wie die sonnenblumen zu ihrem namen kamen
Gott der Herr hatte eine wunderschöne Erde geschaffen mit allerlei Lebewesen und vielen, vielen Pflanzen und besonders schönen Blumen.
Als es um die Namensgebung ging, bat der Herr auch alle seine Untertanen um Mithilfe als da waren die Tiere, Vögel und Fische und auch die Menschen.
Vor dem Wohnplatz eines kleinen Mädchens wuchs eine besonders hohe Blume. Sie hatte frischgrüne herzförmige
Blätter, so groß wie zwei Menschenhände und einen Stängel, der fast dem Stamm eines kräftigen Strauches glich. Und sie wuchs und wuchs, bis sie fast in den Himmel ragte.
Das kleine Mädchen musste ordentlich nach oben schauen, wenn es das Ende der Pflanze sehen wollte. Eines Tages entfaltete sich an der Spitze der Pflanze eine riesige Knospe. Das Kind konnte zusehen, wie sich ein Blütenblatt nach dem anderen liebevoll entrollte, wie seine Oberfläche samtig golden zu schimmern begann, wie es sich reckte und streckte, bis es seine volle Größe erreicht hatte. Viele Blütenblätter taten desgleichen und bald war ein großer Kranz aus mehreren
Blattreihen entstanden. In der Mitte jedoch hatte sich ein Körbchen gebildet, das dicht besteckt war mit abertausend gelben Staubgefäßen und Griffeln mit klebrigen Narben.
Und an sonnigen Tagen konnte das Kind ein Wunder erleben. Alles was summte und flatterte, brummte und schwirrte, kam zu Besuch zu der großen Blüte In ihrer
Mitte entstand ein Schubsen und Drängeln, ein Brummeln und Rangeln, dass einem Hören und Sehen vergehen konnte. Schwer beladen mit goldenem Blütenstaub, der sich auch tüchtig überall verteilt hatte, satt oder
trunken vom Nektar flogen die Gäste schwerfällig wieder ab. Und die Besuche hörten auch nicht auf, wenn die Sonne schon längst nicht mehr am Himmel stand.
Doch dann neigte die Blume ihr Haupt tief herab und schützte so ihre Besucher vor dem Tau der Nacht oder den Regentropfen. Wenn aber die Sonne schien, dann hob sie den goldenen Kopf, wandte ihr leuchtendes Antlitz der Sonne zu und ließ sie den ganzen Tag nicht mehr aus ihren schönen Augen, um auch wirklich jeden Sonnenstrahl aufzufangen.
Das Kind beobachtete dies und nach einigen Tagen, an denen sich wieder und
wieder das gleiche Spiel vollzog –der Blütenkopf ging morgens mit der Sonne auf, blickte mittags nach Süden und zeigte abends zum Sonnenuntergang – fragte das Kind die Blume: „Sage mir, schöne Blume, wie heißt du denn?“ Da antwortete die Schöne mit einem leisen Raunen: „Ich habe noch keinen Namen. Aber du kannst mir einen geben, wenn du willst.“
Da lachte das Kind. „Sonnenblume sollst du heißen, weil du ein Gesicht so groß wie die strahlende Sonne hast und ihr den ganzen Tag mit deinem Gesicht folgst, damit du auch ihr ins Gesicht sehen kannst.“
So also kamen die Sonnenblumen zu ihrem Namen.
(C) HeiO 05-2010