Gedichte
"Gedichte" aus dem Biomüll

0
""Gedichte" aus dem Biomüll"
Veröffentlicht am 08. April 2010, 14 Seiten
Kategorie Gedichte
http://www.mystorys.de
"Gedichte" aus dem Biomüll

"Gedichte" aus dem Biomüll

„Gedichte“ aus dem Biomüll

 

 

Lachen

 

Ich nehme meine Rechte wahr,

genau wie meine Linke.
Mit beiden versuche ich,

auf den Tisch zu hauen.

Doch mittendrin,

muss ich über mich selbst lachen.

Diese albernen, dürren Gelenke,

würden bloß am Tisch zerschmettern.

So lache ich einfach weiter.

Über mich und die Beschaffenheit des Tisches.

Und der schweigt gleichgültig zurück.

 

 

 

Raum

 

Alle Energie.

Fließt aus unbekannten Kanälen.

Es macht keinen Sinn.

Was wir erzählen.

Ahnungslos.

Wie eine tote Sardine.

Jeder ist.

Seine eigene Maschine.

Und selbst wenn wir tausendmal.

Die Augen öffnen.

Sehen wir bloß.

Unser eigenes Gedärm rotieren.

Und Illusionen.

Und Echos.

Und Interpretationen.

Eines hilflosen Verstandes.

Wie ein Wohnzimmer.

Das versucht, über sich selbst nachzudenken.

 

 

 

Affenarme

Meine Affenarme greifen in die Welt hinein.

Lang und dünn und haarig.

Packen sich was geht.

Werden kilometerlang.

Weltumspannend.

Viele Löcher in Baumstämmen.

Viele Bienenstöcke voller Honig.

Die Gibbonfinger werden taub.

Das Affenhirn sträubt sich.

Fressen, schlafen, ficken.

Fressen, schlafen, ficken.

Fressen, schlafen, ficken.

 

 

 

Signale

 

Verfluchte Innereien.

Vermaledeite Biochemie.

Verdammt fest sitzt der Wolf im Pudel.

Man wird der Signale überdrüssig.

Ständig will dieser Körper.

Und das in diesem Strudel.

Aus Unzulänglichkeiten.

Mehrdeutigkeiten.

Nichts ist schlüssig.

Jedes Atom ein Rätsel.

Und so sinken wir,

immer tiefer hinein.

Fressen uns gegenseitig,

ohne zu ahnen

wer wir sind.

 

 

 

Identitätswiesen

 

Ich verpasse den Sonnenaufgang,

weil ich zu beschäftigt damit bin,

ihn zu fotografieren.

Meine Hose sagt mir,

dass sie nach Hause gehen möchte

und die Beine gehorchen.

Es geht an einem

Analogen Fluss vorbei,

der in einem

digitalen Flussbett schläft.

Über virtuelle Hügel

und Identitätswiesen,

zu dem Haus unserer Geburt.

Ohne Strom und fließendes Wasser.

Wo wir selbst auf uns warten.

 

 

 

Wiederholung

 

Jeder braucht seinen Gong.

Wo man hinschaut Kreisläufe,

die laufen und zusammenbrechen.

Und sich dann anderweitig orientieren.

Milliarden Kreisel,

auf einem Mutterkreisel,

in einem Kreiseluniversum.

Die versuchen Bahnen zu halten.

Bahnen zu brechen

Und nicht in Bahnen gepresst zu werden.

Dabei kreist alles

gleichgültig weiter.

Könnten wir einfach einmal stehenbleiben,

würden wir sehen,

wie alles immer und immer wieder kommt.

Wiederholung.

Ich drehe mich um mich selbst,

bis mir schwindlig wird.

 

 

 

Technik

 

Im Glauben  unsere Natur übertrumpft zu haben,

erhöhen wir den Einsatz.

Alles eine Frage der Technik.

Der Duellant gegenüber,

ist mal wieder nur das eigene Spiegelbild.

Doch wenn niemand gewinnt oder verliert,

wo bleibt dann der Spaß?

So schlagen wir uns irgendwann,

mit der eigenen Technik

und klopfen uns dabei,

auf die stolzen Schultern.

Wenigstens bewahren wir so,

einen Traum von ewiger Zukunft.

 

 

 

Weltbild

 

Ein Weltbild

hängt über der Couch.

Billige Massenware.

Wenigstens der Rahmen,

war nicht ganz billig.

Und dann der Nagel!

Schon beim hineinschlagen,

rostig und krumm.

Er wird das Bild,

nicht lange halten.

Bald hängt es schief

Und die Wand,

neigt sich mit.

Zum Absturz verurteilt.

Man macht einen Buckel,

passt sich der krummen Wand an.

Bis einem das Bild

und die ganze Wand,

schließlich auf den Kopf fällt.

 

 

 

Idole

 

In den Zeitungen nur Fotos

von geschmückten Kälbern.

Wir hängen sie uns an die Wand.

Wir wollen so aussehen,

wie sie aussehen wollen.

Diese kleinen, geilen Kälbchen.

Mit ihrem nutzlosen Schmuck.

Unfähig Milch zu geben.

Dann stehen wir morgens da,

ohne Milch im Kaffee

und halten das Bild an der Wand,

für unser Spiegelbild.

 

 

 

Ruinen

 

Die Ruinen sind ruiniert.

Ein Toter wurde am Chefsessel

festgetackert.

Die Vergangenheit quillt

aus den Aktenschränken.

An der Wand hängt ein Kalender,

an dem jeder Tag rot eingekreist ist.

Am Fenster rauschen

karge Wände vorbei.

Über allem hängt

ein träger Ventilator

Und dreht

Den ganzen Raum unter sich.

 

 

 

Geliehen

 

In einem geliehenen Anzug

und einem geleasten Wagen,

geht es die Straße entlang,

die selbst fremdes Eigentum ist.

Einen Bruchteil aller Schulden,

als Bargeld in der Tasche.

Nicht einmal der Haarschnitt

ist der eigene.

Das Foto und der Name

auf dem Ausweis.

Gehört alles den Gewalten.

Jedes Organ,

hat seine eigene EAN-Nummer.

Will man wissen,

was einem wirklich gehört,

stellt man fest,

dass selbst die Sprache der eigenen Gedanken,

fast ausschließlich geliehen ist.

 

 

 

Pferd

 

In einem Traum,

aß ich gesalzene Seelen

an der Bar im Arsch der Welt.

Draußen hörte ich

Monster vom Himmel hageln.

Aus der Jukebox drang nur noch,

leises Fauchen.

Die Pest tropfte

schwarz und klebrig von der Decke.

Ein fahles Pferd,

trat durch die Schwingtür

und fragte mich,

ob ich reiten wolle.

Ich nickte

Und mein Kopf fiel ab.

 

 

 

Universal

 

Einfach komplex.

Logischerweise unbegreiflich.

Atemgebend atemberaubend.

Alles und innen

Und außen und nichts.

Zerstörerischer Erbauer.

Zieher und Drücker.

Dreher und Wirbler.

Universale Leere,

Stille heraus schreiend.

Mit zahllosen Augen

sich selbst betrachtendes

und beschnüffelndes,

belauschendes

und beurteilendes

All.

http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189835.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189836.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189837.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189838.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189839.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189840.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189841.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189842.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189843.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189844.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189845.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189846.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_189847.png
0

Hörbuch

Über den Autor

zellhaufen

Leser-Statistik
64

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
BrianBrazzil So einen richtigen Band - von Gedichten hast du hier publiziert.

Das erste "Lachen" gefällt mir sehr gut, diese Situation, alleine am Tisch, der Tisch schweigt, alles Stille außer dem Lachen... wirklich gut

Das zweite "Raum" ist ziemlich rasant, aber auch hier schaffst du es einen Blickwinkel zu fixieren, Bilder zu erzeugen, damit zu spielen; ebenfalls sehr gut.

Affenarme finde ich dann widerum nicht so gelungen, nicht wegen dem Ende, sondern weil mir die Botschaft irgendwie in der MItte abhanden kommt, oder geht es hier um den Menschen der sich etwas zu hoch geschwungen hat...?

"Signale" finde ich verdammt gut, da kommt die Botschaft richtig mit Kraft daher, vor allem in dies: "Man wird der Signale überdüssig. Ständig will dieser Körper" konnte ich mich hineinversetzten, denn es ist alles, alles so unübersichtlich geworden... auch in einem selbst... gerade in einem selbst.

Bei "Identitätswiesen" malst du ein starkes Bild, dass für mich ein wenig im Nebel deiner letzten drei Sätze untergeht. Die ersten drei Zeilen sind super, für den Rest, gerade wie gesagt für die letzten Sätze hätte ich wenn es geht gerne Hintergrundinfos.

Mit "Wiederholung" ist dir eine sehr schöne Metapher, eine sehr schöne poetische Parabel geglückt. Vom Lesen wird einem da übrigens auch ein bisschen schwindlig.

"Wenigsten bewahren wir uns so, einen Traum von ewiger Zukunft"
Ein poetischer Satz der ein sehr kritisches Gedicht, sehr gut abrundet.
Gefiel mir bisher fast am besten.

Tja wer an einem falschen "Weltbild" festhält, hat nichts zu lachen.

Bei "Idole" musste ich Schmunzeln, es ist so ein richtig rotziges Gesicht und man stellt sich den Mann mit dem Schlafanzug, dem Dreitagebart und dem Kaffee in der Hand vor, wie er auf seine Wand starrt. Klasse!

"Ruinen" ist bisher (so finde ich) der beste Text. Dieses leblose Bild und doch rotiert darüber der Ventilator und man kann die Regale deswegen nur leise Ächzen hören und weiß daher nicht, wann sie die Toten denn nun endgültig begraben...

"Geliehen" stimmt einen doch etwas nachdenklich, wobei ich deinen letzten beiden Zeilen nicht zustimmen kann, aber darüber lässt sich ja streiten ohne Ende.

"Pferd"... trotz aller poetischer Anklänge, für mich ein Nonsensegedicht zum Lächeln

"Universal" hast du zurecht ans Ende gestellt... es ist ein würdiger Schluss für das Buch und ich kann auch hier abschließend sagen: Sehr gut, nachdenklich, zum Grinsen und wie sagte Huysmann: Gegen den Strich.

Gruß
Brian
Vor langer Zeit - Antworten
zellhaufen Wäre wohl besser gewesen... Jetzt lasse ich es einfach mal so stehen, die nächsten poste ich dann einzeln. Sagst du mir denn, welche "Werke" du gut und welche weniger gut fandest? :-)
Vielen Dank für den Kommentar und liebe Grüße
Z
Vor langer Zeit - Antworten
MarionG Das ist ja eine Menge - Ich fand manche Werke sehr gut, andere weniger.
Es ist schade, dass Du viele Gedichte in ein Werk packt. Damit nimmst Du Dir die Chance, eine Resonanz zu den einzelnen Werken zu erhalten.
Überdies geht es zumindest mir so, dass ich nach dem dritten oder vierten Werk die Lust verliere, weiterzulesen - denn die einzelnen Werke haben nichts miteinander zu tun.

Mein Tipp: Veröffentliche jedes Gedicht einzeln.

PS: Das erste hat mir am besten gefallen.
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
3
0
Senden

33451
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung