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Fenstergeräusche

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"Fenstergeräusche"
Veröffentlicht am 26. März 2010, 14 Seiten
Kategorie Sonstiges
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Fenstergeräusche

Fenstergeräusche

Beschreibung

Fenstergeräusche entstand und entsteht aus einer Ansammlung von Gedankengängen, die ich im Laufe der Zeit begann niederzuschreiben, wenn ich einmal mehr im Fensterrahmen sitze und auf das Prinzregentenufer schaue. So entstanden und entstehen Beobachtungen, Eindrücke, Verwirrungen, Überlegungen oder auch ganz schlichte Banalitäten über das humane Dasein, die das Geräusch am Fenster ausmachen. Ich will versuchen, es von Zeit zu Zeit fortzuführen, um das Kontinuum zu wahren.

Historie

"Anmutende Augenblicke", 26.03.2010

"Verfassungsfrage", 26.03.2010

"Ein Stück Glück", 27.03.2010

"Fernweh", 28.03.2010

Anmutende Augenblicke

So sitze ich auch an diesem Tage an meinem Fenster und schaue in die Welt, die sich geschäftig den Dingen widmet. Die ersten Frühlingstage liegen über der Stadt und verwandeln das triste Winterdasein in befreites Aufatmen voller Licht und angenehmer Wärme. Es ist beinahe so, als würden die Subjekte erneut das Laufen lernen, um sich in der prächtigen Sonne zu entfalten.

 

Und doch ist das scheinbar undurchsichtige Treiben von erstaunlicher Konstanz, denn dein anmutender Gang wirkt beruhigend. Unbekannt sind wir einander und doch seltsam vertraut, obgleich der Distanz nahe, wenn dein täglicher Spaziergang die Hektik mit sanftem Glanz durchbricht.

 

Wie gerne sähe ich in deine Augen. Wie gerne hörte ich deine Stimme. Wie gerne berührte ich deine zarten Hände. Wie gerne ließe ich mich still genießend in deiner Güte wissen.

 

So sitze ich auch an diesem Tage an meinem Fenster und schaue in die geschäftige Welt. Die Gedanken schweifend in der Sehnsucht, auch an diesem Tage deinen anmutenden Gang inmitten dieser hektischen Welt zu bewundern. So finde ich mich wieder, als Teil jener Subjekte, die erneut das Laufen lernen. Ein Geschenk – wahrhaftig – voll guter Inspiration und dem Glauben, sich eines Tages in der prächtigen Sonne zu entfalten.

 

© mik2000

Verfassungsfrage

Aus aktuellem Anlass sinniere ich zur so genannten Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsdaten. In diesem Moment laufen die Meldungen der bundesrepublikanischen  Verfassungsrichter über die Ticker und lassen die nahezu unentschiedene Entscheidung der Hüter des Grundgesetztes verkünden. „.. mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Vorratsdaten müssen unverzüglich gelöscht werden“, heißt es. Befürworter und Gegner schaukeln sich im Meinungskarussell auf. Ich nehme zur Kenntnis, dass dies nicht das Ende sein wird. Und je länger ich an meinem Fenster sitze, desto intensiver kreisen meine Gedanken. Sinnieren über Für und Wider von Informationen, schweifen ab, ziehen weitere Kreise, denken an das hohe Gut der freien Meinungsäußerung – der Information.

 

Ist die Masse intelligent genug, um verantwortungsvoll mit Information umzugehen? Wahrlich, wahrlich, vor gar nicht allzu langer Zeit, war die Masse der Ansicht, die Erde sei eine Scheibe. Verhängnisvoller Informationstrugschluss. Also ist die Masse doch nicht intelligent genug? Aber das Individuum? Potentiell also Gefahr in Verzug, wenn Scharlatane Information misverantworten, drohen gewaltige Verbrechen – gegen die Freiheit wohlgemerkt.

 

O Dilemma! So sehr ich auch wollte, ich könnte die Information nicht einsperren... einspeichern... speichern! Es ist seit einigen Augenblicken untersagt. Was tun? Panik bricht aus. Ist die Erde am Ende doch eine Scheibe? Mein Weltbild wankt, ich taumle in den Geräuschen meines geliebten Fensters. Erschöpft brauche ich dringend eine Zigarette. Sollte ich einem üblen Scherz auferlegen sein und die geschätzte bundesrepublikanische Verfassung, der ich einst einen Eid schwor, eine Farce sein? Ich rufe meinen guten Freund an. Den besten guten Freund, den man sich vorstellen kann. Dieser würde es sicher wissen, ob die selbstbestimmte, freidenkende Information noch würdevoll in Sicherheit wiegt.

 

Da auch dieser mir nicht helfen konnte, beschloss ich umgehend Axel Springer zu konsultieren. Die Zeitung mit den vier großen Buchstaben muss es einfach wissen. Immerhin wird hier die so genannte freie Information für die Informationsrezipienten – die Bürger der ehrwürdigen bundesrepublikanischen Dame – geformt und emittiert. Und endlich... „Wir sind Papst!“

 

Welch’ Befreiung und Erleichterung machte sich breit. Sollten sich die Grals... Verzeihung! Die Verfassungshüter tatsächlich mit Gottes Segen dazu entschieden haben, die Information in einem freien Land von freien Bürgern in Freiheit leben zu lassen? Welch’ Glücksmomente machen sich da breit. O du Tochter aus Elysium, sei mein Götterfunke und lasse mich in dem Glauben, dass die Selbstbestimmtheit auch künftig das Leitmotiv unseres Zusammenseins beherbergt.

 

© mik2000

Ein Stück Glück

„Es gibt Augenblicke, in denen etwas Besonderes greifbar ist“, dachte er, als er wie so oft am Fenster saß. Es ist oft nicht groß, sondern klein. Und mag es auch noch so zerbrechlich wirken, so steckt darin unendliche Kraft, die in Worte zu fassen nur schwer gelingen mag. Es erhellt die dunkle Nacht, lässt sie im gleißenden Licht erstrahlen.

 

Mancher findet den Schlaf, doch wachet der Augenblick. So verspürten sie es, die beiden Geschöpfe, jeder für sich, diesen Moment. Es muss ein Stück Glück sein, etwas so Reines und Einzigartiges als nächtliches Geschenk zu erhalten. „Es gibt Augenblicke, in denen etwas Besonderes greifbar ist“, dachte er, als er am Fenster saß.

 

© mik 2010

Fernweh

Die Nacht ist hereingebrochen und Dunkelheit breitet sich vor meinem sonst so hell leuchtenden Fenster aus. Regen, Regen, nichts als Regen. Hello darkness my old friend... schallte es aus den Lautsprechern. Wie wahr, dachte ich noch und sah über den Platz.

 

Die Laternen spendeten in dieser Nacht nur spärliches Licht. Gespenstische Ruhe und doch empfinde ich sie an diesem Tage als ungemein angenehm. Keine Menschenseele. Kein Auto. Nur Stille. Für einen Moment sah ich mich selbst als Teil der Komposition Simon & Garfunkels und musste lächeln als ich den letzten Zug der Zigarette  atmete. Das vertraute Lied der Pappeln, die sich im Wind wogen, rief die Erinnerung an jene ferne Heimat wach, die tief in meinem Herzen auf immer ein Teil meiner Selbst sein würde. Es schmerzte.

 

„Selbst das alljährliche Hochwasser würde mir Freude bereiten“. Wir mussten lauthals lachen, als wir zusammen am See saßen und über die Wurzeln sprachen. Es gab Momente, da sehnte ich mich sehr nach ihnen, besonders dann, wenn ich mich doch so manches Mal fremd in diesem Landstrich fühlte. Es gab Zeiten, da hätte ich es nicht für möglich gehalten, diesen Begriff der Heimat mit einer größeren Bedeutung zu belegen als unbedingt erforderlich. Wie man sich doch täuschen kann. Abseits der Wahrnehmung verirrte ich mich in Gedanken.

 

„Narrow streets of cobblestone...“ Wir lachten, berieten Details der letzten Vorlesung und hatten eine gute Zeit im Hallmackenreuther, wo unzählige Kaffeetassen versuchten, die Hintergrundmusik des wohl tollsten Cafés auf Erden zu übertönen. Ein Spaziergang durchs Belgische Viertel verriet, dass es nun nicht mehr weit war zum Strom, den Unsereins gern als Vater bezeichneten, dessen majestätische Ufer so manches Gold mit sich führte und sogar jahrtausende alte Kulturen ansiedeln ließ. Verrückte mussten wir sein, an diesen Ufern unser Gedächtnis zu verlieren; der Stoff, der in deinen Umzügen und Puppenspielen parodiert würde – so viel stand fest. Pilgerstätte in Gotik, die über Dekaden errichtet wurde und sich als Teil der sakralen Achse an keltischer Grenze verstand und trotz Gottes Segen nie so recht erwachsen werden wollte, was so mancher missverstanden und fälschlich interpretiert, anmaßend über Lebensfroh urteilt. Kaiser und Könige benennen die Straßen, Ringe und Plätze – Chlodwig, Barbarossa, Ubier und Wilhelm in Historienschwelgen. Und doch ist die Herzlichkeit dein Gesicht, in das ich mich ein jedes Mal verliebe, schritt ich von deinem Schauspiel auf die zwei Türme zu, die dem Feuersturm jener unsäglichen Zeit als Ikone stand hielten und lauschte dem so vertrauten Dialekt, der mich als Teil der Sprechergemeinschaft mit Stolz erfüllt.

 

Wir saßen am See und lachten während ich von der lebendigen Erinnerung berichtete. „Rhenania. Rhenania. Du würdest es verstehen, wenn du dort gewesen wärest und ihr Geheimnis entdeckest. Deine strahlenden Augen funkelten. „Kommst du mit?“

 

So verging die Zeit und ich saß am Fenster, stellte den Kragen gegen die Kälte auf und blickte in die Nacht, erfüllt von Erinnerungen, die Sehnsucht sprachen. Hello darkness my ol’ friend. I’ve come to talk to you again.

 

© mik 2010

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MikDenter Re: -
Zitat: (Original von Engelchen1980 am 07.09.2010 - 09:40 Uhr) Wow :o)

Wenn ich diese Zeilen lese hatte ich selber das Gefühl am Fenster zu stehen. Mir gefällt wie Du schreibst und was Du schreibst :o)

Ich werde mir bei Zeiten auch Deine anderen Bücher vornehmen und sie lesen.

Liebe Grüße
Engelchen


*verlegen* Dankeschön. :) Jetzt weiß ich gar nicht, was ich sagen soll. Vielleicht sollte ich mal aus meinem Fenster kucken? ;) Habe bei den Fenstergeräuschen mehr oder minder einfach drauf los geschrieben.

Ich glaube, das werde ich auch noch tun, deine Bücher lesen. :)

Liebe Grüße, Micha
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Re: Re: Interessant geschrieben -
Zitat: (Original von mik2000 am 30.03.2010 - 23:20 Uhr)
Zitat: (Original von timeless am 30.03.2010 - 12:03 Uhr) ich hatte es sogar schon gelesen, war aber irgendwie abgelenkt worden und somit vergessen zu schreiben. Sorry.

Wunderbares Wortspiel, das ich so nicht kann, beneidenswert.

Wenn ich Fenstergeräusche höre, wird das nie so Klasse. Meist romantisch.

Liebe Grüße Ute


Ahoi Ute,
du schaffst es aber auch wirklich, jemanden in Verlegenheit zu bringen.. :-) Danke für das Kompliment. Neee, nicht beneidenswert, einfach aufschreiben, was einem gerade in den Sinn kommt. :-) Und wenn's dann romantisch wird, ist es eben eines: echt und authentisch. Und so ist das gut. Eben ganz du selbst. :-)
Liebe Grüße
Micha



Charmant, du machst sogar aus einem Kommi noch ein Kompliment. Danke dir ganz herzlich.

Liebe Grüße Ute
Vor langer Zeit - Antworten
MikDenter Re: Ein Stück Glück -
Zitat: (Original von Janara am 31.03.2010 - 11:14 Uhr) gefällt mir besonders gut
...Augenblicke, in denen etwas Besonderes greifbar ist ...

LG
Jana


*freu* Muss ja gestehen, es freut mich immer sehr, wenn es Menschen gibt, denen meine Zeilen gefallen. :-) Dankedanke. :-) Und manchmal sind es dann genau diese Momente, in denen das Besondere greifbar wird.

LG, Micha
Vor langer Zeit - Antworten
Janara Ein Stück Glück - gefällt mir besonders gut
...Augenblicke, in denen etwas Besonderes greifbar ist ...

LG
Jana
Vor langer Zeit - Antworten
MikDenter Re: Interessant geschrieben -
Zitat: (Original von timeless am 30.03.2010 - 12:03 Uhr) ich hatte es sogar schon gelesen, war aber irgendwie abgelenkt worden und somit vergessen zu schreiben. Sorry.

Wunderbares Wortspiel, das ich so nicht kann, beneidenswert.

Wenn ich Fenstergeräusche höre, wird das nie so Klasse. Meist romantisch.

Liebe Grüße Ute


Ahoi Ute,
du schaffst es aber auch wirklich, jemanden in Verlegenheit zu bringen.. :-) Danke für das Kompliment. Neee, nicht beneidenswert, einfach aufschreiben, was einem gerade in den Sinn kommt. :-) Und wenn's dann romantisch wird, ist es eben eines: echt und authentisch. Und so ist das gut. Eben ganz du selbst. :-)
Liebe Grüße
Micha
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Interessant geschrieben - ich hatte es sogar schon gelesen, war aber irgendwie abgelenkt worden und somit vergessen zu schreiben. Sorry.

Wunderbares Wortspiel, das ich so nicht kann, beneidenswert.

Wenn ich Fenstergeräusche höre, wird das nie so Klasse. Meist romantisch.

Liebe Grüße Ute
Vor langer Zeit - Antworten
MikDenter Re: Ly -
Zitat: (Original von Luzifer am 28.03.2010 - 12:23 Uhr) hatte Recht. Die Sprache ist sehr gut gewählt. Mit manchen Abenden kann ich nichts anfangen, da ich nicht an die Masse glaube und schon gar nicht an die Kirche oder die Verfassung, jedoch so Momente, wie den einzigen Augenbilck oder auch der/die Spaziergängerin, sagen viel darüber aus, was einen beschäftigt. Leider kann ich an meinem Fenster nur den Himmel sehen, doch eben dieser ist es, der die Augenblicke nicht minder schenkt. Ich werde wohl mehrmals in die Werke einen Blick reinwerfen. Es lohnt sich.
Die erste Geschichte wird es dann als nächstes sein. Da die Wolllust nicht zu meinen liebsten Hauptsünden zählt, habe ich erstmal nur auf die Länge geschaut. In einer ruhigen Minute wird sie aber auch dem Geiste einverleibt.

Werten Gruß,
Luzifer


Hallo!
Vielen Dank für deine Würdigung. Das freut mich natürlich sehr, eine so differenzierte Kritik zu lesen. Meinen Dank dafür. :-) So Fensterplätze sind einfach sagenhaft, unabhängig davon, ob man nun in den Himmel schauen kann oder auf das Treiben. Von daher kann ich dem nur beipflichten, dass der Blick in den Himmel, durchaus sehr vielsagend sein kann.
Das stimmt, die sündige Literatur ist nicht jedermanns/fraus Sache. Muss man einfach mögen. Aber ich freue mich auch hier auf die Meinung.
So, aber jetzt werde ich erstmal in deine Werke reinschmökern. :-)

Viele Grüße
mik
Vor langer Zeit - Antworten
Luzifer Ly - hatte Recht. Die Sprache ist sehr gut gewählt. Mit manchen Abenden kann ich nichts anfangen, da ich nicht an die Masse glaube und schon gar nicht an die Kirche oder die Verfassung, jedoch so Momente, wie den einzigen Augenbilck oder auch der/die Spaziergängerin, sagen viel darüber aus, was einen beschäftigt. Leider kann ich an meinem Fenster nur den Himmel sehen, doch eben dieser ist es, der die Augenblicke nicht minder schenkt. Ich werde wohl mehrmals in die Werke einen Blick reinwerfen. Es lohnt sich.
Die erste Geschichte wird es dann als nächstes sein. Da die Wolllust nicht zu meinen liebsten Hauptsünden zählt, habe ich erstmal nur auf die Länge geschaut. In einer ruhigen Minute wird sie aber auch dem Geiste einverleibt.

Werten Gruß,
Luzifer
Vor langer Zeit - Antworten
MikDenter Re: -
Zitat: (Original von hanni86 am 27.03.2010 - 18:13 Uhr) Liest sich ein bisschen als wärst du ein fin de siecle-Dandy in einem wohlhabenden Teil von London, der seine Gedanken aufschreibt bevor er in seinen Gentleman's Club geht um sie am nächsten Tag wieder aufgreifen zu können.
Das gefällt mir irgendwie. Dorian Grey würd sicherlich gern mit dir plaudern...

Liebte Grüße,
hanni


Oh.. werden meine Londoner Sehnsüchte so arg spürbar? ;-) Also gegen einen Plausch mit Dorian Grey hätte ich nichts einzuwenden; in der Tat eine Begegnung der dritten Art. ;-) Aber ich freue mich sehr, wenn es dir gefällt.

Liebe Grüße
Micha
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