„Hana. Hey Hana hörst du mir überhaupt zu?“
Hana zuckte erschrocken zusammen und sah ihre Freundin an. Diese schaute sie mit einer leichten Sorge in ihrem Blick an.
„Ist alles in Ordnung mit dir? Du wirkst etwas weggetreten“, meinte Kate.
Die braunhaarige Digiritterin warf einen kurzen Blick nach vorne. Sie waren dem Wald schon ziemlich nahe. Hana war so in Gedanken gewesen, dass sie gar nicht gemerkt hatte, wie die Zeit vergangenen war. Sie schaute wieder zu ihrer Freundin.
„Es ist nichts Kate. Ich habe nur etwas nachgedacht“, antwortete Hana mit einem schwachen Lächeln.
„Nachgedacht? Worüber denn?“
„Ach ganz unterschiedliche Sachen. Über das was uns noch erwarten wird und wie es wohl jetzt zu Hause ist.“
Während Hana sprach wurde sie immer leise. Sie hatte jetzt schon Heimweh und schämte sich etwas dafür. Immerhin war sie fast erwachsen und so ein Gefühl war doch recht kindisch.
„Vermisst du Ryo?“, fragte Kate und Hana zuckte etwas zusammen.
„Seit wann nennst du Herr Kira beim vor Namen?“, fragte Hana zurück.
„Warum denn nicht? Wir reden ja nur über ihn und nicht mit ihm. Also was ist. Vermisst du ihn?“
„Vielleicht. Ein bisschen. Aber ich bin ihm sicher nach der Sache neulich viel zu kindisch. Welche 19-Jährige sieht sich schon Digimon im Fernsehen an.“
„Du. Steh doch endlich dazu wie du bist und versuche dich nicht so zu formen wie man dich will. Auf Dauer machst du dich nur kaputt.“
„Worüber redet ihr beiden da?“, mischte sich Gatomon ein.
„Hana vermisst ihren Schwarm“, antwortete Kate.
Der Kopf von Hana wurde knallrot und sie sah etwas verlegen zu Boden.
„Traut sie sich nicht es ihm zu sagen?“
„Nein sie ist dafür einfach zu feige.“
Abrupt blieb Hana mit gesenktem Kopf stehen. Auch die anderen blieben stehen und sahen sie an.
„Was ist denn?“, fragte Leomon.
„Und ich dachte, du bist meine Freundin, aber wenn du so von mir denkst auch gut“, sagte das braunhaarige Mädchen leise und rannte in den Wald.
Sie wollte jetzt einfach alleine sein. Kate hatte noch nie zu ihr gesagt, dass sie feige war.
„Hana bleib hier!“, rief Gatomon ihr nach, doch sie war bereits im tiefen Wald verschwunden.
„Wir sollten ihr etwas Zeit geben. Sie kommt schon wieder“, meinte Leomon.
„Wir haben aber keine Zeit.“
„Dafür muss sie da sein. Du müsstest doch wissen, wie schwer diese Situation für Hana ist. Immerhin bist du doch ihr Partner. Setzt sie nicht noch mehr unter Druck.“
„Es ist meine Schuld, dass sie weg ist. Ich hätte das nicht sagen sollten“, schaltete sich Kate ein.
„Es ist jetzt eh nicht mehr zu ändern. Wir sollten uns einen Platz suchen, wo wir auf sie warten können“, sagte Leomon.
Der Himmel hatte sich mit tiefschwarzen Wolken zugezogen und in der Ferne konnte man ein Donnergrollen hören. Es würde nicht mehr lange dauern und es würde ein heftiges Gewitter geben.
„Wir sollten uns am besten einen Platz suchen, wo wir vor dem Gewitter geschützt sind“, meinte Gatomon, dass sie Wolken ungehalten ansah.
Es mochte Wasser überhaupt nicht. Da war sie genauso wie eine richtige Katze.
„Sollten wir nicht nach Hana suchen. Ich meine...“, fing Kate an, doch sie wurde von Leomon unterbrochen.
„Sie wird sich schon unterstellen. Lasst uns jetzt gehen.“
Inzwischen war Hana ein gutes Stück in den Wald gerannt. Völlig außer Atem blieb sie unter einem Baum stehen. Wieder hatte sie sich kindisch verhalten. Nur wegen so einer Bemerkung musste man doch nicht gleich weg rennen. Die Digiritterin ließ sich unter den Baum sinken und ihr Atem war schwer. Immer wieder holte sie tief Luft, bis ihr Atem sich wieder normalisiert hatte. Hana zog ihre Beine ran, legte die Arme um die Knie und legte ihren Kopf darauf. Sie konnte die Tränen, die sie bisher versteckt hielt, nicht mehr zurückhalten und ließ ihnen freien Lauf. Es sah sie so ja niemand, aber auch sie konnte etwas nicht sehen. Sie sah nicht den schnell blinkenden Punkt auf ihrer Digiwatch der ihr ziemlich nahe war.
Mittlerweile hatten Kate und die beiden Digimon eine Höhle gefunden. Gerade rechtzeitig, denn jetzt ging das Gewitter richtig los. Blitze zuckten über den Himmel und es regnete wie aus Eimer.
„Ich hoffe, es geht Hana gut“, sagte Kate leise, während sie zum Hölleneingang sah.
„Sie hat sich untergestellt“, versuchte Leomon seine Partnerin zu beruhigen.
„Ich kann sie doch über die Digiwatch fragen, wo sie ist.“
„Das würde ich lieber lassen. Du kennst Hana doch länger als wir, aber ich glaube, sie ist jetzt ziemlich aufgebracht. Sie würde sicher nicht auf deinen Ruf reagieren“, meinte Gatomon.
Kate senkte traurig ihren Blick. Leomon nahm sie etwas in den Arm.
„Du bist nicht die einzige die sich Sorgen macht. Irgendetwas ist da in dem Wald“, murmelte es, doch Kate hörte es gar nicht.
Sie drückte sich feste an ihr Digimon und bemerkte auch nicht den gefährlich blinkenden Punkt auf ihrer Digwatch.
Noch immer saß Hana unter dem Baum und war von starken Regen bereist ganz durchnässt, doch das war ihr egal. So sah man ihre verweinten Augen wenigstens nicht sofort. Sie hatte wirklich viel und ziemlich lange geweint. Wie lange sie wohl schon von den Anderen getrennt war? Ob sie sie suchten? Schwach schüttelte Hana den Kopf. Warum sollte sie das tun. Die Anderen würden warten, bis sie zu ihnen zurück kam. Langsam stand sie auf und wischte sich den letzten Rest der Tränen aus dem Gesicht. Kurz sah sie dann in den Himmel. Es sah nicht so aus, als würde der regen bald nach lassen. Wenn sie nicht krank werden wollte, sollte sie sich irgendwo unterstellen. Suchend sah sie sich um, als es plötzlich hinter ihr raschelte. Nach einem kurzen Schreck dachte das Mädchen, dass ihre Freunde sie vielleicht doch gesuchte hatten. Doch als sie sich umdrehte, merkte sie schnell, dass sie sich schwer geirrt hatte. Der Baum, unter dem sie die ganze Zeit gesessen hatte, stellte sich nun als ein Cherrymon heraus. Hana schluckte schwer. Cherrymon war ein Digimon auf dem Ultra-Level.
„Was haben wir denn da. Einen kleinen Menschen“, sprach das Digimon mit einer knarrenden Stimme.
Cherrymon sah aus wie ein riesiger, alter Baum, der an einem Gehstock ging und es hatte viele unterschiedlich lange Arme. Für Hana gab es keine einzige Möglichkeit zur Flucht. Das Pflanzendigomon griff nach dem Mädchen und ein lauter Schrei schallte durch den Wald.
Gatomon zuckte kurz mit dem Ohren.
„Habt ihr das auch gehört?“, fragte es und sah in den Wald.
„Das war doch ein Schrei. Hörte sich nach einem Mädchen an“, entgegnete Leomon.
„Verdammt Hana.“
Ohne zu zögern rannte das katzenartige Digimon los. Es wollte seine Partnerin unbedingt beschützen. Der Regen hatte leicht nach gelassen.
„Los Kate wir müssen auch los“, meinte Leomon, nahm das blonde Mädchen einfach auf den Arm und folge Gatomon.
Hana versuchte sich durch wildes Rumgezappel zu befreien, doch Cherrymon dachte nicht daran, sie wieder runter zu lassen, also gab sie es auf. Wenn Gatomon nur hier wäre, aber das würde auch nichts helfen. Immerhin hatte es seinen heiligen Ring nicht mehr und war somit nicht in der Lage zu digitieren.
„Lass sofort meine Hana los“, fauchte eine Stimme hinter ihr und Hana sah über ihre Schulter.
Unter einem Baum, nicht weit von den Beiden entfernt, stand Gatomon. Es hatte etwas die Zähne gefletscht und schaute Cherrymon finster an.
„Bist du taub du blöder Baum. Ich hab gesagt, lass sie los.“
An Gatomons Stimme konnte das Mädchen hören, dass es nicht gerade gut drauf war. Ein Blitz zuckte über den Himmel und ließ sie kurz zusammen fahren. Hana war zwar etwas beruhigt, dass ihr Digimon jetzt hier war, aber sie hoffte, dass auch noch Kate mit Leomon auftauchen würde.
„Und wann ich es nicht tue?“, fragte Cherrymon Gatomon und klag dabei etwas belustigt.
„Da kriegst du es mit mir zu tun“, knurrte Gatomon. Dem der Regen in diesem Moment total egal war.
„Du bist ein Champion-Digimon das nicht stärker ist als ein Digimon auf dem Rookie-Level. Du kannst ja nicht mal digitieren.“
Cherrymon war also sofort aufgefallen, dass Gatomon keinen heiligen Ring trug. Das war gar nicht gut.
„Ich werde trotzdem gegen dich kämpfen. Ich werde nicht zulassen, dass du Hana etwas an tust.“
Mit diesen Worten stürmte das Katzendigimon auf das Pflanzendigimon zu.
„Blitzpfote!“
Doch Cherrymon kratzte diese Attacke von Gatomon nicht ein mal.
„Ich werde dir mal zeigen was eine richtige Attacke ist. Kirchkernregen!“
Aus der Baumkrone feuerte das Digimon lauter Kirschkerne auf Gatomon, die dieses auch voll abbekam.
„Gatomon!“, rief Hana und versuchte sich wieder zubefreien.
Sie wollte jetzt zu ihrem Digimon. Dieses lang am Boden und rappelte sich nur sehr langsam wieder auf.
„Du verdammter...“, fluchte es leise.
Es war unnütze zu kämpfen, wenn man nicht gewinnen konnte. Wenn Gatomon doch nur noch seinen heiligen Ring hätte.
„Hey Gatomon!“, rief jemand und es drehen sich langsam um.
Ein kleiner goldener Gegenstand kam auf es zu und es fing ihn auf. Gatomon wollte seinen Augen erst nicht trauen. In seinen Pfoten hielt es seinen heiligen Ring. Es sah in die Richtung aus dem der Ring gekommen war und dort stand Leomon mit Kate auf dem Arm.
„Los zeig es diesem Baum.“
Gatomon nickte und steckte den Ring an seinen Schwanz.
„Hana lass mich digitieren. Du musst an mich glauben!“, rief das Digimon seiner Partnerin zu und diese nickte.
Ein helles Licht erstrahlte aus Hanas Digiwatch und um schloss ihr Digimon.
„Gatomon digitiert zu...Angewomon.“
Dort wo gerade noch das kleine Katzendigimon gestanden hatte war jetzt ein weiblicher Engel mit großen prächtigen Flügeln aufgetaucht.
„Es ist wirklich zu Angewomon digitiert“, staune Kate.
„Jetzt kann es es mit Cherrymon aufnehmen“, sagte Leomon.
Angewomon erhob sich etwas in die Luft und zielte auf Cherrymon.
„Himmelpfeil!“
Ein Pfeil, der anscheint aus Licht bestand, schoss auf das Baumdigimon zu und traf den Arm, mit dem Hana gehalten wurde. Das Digimon öffnete aus einem Reflex heraus seine Hand und ließ somit das Mädchen fallen, doch ehe es auf dem Boden auf schlug, fing Angewomon es auf. Digiritterin drückte sich etwas an ihr Digimon.
„Lass uns bitte von hier verschwinden“, sagte sie und kaum hörbar, doch Angewomon hörte sie und nickte.
So flog es von Cherrymon weg und landete auf einer sicheren Lichtung. Der Regen hatte inzwischen nachgelassen und Angewomon digitierte wieder zu Gatomon zurück. Auch Leomon und Kate waren zu der Lichtung gegangen. Die blonde Digiritterin rannte auf ihre Freundin zu und warf sich ihr um den Hals.
„Hana ich bin ja so froh das es dir gut geht. Ich hab mir Sorgen um dich gemacht. Es tut mir Leid, was ich gesagt habe. Bitte verzeih mir.“
„Ist schon gut Kate. Ich habe auch etwas überregagiert. Lass uns das jetzt einfach vergessen ok.“
Kate strahlte Hana an und nickte eifrig. Gatomon wandte sich Leomon zu.
„Wo hast du den heiligen Ring gefunden?“, wollte es wissen.
„Ich habe nicht direkt den Ring gefunden, sondern diejenigen, die ihn gestohlen hatten,“ antwortete Leomon.
Es ging kurz wieder in den Wald und kam mit zwei zappelnden Digimon wieder zurück. Das eine sah auf wie ein Knackhäufchen mit Armen und das andere wie eine kleine pinkfarbende Maus. Es waren ein Sukamon und ein Chuumon. Die beiden traf man immer nur zusammen an.
„Diese beiden hatten den Ring bei sich.“
„Lass uns runter. Bitte tu uns nicht. Ihr habt doch euren blöden Ring wieder“, flehten Sukamon und Chuumon fast wie aus einem Mund.
Unsanft ließ Leomon die beiden Digimon auf den Boden fallen.
„Bitte lasst uns am Leben“, wimmerten sie.
„Verschwindet jetzt einfach und wagt es nie wieder meinen heiligen Ring an zu fassen“, zischte Gatomon.
Chuumon und Sukamon nickten und verschwanden wieder so schnell sie konnten im Wald. Hana sah den beiden nach und nieste.
„Du solltest aus den nassen Sachen raus. Du erkältest dich sonst noch“, meinte Kate.
„Ich würde mich gerne komplett umziehen“, sagte Hana.
„Wir werden schon etwas finden, dass ihr anziehen könnt“, sagte Leomon.
Weit ab von Hana und den anderen, in einer tiefen, dunklen Höhle regte sich ein großer schwarzer Schatten.
„Bald ist es soweit. Bald wird die Digiwelt mit samt ihren Bewohnern ausgelöscht sein. Sie werden für das bezahlen, was sie mir angetan haben“, ertönte eine dunkle Stimme, die von den Wänden widerhallte
Plötzlich leuchtenden zwei glühend rote Augen in der Finsternis auf. Sie sahen gemein und böswillig drein.