Biografien & Erinnerungen
Die Briefe meiner Mutter 5

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"Die Briefe meiner Mutter 5"
Veröffentlicht am 27. April 2010, 10 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Zu meiner Freude hat mir mein Verlag artofarts, ein riesen großes Geschenk gemacht. Frau Bartl hat mir bei youtube ein, von mir gesprochenes Video, meines Buches Prinzessin Emma, gebastelt. Perfekt würde ich mein Sprechen nicht nennen, aber mit ganz viel Herz und Liebe gelesen. Hört doch einfach mal rein. Ich freue mich auf einen Besuch : http://uteschuster.com/ mein blog Ich liebe alles was mich glücklich macht und das ist echt nicht ...
Die Briefe meiner Mutter 5

Die Briefe meiner Mutter 5

Beschreibung

Ein Bündel uralter und vergilbter Briefe, umschlungen von einem rose Schleifenband. Eine Liebe fürs ganze Leben. Für mich nicht immer so deutlich zu spüren, wie ich das jetzt empfinde, wenn ich die Zeilen meiner Eltern lese, die sie sich in den Kriegsjahren geschrieben haben.

 

 

Im Herzen spür ich Wehmut und Sehnsucht, wenn ich diese Briefe vor mir habe. Wehmut, weil ich diese Liebe nicht verstanden habe. Ja vielleicht kann man das als Kind ja auch gar nicht. Vater war Vater, oder Vati wie ich ihn genannt habe und meine Mutter, ja das war die Mutti. Eltern eben und Eltern sind ja nun mal groß und Kinder sind das einzige was zählt. Und Sehnsucht, weil Eltern einfach fehlen, wenn man sie nicht mehr hat. Vater und Mutter zu haben ist so normal, aber wenn einem dann so deutlich, wie mit diesen Briefen klar wird, dass man sie nie mehr sehen und anfassen, ihnen nie mehr sanft über die Wange streicheln kann, dann überkommt einen große Sehnsucht und man möchte versäumte, viel zu selten gezeigte Zärtlichkeit  nachholen. Ich habe nie darüber nachgedacht, haben die sich nun richtig so schmusig lieb oder doch eher nicht.


Ja und richtig bewusst wurde mir eigentlich wie es damals war, als ich neulich ein Gespräch mit einem sehr netten Herren führte und wir irgendwann auch auf früher und dann auf die Sexualität, zu sprechen kamen. Die erste Stunde Sexualkundeunterricht und die Aufklärung.


Nun ja, jetzt wird es ein bisschen schwierig, aber ich bekomm das schon hin. Also Herr, sagen wir mal Schmitt, da kann ich nichts verkehrt machen, denn Schmitts gibt es ja wie Sand am Meer. Herr Schmitt also erzählte von seiner 1. Stunde. Die Lehrerin dieser Knabenschule hatte sich vorgenommen etwas ganz außergewöhnliches zu machen: sie wollte die Buben aufklären. Genau, die Buben, schließlich gab es an der Schule ja nur Jungs. Aber trotzdem finde ich es… Nein bitte, ich ereifere mich, das muss echt nicht sein, also weiter im Text. Für den Einstieg benutzte sie das alte Volkslied:


Mädel wasch dich, putz dich, mach dich fein……


Ja, betonte sie, es sei sehr wichtig, dass sich das Mädel gut gewaschen hat, bevor der Bursche seine Lust stillen wollte oder konnte, ach, die Reihenfolge ist eigentlich auch total unwichtig. Wichtig für mich war: Nicht der Junge sollte sich waschen, nein, er war ja von Grund auf reinlich, auf des Mädchens Sauberkeit und Hygiene sollten sie achten. Männer sind ja mit angeborener Reinlichkeit ausgestattet oder sollte ich lieber sagen mit einem Selbstreinigungsmechanismus. Ja und der Herr Schmitt war doch heute, noch immer der Meinung, „Mädchen wasch dich, ehe ich dich beglücke“. Wir schreiben das Jahr 2010, wie mag es da wohl im Jahre 1942 gewesen sein. Wie konnte man also Liebe offen zeigen, so mit kuscheln und Händchen halten oder in den Arm nehmen, wenn alles so verklemmt war. Mein Aufklärungsunterricht, verlief etwas anders: Bitte lasst euch nie an den Busen fassen, dann bekommt ihr Gefühle und der Mann auch und dann seit ihr schwanger. Hilf Himmel, wir haben ganz vorn an die Knospen gefasst und gewartet, dass eine von uns Mädeln ein Kind bekommt. OK ich gebe zu, 2 von uns Mädels haben das wohl doch zu oft gemacht, sie bekamen mit 16 ihr erstes Baby.

Bitte, bitte nicht böse sein, aber das musste einfach mal raus aus mir. Es passte einfach so schön in die Zeit und irgendwem muss ich es schließlich erzählen.


Aber nun will ich Muttis Brief doch endlich rausrücken:

 

Kassel den 6.12.1942

 

Mein Herzensliebling!

 

Es ist Sonntagabend und da es erst 9 Uhr ist, will ich Dir mein Liebling schnell noch ein paar Zeilen schreiben. Heute war nun der erste Sonntag ohne Dich. Als ich Heute morgen aufstand, habe ich Dich gesucht. Ich musste mich erst daran gewöhnen, dass ich allein bin. Ich bin so müde und werde mich, sobald der Brief an Dich beendet ist sofort in das Bett legen.


Heute Morgen habe ich Gerhard deine Hose, Koppel und Mütze mitgenommen. Er sieht gut darin aus. Die Mütze dürfte ein bisschen größer sein.


Wer weiß wo Du jetzt bist, hoffentlich frierst Du nicht! Neuigkeiten kann ich Dir noch keine berichten. Hoffentlich höre ich bald etwas von Dir. Wie ich es mit Weihnachten mache, weiß ich immer noch nicht. Ich soll nach Rotenburg kommen, aber auch auf den Möncheberg. Allein hier unten wird mir wohl ein bisschen schwer fallen. Es sind ja noch 3 Wochen.


Mein lieber Karlemann, ich wünsche Dir von ganzem Herzen ein gutes und vor allem gesundes Weihnachtsfest. Sei nicht traurig und denk nicht zu viel an uns hier in der Heimat. Wir werden alle bei Dir draußen an der Front weilen. Dein Frauchen wird ganz besonders an Dich denken. Hoffentlich bekommst Du Deine Päckchen bis dahin und lässt Dir alles gut schmecken. Du weißt ja selbst, wie es mir die Feiertage über zu Mute sein wird. Wegen mir braucht es kein Weihnachten zu geben.

Vielleicht haben wir Glück, dass wir das nächste Jahr zusammen sein können. Es muss doch einmal Schluss sein mit alledem.

Mein lieber Karlemann, ich komme langsam zum Schluss, ich fange an zu frieren, hier ist nämlich kein Feuer an. Es ist in der Zeit, wo ich auf dem Möncheberg war, ausgegangen .

In der Hoffnung, dass ich bald etwas von Dir höre, will ich nun schließen. Was machen Deine Hals und Magenschmerzen? Hoffentlich hast Du keine Schmerzen mehr.

 

Gute Nacht mein Liebling.

 

Sei recht herzlich gegrüßt, geküsst und von ganzem Herzen gedrückt,


von Deinem kleinen Frauchen und Mäuschen.

 

Ich dachte ja immer, man hätte die Hoffnung gehabt, dass dieser Krieg ganz schnell vorbei ist. Aber wenn ich diesen Brief lese und dann den Wunsch meiner Mutter: Vielleicht haben wir ja das nächste Jahr Glück und können zusammen sein, dann wird mir klar, dass der Glaube an ein schnelles Ende selbst zur Anfangszeit nur sehr gering war.


Wie kann man das aushalten, diese Sehnsucht und die Angst um den geliebten Menschen und dann doch so normal zu leben. Diese Kälte und dann kein Feuer im Ofen. Liebesbriefe schreiben, mit eiskalten Fingern. Welche Stärke muss in meiner, damals  24jähringen Mutter gesteckt haben. Eine kleine zarte Person, die mich schon auch ein bisschen an mich erinnert und die mich heute mit so großem Stolz erfüllt und mich auch sehr traurig macht, weil ich niemals so werden wollte wie sie. Vielleicht kann ich ja noch ein bisschen mehr von ihr lernen, von meiner geliebten Mutter…..

 

 

©UteAnneMarieSch.

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Über den Autor

UteSchuster
Zu meiner Freude hat mir mein Verlag artofarts, ein riesen großes Geschenk gemacht. Frau Bartl hat mir bei youtube ein, von mir gesprochenes Video, meines Buches Prinzessin Emma, gebastelt. Perfekt würde ich mein Sprechen nicht nennen, aber mit ganz viel Herz und Liebe gelesen. Hört doch einfach mal rein.


Ich freue mich auf einen Besuch : http://uteschuster.com/ mein blog Ich liebe alles was mich glücklich macht und das ist echt nicht wenig. carpe diem et carpe nocem. Für mich ist ein Traum, den ich schon seit Kindertagen träume, endlich wahr geworden. Was mich aber am meisten bewegt und was ich nun immer beachten werde ist: Wenn du dir etwas wünschst, dann wünsch es dir ganz genau. Glaub an die Erfüllung deiner Wünsche und vor allen Dingen, glaub an dich. An sich selbst zu glauben, das ist die größte Arbeit, aber sie ist zu bewältigen. Der Rat von einem lieben Ratgeber: Halte Dich einfach an meinen Wahlspruch - Du darfst an ALLEM zweifeln, nur nicht an Dir selbst. Ich werde es mir zu Herzen nehmen und dabei immer an dich denken, lieber Horst.

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UteSchuster Re: War schön... -
Zitat: (Original von Guello am 28.04.2010 - 11:19 Uhr) zu lesen. Vielen Dank, dass Du uns daran hast teilnehmen lassen.
LG
Rainer



und ich danke fürs lesen.

Liebe Grüße Ute

wenn ich den Packen neben mir sehe, von dem ich immer der Meinung war, schade, dass ich nicht den ganzen Schukarton besitze, merke ich, dass es so schon richtig viel Arbeit ist.
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Re: ich weiß nicht wie du es schaffst, -
Zitat: (Original von Gast am 27.04.2010 - 12:41 Uhr) aber den Bogen den du spannst, machst du so, dass es einem im Herzen wehtut.
Ganz traurig finde ich alelrdings deinen letzten Satz.
Dass du heute so gern noch etwas lernen würdest und stolz bist.
Ich habe irgendwann mal ein Gedicht über deine Mutter gelesen, da hast du schon versucht, sie zu verstehen, ich glaube, wenn du deine Briefe alle bearbeitet hast, dann bist du ihr näher, als du es zu ihren Lebzeiten jemals hättest sein können.
Da du an Wünsche und Engel glaubst, bin ih mir auch sicher, dass deine Mutter dich versteht und ganz bestimmt stolz auf dich ist. Ja ist, denn du glaubst ja, dass sie dich sieht, also glaub selbst auch daran.

Echt viel, was ich da geschrieben hatbe, aber grad würe ich dich gern in den Arm nehmen.

Dein Michael :-)




Och Micha, das hast du aber schön geschrieben. Danke. Ja du hast recht, ich sitze hier schon manchmal und nun ja, muss ich jetzt nicht vertiefen.
Ich frage mich heute nur, was war es damals, dass ich nicht so sein wollte, wie sie, was hat sie so niedrig gemacht, dass ich nicht stolz war. Ich glaube, sie war es selbst, die sich nie für gut genug gehalten hat und das habe ich ja nun schon gelernt, wenn du dich nicht selbst schätzt, dann kann es auch kein anderer.
Schon für diese gefühlvollen Zeilen bin ich stolz auf sie und wenn ich an die Gedichte denke, die meine Mutter früher in jedem Brief mitschickte und noch ein Blümchen oder Glücksklee dazu, dann weiß ich heute, ich kann sehr sehr stolz sein, wenn ich auch nur ein ganz klein wenig von ihr geerbt habe.

Ja und gerade jetzt würde ich mich wirklich anlehnen wollen.

Ganz liebe Grüße deine Ute.
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Re: Toll -
Zitat: (Original von Schilanowski am 27.04.2010 - 12:10 Uhr) dass jemand Briefe aufgehoben hat ! Eine unermeßliche Quelle der Kreativität. Dazu kann ich jeden nur beglückwünschen. Was mir oft als eine Alltäglichkeit vorgehalten wird, wird später ein Zeugnis des Lebens sein.
Wie war das mit dem ersten Fernseher in der Wohnstube. Was wurde vor der ersten Waschmaschine gemacht. Und wie kam das erste Fahrrad, Auto in dem Familien besitz? Heute bestimmt interessante Geschichten.
Denk ich mal.
LG Josef


Hallo Josef,

vielen Dank für deinen Kommentar. Ja es ist wirklich ein Geschenk. Bedauerlich ist eben nur, dass ich nur einen Bruchteil der Briefe habe.
Aber das was hier um mich herum liegt ist schon sehr viel Gefühlsarbeit.

O ich denke noch an unsren ersten Plattenspieler, die Musikwünsche meiner Eltern klafften so weit auseinander, dass ich mich nie zwischen:

es hängt ein Pferdehalfter an der Wand

oder

Mamatschi schenk mir ein Pferdchen

entscheiden konnte, also gab es einen geräuschkatastrophalen Mix, den leider keiner hören wollte. Mein erstes Telefon habe ich 1971 bekommen, weil meine kleine Tochter krank war und ich für Notrufe nur den Nachbarn hatte. Bis das Telefon dann endlich angeschlossen war, war das Kind schon längst wieder gesund ;-).

Es hat sich schon wahnsinnig viel entwickelt, seit wir auf der Welt sind, vom warmem Wasser auf dem Herd, der morgens um 4 Uhr mit Holz gefüttert wurde, bis zur Dusche, die man nur aufdreht und auch noch verschieden Strahvarianten wählen kann. Aber ich bin mir sicher, dass dir diese Entwicklung auch immer noch bewusst ist, auch wenn du 2 Jahre jünger bist, als ich.

Ganz liebe Grüße Ute


Vor langer Zeit - Antworten
Gast ich weiß nicht wie du es schaffst, - aber den Bogen den du spannst, machst du so, dass es einem im Herzen wehtut.
Ganz traurig finde ich alelrdings deinen letzten Satz.
Dass du heute so gern noch etwas lernen würdest und stolz bist.
Ich habe irgendwann mal ein Gedicht über deine Mutter gelesen, da hast du schon versucht, sie zu verstehen, ich glaube, wenn du deine Briefe alle bearbeitet hast, dann bist du ihr näher, als du es zu ihren Lebzeiten jemals hättest sein können.
Da du an Wünsche und Engel glaubst, bin ih mir auch sicher, dass deine Mutter dich versteht und ganz bestimmt stolz auf dich ist. Ja ist, denn du glaubst ja, dass sie dich sieht, also glaub selbst auch daran.

Echt viel, was ich da geschrieben hatbe, aber grad würe ich dich gern in den Arm nehmen.

Dein Michael :-)

Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Re: auch -
Zitat: (Original von Rajymbek am 27.04.2010 - 10:02 Uhr) ich schwelge in Erinnerungen, schreibe ich doch eine Erzählung über meine liuebste Omi...

VLG Roland



Durch die Briefe habe ich erst so einen richtigen Einblick in die Gefühlswelt meiner Eltern bekommen. Ich kenne zwar den Zusammenhalt im Alter, aber diese tiefe Treue und Liebe in früheren Jahren war mir fremd.
Kenne ich deine Geschichte??

Liebe Grüße Ute
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Re: Der Glaube an die Liebe ist -
Zitat: (Original von verzaubert am 27.04.2010 - 09:18 Uhr) überwältigend!!! Ich finde es faszinierend, dass für beide feststand, dass es niemanden sonst gibt... Sie haben sich füreinander entschieden und sind sich selbst in diesen schrecklichen Zeiten treu geblieben.
Wow!!!
:-)



Guten Morgen meine Steffi,

ja so war es und wenn sie gestritten haben, hab ich nur immer gedacht, o ma (n) warum seit ihr überhaupt zusammen, ja weil sie sich geliebt haben und wenn ging es ja meist um uns Kinder.

Dicker Kuss, deine Ma
Vor langer Zeit - Antworten
Rajymbek auch - ich schwelge in Erinnerungen, schreibe ich doch eine Erzählung über meine liuebste Omi...

VLG Roland
Vor langer Zeit - Antworten
verzaubert Der Glaube an die Liebe ist - überwältigend!!! Ich finde es faszinierend, dass für beide feststand, dass es niemanden sonst gibt... Sie haben sich füreinander entschieden und sind sich selbst in diesen schrecklichen Zeiten treu geblieben.
Wow!!!
:-)
Vor langer Zeit - Antworten
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