.
 Fünf große Gärten entstanden um den kleinen Tempel. In ihnen sollte die Tochter des Kaisers spazieren gehen und sich die Zeit vertreiben können, während der langen Jahre, in denen sie den Park nicht verlassen durfte.
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Sie waren durch leise plätschernde, gewundene Bächlein getrennt, über die zierliche Brückchen führten. Mit hellen Kieseln bestreute Wege wanden sich durch den gesamten Park. Sie alle endeten am marmornen Pavillon.
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Von diesem führte ein geheimer unterirdischer Gang in das Zimmer des Kaisers im Palast.
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Der erste der Gärten war der Garten der Bäume. Dahinein ließ der Kaiser alle innerhalb und außerhalb seine Reiches bekannten Bäume und Sträucher pflanzen, von jeder Art einen. In die Zweige wurden alle bekannten Vogelarten gesetzt, ein Pärchen von jeder Art. Alle friedlichen Tiere des Waldes brachte man her, die Wilden mussten draußen bleiben, um die junge Prinzessin nicht zu gefährden.
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Der zweite war der Garten der Blumen. Dort kamen alle Blumen hinein, die man damals kannte, außer den Rosen. Diese kamen in den dritten, den Rosengarten.
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In den vierten Garten pflanzten die kaiserlichen Gärtner alle heilsamen Kräuter.
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Den fünften Garten ließ der Kaiser in Form eines Labyrinthes bauen. Eine undurchdringliche, hohe Hecke begrenzte die verschlungenen Wege ins Innere.
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Inmitten des Irrgartens wurden Plätze und Nischen angelegt, in die der Kaiser Bilder von allen Künstlern hängen ließ, von jedem Eines.
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Als alles fertig war, gab er den Auftrag, den ganzen Garten einzuzäunen. Acht unüberwindliche Ringe hatte die mächtige Wehranlage: