Ein Sommermärchen
Es war einmal eine hübsche und edle Jungfer. Sie lebte vergnügt und glücklich in der schönen Kurpfalz, warum man sie auch die Kurpfälzerin nannte.
Doch sie lebte nicht allein. Nein – nicht der Pfalzgraf befand sich an ihrer Seite – es ist schon lange Zeit her. Damals lebte sie nur zu-sammen mit ihrer Freundin, der Hündin Frida.
So waren sie glücklich und auch die Nachbarn in ihrem kleinen kurpfälzischen Dörf-lein achteten sie und erboten stets die Kopfbedeckung zum Gruße.
Bis auf jenen fatalen Morgen an einem Sonntag im Sommer im Jahre des Herrn 2009. Nach diesem Tag drehten sie sich weg, wenn sie ihre Trutzburg verließ und hielten Maulaffen feil, wenn sie ihr Erscheinen gewahrten. Sie hatten allen Grund sich die Mäuler zu zerreißen.
Doch was war geschehen, an diesem unsäglichen Sonntag?
Es war nicht mehr früh am Morgen, der Hahn hatte schon lange zuvor gekräht, als die edle Jungfer sich in ihrer Bettstatt räkelte und ihr Auge den sonnigen Schein des Morgens gewahr. Ihr Blick richtete sich auf ihre Sanduhr, dessen Inhalt schon lange zerronnen schien. Sie hatte wohl verschlafen. So richtete sie ihr Augenmerk verstohlen und mit schlechtem Gewissen zum Laufe der Sonne, gespannt, wie weit deren Stand wohl fortgeschritten sei.
Es war spät – sehr spät.
Ihre beste Freundin Frida saß bereits auf ihrem pelzigen Hinterteil und erwartete ebenfalls, dass ihre Herrin die süßen schlaftrunkenen Äug-lein öffnen möge.
Die Beiden sahen sich an und aus den treuen braunen Hundeaugen konnte unser edles Fräulein erkennen, dass die Hündin – ob der fortgeschrittenen Zeit – wohl alsbald ihre wohlgefüllte Hundeblase entleeren musste.
Doch der Jungfer war geraten zuerst ihren schönen Körper in passende Gewänder zu hüllen, damit keiner ihre Nacktheit gewahren könne und ihr wallendes Haar züchtig hoch-zustecken. Kein herum-lungernder Bursche sollte unzüchtige Gedanken hegen.
Doch dies benötigte eine gewisse Zeit – Zeit welche unsere Kurpfälzerin nicht hatte, wollte sie es vermeiden, dass ihre Freundin Frida sich vor Schmerzen windet oder ihrem Druck auf den teuren und kunstvollen Teppichen nachgibt.
So besann sie sich des kleinen Vorgärtchens ihres Anwesens. Nicht groß, doch groß genug um der lieben Freundin Erleichterung zu verschaffen, bis sie selbst sich standes-gemäß bekleidet hätte.
Sie öffnete das Portal, ließ das Tier hinaus und wartete – selbst bekleidet mit ihrem Nachtkleid, einem aus feiner Seide gesponnenen und fast durchsichtigen Laibchen, welches den wohlgeformten Körper mehr ent- denn verhüllte hinter dem Portal, sorgsam achtend von keinem Burschen gesehen zu werden.
Doch ihre Freundin Frida wollte an diesem Morgen nicht auf ihren gewohnten Spaziergang verzichten. Sie wollte auch nicht auf die unzüchtige Bekleidung ihrer Herrin Rücksicht nehmen und machte sich allein auf den Weg durchs Dörflein.
Das verzweifelte Rufen unseres scheuen Mägdeleins verhalf nichts. Das Tier bog bereits um die Hausecken. Doch sie konnte ihre Freundin doch nicht allein ziehen lassen: Droschken fuhren mit forschem Galopp durch die Gassen und Bauersleute brachten mit Zugochsen ihre Ernte heim. Diese Frevler nahmen keine Rücksicht auf das edle Tier. Es drohte von einem Gespann überrollt zu werden.
Doch für unsere edle Jungfer ist Freundschaft wichtiger als die Schande der unzüchtigen Bekleidung.
Ohne auf ihren Ruf zu achten folgte sie dem Tier. Mit federndem Schritt, welcher ihr kurzes Laibchen immer wieder veranlasste höher zu rutschen als der Anstand gewahrte und mit keck hüpfenden Brüsten eilte sie der Hündin hinterher.
Vielleicht hätte sie niemand gesehen. Doch ihre an-dauernden Rufe nach ihrem Tier veranlassten jung und alt sich umzudrehen und zu schauen, was wohl geschehen war.
Graf und Bürger, Bauer und Knecht sahen unser wunder-hübsches Edelfräulein nahezu entkleidet durch die Gassen des Dörfleins huschen.
Während die Herren dies Schauspiel mit Wohlwollen betrachteten und hofften, es möge noch lange währen keifte deren Weibsvolk in den Höfen und hinter den Fenstern: Mannigfaltige Schmährufe erreichten das liebreizende Ohr unserer tierliebenden Heldin.
Dann zeigte ihre tierische Freundin Erbarmen und verlangsamte ihre Schritte. Wohl auch sie hatte bemerkt, welch Unheil sich ankündigte.
Sie folgte ihrer Herrin nun wieder nach Hause. Doch unsere Jungfer hatte keinen Grund sich zu schämen. Sie hatte Gutes getan und war zu Recht stolz auf ihr Tun.
So schritt sie, mit einem sanftmütigen Lächeln im Gesicht, vorbei an den keifenden Weibern und hatte keine Scham, wenn geifernde Herren ihren Körper an-starrten.
Zuhause angekommen kleidete sie sich in ihre bestes Sonntagsgewand, steckte sich ihr Haar damenhaft nach oben und krönte ihr Haupt durch ein keckes Hütchen. Dann begann sie den zuvor gelaufenen Weg nochmals stolz abzuschreiten, abwartend ob man sie wohl der Unzucht bezichtigen würde.
Doch niemand sprach sie an. Die Dörfler senkten verstohlen ihr Haupt. Niemand hatte den Mut sie zu bezichtigen. Vielleicht erkannte sie auch das Gute im Tun unseres Fräuleins. Vielleicht zerreißen sie sich aber auch heute noch die Mäuler hinter vorge-haltener Hand?
Die Currywurst
Jeder von uns hat einen Schöpfer. Die Menschen nennen ihn Gott. Mein Schöpfer trägt den Namen Peter und ist Metzger. Denn ich bin eine Bratwurst. Eine weibliche Bratwurst.
Innen gefüllt mit leckerem Schweinefleisch und edelsten Gewürzen, außen mit einer appetitlichen Kunsthaut versehen liege ich in einer Kühltheke und warte auf meine Verwendung. Ich kenne die Bestimmung einer Bratwurst und darf mich rühmen zu den besten Würsten Ludwigshafens zu gehören.
Mein Schöpfer Peter trat an einem sonnigen Samstag vor mein noch bleiches Antlitz und eröffnete mir, zusammen mit meinen Kolleginnen, einen Ausflug ins Warme zu machen. An einen Ort, an welchem ich einen eleganten dunkelbraunen Teint erhalten sollte. War ich glücklich.
Am Platz der Verheißung wurde mir gewahr, was mein Schöpfer damit meinte. Ich und meine Kolleginnen sollten in einer Massenhochzeit vermählt werden. Vermählt mit dem vornehmsten Bräutigam, welcher sich eine arme Pfälzer Wurst nur vorstellen konnte: Herbert, der König der Bochumer Currysauce. Vermählt sollten wir den stolzen Namen „Currywurst“ tragen. Auch die Trauzeugen waren bereits anwesend: Hunderte von Belgiern mit dem Nachnamen „Frites“. Dass alle auch den gleichen Vornamen „Pommes“ trugen störte mich weniger. Ich kannte die Sagen ob der belgischen Inzucht.
Das Fest begann: Meine Kolleginnen und ich durften es uns auf dem Rost bequem machen. Da lagen wir nun alle auf dem heißen Blech und räkelten unsere wohlgeformten Körper um eine, des Bräutigams angemessene Bräune zu erreichen. Tat das gut. Peter wendete uns in gewissen Zeitabständen, dass niemand Verdacht hegen könne, ein dunkelhäutiger Asylant hätte sich zwischen uns gemischt.
Dann trafen die Hochzeitsgäste ein. Diese waren sowohl humaner als auch animalischer Natur. Zuerst begutachteten die angereisten Hunde unsere Hochzeitsvorbereitungen. Meine Kolleginnen und ich ließen unsere Düfte ausströmen, welche die feinen Hundenasen auch nicht verfehlten.
Lucy, eine stets übelgelaunte Hundedame kleiner Statur streckte ihre Nase ebenso zu uns empor wie auch Tobi. Ein galanter Kavalier alter Schule, einem spanischen Edelhaus entsprungen. Sehr distinguiert ließ er mich erkennen, wie sehr ihn mein Geruch animiere.
Während mein Schöpfer mich wieder wendete erkannte ich Frida. Eine hübsche Hundefrau. Von ihr gefressen zu werden sollte der ultimative Lebenszweck einer jeden Bratwurst sein. „Wenn sie nur nicht so laut wäre“ vermerkte ich zu mir selbst. „Immer dieses Gebell – Immerhin befinde ich mich im Wellnessbereich auf dem Rost und harre meiner Vermählung.
Doch ich erkannte noch mehr Hochzeitsgäste: Speedy Gonzales, ein wieselflinker Pinscher hetzte ein Schaf, welches ein Hund sein wollte durch den Garten. Diese Beiden hatten sohl keine Zeit für die Bewunderung meiner Ausdünstungen.
Doch auch Menschen waren anwesend. Meine Kolleginnen und ich wussten: Wahre Gaumenfreuden beim Anbeißen meiner verheißungsvollen Hülle erkannte nur diese Spezies.
Als die Menschen näher kamen um uns zu bewundern zeigten wir uns von unserer besten angebräunten Seite. Ich konnte es mir nicht verkneifen einen kleinen Fettspritzer abzusondern, was manchem Hochzeitsgast das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.
Wir genossen diese Aufmerksamkeit. Unser Bräutigam war inzwischen bereits stark erhitzt. Ob dies auf unsere Anwesenheit oder die heiße Ofenplatte unter seinem Allerwertesten zurückzuführen war ist mir ungekannt. Ich hoffe jedoch das Erstere.
Dann begann die eigentliche Zeremonie: Die ersten unserer Gattung wurden in handliche Stücke zerteilt. Etwas was uns noch begehrenswerter machte. Dann betrat Herbert, die Sauce den Teller, auf welchem die Kolleginnen sich befanden und trieb wilde Unzucht, indem er sich über diese ergoss. Die belgischen Trauzeugen traten näher und umrandeten dies glückliche Paar.
Oh – beneidete ich die Kolleginnen. „Hoffentlich bin ich bald an der Reihe“. Etwas was nicht zu meinem Naturell passt. Üblicherweise genieße ich die Vorfreude.
Doch mein Schöpfer Peter kannte mich. Er ließ mich liegen bis zum Schluss. Zuerst wurden die menschlichen Gäste mit dem Brautpaar bewirtet: Die Kurpfälzerin zelebrierte unsere Anwesenheit genussvoller in ihrer Mundhöhle, während der Pfalzgraf meine armen Freundinnen lediglich herunterschlang. Hierin war er schlimmer als die Hundegäste, welche verköstigt wurden, als auch der Gastgeber Dieter und dessen nette Gemahlin Bärbel und alle anderen menschlichen Gäste gesättigt waren.
Nun lag ich als letzte meiner Art auf dem Rost. Herbert, die Sauce schaute in seinen Resten erwartungsvoll zu mir herüber. Er begehrte mich. Ich räkelte mich verheißungsvoll in meinem Fett und entließ noch einen Fettspritzer auf den heißen Rost. Herbert sollte vor Geilheit überschäumen. Er tat es. Die Sauce kochte.
Nun hob mich mein Schöpfer Peter empor. Feierlich zelebrierte er meine Zerteilung und vereinte mich mit Herbert der Sauce. Herbert war heiß. Mehrere Orgasmen durchfluteten meinen zerkleinerten Körper. Die belgischen Trauzeugen standen dekorativ daneben.
Dann der Höhepunkt. Mein Schöpfer, als letzter der Esser, nahm mich als letzte verbliebene Wurst in seinen Mund. Er zerkaute mich voller Genuss und mein Gemahl Herbert gab sich ebenfalls mit all seiner Würzkraft hin.
Dies war – wenn auch der letzte – der glücklichste Augenblick meines kurzen Lebens.
Gunda Donnerwetter ... - ... Herr Graf, Zugochsen anno 2009 ... ;o) Wieder amüsant und mitreißend geschrieben, Bernd. Fast wäre ich versucht gewesen, mit dem edlen Fräulein mitzuleiden, aber dafür musste ich dann doch zu sehr grinsen. Kleiner Tipp: Vllt solltest du beim Schreiben in deinem Schreibprogramm auf bewusste Zeilenumbrüche und damit auf Silbentrennungen verzichten? Die häufigen Trennstriche mitten in den Zeilen irritieren etwas. Lieben Gruß Gunda |