Kurzgeschichte
Ein falsches Lächeln

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"Ein falsches Lächeln"
Veröffentlicht am 01. März 2010, 4 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Es tut mir leid, dass ich \\\"Restrisiko\\\" löschen musste, aber es ist jetzt in einer Kurzgeschichtensammlung namens \"Das Unfassbare\" vom ipm-verlag veröffentlicht worden. Wer Interesse hat, kann sich bei mir melden. Unter www.bookrix.de/-schneeflocke kann "Restrisiko" nach wir vor noch lesen. LG Flocke
Ein falsches Lächeln

Ein falsches Lächeln

„Wie geht es dir?“ Der Blick, der nicht mich, sondern vielmehr durch mich hindurch zu sehen scheint, verrät mir alles, was ich wissen muss. Die falsche Wärme im fragenden Tonfall der so bekannten Stimme täuscht mich nicht. Es ist immer das Gleiche.

„Danke, gut!“ Ein routiniertes Heben der Mundwinkeln, und ich pflastere mühelos ein Lächeln auf mein Gesicht. Es ist ein totes Lächeln, leer, inhaltslos und so falsch wie das Lederimitat meiner Aldijacke. Mein Kollege grinst kurz fröhlich zurück, schnappt sich seine eigene Jacke und wendet dann hastig den Blick ab, geht eilig seiner Wege, so viel ist noch zu erledigen, ehe die Läden schließen. Mit dem leisen Klingeln der Türglocke verschwindet er in der gesichtslosen Masse.

Kaum weiß ich mich unbeobachtet, sackt mein Lächeln in sich zusammen, als sei ein Schalter umgelegt worden. Es bereitet mir keine große Mühe mehr, das falsche Lächeln. Es ist mir zur Gewohnheit geworden. Und es ist so einfach, sie zu täuschen. Denn auch wenn das Lächeln meine Augen nicht mehr erreicht, fällt das nicht weiter auf. Weil sich nie jemand wirklich dafür interessiert.

Was soll ich auch auf eine solche Frage antworten? „Im Moment geht es mir ziemlich beschissen, danke der Nachfrage! Das Geld reicht hinten und vorne nicht, ich weiß schon gar nicht mehr, was das Wort Freizeit bedeutet, und vor ein paar Tagen hatte ich meinen ersten Nervenzusammenbruch, weil mir der ganze Stress mit dem Examen und dem Kellnern einfach über den Kopf wächst und ich einfach nicht mehr KANN! Verstehst du? Ich bin am Ende, ich will nur noch, dass es aufhört, ich will endlich wieder wissen, wie es ist, zu leben, doch ich finde einfach keine Zeit dafür, und all das nur, damit ich irgendwann einmal ein Studium beende, um danach arbeitslos zu werden, weil die Chancen, eine Stelle zu bekommen, etwa eins zu fünfzig stehen...“

Nein, das will niemand hören. Und so sage ich: „Danke, gut!“, und lächle mit traurigen Augen. Auf Fragen, die keine sind, folgen Antworten, die keine sind. Immer und immer wieder, bis es zur Routine geworden ist.

Müde ziehe ich die Tür des Cafes hinter mir zu und schleppe mich durch die überfüllte Einkaufspassage, ausgelaugt und erschöpft von der langen Schicht. Wieder einmal hat mich die Chefin angeherrscht, dass ich zu langsam sei, wieder hat sich ein Kunde beschwert, dass er nicht schnell genug bedient wurde. Auch bei ihm habe ich mich mit einem falschen Lächeln dafür entschuldigt, dass ich statt der üblichen fünf Minuten ganze sieben für seinen entkoffeinierten Cappuccino gebraucht habe, während das schrille Quäken des Kleinkindes am Tisch daneben an meinen Nerven zerrte. Er hat mich nur mit einem ungnädigen Blick bedacht und mir ganze zehn Cent Trinkgeld gegeben.

Das leise Schlurfen meiner durchgelaufenen Turnschuhe verliert sich in den Geräuschen der hektisch dahineilenden Menschenmasse. Niemand bemerkt mich, eine einsame Gestalt in einer dunkelbraunen Jacke, die mit hängenden Schultern und gesenktem Blick ihres Weges geht.

„Das hat niemand kommen sehen!“, wird es später heißen. „Das konnte ja niemand ahnen! Sie war immer so fröhlich, so ausgeglichen. Ich verstehe das nicht!“ Und es kann auch niemand verstehen. Weil niemand wirklich hingesehen hat. Weil alle nur auf den lächelnden Mund achteten.

 

(c) by Schneeflocke

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schneeflocke
Es tut mir leid, dass ich \\\"Restrisiko\\\" löschen musste, aber es ist jetzt in einer Kurzgeschichtensammlung namens \"Das Unfassbare\" vom ipm-verlag veröffentlicht worden.
Wer Interesse hat, kann sich bei mir melden.
Unter www.bookrix.de/-schneeflocke kann "Restrisiko" nach wir vor noch lesen.
LG Flocke

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schneeflocke Re: Wer -
Zitat: (Original von Robin am 02.03.2010 - 10:33 Uhr) kennt dieses Lächeln nicht? Jeder hat es, jeder antwortet auf Fragen, die keine sind und gibt Antworten, die keine sind (dieser Satz hat mir besonders gut gefallen und wird so schnell nicht aus meinem Gedächtnis gehen!). Eben dieses falsche Lächeln, aber keiner achtet darauf, sieht nur das, was er sehen will, weil jeder eigentlich mit sich selbst beschäftigt ist.
Das hat mich sehr berührt, vor allem, weil ich ja gerne mal solche Texte raushaue ;-) Es steckt eben so viel wahres dahinter, worüber keine Nachdenkt. Auch der Titel "Ein falsches Lächeln" ist meiner Meinung nach sehr, sehr gut gewählt!

Ganz liebe Grüße
Lisa


Hallo Lisa!
Und wieder einmal vielen, vielen Dank für den lieben Kommentar! Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat!
Als ich gerade gestern mal wieder einmal so angesprochen wurde und eine Antwort gegeben habe, die keine war, weil ich wusste, dass es meinem Gegenüber egal ist, da ist mir diese Geschichte hier eingefallen.
Ist aber deswegen nicht autobiografisch oder so, ich wurde eben inspiriert. Und dann, als ich fertig war, hat mich das sehr an deine Geschichte "Ein stummer Schrei" erinnert. Ja, ich mag deine Geschichten wirklich, ich denke oft über die selben Themen nach wie du...
Freut mich auch, dass dir der Titel gefällt. Bei Titeln tu ich mich immer sehr schwer.

Alles Liebe,
Tina
Vor langer Zeit - Antworten
schneeflocke Re: Irgendwas -
Zitat: (Original von Luzifer am 01.03.2010 - 20:26 Uhr) fehlt mir, aber ich komme nicht drauf, was.
Egal. Der Erzählstil ist ja gut gewählt und auch die Sprache stimmt.
Wenn du zum Schluss nicht "sie" geschrieben hättest, hätte ich an einen Mann gedacht.
Der Meister eines falschen Lächelns achtet schon lange nicht mehr darauf, dass das Lächeln stimmt, sondern, dass die Augen nichts verraten. Denn allein die Augen sagen alles, was man wissen muss. Sie zu deuten ist aber nur wenigen vergönnt. =)

LG
Luzifer


Also, wenn du draufkommst, kannst du mir dann Bescheid geben? Ich freu mich immer über Kritik, das hilft mir dabei, mich zu verbessern.
Schön, dass es erst am Schluss klar wurde, ob es eine Frau oder ein Mann ist - das war so gedacht, denn ich wollte, dass sich jeder angesprochen fühlt und sich hineinversetzen kann. Am Ende bin ich dann aber irgendwie nicht um das "sie" rumgekommen.
Freut mich auch, dass dir der Stil gefallen hat.
Ja, du hast recht mit den Augen. Aber es ist wirklich eine Kunst, sie zu lesen, und nur die wenigsten machen sich die Mühe.
Vielen Dank für deinen Kommentar.

Liebe Grüße,
Tina
Vor langer Zeit - Antworten
Robin Wer - kennt dieses Lächeln nicht? Jeder hat es, jeder antwortet auf Fragen, die keine sind und gibt Antworten, die keine sind (dieser Satz hat mir besonders gut gefallen und wird so schnell nicht aus meinem Gedächtnis gehen!). Eben dieses falsche Lächeln, aber keiner achtet darauf, sieht nur das, was er sehen will, weil jeder eigentlich mit sich selbst beschäftigt ist.
Das hat mich sehr berührt, vor allem, weil ich ja gerne mal solche Texte raushaue ;-) Es steckt eben so viel wahres dahinter, worüber keine Nachdenkt. Auch der Titel "Ein falsches Lächeln" ist meiner Meinung nach sehr, sehr gut gewählt!

Ganz liebe Grüße
Lisa
Vor langer Zeit - Antworten
Luzifer Irgendwas - fehlt mir, aber ich komme nicht drauf, was.
Egal. Der Erzählstil ist ja gut gewählt und auch die Sprache stimmt.
Wenn du zum Schluss nicht "sie" geschrieben hättest, hätte ich an einen Mann gedacht.
Der Meister eines falschen Lächelns achtet schon lange nicht mehr darauf, dass das Lächeln stimmt, sondern, dass die Augen nichts verraten. Denn allein die Augen sagen alles, was man wissen muss. Sie zu deuten ist aber nur wenigen vergönnt. =)

LG
Luzifer
Vor langer Zeit - Antworten
schneeflocke Re: Auch dieser Text ... -
Zitat: (Original von Gunda am 01.03.2010 - 19:01 Uhr) ... Tina: Gut durchdacht, gut aufgebaut, mit einem schlüssigen Ende versehen ... Klasse.

Lieben Gruß
Gunda


Oh, so viel Lob! Danke sehr! Freut mich wirklich, dass du das Ende schlüssig fandest! Das ist irgendwie immer am Schwersten zu meistern...

Liebe Grüße,
Tina
Vor langer Zeit - Antworten
schneeflocke Re: Ja oft sehen wir nicht -
Zitat: (Original von timeless am 01.03.2010 - 18:59 Uhr) hinter die Make, die sich einer aus Unsicherheit aufsetzt. Schade.

Schön geschrieben, wobei schön, ja wiederum nicht zu diesem ernsten Text passt.

Liebe Grüße Ute


Dankeschön! Freut mich wirklich, dass mein kleiner Text positiv aufgenommen wird, vor allem, da es ein bedrückendes Thema ist.

Liebe Grüße,
Tina
Vor langer Zeit - Antworten
schneeflocke Re: Ich hoffe, -
Zitat: (Original von Schlauchen am 01.03.2010 - 18:54 Uhr) dass sie sich nicht umbringt.
Es wird immer Leute geben die hinter dieses Lächeln schauen, die versuchen sie kennenzulernen. Und das hoffe ich auch für sie.
Schade, dass sie so deprimiert und melancholisch ist.
Ein sehr toller Text, du bringst die Tiefe und die Tragik gut rüber, besonders die letzten Sätze haben es mir angetan. Hatte eine kleine Gäsehaut.
Nein, ich hoffe wirklich nicht, dass ihr was passiert.

Alles Liebe
Caro


Hallo Caro!
Freut mich, dass die Melancholie rübergekommen ist. Ich habe das Ende bewusst dem Leser überlassen, du kannst dir das Ende also selbst ausdenken.
Ja, es gibt immer Menschen, die hinter die Fassade blicken wollen, aber manchmal sind wir zu sehr mit uns selbst beschäftigtund bemerken zu wenig. Ich wurde inspiriert, aber ich kann dich trösten: das Mädchen, das mich hierzu inspiriert hat, lebt noch, und es geht ihr jetzt besser.

Liebe Grüße,
Tina
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Auch dieser Text ... - ... Tina: Gut durchdacht, gut aufgebaut, mit einem schlüssigen Ende versehen ... Klasse.

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Ja oft sehen wir nicht - hinter die Make, die sich einer aus Unsicherheit aufsetzt. Schade.

Schön geschrieben, wobei schön, ja wiederum nicht zu diesem ernsten Text passt.

Liebe Grüße Ute
Vor langer Zeit - Antworten
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