Sommer, 1999
" Ich weiss nicht wie du dir das vorstellst, Billy ? Mir ist schon klar das eine eigene Praxis hier in New York sicher gut laufen wird, aber das ich mich alleine um die Patienten kümmern soll, ist dann doch ein bisschen zu viel. Ich brauche auch ein bisschen Privatleben und kann mich von meinen Patienten nicht auffressen lassen....! " meinte David Walsh verägert und nippte an seinem Milchkaffee. Er war zusammen mit seinem Freund Billy Tate auf dem Weg zu ihrer neuen Praxis, wo sie sich auf die Ankunft ihrer ersten Patienten vorbereiten mussten. Sie hatten sich diesen gemeinsamen Traum endlich erfüllen können, aber Walsh war von einem Erfolg nicht überzeugt. Sicher konnte er als Diplom-Psychologe gut mit Menschen umgehen und ihnen helfen ihre Probleme in den Griff zu bekommen, aber er wusste auch das es kein Spaziergang werden würde. Eine eigene Praxis bedeutete viel Verantwortung und Walsh wusste nicht einmal ob er dafür schon in der Lage war. Er war Dreizig und hatte außerhalb seiner Arbeit noch ein Privatleben, welches er weiterführen wollte, um endlich einmal an sich zu denken. Den Menschen zu helfen war zwar ganz schön, aber dafür wollte er nicht seine Zukunftspläne opfern. Sein bester Freund Billy drehte seinen Kopf leicht zu ihm um und zuckte abfällig die Schultern. Während sich Walsh um die Patienten kümmern sollte, war er für die Finanzen zu ständig, und hatte außerdem noch seine Familie. Vielleicht mutete er Walsh zu viel zu, aber er war sich keiner Schuld bewusst.
" Welches Privatleben, David ? Du warst seit letztem Winter mit keiner Frau mehr zusammen oder habe ich etwas verpasst ? Außer das du dich mit deinen Eltern zum Essen triffst hast du den ganzen Tag über nichts zu tun. Wieso willst du dann nicht mehr arbeiten ? Wir haben die Praxis aus diesem Grund doch eröffnet. Wir wollten auch einmal die Gewinner sein ? " entgegnete Billy und Walsh überlegte für einen Moment ob er seinen Freund einen Kinnhaken verpassen sollte. Walsh wusste das sein Liebesleben nicht länger existierte, aber es hieß nicht das es für immer so bleiben würde. Irgendwann würde eine junge und wunderschöne Frau in sein Leben treten und ihn in die Realität zurück holen. Aber bis dahin musste er wohl mit seinen Patienten vorlieb nehmen, da ihre Probleme wichtiger waren als seine eigenen.
" Du hast ja recht, Billy. Aber kannst du dann nicht noch einen Psychologen einstellen, der mir ein bisschen hilft ? Ich will nicht überarbeitet Nacht für Nacht ins Bett gehen. " fragte er und Billy schüttelte den Kopf. " Im Moment haben wir dafür kein Geld, David. Wir sehen mal wie es in ein oder zwei Monaten aussieht, aber du bekommst deine Hilfe schon noch. " Walsh war mit dieser Antwort nicht zu frieden, musste sich aber geschlagen geben, da er niemals gegen Billy gewinnen konnte. " Nagut, Billy. Aber sobald wir das Geld haben, möchte ich Hilfe bei der Arbeit haben. Du könntest mir natürlich auch ein bisschen zur Hand gehen ! " versuchte Walsh noch einmal seinen Freund zu überzeugen. " Das hörte sich eben wirklich schwul an, David. Vielleicht solltest du mehr ausgehen und nicht mehr jeden Abend bei deiner kleinen Schwester verbringen. " schlug er vor aber Walsh schüttelte den Kopf. " Ich weiss garnicht was du hast, Billy. Susan und ich verstehen und besser als früher. Wieso sollte ich dies aufgeben, nur wegen einer Frau, die am nächsten Morgen wieder verschwunden ist ? Das ist nicht mein Weg ! " erwiderte er und erntete einen missbilligenden Blick seines Freundes. Billy war nicht zufrieden wie Walsh sein Leben lebte. Vielleicht würde sich die Schwester seiner Frau auf ein Treffen mit dem jungen Psychologen einlassen, überlegte er und trank den letzten Schluck seines Cappucinos. Billy warf den leeren Kaffeebecher in einen Mülleimer direkt vor ihm und drehte sich noch einmal zu Walsh um. " David, ich wüsste vielleicht eine junge Dame die sich mit dir treffen will ! " meinte er und zwinkerte ihm zu, woraufhin Walsh in fragend an sah. " Aber nicht wieder eine Stripperin oder das Mädchen von Nebenan, dass war nichts für mich. Ich brauche eine Frau die mit beiden Beinen im Leben steht. " verkündete er und Billy nickte. " Ich hoffe das ich eine solche finden werde, David. " murmelte er und wandte sich zum gehen ab. Walsh sah seinen Freund noch einen Moment lang nach, bis er kehrt machte und zurück zu ihrer Praxis lief.
Walsh wusste nicht was er antworten sollte. Seit einer Stunde wurde er von einer Patientin über deren Sexulleben unterrichtet und konnte ihr schon nicht mehr zu hören. Er hatte sich auf die Psyche der Menschen speziallisiert und nicht auf verschiedene Sexpraktiken. Was hatte er sich nur dabei gedacht dieser Frau einen Termin zu geben?
" Ich muss wirklich zugeben das mein Mann und ich in unseren Flitterwochen nicht einmal aus dem Zimmer gekommen sind. Es war unglaublich und wird mit den Jahren noch viel besser ! " erzählte sie ohne Punkt und Komma. " Es tut mir wirklich leid das sagen zu müssen, Misses Cohen, aber unsere Zeit ist um ! " log er und hoffte die Frau somit loszuwerden. Misses Cohen warf einen Blick auf die Wanduhr und sah ihn fragend an. " Ich habe aber noch zehn Minuten zeit, Doktor Walsh. Wollen sie etwa nicht das Ende der Geschichte hören ? " Walsh nickte knapp, griff jedoch zu einer Akte und überflog kurz die erste Seite. " Natürlich, Misses Cohen. Aber in zwei Minuten kommt schon die nächste Patientin und dafür muss ich mich noch sammeln. Diese Woche haben wir echt viel zu tun und deswegen können unsere Patienten nicht die volle Zeit bekommen. " log er wieder und Misses Cohen erhob sich mit einem finsteren Gesichtsausdruck. Sie schnappte sich ihre Handtasche und verließ blitzschnell den Raum. Walsh stand ebenfalls auf und schritt durch die Tür um seiner Sekeretärin Anweisung zu geben, das er heute den Nachmittag frei machte. " Und wie war ihr erster Patient, Doc ? " fragte Nancy Jordan und Walsh ließ die Schultern hängen. " Anstrengend ! Bitte rufen sie Doktor Tyler an und sagen sie ihm er soll sich absofort um Misses Cohen kümmern. Ich möchte meine Nerven ein bisschen schonen. " bat er seine Sekeretärin und sie nickte stumm. Walsh atmete tief durch, nahm seine Jacke und verließ mit schnellen Schritten die Praxis.
Am späten Abend traf sich Walsh mit seiner kleinen Schwester Shannon, welche zehn Jahre jünger war als er und wie ihre Eltern wollten, Medizin studierte. Shannon war vor einem Monat nach New York gezogen um hier ihr Studium fortzusetzen und hatte seither mehr Kontakt zu ihrem Bruder. " Du siehst nicht gut aus, David ? War wohl ein schlechter Tag oder ? " fragte sie und er nickte zustimmend. " Das könnte man auch so sagen, Shannon. Ich musste mich heute von einer Patientin voll labern lassen und habe eine Disskusion gegen Billy verloren. Vielleicht hätte ich auch Mom und Dad hören und lieber Arzt werden sollen....! " schnaubte er, lehnte sich auf dem Sofa ein Stück weit zurück und schloss die Augen. " Dann hätte du aber gemacht was sie wollten und nicht was du willst, David. Glaub mir Mom und Dad haben nicht mal gefragt was ich Beruflich machen wollte, sondern mich bevormundet. Es ist gut das du Psychologe geworden bist. Und mit dem Stress wirst du auch bald klar kommen. " meinte sie ehrlich und Walsh grinste matt. Wenigstens unterstützte seine Schwester seinen Berufswunsch. " Danke, Shannon. Ist es in Ordnung wenn ich heute Nacht hier bleibe und auf dem Sofa schlafe?" fragte er und sie nickte. " Natürlich. Ich hole dir eine Decke...."
Pater Jonathan Cross war ein bisschen erstaunt David Walsh wieder zu sehen. Er hatte gedacht das er junge Psychologe endlich einen Menschen gefunden hatte, mit dem er reden konnte, aber es war nicht so. Er hatte Walsh in den letzten sechs Monaten jede Woche dreimal gesehen und mit ihm gesprochen. Dabei kam er nicht um seine Sünden zu beichten, sondern damit ihm auch mal ein Menschen einen Rat geben konnte. Der Fünfzig jährige Priester war es gewöhnt das Menschen zu ihm kamen und Hilfe benötigten, aber Walsh war ein erstaunlicher Fall. " Was bedrückt dich mein, Sohn ? " fragte Cross mitfühlend. " Ich habe mal wieder ärger mit meiner Familie und ich weiss nicht ob ich weiterhin Menschen helfen kann, wenn ich mir nicht einmal selbst helfen kann. " antwortete er und Cross legte nachdenklich die Stirn in Falten. " Gott hat für jeden Menschen eine Aufgabe vorgesehen und das heisst auch mit seiner Familie klar zu kommen. Du darfst nicht vergessen das manche Kinder keine Familie haben und alles tun würden um nicht mehr alleine zu sein. Versuch dein bestes, mein Sohn ! " erwiderte Cross und hoffte Walsh endlich einen Weg in die richtige Richtung gewiesen zu haben. Walsh erhob sich und verließ den Beichstuhl. Er wollte den Rat des Priesters befolgen.
Gegen Mittag hatte Walsh seine zweite Patientin in seinem Büro sitzen, welchem ihm über eine andere Welt erzählte. Dabei vielen die Worten *Dämonen* und *Mächte der Finsternis* recht häufig, sodass er sich fragte warum diese Frau überhaupt noch frei herum laufen durfte. " Die Zeiten sind ziemlich gefährlich geworden für Dämonen, da der Lichtorden immer wieder seine Dämonenjäger schickt um uns zu vernichten. Viele meiner Freunde wurden in den letzten Jahrhunderten vernichtet, was mich nicht gerade glücklich macht. Nicht einmal der Meister kann sich alleine um die vielen Jäger kümmern, da er andere Probleme hat. " Walsh legte die Stirn in Falten. " Wer ist den der Meister?" fragte er und die Frau suchte nach den richtigen Worten. " Ein uralter Dämon, welcher einen Großteil der dämonischen Unterwelt kontrolliert. Er existiert bereits seit dem frühen Mittelalter und hat seitdem versucht die Welt zu überrennen, was ihm aber noch nicht gelungen ist. Es gab da mal eine weisse Hexe, welche seinen Aufstieg verhinderte und zu ihrem Glück dabei getötet wurde. Dennoch sterben jeden Tag hunderte Dämonen auf der ganzen Welt und ich weiss nicht was ich dagegen tun kann. " Walsh runzelte die Stirn und war von sich überrascht, da er der Frau jedes Wort glaubte. " Jetzt habe ich ihnen schon zu viel erzählt, Doc. Ich muss sie nun töten um mein Geheimnis nicht zu verraten. Es darf niemand wissen das sich Dämonen auch in Menschen verwandeln können...." meinte die Frau und Walsh erstarrte. " Das soll wohl ein schlechter Witz sein ? " fragte er aber die Frau erhob sich, streckte blitzschnell ihre Finger aus und ihre Fingernägel begannen augenblicklich zu wachsen. Walsh fiel bei diesem Anblick die Kinnlade hinunter und bevor er reagieren konnte, wurde er gepackt und durch die Luft geschleudert. Er knallte mit voller Wucht gegen die gegenüberliegende Wand des Raumes und schrie vor Schmerzen auf. Die Frau packte ihn erneut und schleuderte ihn gegen die andere Wand des Raumes.
Walsh wusste nicht wie ihm geschah. Er wusste nur das er höllische Schmerzen verspürte. Er griff zu einem Brieföffner neben sich, holte aus und verpasste der Dämonin eine Narbe an ihrer linken Wange. Jedoch wurde er wieder gepackt und gegen die Decke geworfen. Er schmeckte sein eigenes Blut und war dabei ohnmächtig zu werden, als er eine weibliche Stimme hörte. " Darf ich mal stören ? " fragte eine junge Frau, zog eine doppelläufige Schrotflinte und schoss der Dämonin einen Moment später den Kopf von den Schultern. Anschließend kniete sie sich vor Walsh. Er öffnete die Augen.
" Was ist passiert...? " fragte er leise und die Frau grinste matt. " Sie haben gerade ihren ersten Dämon kennen gelernt, David. " erwiderte sie stolz und Walsh hustete kräftig. Er war nicht in der Lage ihr zu antworten. " Wer sind....sie ? " fragte er mit letzter Kraft.
" Lindsay ! " hörte er die Frau noch sagen, bevor die Ohnmacht ihn einholte.
Fortsetzung Folgt....