Kurzgeschichte
Teddy

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"Teddy"
Veröffentlicht am 26. März 2010, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Teddy

Teddy

Beschreibung

Als allererstes möchte ich nur sagen, dass man sich vom Titel nicht abschrecken lassen sollte :-) Der Text ist gewiss nicht so kuschelig und schmalzig. Sowas könnte ich ja nie schreiben ;-) Zum anderen ist es nach langer, langer Zeit wieder mal ein Text von mir, in dem man wohl auch so einiges von mir herauslesen kann, es aber nicht muss ;-) Natürlich hoffe ich, dass er gefällt!

Teddy

Sie fröstelt. Ihre bleichen, hart aufeinander gepressten Lippen beben, die kleinen Hände, die fest an ihren zierlichen Körper gedrückt sind, zittern, ihre Zähne klappern, obwohl kein kalter Wind über die Lichtung peitscht, auf der sie steht und nach ihrem schwarzen Haar greift, um es zu einem kurzen, wilden Tanz aufzufordern und es gleich danach wieder auf die schmalen Schultern sinken zu lassen, damit es gleich einem Vorhang ihren Rücken bedeckt. Sie zittert, die feinen Härchen auf ihren bloßen Armen stellen sich auf, obwohl es eine laue Sommernacht ist.

Sie ist klein. Klein und zierlich, kaum älter als fünf Jahre alt und macht den Eindruck eines hilflosen, schwachen Mädchens, das jeden Moment von einem Windstoß in die Lüfte gehoben und davon getragen werden könnte. Sie steckt in einem roten Sommerkleidchen, in das Mädchen in ihrem Alter oft gesteckt werden, um sich wie eine kleine Prinzessin zu fühlen. Das runde Gesicht wirkt ausdruckslos. Ausdruckslos und glatt wie das einer Porzellanpuppe. Große grüne Augen starren aus diesem Gesicht. Hinter diesen Augen, die auf den ersten Blick so unschuldig scheinen, tobt ein Kampf, ein Krieg, der schon so lange wütet, dass sie sich an keine Zeit ohne ihn erinnern kann. Ein Krieg der so viele Opfer gefordert hat, die sie in ihrer Unschuld, ihrer Schwäche, ihrer Hilflosigkeit nicht ertragen kann.

Und sie steht dort, auf dieser Lichtung, umgeben von einem dichten Wald, dessen Bäume wie bedrohliche Riesen auf sie herab blicken, so eng stehen, das kein Entkommen möglich ist. Sie steht dort, auf dieser Lichtung, vollkommen still und zittert am ganzen Leib. Ein voller Mond wirft unheimliche Schatten auf ihr kindliches Gesicht, badet sie in einem schwachen Licht, gleich einem Scheinwerfer, der kurz davor steht, für immer zu erlöschen. Mit ihrem rechten Arm umklammert sie, beinahe verzweifelt, einen alten Teddy, dessen beste Jahre schon lange vorbei sind. Das braune Fell ist verfilzt, abgegriffen, da er durch so viele Hände gewandert ist. Schwarze Knopfaugen blicken matt und glanzlos, überschauen die Szenerie, ein stummer und toter Wächter. Er ist ihre letzte Stütze, das Rettungsseil, an das sie sich klammert. Sie ist hilflos und schwach, verloren in einem undurchdringlichen Wald, in einem Labyrinth aus Bäumen, aus dem es keinen Ausweg gibt.

Ich stehe vor ihr, sehe sie, als würde ich in einen Spiegel blicken, ein Spiegel meiner Selbst. Erkenne in den tiefen Abgründen der unschuldigen grünen Augen den Kampf, den Krieg, der auch in mir tobt, der an meinen Kräften zerrt, der mich in meiner Hilflosigkeit und Schwäche zu überrollen droht, mich in eine leere Hülle wandelt, in einen schwachen Abklatsch von dem, was ich einmal war. Ich sehe wie ihr kleiner Körper bebt, aus Angst den Anforderungen nicht gewachsen zu sein, aus Angst für immer in diesem Wald verloren zu gehen, aus Angst zu schwach zu sein. Viel zu schwach. Und dann dieser Teddy, der Teddy, den auch ich krampfhaft, verzweifelt umklammere, meine letzte Hoffnung, meine Stütze. Meine letzte, einzige Stütze aus Wut und Enttäuschung, die ich verbissen festhalte, damit sie mir nicht entgleitet, damit ich meinen letzten Halt nicht verliere. Dieser Teddy, diese Stütze ist das, was mich aufrecht hält, was mich davon abhält in Panik auszubrechen, dem Kampf in meinem Inneren zu erliegen, meinen Ängsten nachzugeben, in Hilflosigkeit und Schwäche unterzugehen. Er ist das Einzige auf das ich mich in der Dunkelheit verlassen kann, das Einzige, was den Mond noch schwach auf mich scheinen lässt.

Ich spüre wie meine Lippen beben, meine Hände zittern wie Espenlaub und meine Zähne hart aufeinander schlagen und ich drücke den Teddy enger an mich, greife nach dieser wackeligen Stütze aus Wut und Enttäuschung, starre in das Dickicht aus Bäumen, in die Dunkelheit und hoffe, dass mich die Verzweiflung heute noch nicht verschlingen wird.

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LorelaiPatton Re: Re: -
Zitat: (Original von Robin am 12.04.2010 - 14:32 Uhr)
Zitat: (Original von LorelaiPatton am 08.04.2010 - 16:12 Uhr) Ich hab ein Einhorn-Stofftier, das meine Stütze ist :-) Aber selbst das kleine Ding vermag es nicht die Verzweiflung in mir zu verschließen.
Umso stärker kann man sich das kleine Mädchen vorstellen, das sich an das letzte bisschen Hoffnung klammert. Auch wenn meine Stütze nicht mein Stofftier ist, erkenne ich mich gut in ihr wieder :-)
Schön geschildert wiedermal. Es erinnert einen daran, dass man dunkle Stunden erlebt hat und, dass es bestimmt etwas/jemanden gab, der einen in dieser Zeit ein Licht war.

Lg


Oh je, oh je. Da tön ich zuerst groß wieder öfter online zu kommen, aber die Schule macht mir da einen Strich durch die Rechnung und lacht hämisch -.-"
Na, ich danke dir auf jeden Fall sehr, dass du wenigstens Zeit gefunden hast, um dir meinen Text durchzulesen und ich freu mich ja immer wie ein Schnitzel, wenn ich ein Kommentar von dir bekomm :-)
Ich hab wirklich einen Teddy, allerdings ist er schon abgegriffen, weil ich ihn seit meiner Geburt hab. Ich kann es trotzdem nicht verschmerzen, ihn wegzugeben. Das ist meiner :-)

Ganz liebe Grüße
Lisa


Kann ich mir vorstellen :-) Meinem Kind würd ich auch zur Geburt ein Stofftier geben und es zwingen das für immer zu behalten xD
Gerade weil ich Kuscheltiere von Geburt oder den ersten Jahren nicht mehr habe und das irgendwie schade finde... Hab mein Einhorn aber seit der Grundschule, das ist ja auch schon was :-)

Und du freust dich wie ein Schnitzel? xD Das ja süß :-) Übrigens blöde Schule, die du hast! Die kann dich doch nicht einfach von mystories abhalten :-P Soll ich der mal die Meinung sagen? ;-)

Schön, dass du "wieder da bist" bzw. wiederkommst, wenn die Schule es zulässt ;-) Und wie ich sehe hast du auch meine Zwielichtsachen gelesen. Muss ich ja gleich mal reinschaun :-)

Herzliche Grüße
Vor langer Zeit - Antworten
Arrix Re: Re: Hmm -
Zitat: (Original von Robin am 12.04.2010 - 14:29 Uhr)

Hihi, vielleicht hast du schon gemerkt, dass ich einfach auf Wiederholungen stehe (in meinen Kurzgeschichten), deswegen tut's mir Leid, dass dich das ein bisschen stört, aber ich hab da diesen Faible :D
Ich danke dir sehr für deine Meinung und auch für dein Kompliment :-) Ich hoffe, ich schaff's demnächst wieder regelmäßig online zu kommen :-)

Grüße


Jop tust du. Definitiv. :P

Immer wieder gerne. Schule ist natürlich wichtiger, aber ich würde mich trotzdem freuen, wenn du meinem kleinen Forum auch wieder ab und zu mal einen Besuch abstatten würdest. *zwinker*
Vor langer Zeit - Antworten
Robin Re: -
Zitat: (Original von LorelaiPatton am 08.04.2010 - 16:12 Uhr) Ich hab ein Einhorn-Stofftier, das meine Stütze ist :-) Aber selbst das kleine Ding vermag es nicht die Verzweiflung in mir zu verschließen.
Umso stärker kann man sich das kleine Mädchen vorstellen, das sich an das letzte bisschen Hoffnung klammert. Auch wenn meine Stütze nicht mein Stofftier ist, erkenne ich mich gut in ihr wieder :-)
Schön geschildert wiedermal. Es erinnert einen daran, dass man dunkle Stunden erlebt hat und, dass es bestimmt etwas/jemanden gab, der einen in dieser Zeit ein Licht war.

Lg


Oh je, oh je. Da tön ich zuerst groß wieder öfter online zu kommen, aber die Schule macht mir da einen Strich durch die Rechnung und lacht hämisch -.-"
Na, ich danke dir auf jeden Fall sehr, dass du wenigstens Zeit gefunden hast, um dir meinen Text durchzulesen und ich freu mich ja immer wie ein Schnitzel, wenn ich ein Kommentar von dir bekomm :-)
Ich hab wirklich einen Teddy, allerdings ist er schon abgegriffen, weil ich ihn seit meiner Geburt hab. Ich kann es trotzdem nicht verschmerzen, ihn wegzugeben. Das ist meiner :-)

Ganz liebe Grüße
Lisa
Vor langer Zeit - Antworten
Robin Re: Hmm -
Zitat: (Original von Arrix am 28.03.2010 - 20:58 Uhr) der Text ist schön bildlich, man kann sich die Szene super vorstellen und auch nachvollziehen.
Haste wirklich gut gemacht. Aber, auch wenn es wahrscheinlich beabsichtigt war, haben mich ab und zu diese Wiederholungen gestört. Besonders in der ersten Hälfte.
Trotzdem Daumen hoch. :-)


Hihi, vielleicht hast du schon gemerkt, dass ich einfach auf Wiederholungen stehe (in meinen Kurzgeschichten), deswegen tut's mir Leid, dass dich das ein bisschen stört, aber ich hab da diesen Faible :D
Ich danke dir sehr für deine Meinung und auch für dein Kompliment :-) Ich hoffe, ich schaff's demnächst wieder regelmäßig online zu kommen :-)

Grüße
Vor langer Zeit - Antworten
Robin Re: Endlich -
Zitat: (Original von TheCherrystick am 27.03.2010 - 23:45 Uhr) wieder ein neuer Text von dir :)
Ich fand die Idee mit dem Teddy wirklich gut. Schon früher hat er uns in schwierigen Zeiten geholfen. Früher, als wir noch klein waren. Daher habe ich mir beim Lesen deiner Geschichte gedacht, dass wir uns manchmal auch wünschen einfach wieder Kind zu sein, wo vieles noch einfacher war und das allseits geliebte Kuscheltier uns zu jeder Zeit zur Seite stand.
Wirklich toll! :)

Dickes LOB und gaaaanz liebe Grüße!
Bianca


So, endlich komm ich dazu, dir zu antworten. Ich bin einfach im Moment nur im Stress, aber jetzt stehl ich mir einfach ein bisschen Zeit, um zu antworten :-)
Auf neuere Texte wirst du ja leider auch noch warten müssen, aber ich hoffe, es wird bald besser. Ich danke dir auf jedenfall ganz herzlich für dein Kommentar und auch, dass du dir immer so viele Gedanken darüber machst. Ja, der Teddy soll dafür stehen, für Schutz, für Geborgenheit, eben eine Stütze, an die man sich klammern kann, so wie Kinder das immer tun. Ach ja, ein Kind zu sein, wär doch auch mal wieder was ganz schönes :-)

Liebe Grüße und ein Dankeschön!
Lisa
Vor langer Zeit - Antworten
Robin Re: Ich weiß nicht -
Zitat: (Original von Luzifer am 27.03.2010 - 01:44 Uhr) genau, woran es liegt (wahrscheinlich einfach nur an mir), aber ich fand deine anderen Texte wesentlich gefühlvoller und auch bildhafter. Hier hatte ich eher das Gefühl, dass krampfhaft ein Bild entstehen soll...
Dennoch ist es in einer guten Sprache geschrieben und die Gedankengänge passen zusammen, trotztdem fehlt mir etwas. Es ist so, als wäre schon mit dem Titel alles gesagt gewesen...
Aber es freut mich, dass du wieder Zeit zu haben scheinst.
LG
Luzifer


Ha, das mit der Zeit klappt wohl leider doch nicht so ganz, wie ich mir das vorstelle, aber spätestens in zwei Monaten hab ich erst mal lange frei, um zu Schreiben und endlich auch mal wieder zu lesen.
Und ich denke es liegt nicht an dir, weil ich mich mit dieser Geschichte auch einfach nicht richtig anfreunden konnte. Selbst beim Schreiben. Aber ich wollte es doch mal veröffentlichen, weil ich dachte, es liegt vielleicht an mir. Irgendwie komm ich im Moment nicht so ganz ins Schreiben rein, jetzt immer noch nicht. Normalerweise schreib ich einfach über das, was mich gerade beschäftig, aber da scheint der Kanal wohl verstopft zu sein :-)
Ich danke dir auch jeden Fall herzlich, ich freu mich einfach immer so über deine Kommentare, weil sie so überlegt sind!

Liebe Grüße
Vor langer Zeit - Antworten
Robin Re: Kennst du... -
Zitat: (Original von PhanThomas am 26.03.2010 - 23:05 Uhr) ... »Das Mädchen« von Stephen King? Da verirrt sich ein Mädchen im Wald und hat als einziges Mittel, der Verzweiflung nicht anheim zu fallen, ihr kleines Walkman-Radio, in dem sie Baseball-Speie ihrer Lieblingsmannschaft verfolgen kann. Die klammert sich dann an ihre Fantasien, den Spieler Tom Gordon treffen zu können.
Deine eigene Geschichte, die du hier sprachlich wieder einmal so ergreifend und packend formuliert hast, findet ja auf einer eher rein mentalen Ebene statt, hat ansonsten aber Parallelen. Der Teddy als Symbol für Obhut und Sicherheit, eine Erinnerung an die behütete Kindheit, die Insel in Zeiten des Sturms der Verzweiflung. Hast du ganz toll geschrieben und vor allem trägt der Text mal wieder ganz klar deine Handschrift. Du hast einen tollen Stil! :-) Liebe Grüße
Thomas


So, irgendwie bekomm ich es einfach nicht gebacken hier regelmäßig reinzuschauen. Arg, ich hasse die Schule. Ständig bin ich am Büffeln. Aber ich weiß ja, wofür ich's mach. Soviel mal dazu :-)
"Das Mädchen" kenn ich leider nicht, da ich einmal einen Film von Stephen King gesehen hab, als ich noch sehr jung war, und der mich so verschreckt hat, das ich bis heute noch Angst hab, Bücher von ihm zu lesen :-)
Dein Kommentar hat mich wirklich sehr, sehr gefreut und es tut mir so Leid, dass ich im Moment so eine treulose Tomate bin und kaum zum Lesen komm -.-" Mir gefällt diese Geschichte hier leider nicht so gut, ich komm mit ihr nicht so ganz klar, irgendwie stört mich was, aber ich bin echt froh, dass du dich damit mal wieder so toll auseinander gesetzt hast und mein Ego ein bisschen pusht :-) Damit kannst du ruhig weitermachen :D

Ganz ganz liebe Grüße von der treulosen Tomate :-)
Vor langer Zeit - Antworten
LorelaiPatton Ich hab ein Einhorn-Stofftier, das meine Stütze ist :-) Aber selbst das kleine Ding vermag es nicht die Verzweiflung in mir zu verschließen.
Umso stärker kann man sich das kleine Mädchen vorstellen, das sich an das letzte bisschen Hoffnung klammert. Auch wenn meine Stütze nicht mein Stofftier ist, erkenne ich mich gut in ihr wieder :-)
Schön geschildert wiedermal. Es erinnert einen daran, dass man dunkle Stunden erlebt hat und, dass es bestimmt etwas/jemanden gab, der einen in dieser Zeit ein Licht war.

Lg
Vor langer Zeit - Antworten
Arrix Hmm - der Text ist schön bildlich, man kann sich die Szene super vorstellen und auch nachvollziehen.
Haste wirklich gut gemacht. Aber, auch wenn es wahrscheinlich beabsichtigt war, haben mich ab und zu diese Wiederholungen gestört. Besonders in der ersten Hälfte.
Trotzdem Daumen hoch. :-)
Vor langer Zeit - Antworten
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