Romane & Erzählungen
Der Kasten

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"Der Kasten"
Veröffentlicht am 04. Mai 2010, 6 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Der Kasten

Der Kasten

Beschreibung

Ein Kasten, eine weinende Menschenmenge und ein verwirrtes ICH mitten im Geschehen ohne die geringste Ahnung...

Der Kasten

Der Kasten war dort drüben, ein Mann stand daneben. Er hatte ein Buch in rechten  Hand und mit seiner Linken gestikulierte er heftig. Ich stand etwas weiter abseits, zu weit weg um seine Worte verstehen zu können. Aber das machte mir nichts aus. Ich achtete nicht auf den Mann neben dem schwarzen Kasten. Ich konnte ihn durch meine eigenen Probleme ganz einfach ausblenden, als wäre er nicht anwesend, würde gar nicht leben auf dieser Welt. Meine Großmutter hatte immer gesagt, dass ich stolz darauf sein könnte, alles um mich herum wegzudenken und mit eigenen Gedanken diese Lücke füllen zu können. Würde ich, zum Beispiel, die gesamte Zeit daran denken, wie schön es doch in der Natur war, so formte mein Gehirn aus dem Mann dort drüben einen Baum, dessen Äste sich aufgrund des Windes bewegten. Heute war der Mann kein Baum, sondern eine Vogelscheuche, die sich über einen toten Raben beugte. Das Gesicht der Vogelscheuche war nicht mit einem dieser frechen Grinsen gezeichnet, wie man es sonst von Vogelscheuchen kennt. Diese hier war traurig; der Mund übertrieben nach unten gezogen, die Augen rot vom Weinen, die Nase ebenfalls und eine dicke Träne, die über das graue Stroh kullerte. Statt einem alten Hemd von Vati, einer verwaschenen Hose und einem Clownshut auf dem Kopf, trug diese bizarre Gestalt, welche einige Meter entfernt stand, einen schwarzen Umhang, der sie von oben bis unten, wie ein Schleier aus Trauer, umhüllte. Meine Großmutter hatte immer gesagt, ich könnte mir doch die witzigsten Wesen vorstellen und dadurch die gesamte Welt zum Lachen bringen. Witzig fand ich das hier nicht besonders. Ich schaute mich um. Es lachte auch keiner, eher im Gegenteil: jeder, der da war, hatte entweder ein Taschentuch gezückt und schnupfte dieses bereits voll oder verbarg sein Gesicht an der Schulter der unglückseligen Person neben sich. Ich war vollkommen erschlagen von den neuen Eindrücken. Niemand lachte- jeder weinte. Vielleicht war ich am falschen Ort gelandet oder es hatte alles seine Richtigkeit und es war etwas Schreckliches geschehen. Ich wusste es nicht oder ich hatte es gewusst, mein Gewissen hatte es aber verdrängt. Egal, ob a oder b, es kam bei beidem aufs Gleiche raus. Meine Großmutter hatte früher immer gesagt, dass ich mit meiner Lebensfreude und meinem Optimismus die Welt erhellen würde. Doch scheinbar ließen mich gerade beide im Stich. Da alles um mich herum grau und leer war, wie ein großes, schwarzes Loch, dass sich langsam durch die Szenerie fraß. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Ich konnte manchmal wirklich unheimlich sein. Ich hatte über schwarze Löcher und traurige Vogelscheuchen nachgedacht, während um mich herum jeder weinte und ein Mann mit einem Buch in der Hand vor einem seltsamen Kasten herumfuchtelte, als wollte er eine lästige Fliege vertreiben. Ich kannte die Leute um mich herum sehr gut. Neben einer großen Fichte standen meine Mutter und mein Vater; auch meine Pantentante samt ihrem Mann und ihren zwei Kindern war aus den USA eingeflogen und irgendwo neben dem Mann mit seinem Buch in der Hand stand der Rest der Familie. Ich suchte mit den Augen den gesamten Platz ab. Doch ich konnte sie nirgends entdecken. Wo war sie bloß? Großmutter war doch sonst immer so pünktlich. Ich musterte den Kasten genauer. Er war schwarz und etwas in die Länge gezogen. Der Mann daneben hatte aufgehört zu reden und schwieg einen kurzen Moment lang. Jetzt fiel mir ein, was ich wenige Minuten zuvor zu verdrängen versucht hatte. Ja, ich wusste jetzt wieder, dass ich kurz vorher gewusst hatte worum es ging. Ich wusste, wer der Mann neben dem Kasten war und- viel wichtiger- ich konnte mich erinnern, was der Kasten war. Ich wusste, dass Großmutter nicht kommen würde, denn der Kasten war ihr Sarg.

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Bexx

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Bexx Re: -
Zitat: (Original von Loraria am 07.05.2010 - 19:47 Uhr) Hallo Bexx!

Eine wirklich schaurig schöne Geschichte.

Besonders gut gefiel mir, dass diese besondere Eigenschaft der Erzählerin nicht genau in Fantasie oder Realität einzuordnen ist. Damit meine ich, dass diese Fähigkeit sehr realistisch wirkt.
Auch die Rolle der Großmutter als wichtige Ratgeberin war mir von Anfang an symhatisch. Der Kasten der im überraschenden Wendepunkt zum Sarg wird verleiht der ganzen Geschichte etwas Spannung.
Insgesamt sehr gelungen.

Ich möchte mich noch einmal ganz herzllich für die Bewertung meines Fotobuches danken und ich hoffe sehr, dass noch viele Deinem Beispiel folgen, um mir Tips zu geben.
Ich wäre Dir auch sehr dankbar, wenn Du Dir noch meine anderen beiden Bücher (sind auch nur kurze Texte ;P) durchlesen könntest.

Deine Loraria


Hey, Loraia!
Danke für deine Bewertung.Insgeheim bin ich schon ein bisschen stolz auf meine kleine Story- das lieg vielleicht daran, dass ich nur total unerfahren in Sachen schreiben bin.
Natürlich werde ich deine Geschichten auch lesen.

Liebe Grüße,
Bexx :-))
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Re: Re: mmmhhh, -
Zitat: (Original von Bexx am 05.05.2010 - 17:16 Uhr) Hi Ute,

danke für deinen Kommentar- es freut mich,
dir meine Geschichte gefällt!!!
Ich find's gut, dass es noch andere Leute
gibt, die oft in eine zweite Welt eintauchen.

Liebe Grüße auch an dich,
Bexx 8-))



und darüber bin ich mehr als glücklich. Was wären wir ohne Phantasie.
OK es gibt davon sehr sehr viele, aber die sind ja nicht hier in diesem Forum.

Liebe Grße an Dich

Ute
Vor langer Zeit - Antworten
Bexx Re: mmmhhh, - Hi Ute,

danke für deinen Kommentar- es freut mich,
dir meine Geschichte gefällt!!!
Ich find's gut, dass es noch andere Leute
gibt, die oft in eine zweite Welt eintauchen.

Liebe Grüße auch an dich,
Bexx 8-))
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster mmmhhh, - wenn das keine Spannung ist, dann weiß ich es nicht. Du hast mich bis zum letzten Moment gefesselt.
Und da ich mir angewöhnt habe, nie den letzten Satz anzuschaun, muss ich sagen, sehr sehr gelungen. Ich habe nicht erwartet, das die Omi in dem Kasten ist, ich wär in 100 jahren nicht drauf gekommen.

Lach* eines haben wir gemeinsam, dieses wegträumen, hat mir als Kind jedenfalls jede Menge Schelte eingebracht. Märchentante und Träumerle, ok heute weiß ich, dass das gar nicht schlecht ist.

Ganz liebe Grüße an dich

Ute
Vor langer Zeit - Antworten
Bexx Re: Re: Re: Re: Re: nun,,,, - Ja, danke,
dir auch...
Liebe Grüße,
Bexx :-))
Vor langer Zeit - Antworten
Bexx Re: Re: Re: nun,,,, - Meinst du, so, als ob mich das nicht
interessieren würde?

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