Biografien & Erinnerungen
Stadtkind - Kindheitserinnerungen Teil 7

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"Stadtkind - Kindheitserinnerungen Teil 7"
Veröffentlicht am 22. April 2010, 10 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Stadtkind - Kindheitserinnerungen Teil 7

Stadtkind - Kindheitserinnerungen Teil 7

Beschreibung

Ich blicke zurück auf eine zauberhafte Kindheit, so behütet und so unbeschwert. Die vielen kleinen Ereignisse hatten damals für mich enorme Bedeutung und formten mich schließlich zu dem Menschen, der ich heute bin. Begleiten Sie mich auf eine Zeitreise in die 1960er Jahre und verfolgen Sie in den jeweiligen Fortsetzungen die Entwicklung des Stadtkindes.

 

 Meine Eltern hatten damals einen kleinen Schrebergarten mit einer winzigen Laube, verschiedenen Obstbäumen, Gemüse, Kräutern und Blumen. Während der Sommermonate verbrachten wir viel Zeit in dieser grünen Oase. Mir war diese Kleingartenidylle zu langweilig. Doch die Anlage war groß. So fand ich genügend Zerstreuung auf dem Spartenspielplatz, oder auf den abenteuerlichen Schleichwegen, die kaum ein anderes Kind dort so gut kannte wie ich. Da meine Eltern, vorallem mein Vater, passionierte Frühaufsteher sind, kam es oft vor, daß sie das Unkraut jäteten, noch lange bevor sich andere Leute dazu aufraffen konnten, ihr wohliges Federbett zu verlassen. Mir fiel das frühe Aufstehen damals auch nicht schwer. Unter dem Motto “Morgenstund´ hat Gold im Mund” nutzte ich die Gelegenheit, mein Lieblingsgerät, die Schaukel, ausgiebig in Beschlag zu nehmen. Später, wenn die anderen Kinder kamen, mußte ich sie mir erst erobern. So aber konnte ich nach Herzenslust schaukeln, träumen und dabei die Augen schließen, bis ich jede Orientierung verlor und es im Bauch so schön kribbelte. Manchmal bin ich aber auch einfach so durch die Anlage spaziert um Zensuren zu verteilen. Da gab es schöne helle Gärten, die sauber und gepflegt einen freundlichen Eindruck machten.  

 

Es gab dunkle, mit vielen Bäumen, die auf mich immer etwas unheimlich wirkten, und es gab die schlampigen Gärten. Da stand oft kniehoch das Unkraut, die ungeharkten Wege sahen aus wie Beton und was ein Farbtopf bei Laube und Zaun bewirken konnten, wußten die Besitzer anscheinend auch nicht. Oft beobachtete ich den Reifeprozeß der Früchte. Ich ärgerte mich fürchterlich, wenn ich irgendwo reife Erdbeeren unter dem Laub hervorleuchten sah, obwohl die eigenen höchstes eine gelbe Färbung angenommen hatten. Andererseits freute ich mich über unsere besonders schönen, aromatischen Augustäpfel, die sonst kein Spartenmitglied aufweisen konnte.

 Bei einem meiner Spaziergänge fiel mir ein Baum auf, dessen Äste sich weit von der Last seiner reifen Früchte über den Zaun, mitten auf den Weg beugten. Blau-violett glänzten duftende Renekloden. Meine Mutter kochte jedes Jahr fleißig Hauspflaumen ein, kleine, süße Früchte, bei denen man genau darauf achten mußte, nicht eventuell einmal eine Made zu verschlucken. Diese Renekloden jedoch waren riesig, prall und ohne Anzeichen auf ein Würmchen in ihrem Inneren. Ich verspürte bei diesem Anblick einen brennenden Heißhunger. Schlimm war nur, dieser 

 

 

Baum stand nicht in unserem Garten. Weit und breit keine Spur von seinem Besitzer. Wäre er dagewesen, hätte ich ihn mir angesehen. Vielleicht hätte er freundlich ausgeschaut. Mit solchen Leuten läßt sich ja meist ganz gut reden. Man könnte ihm ein paar Komplimente zu seinem Obst machen und dann würde er mir vielleicht eine der begehrten Früchte schenken. Ja, aber wie gesagt, es war niemand da. Von meinen Eltern wußte ich, man darf niemals stehlen. Na, und ins Gefängnis wollte ich schließlich nicht. Die faustgroßen Renekloden grinsten mich frech und verführerisch an, als wollten sie sagen:

“Greif schon zu! Wir sind so viele. Da fällt es doch gar nicht auf, wenn einige fehlen. Iß uns!”

Ich erhörte sie. Blitzschnell pflückte ich 2 von ihnen und rannte in panischer Angst zu meinem Versteck auf dem Spielplatz, meinem ganz persönlichen Geheimversteck, das nur meine allerbesten Gartenfreunde kannten, die aber um diese Zeit noch nicht hier waren. Noch ganz außer Atem verschlang ich hastig mit dem schlechtesten Gewissen, das man sich vorstellen kann, mein Diebesgut. Dann vergrub ich die Steine und fand nun endlich Zeit festzustellen, daß 

 

 

die Renekloden gar nicht so besonders gut geschmeckt hatten. Der seltsam bittere Beigeschmack wollte lange nicht vergehen.

Kennen Sie das Gefühl, eigentlich ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, weil Sie sich ungerecht und einfach schändlich verhalten haben? Stattdessen befriedigt Sie Ihr Vergehen und erfüllt Sie eventuell sogar mit einem gewissen inneren Stolz. Mir erging es so, als ich mich dazu berufen fühlte, ein kleines Mädchen für seine Nacktheit bestrafen zu müssen. Schon früh wurde mir ein wahrscheinlich übertriebenes Schamgefühl anerzogen. Vielleicht lag das an der Zeit, in der ich aufwuchs. Man ging damals allgemein nicht so freizügig mit unverhüllten Körpern um.

An einem heißen Sommertag tummelten sich eine Menge Kinder auf dem Spielplatz unserer Gartenanlage. Die kleinen Mädchen und Jungen trugen Bade- oder Sporthosen, die etwas größeren “Damen” waren mit Badeanzügen oder leichten Kombinationen bekleidet. Unsere Spiele verliefen friedlich und in schönster Eintracht bis der Auftritt eines wenigstens schon 5jährigen Mädchens mein sittliches und ästhetisches Empfinden stark beeinträchtigte. So alt


 

 

 

 

und wagt es hier nackt herumzulaufen? Schämt die sich denn gar nicht? Ich war empört. Hinzu kam, das Kind war fremd hier, keines aus meiner Clique, sondern lediglich zu Besuch im Garten des Opas. Feindselig beobachtete ich das Mädchen, das sich anscheinend keiner Schuld bewußt war. Es bewegte sich völlig unbefangen, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt, nackt zwischen lauter bekleideten Kindern zu spielen. Die Neue gefiel mir gar nicht. Ich mußte mir eine Strategie austüfteln. Also stellte ich mich freundlich, als bemühe ich mich ernsthaft um ihre Freundschaft. Im Laufe des Gesprächs konnte ich mich einer Frage nicht erwehren:
“Warum läufst du denn ganz nackend rum?”
Sie antwortete:
“Weil es so warm ist und ich meine Sachen nicht schmutzig machen darf.”
Das war einleuchtend, gab Sabine - so hieß das Mädchen - aber noch längst nicht das Recht, sich in diesem Aufzug, oder besser gesagt Auszug zu präsentieren. Das macht man einfach nicht. Nun hätte ich ihr ja einfach sagen können, was ich davon halte und mich dann nicht weiter um sie kümmern brauchen. Das war mir aber zu unspektakulär. Eine kleine raffinierte Erziehungsmaßnahme erschien mir hier 

 

 

angebracht.

Kinder können ja so grausam sein. Ich gebe es nur ungern zu, aber ich kannte in diesem Moment kein Erbarmen.

So lockte ich Sabine unter dem Vorwand, ihr einen neuen, tollen Trick zu zeigen auf die Schaukel. Sie sollte sich aber nicht einfach gerade draufsetzen, sondern seitlich, wie auf ein Pferd. Arglos schwang sich die Kleine tatsächlich so auf das Schaukelbrett. Ich freute mich diebisch. Sie vertraute mir. Jetzt war sie mir ausgeliefert. Und nun konnte ich sie in Form einer kleinen Folter bestrafen. Ich schob vorsichtig ab und gab Anweisungen, wie sie ihre Beine halten muß, um nicht abzurutschen. Das war natürlich völliger Unsinn, aber sie tat es trotzdem. Dann schob ich kräftiger ab und Sabine bat mich anzuhalten. Ich dachte jedoch gar nicht daran. Jetzt wurde es doch erstmal interessant. Die Schaukel bekam einen erneuten Schubs. Sabine begann zu weinen. Sie bettelte und flehte. Schließlich hielt ich die Ketten fest und erklärte ihr eiskalt, sie wäre ein Jammerlappen. Trotz aller Unbarmherzigkeit wollte ich auf keinen Fall, daß sie herunterfällt und sich womöglich verletzt. Es sollte nur ein Denkzettel sein. 

 

 

 

 

Ein so großes Mädchen hat einfach nicht mehr nackt herumzulaufen. Das hatte sie jetzt hoffentlich begriffen. Nach dieser Attacke habe ich Sabine nie wiedergesehen.

 ***

Fortsetzung folgt. 

 

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Gast Du kannst - ja wirklich böse sein!! Das arme Mädchen!

Trotzdem wie immer gut geschrieben.
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