Ich wollte mit meinem kleinen Yaris nach Köln fahren, wo meine Maschine in ca. fünf Stunden ins gelobte Land der unbegrenzten Liebeswünsche starten würde.
Doch bevor ich abfahren würde, musste ich unbedingt noch Nikos eine email schicken.
Unbedingt, sonst würde er sicher stinkwütend werden, dieser kleine mir unbekannte und doch so nahe Grieche.
Wer war Nikos eigentlich? Ich lernte ihn bei einer Auktion auf einer bekannten Auktionsplattform kennen. Wir mochten uns von auszutauschen, kein Date zu verabreden und nicht zu telefonieren. Wir schreiben uns nur, ganz sporadisch und jeder wann und wie er mag. Manchmal ist er traurig, hat Liebeskummer, Stress im Job und manchmal will er nur von seiner Sehnsucht nach Griechenland erzählen.
Er ist ein Freund geworden. Ich habe ihn nie direkt gefragt, wie er mich bezeichnen würde.
Es ergab sich einfach nie. So wie es sich nie ergab, dass wir unserer Neugierde erlagen und doch Fotos versandten oder ein Essen arrangierten.
Letztendlich habe ich ihn in meinem Herzen als Freund verankert, der einen äußerlichen Makel hat. So dass er für mich als Kandidat nach Schmacht völlig aus dem Raster fällt.
Das hält die Neugier im Zaun und irgendwann ist man eben drüber weg.
Für mich ist Nikos 1,6o cm, hat einen dicken Bauch und sehr wenig von diesen tollen griechischen schwarzen Locken. Er hat eine Glatze in meiner Phantasie. Gott sei Dank weiß er nichts von meinen Gedanken, sonst hätte er mich auf der Stelle gekillt. Wir mochten uns von Anfang an, weil wir beide einen schnellen, direkten, humorvollen Schreibstil hatten. Die emails flogen nur so hin und her im Cyberkosmos.
Sein großer Vorteil ist seine Intelligenz, seine Art, blitzschnell emails zu schicken.
Ich liebe seine Schlagfertigkeit, seinen Humor und seinen Geist. An Tagen, wo er down ist,
möchte ich ihn fast umarmen, doch der Bauch ist im Weg. In meiner Phantasie wohl gemerkt.
Ich würde ihn so gerne drücken und sanft über sein Kopf streicheln, doch dann fällt mir ein, dass er doch eine Glatze hat. Und schwups sind all die herrlich anwachsenden Gefühle in mir abgesoffen.
Dies funktioniert nun schon seit ca. drei Jahren, ohne dass wir uns je getroffen haben, ich weiß gar nicht genau, wo er wohnt. Ich kenne weder sein Aussehen, noch seine Telefonnummer oder seine Sexvorlieben.
Das ist eben das Verrückte an unserer eigenartigen Beziehung. Wir kennen uns nicht zu persönlich. Es ist eher oberflächlich und doch weiß ich mehr von ihm als seine Mutter, die er, wie jeder Grieche, abgöttisch liebt.
Vielleicht ist es gerade das Anonyme was uns tiefe Beweggründe, Ängste, Seelenzustände austauschen lässt. Wir haben aber von Anfang an beschlossen, keine Fotos.
Ich schmeiße noch mal kurz den PC an und werde ihm eine email senden und dann muss ich mich auf den Weg machen.
Liebster Niko,
ich wollte dir nur kurz ein paar liebe Zeilen senden von deiner kleinen ach so süßen Maria, die sich mal wieder auf den nie enden werdenden Weg macht, ihren Traummann zu suchen. Zwar sind meine Griechisch-Kenntnisse immer noch nicht besser geworden, aber vielleicht begegne ich ja am Flughafen einem Griechen, der genau das zuckersüß an mir findet. Was meinst du?
Du weißt doch, so wie in der Werbung mit dem Bier und der süßen Französin, die das Bier so prickelnd findet. Für mich prickelt dann eben der Ouzo im Bauchnabel, wäre mir ja auch egal. Was tut man nicht alles, um endlich zu heiraten. Ich würde den Ouzo mit etwas Sekt mischen, dann prickelt er bestimmt.
Ich weiß , du wirst jetzt wieder sagen, dass ich auf mich aufpassen soll. Mache ich , verspreche ich dir. Ich komme gesund und munter in 1o Tagen wieder. Du brauchst dir keine Sorgen machen, in meinem Alter klaut mich kein Grieche mehr, es sei denn er ist wie Homer blind.
Gruß und drück deine Mama ganz lieb von mir.
Maraki
So, das hätte ich dann auch erledigt. Wir haben vereinbart, den anderen zu informieren, sollten wir in den Urlaub fahren. Jetzt musste ich mich wirklich beeilen. Ich verriegelte meine Wohnung und schleppte mein Reisegepäck ins Auto. Entschieden hatte ich mich heute für die Farben schwarz und rot.