Fantasy & Horror
Und es gibt doch noch Mächte, die dich retten

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"Und es gibt doch noch Mächte, die dich retten"
Veröffentlicht am 14. Mai 2010, 66 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Und es gibt doch noch Mächte, die dich retten

Und es gibt doch noch Mächte, die dich retten

Beschreibung

Melissa's Vater ist lange verstrorben und ihr Leben ist nur eine einzige Katastrophe. Als sie durch unerklärliche Weise auch stirbt, eröffnet sich ihr eine neue Welt...

Der Anfang vom Ende

Es wurde langsam dunkel, als ich mich zum Friedhof „Salvage“ begab, wo mein, schon vor fünf Jahren verstorbener Vater lag. Der Mond war schon aufgegangen und es sah wunderschön aus, wie sich das Mond- mit dem Sonnenlicht schnitt. Da war es, das Grab meines Vaters, grau, kalt und drauf stand: „Ruhe in Frieden...“ Die gelben Lilien waren verblüht und hingen trostlos da. Diese Einsamkeit, sie war so fremd, so ungewohnt und in diesem Moment war sie überall. Die Tränen, die raus mussten, die aber schon längst ausgetrocknet waren, stiegen in meinen Augen hoch. Ich war mutterseelenallein in dieser Welt; meine Mutter hat mit dem Trinken angefangen, kurz nach dem er von uns gegangen war und war fast nie zu hause, wenn dann nur nachts und nicht alleine, sondern mit ihren neuen „Freunden“. Ich war ihr ziemlich egal. Einmal als ich eine eins nach Hause gebracht und die ihr vorgelegt hatte , hatte sie nur genickt und geschnaubt, ich solle auf mein Zimmer gehen. Vater hätte das gefeiert und wäre mit mir ins Kino gegangen. Danach bin ich auf die Straße gegangen, um meine Wut im Qualm einer Zigarette zu ersticken. Eigentlich rauchte ich nicht, aber seit diesem Moment war ich süchtig nach Tabak. Immer wenn ich wütend war, oder mich etwas aufregte, rauchte ich eine. Ich war im Unterricht abgerutscht, legte mich oft- vor allem mit meiner Englischlehrerin- mit anderen Lehrern an, haute im Unterricht ab und war in einer kriminellen Clique. Bald griff ich zu Joints zu und begann mich zu ritzen.
Niemand bemerkte meinen Frust, den ich im Rauchen und ritzen unterdrückte. Auf dem Friedhof, auf dem ich immer öfter war, besann ich mich, aber rauchte bereits schon beim Rausgehen wieder. Als ich wieder mal am Friedhof saß, meinte ich, silbrigen Rauch über dem Grab meines Vaters zu erkennen. Vielleicht war ich schon von den drei Joints von vorhin so benebelt? Und heute war alles normal. Kein silbriger Rauch, gar nichts. Ich hatte wie immer den Tag mit einer Zigarillo begonnen und mit Joint aufgehört. Ich hatte wie immer mich mit meiner Mutter angelegt und dann war ich weggelaufen. Doch ich wusste, ich würde wieder kommen, in das Zuhause, das nicht mein Zuhause war. Der Rauch über dem Grab war intensiver geworden und nahm so langsam  Form an.
Das konnte unmöglich die Gestalt meines Vaters sein. Wahrscheinlich halluzinierte ich schon wieder, wie ich es fast jeden Tag tat.
Ich sah komische Gestalten, die ebenfalls aus diesem silbrigem Rauch bestanden. Ich schloss die Augen und öffnete sie wieder. Noch immer sah mich mein Vater an, er lächelte sogar.
„Dad...“, brachte ich hervor, doch dann verschwand die Gestalt wieder in der selben Weise, wie sie aufgetaucht war. Die Tränen, die sich in meinen Augen angesammelt hatten, rannten, wie Flüsse meine Wangen herunter und zersprangen auf der harten Erde. Mit zitternden Händen griff ich nach einer Zigarette und zündete sie an. Ich wusste, Rauchen schadet dem Körper, doch in solchen Momenten war mir das egal. Mein Leben war eh zerstört, wieso nicht auch den Körper ruinieren? Mit einem Blick auf die Uhrzeit erfuhr ich, dass ich wieder mal zu spät zu meiner Mathenachhilfe, die ich von eigenem Taschengeld bezahlte, kommen würde. Also schmiss ich die Zigarette weg und beeilte mich schleunigst  hinzukommen.

Zum Glück war sie nur 5 Minuten vom Friedhof entfernt. Ich klingelte. Nichts geschah. Ein paar Augenblicke später wurde die Haustür geöffnet.
Mr. Bright bat mich herein und schloss die Tür hinter mir zu. „Hallo Melissa“, begrüßte er mich freundlich. Ich nickte abwesend und ließ ihn meinen Anorak ausziehn und mich in das Wohnzimmer führen. Dann holte ich meine Mathesachen raus und wir machten einpaar Übungsaufgaben und meine Hausaufgaben, damit ich was bleiben konnte. Morgen war Samstag, also keine Schule, aber ich erledigte alles lieber am Freitag. Als wir fertig waren, räumte ich die Sachen wieder in meine Tasche und gab ihm das Geld. Doch zu meiner Überraschung lehnte er ab und hauchte mir ins Ohr: „Ich will das Geld nicht, ich will etwas anderes.“ Mein Gehirn setzte aus. Vielleicht hätte ich wegrennen und die Polizei alarmieren müssen, doch ich konnte mich nicht bewegen. Es war schlimmer als ein Albtraum, doch ich genoss es. Er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel und streichelte ihn. Seine Lippen schmiegten sich an meine und mit leichter Gewalt gelang ihm sein erwünschter Zungenkuss. Ich gab es auf, mich ihm zu widersetzen. „Nenn mich demnächst ruhig Joseph“, flüsterte Mr. Bright und fuhr mit seiner Hand unter mein Pullover. Zu meinem Entsetzen erregte mich seine Vorgehungsweise und ich konnte mich nicht zurückhalten, nicht aufzustöhnen. Dann streifte er den Pullover von mir und begutachtete meine Oberweite. Joseph zog mir auch meine Jeans aus und fing an, mit seiner Zunge meinen Körper zu erkunden. „Moment...“, murmelte ich bestimmt. Es war falsch. Ich stand auf und wollte gehen. Doch Joseph griff nach meinem Handgelenk und hielt mich fest. „Nein, du bleibst hier“, sagte er, was sich fast wie eine Drohung anhörte. Eine Sekunde später drückte er mich an die Wand und seine Zunge befand sich plötzlich in meinem Mund. Ich wollte mich wehren, aber er war stärker. Seine Hand glitt in meinen Slip und streichelte meinen Schambereich, sodass ich ihn doch wollte. Aus dem Streicheln wurde ein leichtes Massieren und er grinste, als er sah, dass ich zu keuchen begann. „Du bist ein gutes Mädchen...“, grinste Joseph und ging mit der Zungenspitze meinen Hals entlang. Als eine Antwort konnte ich nur ein Stöhnen rausbringen. Das gefiel ihm. Er liebte es, wenn ich in sein Ohr stöhnte. Er liebte es, mich anzufassen. Ich wusste es ganz genau.
In diesem Augenblick erinnerte mich etwas an den Jungen, den ich an dem Tag zuvor gesehen, und mich sofort in ihn verliebt hatte. Höchstwahrscheinlich würde ich ihn nie mehr wiedersehen und dieser Gedanke zerriss mein Herz in zwei Teile. Ich stieß Joseph von mir weg, nahm meine ganzen Sachen und rannte, so schnell ich konnte zum Friedhof, wo ich mich anzog. Etwas hysterisches stieg in mir hoch und ich brach wieder in Tränen aus. Ich wollte um mich schlagen, wollte jeden umbringen, der mir nur über den Weg lief. Jetzt noch fast vergewaltigt! Was kommt als nächstes? Das Gefühl der Leere und des Dreckigseins fraß mich auf.
„Vater...“ Ich taumelte zu seinem Grab und fiel auf die Knie. „Vater, hilf mir...“, brachte ich unter den Tränen hervor. Das Vergehen der Zeit hatte ich vergessen, genau so, wie alles andere um mich herum. „Ich werde da nie mehr hin gehen! Nie mehr!“, dachte ich. Ich war mir nicht wirklich sicher, ob ich es nur gedacht, oder ob ich es heraus gebrüllt hatte. Aber dann verlor ich das Bedürfnis, darüber nachdenken zumüssen.
Es wurde langsam dunkel, aber ich wollte nicht zurück in das Gebäude, was man das "Zuhause" nennt. Ein Krähen drang aus einem Gebüsch und ich schreckte auf, denn dieses riss mich aus meinen Gedanken.

Marius

Ich öffnete meine Augen. Wo war ich? Was war geschehen? Nach einem Umsehen gelang es mir, mich zu erinnern, dass ich mich immer noch auf dem Friedhof befand. Aber der Friedhof hatte sich irgendwie verändert:
Die Grabsteine waren nicht mehr grau, sondern schwarz mit weißer Schrift und das Gras hatte die Farbe Orange angenommen. Hatte ich wieder zu viel geraucht? Wahrscheinlich ja. Mit einem Blick auf die Uhr sprintete ich nach... Hause? In dem Moment fiel mir kein anderer Ausdruck ein.
Die Straßen waren leer. Kein Wunder! Es war ja schon kurz nach Mitternacht.
Ich blieb vor dem Haus wie angewurzelt stehen. Ein Krankenwagen stand vor der Tür. Wer war gestorben? Ich fragte dies einen Sanitäter, doch er schien mich nicht zu hören oder er ignorierte mich. Da war meine Mutter. „Mom?“, rief ich, zu ihr gehend. Aber sie antwortete nicht, sie schaute mich nicht mal an. Ein Arzt schritt zu ihr und fragte: „Wissen Sie, wie Ihre Tochter umkam?“ Tochter? Ich war doch ihre einzige... Nein, das konnte nicht sein! Oder etwa doch? War ich tot? „Das muss ein Traum sein...“, flüsterte ich entsetzt.
„Nein, es ist kein Traum“, sagte eine männliche Stimme hinter mir. „Du bist tot.“ Rasch drehte ich mich zu der Stimme um. Er war wunderschön. Seine Augen waren grün-grau, seine Haare hatten die Farbe eines pechschwarzen Raben und sein Gesicht war blass und mit markanten Zügen. Doch plötzlich verschwand er wieder und hinterließ nur eine leichte Luftbrise.
Tot... Ja, ich war tot und niemand, niemand stand mir bei. Meine Mutter vergoss sogar keine einzige Träne, was sicherstellte, dass ich ihr vollkommen egal war. Okay, fassen wir mal zusammen: Drogensüchtig, unglücklich verliebt, beinahe vergewaltigt, fast ein Waisenkind und... tot.
Wow, besser kann es nicht werden, oder?
Ich setzte mich auf eine Stufe unseres Hauses und überlegte: "Was soll ich jetzt tun? Wo zur Hölle soll ich hin?" Mir fiel leider keine Lösung für mein Problem ein. Wäre auch ein Wunder gewesen! Plötzlich vernahm ich ein Stöhnen, das aus der Nähe kam. Ich bewegte mich zu dem Ursprung der Geräusche und entdeckte zwei Personen beim Geschlechtsverkehr.
Nach dem genaueren Hingucken, erkannte ich, dass es zwei Männer waren, die es miteinander trieben. Da ich nichts zu tun hatte, beschloss ich ihnen zuzugucken. Mich konnte ja eh keiner sehen. Na ja, die hatten noch nicht richtig angefangen. Der eine saß mit zurückgeworfenem Kopf in einem Sessel, während der andere sein bestes Stück liebkostete. "Warum tu ich das?", dachte ich und versuchte mich abzuwenden, doch meine Augen klebten an den zwei Männern.
Einer, der mit blonden Haaren sah etwas jünger aus, als der mit schwarzen Haaren, der bequem im Sessel saß. "Oh, das Fenster ist ja auf! Denen ist wohl alles schnuppe!", grinste ich in mich hinein. Da erhob sich der Blonde und küsste den anderen leidenschaftlich, währen der andere ihm die Hose, samt den Boxershorts runter streifte. „Jetzt ist die Rache mein!“, lachte der Schwarzhaarige und stieß den anderen so von sich, dass er mit dem Rücken auf dem Boden landete und drehte ihn rasch auf den Bauch. „Was...“, fing der Blonde an, doch dann stieß der andere so fest in ihn rein, dass er den Satz nicht zuende brachte und nur ein lautes Stöhnen von sich gab.
Der Schwarzhaarige wurde langsamer und streichelte die Wange des anderen. „Heute warst du brav, Mikey“, grinste er und strich über die Haare des anderen.
Ich zwang mich dazu, doch noch weg zu gehen, denn mir wurde das ganze etwas zu wild. „Melissa...“, kam es von der linken Seite. Sofort drehte ich mich in die Richtung, aus der die Stimme kam. Es war der Junge, der mich schon vorher besucht hatte. „Melissa, es tut mir leid, dass ich vorhin so schnell gegangen bin“, er guckte plötzlich auf den Boden, „ich musste etwas wichtiges erledigen.“ Wegen seiner Schönheit vergaß ich, dass ich auf ihn sauer sein wollte und sagte kaum hörbar: „Ist schon okay.“ Er kam auf mich zu, seine Gangart war übermenschlich, es sah so aus, als ob er schweben würde. „Mein Name ist Marius“, stellte er sich vor.
„Bist du ein Vampir?“ Meine Neugier war zu groß, um diese Frage zurückhalten zukönnen. Marius kicherte. „Deine Frage schmeichelt mich.“
Im nächsten Augenblick wurde er wieder ernst. „Und was wäre wenn du Recht hättest? Was wäre wenn ich wirklich ein Vampir wäre?“
Ich spürte, wie Hitze in meine Wangen stieg und schaute zur Seite. Seine Hand berührte meine Wange. Sie war eiskalt aber samtweich. „Dein Vater hat mir viel von dir erzählt“, sagte er. Erstaunt blickte ich ihm ins Gesicht. „Vater?! Du kennst ihn?“, rief ich fast aus. Marius nickte. „Ich werde dich gleich zu ihm bringen.“ Es war unglaublich, ich würde endlich Dad wiedersehen. Plötzlich verschwanden wir von der Erdoberfläche.
Wir flogen endlos lange und der warme Nachtwind zerzauste meine Haare. Wir flogen sogar durch die Atmosphäre und ich sah, wie unsere Stadt immer kleiner wurde und die Lichter sich mit tausend anderen mischten.
In der nächsten Sekunde wurden wir von einem Nebelfeld eingehüllt.
Ebenso schnell riss die Nebeldecke wieder auf und was ich dort unten sah, war ein großes, grünes Feld mit Pfirsichbäumen, die weiße Blüten trugen.
Der Boden unter ihnen war stellenweise von herabfallenden Blüten weiß.
Ich staunte. Es war alles so wunderschön, doch die hohen Berge im Hintergrund, die schwarz waren, trogen augenblicklich die geheimnisvolle Atmosphäre. Marius nahm mich bei der Hand, wodurch mein Herzschlag erhöht wurde. "Hoffentlich merkt er das nicht", dachte ich.
Plötzlich drehte er seinen Kopf zur Seite und seine schwarzen Haare flogen mir ins Gesicht. Sein Gesicht beugte sich zu mir vor und ich erkannte braune Sprenkel in seinen Augen. Dann trafen sich unsere Lippen, während die weißen Pfirsichblüten sanft auf uns herabfielen. Neben uns rieselte ein Bach und als ich hineinsah, sah ich unser Spiegelbild. Seine wundervollen Haare umhüllten mein Gesicht und vermischten sich mit meinen rotbraunen.
Ich konnte mein Glück nicht fassen. Ich küsste mich mit einem Jungen und ich kannte ihn noch nicht mal richtig. Aber das war mir egal. Seit dem Tod meines Vaters war mir alles egal. „Du gehst dich besser umziehen“, meinte er, „du willst doch nicht in den dreckigen Sachen deinen Vater treffen, oder?“
Ich nickte. „Stimmt.“
Er führte mich zu einem großen, weißen Haus, indem ich sofort neue Kleider bekam und mich waschen konnte. Die Kleider waren anders als bei uns.
Eher mittelalterlich. Mein Kleid ging mir bis unter die Knie und ich trug zu dem taubengrauem Kleid einen roten Umhang. Ich ging wieder ins Freie, wo Marius mit meinem Vater stand. Mein Vater sah schön aus. Wenn es nicht mein Vater wäre, dann würde ich mich direkt in ihn verlieben.
Ich lächelte ihn scheu an.
„Ich bin`s, Melissa“, sagte ich.
Er lächelte auch.
„Ich weiß“, erwiderte er. Das war also mein Vater, der kurz vor meinem dreizehnten Geburtstag starb. Vor Glück rannte ich auf ihn zu und warf mich ihm in die Arme. Er war so stark. Das lag vielleicht daran, dass er aufgehört hatte, zu rauchen. Marius stand verlegen abseits und machte ein Gesicht, das eine Mischung aus Eifersucht und Rührung war. Eifersüchtig, weil er vermutlich dachte, ich würde mich nicht mehr um ihn kümmern und wäre wahrscheinlich jetzt gerne an Vaters Stelle und gerührt, weil er diese Szene sah. Das alles brachte mich zum Lachen. Marius war schon ein komischer Vogel. Erst küsste ich mich mit ihm, dann konnte er den Anblick nicht ertragen, dass ich meinen Vater umarmte. Es verging kaum eine Minute und schon krümmte ich mich, weil ich so sehr lachen musste. Da ging Marius. Er drehte sich abrupt um und ging einfach. "Das habe ich nicht gewollt", dachte ich.
„Nun geh schon“, sagte Dad, „lauf ihm nach. Er ist etwas empfindlich, musst du wissen.“
Ohne zu zögern rannte ich dem Mann meines Lebens nach. Ich wollte ihn nicht wieder verlieren und wenn dies passieren sollte, würde ich nie wieder glücklich sein können.
Dort war er. Er saß am Ufer und starrte in die Tiefe des Wassers.
„Marius...“, fing ich an. Doch er unterbrach mich mit einer bitteren Stimme:
„Ich habe meine Aufgabe ausgeführt. Ich habe dich zu deinem Vater gebracht und nun ist es Zeit für mich zu gehen.“
„Nein!“, protestierte ich, „Bitte nicht. Ich liebe dich!“
Er schaute mich mit seinen wundervollen Augen an. „Wirklich? Würdest du alles aufgeben, nur um bei mir zu sein?“
Ich nickte. Da stand Marius auf und schloss mich in seine Arme.
"Er ist so wundervoll... so perfekt...", dachte ich, während ich mich an ihn schmiegte.
Ein Regentropfen fiel auf meine Schulter. Ich weiß nicht wie lange wir so standen, aber schließlich löste ich mich von ihm.
„Der Regen hier“, sagte er in den Himmel schauend, „ist nicht von Abgasen verseucht. Die Pflanzen und Tiere lieben diesen Regen. Unseren Regen.“

Alles hat ein Ende

Obwohl Marius bei mir war, musste ich daran denken, dass es sehr bald nicht mehr so sein würde. Müsste ich dann in meine Welt zurück? Aber ich war doch gestorben! Scheintot? Bestimmt hatten sie mich schon begraben.
Anscheinend floss eine Träne meine Wange herunter, denn Marius wischte mit seiner Hand etwas Nasses weg.
„Woran denkt du?“, fragte er leise.
Ich zögerte. „Es ist...nichts“, sagte ich lächelnd, jedenfalls versuchte ich dies zu tun. „Alles in bester Ordnung.“
Nach einer Schweigepause machte ich mich auf den Weg nach Hause, zu meinem Vater.
Dieses Mal war es das richtige Wort. Denn es fühlte sich nicht mehr fremd an.
Als ich die Tür aufmachte, kam mir ein sanfter Lilienduft entgegen. Ich folgte ihm und stieß auf eine schwarze, alte Tür, die ich ohne nachzudenken öffnete.
Der Raum war vom Sonnenlicht erhellt und überall hingen Bilder von irgendwelchen Tieren.
Dad saß an einem Tisch aus schwarzem Holz und schreib irgendwas, das wie ein Brief aussah. Er schien so sehr in sein Schreiben vertieft zu sein, dass er mich nicht bemerkte.
Also schlich ich mir wieder aus dem Zimmer.
Mein Herz wollte zu ihm, aber mein Verstand sagte Nein. Sollte ich meinem Herz folgen?
Ich ging wieder nach Draußen und setzte mich unter eine alte Weide.
Vielleicht hatte ich unbewusst auf ihn gewartet, denn als er vorbei kam, schlug mein Herz etwas schneller und mein Magen machte einen Salto rückwärts.
„Marius...“, wollte ich ihm hinterher rufen, doch dies kam mehr als ein Flüstern heraus. Aber er hörte mich.
Marius kam auf mich zu und setzte sich neben mich hin.
Niemand von uns sprach ein Wort.
Ich betrachtete seine Hände. Sie waren ganz blass und groß. Sie strahlten Sicherheit aus.
Dann seine Augen. So schön, dass man sich in ihnen verlor.
Er legte einen Arm um mich. Dieses wohlige Gefühl kam wieder in meinen Körper, wie es immer war, wenn Marius bei mir war. Mein Marius...
„Das Kleid steht dir“, sagte er auf den Boden guckend. Ich musste mich sehr zurückhalten, um nicht über ihn her zu fallen.
„Danke“, brachte ich mit Mühe heraus. Es folgte wieder eine Schweigepause.

Ich fühlte mich zwar pudelwohl auf diesem Planeten und mit den Menschen um mich herum, doch irgendetwas ließ mich zurückweichen.

Wahrscheinlich waren es die Enttäuschungen, die mich mein Leben lang begleitet hatten. Ich konnte mich nicht fallen lassen, obwohl mir bewusst war, dass Marius mich wirklich liebte.

Nun fand ein innerer Kampf statt. Es war wirklich schwer mich davon zu überzeugen, dass nichts Schlimmes passieren würde. Er sah mich mit einem Dackelblick an, der mich sofort erweichen ließ. Dann überwand ich mich und küsste ihn auf seine weichen Lippen, die sofort meinen Kuss erwiderten.
Zu meiner Überraschung wurde der Kuss intensiver und Marius drückte mich so an sich, dass kein Zentimeter Platz mehr zwischen uns war.
Zum ersten Mal sah ich seine spitzen Zähne. "Ha! Wusst’ ich es doch! Er ist ein Vampir!", dachte ich triumphierend.
Doch plötzlich ließ er von mir ab. „Es ist Abendessenszeit“, meinte er abwesend, nahm meine Hand und führte mich ins Haus.
Vor der Tür gab er mir einen Kuss und danach konnte ich nicht mehr richtig auf den Beinen stehen.
Arm in Arm gingen wir zum Esstisch, der bestimmt zehn Meter lang war.
Es gab alle erdenklichen Speisen und Getränke, sodass man sich wortwörtlich den Bauch voll schlagen konnte. Verlegen setzte ich mich zu Marius an den Tisch und sah mich um. Wo sollte ich anfangen? Nach einiger Zeit, wo mich schon alle etwas komisch ansahen, entschied ich mich für etwas, das aussah wie Kartoffeln und irgendein salatähnliches Gericht. Bald überwand ich meine Scheu und aß von fast allem etwas, außer Fleisch, da ich mir nicht sicher war, welche Tiere es waren und weil ich Vegetarierin war. Als alle den Tisch, außer Marius und mir verlassen hatten, begann Marius über etwas Kompliziertes zu reden, was ich nicht verstand und nicht verstehen wollte.
Alles was ich verstand war, dass es in diesem Land hinter dem Weltall Schattenwesen gab und das andere, was er mir mitteilen wollte, ging an mir vorbei, wie ein Windstoß. Als er irgendwas mit einem schwarzen Pferd erwähnte, verstand ich schwarzer Herd und lachte los, obwohl Marius ein sehr ernstes Gesicht machte. Ich konnte nicht mehr aufhören.
„Hörst du mir überhaupt zu?“, rief Marius mit vorwurfsvoller Stimme.
„Du lachst hier aus vollem Halse und ich rede über etwas Ernstes, das auch dich betrifft.“
Sofort fiel mir das Lachen aus dem Gesicht. Doch ich musste immer noch grinsen. „Tut mir leid, ich hab was falsch verstanden“, meinte ich beruhigend.
Doch Marius schien mir noch immer sehr aufgebracht zu sein.
Schließlich legte er noch einmal von vorne los und diesmal hörte ich wirklich zu. Jedenfalls versuchte ich es, denn ich war total müde und wollte nur noch ins Bett. Ich hörte wieder das mit den Schattenwesen, die man nicht sehen konnte, die aber trotzdem da waren. Sie nisteten sich ganz unbemerkt in die Seele ein, wenn man ihrem Gerede zu lange zuhörte und man wurde nach und nach wie sie. Jetzt kam mir das Ganze schon wie ein Fantasyroman vor, beinah einem Horrorschocker. „Du willst mir doch nur Angst machen, oder?“, fragte ich Marius unsicher. Doch er in Ruhe schüttelte nur den Kopf und legte mir seine warme Hand auf meine und sah mich ernst an. Mir wurde klar, dass er es sehr ernst meinte. Ich schaute weg und sagte:
„Ich gehe mal ins Bett. Gute Nacht.“ Marius nickte. Auch er stand auf und ging nach draußen in den mondbeschienenen Park. "Wo wohnt er bloß", dachte ich, während ich mein Zimmer betrat. Doch an der Schwelle drehte ich mich um und marschierte in das Zimmer meines Vaters.
„Kann man denn nichts gegen diese Schattenwesen tun, Vater?“, fragte ich besorgt.
„Sie haben Angst vor Wärme. Vor der Wärme in deinem Herzen, deiner Seele“, antwortete mein Vater.
„Welche Wärme?“, fragte ich verdutzt.
„Die Liebe, Melissa. Die Liebe ist ein Schutz gegen alles Dunkle, dass sich deiner Seele und deines Herzen bemächtigen will. Aber wenn du dich in deiner Liebe enttäuschst, wirst du wieder angreifbar“, sagte mein Vater warm, „und manche Menschen, die nicht mehr an die Liebe glaubten, wurden wie sie.“
Ich schwieg. „Aber wie vernichtet man sie? Wenn man sie nicht sehen kann?“, fragte ich.
„Die Legende sagt, dass es ein Kristall gibt, der sie vernichten kann. Doch man hat ihn nie gefunden“, sagte mein Vater.
„Aber wie kann man ihn finden?“, fragte ich weiter
Doch mein Vater schüttelte nur den Kopf.
„Wenn ich das nur wüsste. Aber vielleicht findest du ihn ja?“, fragte er und zwinkerte mir zu. Ich starrte verdattert zu ihm und sah im zu, wie er seine Pergamente sortierte. Dann ging ich wieder in mein Zimmer. Ob Marius auch von diesem Kristall wusste? Ich musste ihn sofort fragen. Doch er schlief bestimmt schon und so beschloss ich mich dazu, ihn zu lassen.

 

Am nächsten Morgen ging ich noch vor dem Frühstück auf die Suche nach ihm. Doch ich fand ihn nicht. Der Einzige, den ich sah, war mein Vater.
Ich fand ihn, als er die Blumen in seinem Garten goss.
„Vater, wo ist Marius?“, fragte ich ihn.
„Er kommt und geht. Nirgends ist er so wirklich zu Hause“, antwortete er abwesend.
Ich hob eine Augenbraue. "Aha", dachte ich. Musste Vater immer so in Rätseln sprechen? Ich ging zu dem Fluss, wo ich erst mal baden wollte. Rasch zog ich mein Überkleid aus und stand nur noch in einem weißen leinenähnlichem Gewand in der Wiese, das wie ich fand etwas durchsichtig war, aber es war ja niemand zu sehen. Ich stieg vorsichtig durch das weiche Gras und Pfirsichblüten und fand hinter einem gelb blühenden Strauch eine geeignete Badestelle, die etwas wannenartig war. Das Wasser war kristallklar und angenehm warm. Ich sah kleine Fische, als ich mich entschloss, zu tauchen. Als ich wieder auftauchte, stand Marius grinsend vor mir.
Mir war erst nicht bewusst, dass er dort stand. Er hatte nur noch seine lederne Hose an und sein Oberkörper war nackt. Noch immer grinsend schaute er mich an. Auf einmal war ich so wütend auf ihn. Warum wusste ich auch nicht. Aber ich musste meine Wut irgendwie ablassen. Marius stieg ins Wasser und ich tauchte ab. Ohne jede Vorwarnung zog ich seine Beine weg und er fiel mit einem lauten Klatscher fast auf mich. Prustend tauchte ich neben ihm wieder auf. Marius spuckte einen Wasserstrahl aus und strich sein langes schwarzes Haar aus der Stirn. Sein Gesicht war mir so nah.
Wir standen uns im Wasser gegenüber und die Sonne ließ Wassertropfen auf seinem Gesicht glitzern. Ich stieg aus dem Wasser und sank neben dem betörend duftenden Strauch ins Gras. Marius sah mich an und kam ebenfalls aus dem Wasser. „Wusstest du, dass der Duft des Strauches dich betäubt?“, fragte er und setzte sich neben mich. Seine Hand begann mit meinem rotbraunen Haar zu spielen. Plötzlich beugte er sich vor und küsste mich. "Hör bloß nicht auf", dachte ich und erwiderte seinen Kuss.
Doch irgendwas in mir ließ mich zurückweichen. Verlangend küsste er mich weiter, als ob er diese Unsicherheit spürte. Plötzlich legte sich etwas Warmes, geheimnisvolles um uns. "Das ist dieses Band, mit dem man den Kristall bilden kann", dachte ich aufgeregt. Marius spürte es offenbar auch, denn er sah mich glücklich an. „Wünsch dir was“, flüsterte er aufgeregt.
„Ich will nur dich“, murmelte ich. Er drückte mich ins Gras. Lange lagen wir nebeneinander und die Wärme der Sonne ließ mich einschlafen. Als ich aufwachte, war es schon dunkel und die ersten Sterne schimmerten durch die Äste des Baumes, der neben mir wuchs. Mir war so seltsam kalt.
Etwas fehlte mir. Nach langem Überlegen wusste ich es. Marius. Wo war er?                        
Sie hatten ihn, durchfuhr es mich. 

Winter

Marius ist jetzt schon seit zwei Monaten verschwunden und die Sorge um ihn wurde bei mir immer größer, wie das Loch in meinem Herzen. Nur dank unserem Band wusste ich, dass er noch... lebte? Draußen war es sehr kalt geworden und die schöne Landschaft verwandelte sich fast in ein Schreckensbild und verlor seine Romantik. Ich trug ein dickes Wollkleid und meine Jeans, die ich noch von der anderen Welt hatte. Darüber trug ich einen Fellmantel. Ich musste ihn finden, egal wie und wo. Alle merkten zwar, dass er nicht mehr auftaucht, aber sie schienen sich dabei nichts zu denken, weil er schon mehrmals nächtelang nicht da gewesen war. Aber ich wusste wo er war. Nämlich bei jenen Schattenwesen, von denen er mir erzählt hatte. Aber wo sollte ich suchen, wo sollte ich mit der Suche anfangen. Ich suchte Rat bei meinem Vater.
„Fang in deinem Herzen an, in deiner Seele. Jeder hat diese Schattenwesen in sich. Vielleicht findet dein Schattenwesen den Weg zu den anderen“, schlug mein Vater mir schließlich vor.
„Bei mir selbst? Aber...“, stotterte ich. Doch mein Vater sagte nichts mehr und starrte in das Feuer seines Kamins.
Ich ging nachdenklich zu der alten Trauerweide am Fluss, die ich beim Baden vor zwei Monaten gesehen hatte. Nachdenklich sah ich zu der Stelle hin, wo ich und Marius gebadet hatten. Sie war vereist und der Schnee lag dick darauf. Plötzlich sah ich kleine Spuren vor mir, die in den Wald am anderen Ufer gegenüber von mir führten. Rasch prüfte ich, ob die Eisdecke des zugefrorenen Flusses mich trug. Es klappte und ich ging auf die andere Seite. Die Spuren ließen sich nur schwer als Tierspuren erkennen. Ein eiskalter Wind blies mir ins Gesicht und Schneeflocken wirbelten herum. Die Spuren verwischten allmählich, während ich den Resten in den Wald folgte. Im Wald empfing mich eine tiefe, fast unheimliche Stille. Nur der Wind jaulte durch die Baumstämme und die Tannen bogen sich knarrend unter der Schneelast.
Ich drang immer tiefer in den Wald hinein und es wurde immer dunkler.
Plötzlich hörte ich ein leises Wimmern. Nach einer halben Minute zögern, ging ich in die Richtung, wo es her kam.
Es war ein kleiner Junge. Ich schätzte ihn so um zwölf Jahre ein.
Er zitterte vor Kälte. „H-Hilf mir“, bat er mit klappernden Zähnen.
Ich nahm ihn in die Arme und wickelte ihn in meinen Mantel, der etwas groß für mich war, ein. Da es schon dunkel geworden war, beschloss ich nicht weiter zugehen.

Am nächsten Tag weckte mich der Gesang von Vögeln. Ich öffnete meine Augen. Der Schnee war geschmolzen, das Gras war grün und es war warm. Ich zog vorsichtig den Mantel aus. Der Junge schlief immer noch tief und fest.  "Warum ist es plötzlich so warm?", wunderte ich mich und sammelte ein paar Früchte für das Frühstuck.
Als ich wiederkam, war der Junge schon wach und betrachtete sein Umfeld.
„Wer bist du?“, fragte ich, während ich mich neben ihn setzte.
„David. Und du?“, antwortete er mit großer Neugier.
„Melissa“, stellte ich mich vor und biss in einen Apfel rein.
„Was machst du hier?“, fragte er und nahm auch einen Apfel.
Ich erzählte ihm meine Geschichte, wie ich Marius getroffen hatte, von meinem Vater, wie Marius verschwunden war und von den Schattenwesen.
David hörte aufmerksam und fasziniert zu. Nach einer Weile nickte er und sagte: „Du schaffst das. Du findest ihn“.
Dann erzählte er mir, wie er wegen des Feuers, das die Feinde seiner Familie angezündet hatten, weggelaufen war, dass er sein Stamm tot glaubte und dass er sich verlaufen hatte.
Ich schwieg betroffen. Dem ging es ja noch schlimmer, als mir. Ich hatte auch meine Familie verloren aber er hatte alles verloren. Ich hatte wenigstens noch meinen Vater. Und meine Mutter in der anderen Welt. Auch wenn sie glaubte, ich sei tot. Was ich ja auch im Endeffekt war. Oder? „Du wirst deine Familie bestimmt wieder finden. Sie sind sicher nur in einer anderen Welt“, meinte ich schließlich zu dem kleinen Jungen, weil ich dachte, dass kleine Kinder noch sehr naiv waren und noch an so was dachten. Doch David schüttelte den Kopf und auf einmal kam er mir sehr erwachsen vor. Ich zuckte die Schultern und schlug ihm vor, er solle mich begleiten. „Wie sollen wir zu den Schattenwesen kommen? Ich weiß zwar vieles über die Umgebung aber nicht alles“, wich er meiner Frage aus. „Keine Ahnung“, sagte ich laut, obwohl dies nur für meine Gedanken bestimmt war.
„Mein Vater sagte, ich muss in meinem Herzen anfangen, zu suchen“, fügte ich schließlich nach einer langen Pause hinzu. David sah mich nur mit verständnislosen Augen an. „Ich versteh das auch nicht“, seufzte ich.
Der Junge sah mich immer noch an. „Die Schattenwesen kommen, wenn man Angst um jemanden hat. Dein Schattenwesen will sich dann ihnen anschließen, aber du lässt es nicht zu. Du musst ihnen nur nachgeben und dann...“.
„Ich werde ihnen niemals nachgeben“, rief ich, bevor ich noch lange genug über den Satz nachgedacht hatte. Dann war es still im Wald. Irgendwo keckerten zwei Eichhörnchen und man hörte das Geräusch von einem Specht, der ein Loch in einen Baumstamm hackte. Ich musste sehr stark an Marius denken und plötzlich bekam ich Angst um ihn, so stark, dass ich kurz vorm Heulen stand. Und da kamen sie.

Die Schattenwesen

Ein starker Wind blies durch meine Haare und es wurde wieder eiskalt. Die Tiere, die vorher noch da gewesen waren, suchten Schutz, wo sie nur konnten und verschwanden. Die Sonne wurde von dunklen Wolken verschlungen.

David klammerte sich verzweifelt an mir fest. Obwohl ich Angst hatte, stand ich auf und wartete auf mein Schicksal.  Ein dunkles Etwas tauchte auf. Es schien eine Art Portal zu sein.

Es blitzte und einen Moment lang war alles schwarz. Nach dem es wieder etwas heller wurde, konnte man eine Gestalt erkennen und zu meinem Erstaunen, war sie wunderschön.

Sie trug ein langes dunkelrotes Kleid, das ihre Figur sehr betonte und zu ihrem Lippenstift perfekt passte. Lange schwarze Haare umwehten ihr markantes Gesicht und die blauen Augen glitzerten vor Stolz. Neben ihr kam ich mir wie eine hässliche Kröte vor.

„Wo ist Marius?“, brachte ich mühsam hervor.

Die Gestalt lächelte zufrieden. „Er ist bei uns sehr gut aufgehoben. Und…“ Sie betrachtete mich mit höchstwahrscheinlich gespieltem Mitleid. „…er hat dich vergessen.“

„Das glaube ich nicht“, erwiderte ich unsicher.

„Ach nein?“ Sie legte den Kopf schief. „Wie süß von dir das zu glauben. Doch ich muss dich enttäuschen.“ Die Gestalt schnippte mit den Fingern und Marius kam hinter einem Baum hervor.

„Marius!“, rief ich, doch er schien mich nicht zuhören, sondern ging auf das Schattenwesen zu und küsste ihre Hand. "Er hat mich wirklich vergessen", schoss es mir durch den Kopf.    

Meine Knie gaben nach und ich fiel auf die Schneedecke. Es kam näher und hob sein Schwert. Danach wurde es schwarz um mich.

Ich erwachte. Wo war ich? Es war dunkel und stickig.

"Ich bin in meinem Sarg!", durchfuhr es mich. Wie konnte das passieren?

Verzweifelt hämmerte ich gegen den Sargdeckel, aber da er mehrere Meter unter der Erde lag, war dies natürlich sinnlos. Nach einiger Zeit wurde ich durch den Sauerstoffmangel ohnmächtig. …Und erwachte wieder in der anderen Welt.

Vorsichtig öffnete ich meine Augen. David kniete neben mir und hielt meine Hand.

„Ich war in meinem Sarg“, flüsterte ich  mehr zu mir selbst.

David sah auf. „Melissa, du lebst!“, rief er erleichtert und schlang seine Arme um mich.

"Irgendwie schon, aber irgendwie auch nicht", dachte ich und erwiderte Davids Umarmung.

„Ich war zu schwach“, murmelte ich schuldbewusst.

Er half mir auf. „Mach dir keine Vorwürfe“, sagte David aufmunternd. „Wahrscheinlich war es nicht der richtige Zeitpunkt.“

Ich nickte. Wir beide setzten unseren Weg fort.

„Weißt du wohin wir müssen?“, fragte ich nach einer langen Schweigepause.

„Dorthin wohin uns dein Herz führt“, antwortete er ohne mich anzugucken. Ich nickte wieder.

So gingen wir mehrere Stunden ohne ein Wort zu wechseln. Nach einer Weile erblickten wir eine verlassene Scheune.

„Sollen wir darein?“ Er schaute mich fragend an.

Ich zuckte die Schultern. „Warum nicht?“ "Schließlich habe ich nichts zu verlieren", fügte ich in Gedanken hinzu.

Es dauerte einen Moment bis meine Augen sich der Dunkelheit angepasst hatten. Draußen war es zwar schon dunkel aber in der Scheune sah man fast gar nichts.

„Lass uns hier übernachten“, schlug ich vor. David war einverstanden.

Wir redeten eine ganze Weile lang und verfielen dann in den Schlaf.

Ich träumte von der Begegnung mit dem Schattenwesen. Immer wieder sah ich Bilder, wo Marius sie mit großem Verlangen küsste und sie mich schadenfroh angrinste.

Tränen rannten meine Wangen wie Wasserfälle runter. War es dies das alles wert?

Am nächsten Morgen weckten mich die Sonnenstrahlen.

Ich reckte mich und stand auf um was zu essen zu finden. Nach einem kurzen Umsehen stellte ich fest, dass David nicht da war.

Hastig trat ich aus der Scheune und befürchtete schon das Schlimmste.

Ich rief seinen Namen, doch er antwortete nicht. "Wo ist er bloß?", dachte ich verzweifelt.

Es konnte nicht war sein. Hatten sie auch ihn?

"Beruhig dich", sagte ich zu mir. "Tief einatmen und ausatmen." Vielleicht war er in einen Graben gefallen..  

Ich untersuchte die Gegend, soweit wie es ging. Keine Spur von ihm.

"Was soll ich tun?" Ich geriet in Panik. Jetzt war auch David verschwunden und ich stand alleine da. Der Tag fing ja gut an.

Da bemerkte ich, dass ein Wolf auf mich zu kam, doch er sah nicht im geringsten gefährlich aus. Er blieb vor mir stehen und kurz danach fiel er zu Boden. Ich bemerkte, dass er einen großen Splitter in der linken Vorderpfote stecken hatte.

„Ganz ruhig, es ist gleich vorbei“, versuchte ich ihn zu beruhigen und zog den Splitter blitzschnell raus.

„Ich danke dir“, erklang seine Stimme in meinen Gedanken. „Wenn du mich brauchst, ruf einfach nach mir. Mein Name ist Artemis.“

Ich nickte und er verschwand zwischen den Bäumen.

"Ich muß Angst haben, dann öffnet sich das Portal", erinnerte ich mich. Dann dachte ich daran, was sie David und Marius antun könnten. So gings leicht mit der Angst.

Ein starker Wind kam auf.

Es wurde wieder dunkel und kalt und das Portal erschien in Form einer alten schwarzen Tür vor mir. Ich holte tief Luft und trat ein.

Die Welt hinter mir verschwand in der Finsternis und es erstreckte sich ein dunkelgrauer Weg vor mir. Der Wald wich einem Wald aus Dornenbüschen, toten Bäumen und gefährlich aussehenden Pflanzen. Sehen konnte ich nur wegen den verschiedenen Grautönen.

In der Ferne stand ein riesiges schwarzes Schloss und man konnte die Schmerzensschreie der Gefangenen hören.

Was um Himmelswillen machten sie mit Marius und David?

Ich musste sie retten und all die anderen.

Das Schloß Maidenhill

Ich blickte mich um. Diese Art von Natur jagte mir wirklich Angst ein. Doch ich marschierte zielstrebig auf das Schloss zu in der Hoffnung, ich könnte so die Umgebung ignorieren.

Ab und zu verfing sich mein Kleid in den Dornenbüschen und riss nach und nach immer weiter.

"Ich fürchte, bis ich im Schloss bin, bin ich fast nackt… und erfroren", dachte ich entnervt. Die Dornen schienen kein Ende zu nehmen und verdichteten sich noch mehr.

Ab und zu trat ich auf etwas glitschiges, das seltsame Geräusche von sich gab und ging jedes mal etwas schneller. Fleischfressende Pflanzen schnappten nach mir und irgendwelche unbekannten Wesen liefen über den Weg.

„Diese gottverdammten Schattenwesen!“, fluchte ich laut. „Haben die nichts Besseres zutun, als meine Freunde zu verschleppen? Und diese Pflanzen! Hier kommt ja kein Schwein durch!“

„Hey, warte mal!“, erklang eine Stimme neben mir.

Ich sah zur Seite. Es war ein männliches Wesen, das dem Menschen sehr ähnlich sah, abgesehen von den spitzen Ohren und Flügeln, die aber zerrissen waren. Eine Elfe!

 „Wer bist du?“, fragte der Elf neugierig.

„Melissa“, antwortete ich und setzte meinen Weg fort.

Der Elf lächelte. „Mein Name ist Ithilion von Eregion“, stellte er sich vor und verbeugte sich.

„Gehst du zum Schloss?“ Ithilion schaute mich mit seinen leuchtend grünen Augen an.

Ich nickte. „Ich muss Marius retten“ sagte ich mit fester Stimme.

„Deinen Geliebten?“, fragte er mit seiner melodischen Stimme.

Ich nickte abermals. „Diese Wesen haben irgendwas mit ihm angestellt. Bei unserer letzten Begegnung hat er mich nicht einmal angesehen“ Meine Stimme gab nach und wich einem Schluchzen.  

Der Elf legte seinen Kopf schief und es kam mir so vor, als würde er nachdenken.

„Hypnose“, meinte er schließlich.

„Hypnose?“ Ich kam nicht ganz mit.

„Die Königin hat ihn mit ihren Kräften hypnotisiert, damit er nicht ausbricht“, erklärte Ithlion. „Marius ist sehr wichtig für sie. Mit seiner Hilfe kann sie schon bald über das ganze Universum herrschen.“

Ich verstand eines immer noch nicht. „Aber warum ausgerechnet Marius?“, fragte ich verwundert.

Ithilion seufzte. „Dies ist eine sehr lange Geschichte, meine Schöne“, sagte er mit einem Ton, der die ganze Welt zum Weinen bringen hätte können.

„Ich habe Zeit“, meinte ich und war auf alles gefasst.

„Nun gut.“ Ithilion holte tief Luft und fing an.

„Damals, als das Universum noch in den Anfängen lag, existierten schon zwei gegensätzliche Kräfte. Heutzutage werden sie Gut und Böse genannt. Sie teilten sich das Universum so auf, dass jeder genau die Hälfte besaß. Doch beiden Seiten reichte ihr Besitz nach kurzer Zeit nicht aus und so fing der uns allen bekannte Krieg an. Sie schickten ihre Leute zu der jeweils anderen Hälfte, so dass sich alles und jeder vermischt hatte. Seit langer Zeit versuchen beide die größere Hälfte zu erobern und entführen alles was sich bewegen und denken kann.“

Langsam leuchtete mir dies alles ein, jedoch…

„Was hat Marius damit zutun? Wurde er auch wahllos entführt?“, fragte ich aufgebracht.

Der Elf zögerte. „Nun ja… er besitzt besondere Kräfte, die er noch nicht entdeckt hat“, erklärte er.

„Also ist mein Vater die Gegenmacht zu dieser Königin! Und sie will Marius benutzen um Vater auszulöschen“, teilte ich ihm aufgeregt meine Gedanken mit.

Ithilion nickte. „Du begreifst schnell“, sagte er anerkennend. „Entweder deinen Vater oder dich.“

Ein großes schwarzes Schloss befand sich nun vor uns.

„Wie kommen wir darein?“, überlegte ich laut. „Wir können doch nicht durch das Haupttor hineinspazieren und rufen ´Hallo, hier sind wir! Ergebt euch!´“

Ein Kichern entwich Ithilion. „Nein, nein. Das wäre keine gute Idee“, sagte er immer noch grinsend. „Aber mir fällt da was ein…“

Als Wächter verkleidet, betraten wir das Schloss.

Es unterschied sich kaum von der Außenwelt, außer der Tatsache, dass statt dem Weg aus Steinen, ein roter langer Teppich sich unter uns befand.

Das Schloss war leer, denn niemand außer uns war weit und breit zu sehn.

„Die sind alle entweder betrunken oder tun es grade“, antwortete Ithilion auf meine unausgesprochene Frage.

„Es kann auch sein, dass ich mich irre und die geben das nur vor“, flüsterte er  bedrückt.

Ich nickte. "Zum Glück kann uns keiner erkennen", dachte ich.

„Wir haben zwar keinen Plan und keine Strategie, aber es wird schon schief gehen“, sagte ich achselzuckend.

Musik kam aus einem Zimmer und wir riskierten es, einen Blick auf das Vorgehen zu werfen.

Es war ein Maskenball. Der Vorteil war, dass niemand uns so bemerken konnte.

„In den Keller“, flüsterte der Elf hastig.

Es waren abertausende Stufen bis wir den Keller erreichten. Marius war nirgends zusehen.

„Die Königin lässt ihn mitfeiern“, erklärte Ithilion.

"Ach natürlich, die Hypnose!", erinnerte ich mich.

„Schaff ein Portal zu der anderen Welt!“, forderte er mich auf.

Ähm, wie ging das jetzt noch mal? Ich stand einige Minuten ratlos da.

Dann fiel mir Artemis ein. Ich rief seinen Namen und einpaar Sekunden später erschien er durch eine goldene Tür, die aus dem Nichts auftauchte.

In der Zwischenzeit waren alle Gefangenen befreit und kamen aus ihren Zellen heraus.

Artemis nickte und leitete sie in die andere Welt.

„Viel Glück“, sagte er bevor er auch verschwand.

Ich war einigermaßen zufrieden mit mir. Plötzlich entdeckte ich einen Kristall auf dem Boden. Das war der, den ich brauchte.

Nun konnte der Kampf beginnen.  

 

 

 

Der letzte Kampf, die letzte Hoffnung

Ithilion und ich schlichen wieder nach oben und sahen uns um. Es war nach wie vor niemand zu sehen und die Musik dröhnte immer noch.

„Und was jetzt?“, fragte ich achselzuckend.

„Wir warten bis alle schlafen und dann greifen wir an“, schlug der Elf vor.

Ich war einverstanden und wir suchten uns einen leeren Raum wo wir uns ungestört unterhalten konnten.

„Seit wann kennst du Marius?“, erkundigte sich Ithilion

Nach kurzem Überlegen erzählte ich, dass es nur zwei Monate waren und ich den eigentlich gar nicht richtig kannte.

„Und trotzdem setzt du dein Leben aufs Spiel um ihn zu retten?“ Ithilion hob eine Augenbraue.

„Nun ja, er hat mich gerettet, als ich glaubte alles verloren zu haben.“ Plötzlich war ich meiner Sache gar nicht mehr so sicher.

Er nickte. „Du glaubst also, dass er dich liebt?“, hackte er weiter nach.

Jetzt wusste ich gar nichts mehr. "Er hat recht!!", gestand ich mir ein. "Ich weiß rein gar nichts über Marius und riskiere mein Leben für ihn."

Ithilion sah, dass ich durcheinander war und nicht weiter wusste und nahm meine Hände in seine.

„Es wird alles gut“, sagte er.

Ich zuckte die Achseln. „Hoffentlich.“ Dann erzählte ich ihm die Geschichte, wie ich Marius getroffen hatte und zu was es sich entwickelt hat.

Er nickte wieder. „Sie haben dich reingelegt“, meinte er nach einer kurzen Pause. „Er ist gar nicht der, für den du ihn hältst.“

Dies verwirrte mich noch mehr. „Und wer ist er?“, fragte ich ungläubig.

„Einer von ihnen“, murmelte Ithilion. „Er sollte dich ablenken und hierher bringen. Direkt in die Arme der Königin.“

„Und wieso sollte ich dir glauben?“, entgegnete ich trotzig.

„Weil ich dieses Zeichen trage“, sagte er und zog sein Hemd aus. Auf seiner Brust war ein Stern in einer Sonne zu sehen.

„Und das bedeutet?“, fragte ich skeptisch.

Ithilion zog sich wieder an. „Das ist das Zeichen der guten Macht“, klärte er mich auf.

"Marius hatte das nicht", erinnerte ich mich.

„Oh“, machte ich und setzte mich auf den Boden. Mein Gehirn musste das verarbeiten.

„Und mein Vater?“, fragte ich unsicher.

Der Elf schüttelte den Kopf. „Auch ein Reinfall“, sagte er betrübt.

„Aber du hast doch gesagt, er ist das Gute!“, protestierte ich.

„Er war nur eine Illusion, damit dir nichts verdächtig erscheint“, gab Ithilion mir zu verstehen. „Es tut mir leid, dass ich dich angelogen habe. Aber so war es einfacher dir beizubringen, dass du die Königin vernichten musst.“

Das war zu viel für mich. Ich weinte, wie noch nie zuvor.

Mir wurde klar, dass ich niemanden hatte. Nicht in dieser Welt und nicht in der anderen.

Der Elf nahm mich in den Arm. Erstaunlicherweise tat es wirklich gut.  

 

Nach dem ich mich ausgeheult hatte, machten wir uns auf den Weg zu den königlichen Gemächern und währenddessen erzählte er mir seine Geschichte, wie seine Welt von diesen Wesen überfallen und zerstört wurde und dass er als einziger aus dem Schloss entkommen konnte. Dies war gar nicht so lange her und deswegen lebte er noch.

„Was soll ich überhaupt tun wenn wir da sind?“, fragte ich leise.

Der Elf zuckte die Schultern. „Das musst du selbst herausfinden.“

"Na super", dachte ich etwas enttäuscht. "Und so steuern wir auf den Tod zu."

Einige Momente später und nach vielen Fehlschlägen erreichten wir den Schlafsaal.

Die Königin war anscheinend die, die mir schon vorher begegnet war. Denn sie sah der Frau sehr ähnlich.

Das Schafgemach sah wie der Rest des Schlosses aus. Hellgrau, grau und schwarz.

"Da war irgendwas mit einem Band der Liebe", fiel mir ein. "Das existiert ja gar nicht, wenn Marius ein Schattenwesen ist! Aber irgendetwas wahres muss es doch da dran geben."

Verzweifelt sah ich zu Ithilion, der neben mir stand. Es schaute mich mit voller Liebe und Vertrauen an und mir wurde plötzlich warm ums Herz. Hatte ich mich schon wieder verliebt?

Aber ich war mir auf einmal sicher, dass er der Richtige war.

Plötzlich wachte die Königin auf und ich merkte, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war, um darüber nachzudenken.

„Wen haben wir denn da?“, schnurrte sie.

„Ich weiß jetzt was du getan hast“, sagte ich ruhig. „Hast einen deiner Diener geschickt, um mich zu locken. Und dass mit meinem Vater war auch nur gespielt.“ Leider konnte ich den verachtenden Unterton nicht vermeiden.

Sie lächelte. „Armes verlorenes Kind. Niemand interessiert sich für dich“, sagte sie bemitleidend. „Kein Vater, deine Mutter hat dich vergessen und Marius…“ Ihr Lächeln wurde breiter. „Marius hat nur mit dir gespielt.“

Das Schattenwesen stand auf und kam auf mich zu, während mein Gehirn die Realität noch einmal begreifen musste.

Keine Sekunde war vergangen und schon hatte sie ein Schwert in den Händen.

Ich wich zurück. "Was soll ich tun?", schrie ich in Gedanken.

Mein Blick wanderte wieder zu dem Elf. „Hilf mir!“, rief ich.

„Ich kann mich nicht bewegen! Er ist zu stark!“, schrie er zurück.

Ich wagte einen Blick hinter Ithilion. Marius hielt ihn fest und versuchte ihn zu beißen.

"Mein Gott, ist er hässlich!", schoss es mir durch den Kopf und ich musste grinsen.    "Ja, das Äußere kann täuschen."

Eine Wand verhinderte, dass ich weiter zurückweichen konnte.

„Jetzt hab ich dich!“, zischte die Königin, dann fuhr sie mit einem sanften Ton weiter.

„Weißt du, ich liebe es, meine Opfer ein bisschen zappeln zu lassen. Es ist amüsant, wenn sie zusehen müssen, wie ihre Freunde leiden müssen.“ Sie war jetzt direkt vor mir.

Sie sah zu Marius. „Er nervt nur, erledige das“, befahl sie und er nickte.

„Nein!“, schrie ich verzweifelt.

„Du weißt wer ich bin, ich war kurz in deiner Welt“, keuchte Ithilion. „Ich war kurz davor, dir zusagen, dass du nicht übergehen darfst! Ich habe es nicht geschafft, es tut mir leid.“

Er versuchte sich erneut loszureißen, doch es gelang ihm nicht.

"Er war der Junge, den ich nicht kannte und so attraktiv fand", leuchtete es mir ein.

Ich versuchte mich zu konzentrieren und dachte an Sachen, die mir Freude bereitet hatten. Auch wenn es nur wenige waren, es reichte aus.

Ein roter Kreis  umgab mich und es wurde wohlig warm. Den Band der Liebe gab es also doch.

Die Königin schrie auf und machte einen Satz zurück.

"Es funktioniert!", dachte ich erleichtert und ging auf sie zu.

Ithilion gab würgende Geräusche von sich. Ich sah in seine Richtung.

Marius hatte die Überhand gewonnen.

Schnell marschierte ich zu ihnen und warf Marius mit einer Leichtigkeit gegen die Wand, wo er zu Staub zerfiel.

"Das wäre erledigt." Ich war mit mir selbst zufrieden.

Jetzt war die Königin dran, die nun zu fliehen versuchte.

„Du bleibst gefälligst hier!“, rief ich und erwischte gerade noch ihr Kleid und zog sie zurück ins Zimmer.

Sie riss sich von mir los und starrte mich mit vollem Hass an.

Wir wirbelten durch den Raum und landeten erschöpft auf dem Boden.

Blut tropfte aus meiner Nase und ich hatte überall Schnittwunden und Prellungen.

Ich nahm meine Kräfte zusammen und rammte ihr eigenes Schwert in sie rein.

Die Königin schrie so laut, dass das Schloss zu einstürzen drohte und dann zerfiel auch sie zu Staub.

„Ich muss noch David finden!“, rief ich Ithilion zu.

Wir hasteten in jedes Zimmer, waren nochmals im Keller, doch er blieb wie vom Erdboden verschluckt.

Wo war er denn bloß?

Schließlich gab ich jegliche Hoffnung auf. Sie hatten ihn getötet.

Stumm machten wir uns auf den Weg, denn ich wollte dieses riesige Gebäude so schnell wie möglich hinter mir lassen.

Als wir das Schloss endlich verlassen hatten, nahm jemand meine Hand.

Diese Hand war etwas kleiner als meine und fühlte sich warm an.

Ich sah diese Person an.

„David!“ Ich war erleichtert und froh. „Bist du okay? Wie bist du aus dem Schloss entflohen?“, löcherte ich ihn.

Er grinste. „Artemis hat mir geholfen“, erklärte er heiter.

Ich drückte ihn an mich und wir verließen die Schattenwelt durch ein Portal.

 

Ende gut, alles gut?

„Wo sind wir?“, fragte ich überrascht von der Schönheit dieser Welt.

Ithilion lächelte. „Willkommen bei mir zuhause.“

Überall blühten Bäume und das Gras war leuchtend grün. Die Sonne schien und um uns flogen die verschiedensten Schmetterlinge herum.

Hier und da waren kleine Häuser und die Elfen tanzten und lachten.

"In dieser Welt möchte ich bleiben", dachte ich und mich überkam ein Glücks- und Freiheitsgefühl.

„Na kommt!“, rief Ithilion, als er auf das Dorf zu rannte.

David und ich folgten ihm sofort und wurden herzlich empfangen.

Ein älterer Elf klopfte mir auf die Schulter. „Danke, dass du uns alle gerettet hast, Liebes“, waren seine Worte. Ich war so überwältigt von der Freundlichkeit, dass ich nur nicken konnte.

 „Ihr seid sicher hungrig“, sagte eine Elfe, die einer Großmutter aus dem Märchen ähnelte.

Da merkte ich, dass ich seit Wochen nichts Richtiges mehr gegessen hatte und stürzte mich, als wir am Tisch saßen, sofort auf das deftige Essen.

Nach dem mein Magen voll war, fiel mir ein, dass Ithilion gesagt hatte, seine Welt sei zerstört worden und hackte nach.

„Da du die Königin besiegt hast, befindet die Welt sich nicht mehr unter ihrer Kontrolle und regeneriert sich“, erklärte Ithilion.

Ich nickte. Endlich war ich sicher und behütet.

Inzwischen hatte David sich mit anderen Elfen in seinem Alter angefreundet und gestikulierte wild während er sich mit ihnen unterhielt.

Ich lächelte, während ich diese Szene beobachtete.

„Er scheint sich prächtig zu amüsieren“, sagte Ithilion, als er meinem Blick folgte.

„Ja“, pflichtete ich ihm bei. „und das ist auch gut so. Er hat viel durchmachen müssen.“

Er nickte. „Dann währe es wohl das Beste für ihn, wenn er hier bliebe“, meinte er ernst.

„Du hast Recht. Hier kann er gut aufwachsen“, stimmte ich ihm erneut zu.

Der Elf stand auf und gab mir ein Zeichen, dass ich ihm folgen sollte.

„Hier gibt es gute Schulen“, erwähnte Ithilion während er eine blaue Blume pflückte und mir sie gab.

Ich drehte sie zwischen den Fingern.

„Und ich möchte auch hier bleiben, wenn ich darf.“ Leichte Röte stieg mir ins Gesicht.

Ein Grinsen huschte ihm ins Gesicht. „Natürlich darfst du das“, rief er fast. „Du hast uns gerettet!“

Jetzt war ich endgültig glücklich.

Später am Abend gab es mir zu ehren ein Fest. Es wurde gesungen, getanzt und getrunken.

Ich amüsierte mich köstlich. Noch nie hatte ich so viel gelacht, wie an diesem Abend.

Ein betrunkener alter Elf erzählte mir den ganzen Abend Abenteuergeschichten, bis seine Frau ihn nach Hause jagte.

Dann gingen Ithilion und ich unter den Sternen spazieren .

„Es ist wirklich schön hier“, sagte ich in den Himmel starrend.

„Nicht so schön wie du“, flüsterte er.

"Werde ich grade angebaggert?", dachte ich amüsiert. "Aber er ist so romantisch. Fast wie…" Ich verdrängte den Gedanken.

Er begleitete mich zu dem Haus, wo ich wohnen sollte und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

Wir sagten uns gute Nacht und ich betrat das Haus.

Es war sehr geräumig. Das Schlafzimmer bestand aus einem Bett, einem Tisch mit einem Stuhl, einem Schrank und einer Kommode. Und alles schimmerte in Silber.

Schon bald, nachdem ich im Bett lag, schlummerte ich ein.

Meine Träume bestanden aus der wunderschönen Natur des Elfenplaneten.

Mitten in der Nacht schreckte ich aus dem Schlaf, weil ich glaubte, etwas gehört zu haben.

Es war stockfinster. Ich zündete eine Kerze an und was ich sah, brachte mein Herz fast zum stehen.

Marius! Er stand mit zerfetzter Kleidung und blutend neben meinem Bett.

Ich wollte schreien, doch meine Stimme blieb weg.

„Du fragst dich sicher warum ich lebe und wie ich dich gefunden habe?“, fragte er mit erschreckend gefasster Stimme.

Angsterfüllt nickte ich.

„Nun ja“, begann er. „nach dem du geflohen bist, wurde es Nacht und durch die Finsternis konnte ich wiederauferstehen. Da du mit diesem Elf warst, war es leicht raus zu finden wo du bist.“

Ich schluckte. Noch immer kehrte meine Stimme nicht zurück.

„Es war nicht gut von dir, mich dort einfach so liegen zu lassen“, sprach er mit gespielt beleidigter Stimme.

Dann sah ich ein Funkeln in seinen Augen.

„Dafür wirst du bezahlen!“, sagte er schadenfroh.

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