Bis das mein Tod uns scheidet.
Der erste Blick, den Franz der jungen Margarete zugeworfen hat, traf sie mitten ins Herz. Dieser große schlanke Mann, mit den dunkelbraunen, gelockten Haaren und den wunderschönen, fast schwarzen, samtigen Augen, war wirklich etwas ganz besonderes. Er sah nicht nur gut aus, er war auch ganz anders, als die Burschen, die sie bisher kennengelernt hatte. Zuvorkommend und sehr charmant, ein Mann zum Träumen. Ja und Franz erging es mit Margarete nicht anders, sie war nicht nur ausnehmend hübsch, mit den blonden langen Zöpfen, sie war auch eine außergewöhnlich reizende und sanftmütige Person. Vom ersten Augenblick stand für die Beiden fest, dass sie immer zusammenbleiben wollen.
Heute kann man sich das nicht mehr so recht vorstellen, aber diese Liebe war vom ersten Augenblick, eine Liebe für das ganze Leben.
Sehr schnell kaufte Franz Verlobungsringe, er wollte einfach keine Zeit verlieren, denn jeder Tag ohne seinen Augenstern, wie er sie vom ersten Tag an zärtlich nannte, war für Franz ein verlorener Tag. Er wollte jede Sekunde mit ihr zusammen sein und in der damaligen Zeit war das, ohne Verlobung und baldige Hochzeit, einfach nicht möglich. Ganz romantisch steckte er seiner Grete den Ring unter dem Weiden-Baum an, an dem er sie das erste Mal gesehen hatte.
Ein Jahr später wurde geheiratet, nichts großes, nein, dafür waren die Zeiten zu schlecht, aber ein schönes Fest war es schon, damals in 1957. Mit der kleinen Sabine, kaum 9 Monate später geboren wurde, war das Glück der Beiden vollkommen.
Margarete sagte oft zu Franz: „Franzl, siehst du, was wir für ein Glück miteinander gefunden habe. Du warst meine einzige Liebe und du wirst es auch immer bleiben“. Franz schmunzelte dann immer geschmeichelt und typisch Mann, erwiderte er natürlich nichts. Nein traurig war sie nicht, wenn er nichts sagte, sie wusste, dass auch sie seine ganz große Liebe war. Naja manchmal war der Franz schon ein bisschen eifersüchtig, wenn er sah, wie die andere Männer seiner Grete Komplimente machten oder sie einfach nur ansahen. Nein das gefiel ihm nicht so recht, obwohl er ganz genau wusste, dass seine Grete niemals einen anderen, als nur ihn, anschauen würde.
Kurz nach dem 40. Hochzeitstag wurde Franz krank, sehr krank sogar. Zuerst dachte er noch, alles würde wieder gut, aber als es ihm nach einem Jahr immer noch nicht besser ging und er sich kaum noch bewegen konnte, da verzweifelte er mehr und mehr. Seine Grete machte ihm zwar immer wieder Mut und Hoffnung, doch irgendwann wussten Beide, dass es für Franz keine Heilung gab. Für den weiteren Verlauf der Geschichte ist es unerheblich, wie schlimm der Krankheitsverlauf war, hier geht es allein um die große Liebe der Beiden, nicht mehr und auch nicht weniger.
Freunde? Ja so traurig das ist, es wurden immer weniger. Nicht weil sie böse waren, oder nicht eingeladen wurden, nein das war es nicht. Grete und Franz konnten ja kaum noch aus dem Haus, sie waren sich genug, mehr wollten sie nicht, sie waren zufrieden mit sich und der Welt. Na gut, Margarete ging 2 mal in der Woche zum Schwimmen oder ja man höre und staune, sie meldete sich sogar in einem Fitnesscenter an, aber die meiste Zeit saß sie bei ihrem Franz.
Oft sagte Franz: „Gretchen, ich bin dir nur noch eine Last, was könntest du für ein schönes Leben führen, wenn ich nicht mehr da wäre“. Doch so etwas wollte Margarete natürlich nicht hören. „Schatz, mein Franz“ sagte sie dann mit Tränen in der Stimme: „die Hauptsache ist für mich, dass du da bist. Ich will auf alles verzichten, wenn du mich nur nie allein lässt“. Für eine Weile war Franz´s Welt dann wieder ein bisschen schöner und er vergaß die Krankheit, die ihn immer bewegungsunfähiger machte, aber lange hielt das nicht an.
Gretes größter Wunsch war, dass sie Beide eines Morgens nicht mehr aufwachten, dass das Leben einfach so vorbei war. Wie schön wäre es, die Hand von Franz zu halten und für immer beieinander zu sein. Bis dass der Tod euch scheidet. Das hatten sie sich geschworen und so sollte es auch sein.
An einem sonnigen Herbstmorgen packte Margarete ihre Badesachen, gab ihrem Mann einen Kuss und versicherte ihm, dass sie bald wieder zurück ist. „Lass nur Gretchen, nimm dir Zeit, ich komme schon zurecht“, mit diesen Worten verabschiedete Franz sich von seiner Frau, lehnte sich müde in die Kissen zurück und wartete darauf, dass sich die Tür hinter ihr schloss.
Dann schleppte er sich in das Schlafzimmer, nahm die Pistole heraus, die er schon vor vielen Jahren dort versteckt hatte, rief ein Taxi und ließ sich zur Kirche fahren. Der Taxifahrer half ihm die Stufen zum Kirchenportal zu gehen. „Ich komme schon klar“ beruhigte Franz den Mann „Nur ein Gebet, mehr will ich nicht. Sie können fahren, ich brauche jetzt keine Hilfe mehr“. „Sie meinen wirklich, ich soll fahren?“ fragte der Fahrer Franz noch ein letztes Mal. „Ja, sie können wirklich fahren“.versicherte ihm dieser.
Mit letzter Kraft schleppt sich Franz zu dem Weiden-Baum, an dem er seine Margarete zum ersten Mal gesehen und ihr wenig später den Verlobungsring an den Finger gesteckt hat. Tränen der Liebe und Dankbarkeit rinnen seine Wangen herunter. „Meine Grete, Liebes, Verzeih mir, aber ich habe keine Kraft mehr. Meine Liebe zu dir ist unendlich. Sie wird über den Tod hinaus dauern, wir werden für immer zusammen sein, nur bitte versteh, dass ich jetzt an einem anderen Ort sein möchte. Verzweifel nicht, mein Gretchen, sondern leb das Leben und lerne es wieder zu genießen.“ Dann nimmt er die Pistole und beendet sein Leben.
Es hat unheimlich weh getan und es wird nie vergehen, da ist sich Grete sicher, aber inzwischen hat sie gelernt, das Leben wieder anzunehmen und zu genießen. Margarete weiß, dass Franz diesen Baum ausgesucht hat, weil er ihr seine große Liebe ein letztes Mal beweisen wollte. Er wollte ihr die Freiheit schenken und sie hat dieses Geschenk mit vielen Tränen und Schmerzen angenommen.
„Irgendwann, mein Liebster, sind wir wieder vereint, aber bis dahin schaust du von oben auf mich herab und passt auf, dass es mir gut geht und ich schau ganz oft zu dir nach oben und danke dir von ganzem Herzen, für die wunderschönen gemeinsamen Jahre“.
Diese Liebe geht über den Tod hinaus und braucht kein Verzeihen, sie war und ist unendliche Liebe.
©UteAnneMarieSchuster