Fantasy & Horror
Zwischen Wölfen und Königen 1.2 - Die Prophezeihung

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"Zwischen Wölfen und Königen 1.2 - Die Prophezeihung"
Veröffentlicht am 23. Februar 2010, 24 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Ich bin am Niederrhein geboren, aufgewachsen und lebe heute noch dort - wenn auch nicht in der selben Stadt. Das Wichtigste in meinem Leben - auch wenn es mancher nicht glauben mag - ist meine Familie. In meinen Werken ist Zusammenhalt und Konflikte zwischen Familienmitgliedern immer wieder ein Thema. Meine engste Familie, jene mit denen ich zusammenlebe, besteht aktuell aus meiner Frau Veronika, unserem Hund Xanadu, unsere Katze Trixi, sowie ...
Zwischen Wölfen und Königen 1.2 - Die Prophezeihung

Zwischen Wölfen und Königen 1.2 - Die Prophezeihung

Beschreibung

Das Rauschen schwoll an und entfernte sich wieder. Es war ein Geräusch, das von Ewigkeit erzählte. Kraftvoll, zerschmetternd, tot bringend und doch so sanft in den Ohren des groß gewachsenen Mannes. Silvio lächelte. Dies war das Klang seines Lebens, seiner Heimat, ganz egal wo er sich befand. Covergrafik: Moonwolf Blue © Zoa@fotolia.de Inhalt: Kapitel 2 - Seite 1 Lexikon - Seite 17

Kapitel 2

Vis Banken, Vlakkeland
Hafen
19. Tag des Windumemanoth im Jahre 1143
Am Morgen des Erdtages

Das Rauschen schwoll an und entfernte sich wieder. Es war ein Geräusch, das von Ewigkeit erzählte. Kraftvoll, zerschmetternd, tot bringend und doch so sanft in den Ohren des groß gewachsenen Mannes. Silvio lächelte. Dies war das Klang seines Lebens, seiner Heimat, ganz egal wo er sich befand. Obwohl er die Augen geschlossen hielt, meinte er die Wellen zu sehen. Ein leises Brausen, das stetig anschwoll, während das Wasser sich hob und dann teilte. Genau vor ihm platschte die Woge gegen die Kaimauer und hüllte sein Gesicht in einen Schauer. Der Paese rührte sich nicht. Er lauschte, wie das Meer ein Stück weiter nördlich gegen ursprünglichen Fels krachte. Weiße Gischt sprengte über einen Meter hoch. Jeder, der dort stünde, wäre durchnässt bis auf die Haut. Die Augen weiterhin geschlossen hob der Schwarzhaarige den Kopf. Ein Beobachter, der hinter dem Faolchú stand, musste glauben, Silvio beobachtete die Möwen, deren Kreischen er hörte. Das war Heimat. Die Geräuschkulisse der Welt vor ihm unterschied sich nicht von der Küste Lepaens. Solange er nicht die Augen öffnete, konnte Silvio sich vorgaukeln, er wäre zu Hause. Er atmete tief durch. Mit den Gerüchen, die in seine Nase drangen, verschwanden die Trugbilder, die Mario sich in seiner Fantasie gebaut hatte. Es fehlten die Düfte Lepaens. Sogar das Meer roch hier ganz anders. Das begeisterte Lächeln, entsprungen aus der Einbildungskraft des Mannes, schrumpfte zu einem Ausdruck der Wehmut. Er öffnete die blauen Augen, betrachtete die See und die kleinen Inseln am Horizont.
‚Sogar die Stimmen klingen fremd‘, dachte der Krieger. Er lebte seit über zwei Sonnenläufen an dieser Küste. Als er das erste Mal hier herkam, bestand die Siedlung lediglich aus ein paar Fischerhütten und einem großen Gemeindehaus. Die Händler aus Paese hatten Wohlstand in das Dorf gebracht. Dank Marios treibender Kraft waren eine kleine Werft, die Reederei und einige Lagerhäuser gebaut worden. In einer atemberaubenden Geschwindigkeit war das winzige Fischerdorf zu der Stadt herangewachsen, die den Seefahrern als Vis Banken bekannt war.
Silvio war stolz auf seinen großen Bruder. Letztendlich war er aus dem Schatten der Faolchú getreten, hatte seine eigenen Ziele verfolgt und half damit auch noch seiner Sippe. Doch trotz allem Wohlwollen vermisste der Krieger die Heimat, seine Familie und sein Rudel. Er froh, dass sie endlich zurückreisen wollten, obwohl die Umstände nie schlechter waren.
Der Angriff vom Vorabend ließ die Abreise wie eine Flucht wirken. Wenn Silvio eines hasste, dann vor einem Feind davon zu laufen. Außerdem hatten sie das Ritual nicht beenden können, das ihnen so wichtige Fragen beantworten sollte. Dem Mhac Fíodóir ging es nicht um so alltägliche Dinge, wie die Gesundheit und das Geschlecht des Ungeborenen. Er hätte noch nicht einmal gefragt, ob dieses Kind das Erbe des Faolchú in sich trüge. All das wussten sie spätestens bei der Geburt und die paar Monate sollten sie Geduld zeigen können. Silvio, und ganz bestimmt auch Sorcha, ging es um die Weissagungen und Träume.
Wenn das Baby in Lilliannas Bauch jenes Kind war, auf das sie alle warteten -. Silvio wagte nicht, diesem Gedanken zu folgen. Ihm fielen die Worte des Geistes ein.
„Der Wächter des Auserwählten“, murmelte der Krieger so leise, dass die Brandung ihm die Worte von den Lippen riss. Er war Marios Hüter und Begleiter. Als er sich vor vielen Sonnenläufen in einen Wolf verwandelte und der große Bruder ein Mensch blieb, hatte Silvio geschworen, ihn mit seinem Leben zu schützen. Doch Mario war nicht der, auf den alle warteten. Sollte es sein Kind sein? Sollte er auch dessen Beschützer werden? Und war dieses Neugeborene die Hoffnung der Faolchú oder wurde es zum Verderben der Nation?
„Hey! Silvio! Die Flut wird nicht schneller kommen, nur weil du aufs Meer starrst.“ Die heimatlichen Worte brachen durch die Halsschmerzen verursachende Mundart der Einheimischen, wie ein Sonnenstrahl durch die Wolkendecke. Mit einem Lächeln auf den Lippen drehte sich Silvio zu seinem Bruder und dessen Familie um.
Gut gelaunt lief Mario vor den drei Frauen her. Sein Bart war frisch gestutzt. Das feine Leder und das bunte Tuch seiner Kleidung wirkten als Zeugen seines Reichtums. Der praktische Schnitt ohne überflüssigen Schnickschnack brachte zum Ausdruck, dass der Händler keine Arbeit scheute. Die blaue Schärpe mit dem Silberrand und der gleichfarbige Dreispitz auf dem schwarzen Haar kennzeichneten seinen Stand als Kapitän eines Schiffes. Silvios Lächeln wurde etwas breiter, als die Sonne sich in den eingewebten Fäden spiegelte. Nur bei einem solchen Lichteinfall blitzen die Zeichen der Mhac Fíodóir und der Mhac Finscéal auf. Durch die Hochzeit mit Lillianna hatte Mario ein Bündnis zwischen den beiden Sippen geschaffen, wie man es seit Dekaden nicht gesehen hatte. Wenn das Kind wirklich den Segen Gealachs in sich trug, stand ihnen eine großartige Zeit bevor.
‚Ein Kind wird geboren von mehr als zwei Stämmen‘, wisperte eine Stimme im Kopf des Kriegers. Er straffte die Schultern und vertrieb die Erinnerung mit energischen Schritten, die Familie zu begrüßen.

Die Brüder umarmten sich ohne viel Rücksicht auf die schmerzhaften Überbleibsel der vergangenen Nacht. Sie waren Paesen, stolz genug ihren Schmerz nicht zu zeigen und die zukünftigen Narben als harmlose Kratzer abzutun. Ganz besonders, wo beide in Gedanken schon auf See mit Kurs auf die Heimat segelten.
Marios Augen blitzten vergnügt, als er dem jüngeren, doch größerem Bruder auf die unverletzte Schulter klopfte. „Ich könnte schwören, du wolltest uns im Morgengrauen abholen. Verrätst du mir, was dich abhielt? Oder sollte die Formulierung eher lauten: Wer dich abhielt?“
Mit einem Augenzwinkern schüttelte der Faolchú den Kopf. „Später vielleicht.“ Sollte Mario ruhig glauben, er hätte ein letztes Mal bei einer Hafendirne gelegen. So kam er wenigstens nicht auf wesentlich ernstere Gedanken.
Lächelnd wand sich Silvio den drei Frauen zu und begrüßte als erstes seine Schwägerin. Lillianna trug ein schlichtes, grünes Kleid, das zu ihren Augen passte. Es war so geschickt geschnitten, dass ihr rundlicher Bauch kaum auffiel. Um die Schultern hatte sie ein wärmendes, braunes Wolltuch gelegt und ihre Füße steckten in festen Lederschuhen. Silvio legte die Hände an ihre Schultern und küsste sie auf jede Wange, wie es in seiner Heimat Brauch war.
„Du wirst die schönste Frau an Bord sein“, versprach er, worauf Lillianna ihm lachend vor die Brust knuffte.
„Ich werde die Einzige Frau an Bord sein, du Schuft!“
Silvio ließ das sicherheitshalber unkommentiert und begrüßte die Ahnin der Mhac Finscéal, indem er ihr einen Kuss auf die Hand hauchte. Ein Blick in ihre grünen Augen verriet Besorgnis und Neugier, doch sie bedrängte Silvio nicht. Hinter diesen oberflächlichen Gefühlen sah der Krieger die Erfahrung vieler Jahre, die Weisheit eines wachen Geistes und die Liebe einer Mutter für ihr Kind. Der Paese nickte ihr lächelnd zu, ließ Sorchas Hand los und drehte sich zu der dritten Frau.
„Sage mir, warum lerntest du deinen Gatten kennen, ehe meine Liebe zu dir fand, du Schönste von Lilliannas Schwestern?“, schmeichelte Silvio, während er sie ebenso mit zwei Küsschen auf die Wangen begrüßte. Er vermutete, dass sie nach ihrem Vater kam, den er nie kennengelernt hatte, denn Maria ähnelte den beiden blonden Frauen der Familie äußerlich überhaupt nicht. In den letzten Monaten hatte der Paese oft überlegt, was für ein Mann eine solch zierliche Tochter zeugte und wie er wohl neben der robusten Sorcha ausgesehen haben mochte.
Maria trug ihr Haar zwar ebenfalls lang, doch es war so rot wie das Meer, wenn die Sonne darin unterging. Sie schürzte die vollen Lippen und ihre sonst so sanften, braunen Augen funkelten belustigt auf, als sie konterte: „Ich bin Lilliannas Einzige Schwester, du Banause von einem Lüstling.“ Vom Wesen her stand sie ihrer Schwester in nichts nach.
„Nun, wenn du mich so von dir stößt“, meinte Silvio Augen zwinkernd und hakte sich bei Sorcha unter: „gestatte, dass ich deine Mutter für eine kleine Weile entführe, während du dir das Schiff meines Bruders zeigen lässt.“ Dreistimmiges Gelächter kommentierte die Worte.
„Na, dann wollen wir das Paar mal alleine lassen.“ Mario reichte je einen Arm seiner Frau und seiner Schwägerin. Feixend schlenderten sie den Steg entlang und auf den Dreimaster zu.
Silvio sah ihnen sowohl lächelnd, wie Kopf schüttelnd nach. Als sein Blick jedoch auf Sorcha fiel, die ihn ernst und mit erhobener Augenbraue ansah, nahm er seinen Arm rasch zurück. Die dazu gehörige Hand nutzte er, um sich verlegen durch das braune Haar zu streichen.
„Ähm, gehen wir ein Stück?“, fragte er und deutete vom Schiff weg den Kai entlang. Sorcha betrachtete ihn prüfend und nickte schließlich.

Nachdem sie eine Weile gegangen waren, brach die Ahnin das Schweigen: „Wenn du in der letzten Stunde, die du in diesem Land verbringst, noch ein Techtelmechtel mit mir beginnen möchtest, musst du wirklich verzweifelt sein. Die vergangene Nacht verbrachtest du wohl nicht in der Hafenpinte.“ Die grünen Augen der Alten schimmerten sanft, als sie zu dem stattlichen Mann an ihrer Seite hoch schaute. „Wenn du aber darüber sprechen möchtest, was dich von solchen Gelüsten abhielt, dann gebrauche doch bitte deinen Mund.“
Silvio seufzte tief. „Ich werde dich wirklich vermissen, Sorcha-eagnaí. Du wirst uns allen fehlen, ganz besonders deine weisen Worte.“ Lächelnd sah er die Mhac Finscéal an. „Du würdest dich wunderbar mit Großvater verstehen.“
Sorcha nickte. „Da hast du vermutlich Recht. Ich verspreche dir, wenn es der Wille der Geister ist, dann werdet ihr mich wiedersehen, sobald mein Enkel geboren ist.“ Ohne Eile umrundeten die beiden Faolchú das Lagerhaus. Auf der Rückseite blieben sie stehen und blickten über die Klippen hinweg zu den Inseln, die in der blaugrauen Flut lagen.
„Der Wille der Geister ist manchmal sonderbar“, sprach Silvio so leise, dass die Brandung seine Stimme beinahe übertönte. Sorcha sah ihn dennoch abwartend und aufmerksam an. Mit entschlossener Mine drehte der Paese den Wellen den Rücken zu und sah die Ahnin an.
„Gealach sprach zu mir, als der Kampf begann und ich hörte den Schrei eines Kindes. Es war wie in den Träumen, von denen allen berichten, aber ich war wach und-“
„Du warst bewusstlos“, unterbrach Sorcha ihn. „Zumindest hattest du einen ziemlich heftigen Schlag auf den Kopf bekommen. Auch wenn die Zeit noch so kurz war, reichte sie für die Mondgöttin. Zweifle nicht an ihr, Silvio.“ In einer mütterlichen Geste legte sie ihre Hand auf den Arm des Paesen. Er spürte ihre Wärme selbst durch den Stoff seines Hemdes.
„Das tue ich nicht. Wenn mein Großvater mich eines lehrte, dann Vertrauen in unsere Göttin. Es ist nur-.“ Der Krieger runzelte die Stirn, während er überlegte, wie er all das, was ihm im Kopf herum ging, in Worte fassen sollte. „Wir alle dienen Gealach und doch legen wir die Träume unterschiedlich aus. Vielleicht ist der Frieden, von dem sie spricht, nicht der richtige für die Faolchú.“
Sorcha erwiderte darauf nichts. Sie hob lediglich eine Augenbraue und sah den Jüngeren aus ihren grünen Seelenfenstern an, bis dieser seufzend den Blick abwandte und gestand: „Es klingt absurd, ich weiß.“
Eine Weile lauschten sie dem Kreischen der Möwen, dem Rauschen der Brandung und den Wortfetzen gebellter Befehle, die vom Kai herüber drangen. Sorcha wartete geduldig, bis Silvio weitersprach.
„Der Geist dieses Folaíon meinte, ich sähe den richtigen Weg nicht. Er deutete an, dass dies mein Tod wäre.“
„Und natürlich hat der Geist desjenigen, dem du wenige Minuten zuvor das Leben nahmst, keinerlei selbstsüchtige Gedanken der Rache, die ihm diese Worte in den Mund legen.“
Der Mhac Fíodóir wich dem prüfenden Blick der Ahnin aus. Seiner Meinung nach hätten Rachegelüste anders geklungen, doch er wusste nicht, wie er ihr das erklären sollte.
„Mein Junge, ich bin erstaunt, dass du mehr über einen Mhac Folaíon nachsinnst, denn über Gealach. Sie sind Fanatiker, Silvio. Unsereins haben sie schon immer verachtet. Sie glauben, der Wolf allein könne Gaias Wächter am Leben erhalten und jeder weiß, dass sie darin irren. Wir sind Faolchú. Nur wenn Menschen und Wölfe weiterhin zusammenfinden, eine Einheit sind, vermögen wir Mutter Erde zu schützen.“
Der Paese nickte auf den eindringlichen Monolog der Ahnin. „Das weiß ich doch alles, Sorcha, aber bist du wirklich überzeugt, dass dies der Frieden ist, von dem Gealachs Träume erzählen? Bist du sicher, dass es um jene geht, die als Wolf geboren und jene, die als Mensch geboren sind?“
„Ja.“ Die Alte nickte bekräftigend. „Es wird eine Generation von Mhac Folaíon geben, die die Wahrheit erkennt. Das Kind, auf das wir alle warten, wird ihnen den Weg weisen.“
Was sollte Silvio gegen so viel Überzeugung sagen? Sorchas Worte klangen wenigstens logisch, während er nicht mehr als diesen schalen Beigeschmack spürte, dass etwas nicht richtig war. Nach einem Moment des Zögerns gab der Paese seine letzten Bedenken preis: „Er nannte mich den Wächter des Auserwählten.“
In der Mine der Ahnin las der Krieger neues Interesse. „Das ist tatsächlich ein spannendes Rätsel. Lag dieser Folaíon damit genauso falsch, wie mit allem anderen oder könnten dies wahrhaftig Worte der Weisheit gewesen sein? Wenn es das ist, was dir Sorgen bereitet, so schiebe sie von dir, mein Junge. Den Lügen eines Fanatikers solltest du keine Beachtung schenken.“
„Und wenn es die Wahrheit ist?“, warf Silvio ein. „Auch die Folaíon hören Gealachs Stimme. Sie legen sie anders aus, aber vielleicht haben sie in einigen Punkten Recht.“
Sorcha drückte den Arm des Jüngeren etwas fester. „In diesem Fall darfst du sicher sein, dass dein Weg bis zum Tod noch weit ist. Das Kind, auf das wir warten ist noch nicht geboren. Wenn du sein Wächter wirst, schätze dich glücklich. Doch bevor du Gealach zum Dank preist, lausche ihren Träumen. Wenn du es wirklich bist, wird sie es dir selber sagen.“
Silvio schüttelte den Kopf. „Das klingt, als glaubtest du nicht, dass dein Enkel der Auserwählte wird. Warum sollten sie uns sonst angegriffen haben?“
„Hast du mir nicht zugehört?“ Ein sanfter Tadel lag in der Stimme der Ahnin. „Die Folaíon glauben an die Reinheit des Blutes. Sie töten selbst ihre trächtigen Weibchen, wenn sie bei einem Menschen lagen. Gerade in dieser Zeit, in der sie die Träume so falsch auslegen, ist keine werdende Mutter sicher, die das Blut der Faolchú in sich trägt. Ich hätte Lillianna lieber in meiner Nähe, wo ich sie verteidigen kann. Aber nachdem, was gestern geschah, vertraue ich sie deinem Schutz an, Silvio. Ich weiß nicht, ob der Wächter des Auserwählten wirst, doch sei der Patron meiner Tochter und meines Enkels.“
Silvio nahm die runzeligen Hände in seine und hauchte einen Kuss darauf. „Sie sind ein Teil meiner Familie. Du hast mein Wort, dass ich sie mein Leben für sie geben werde.“ Mit einem wehmütigen Lächel fügte er hinzu: „Obwohl ich mir immer noch wünschte, du würdest uns begleiten.“
Sorcha entzog ihm die Hände und tätschelte ihm die Wange. „Ich werde mit Maria gehen.“
„Warum?“, fragte der Paese beinahe empört. „Sie hat einen Menschen geheiratet, der nichts von der Nation der Faolchú weiß.“
„Eben darum. Sie ist meine Tochter und damit trägt sie das Erbe Gealachs in sich. Wer von diesen Unwissenden soll sie schützen, wenn in ihrem Leib ein Kind heranwächst?“ Mit einem Kopfschütteln hinderte sie Silvio an einem Einwurf. „Der Rat der Mhac Finscéal vermochte mich nicht umzustimmen und du glaubst, dir sollte es gelingen?“
Der Krieger ließ mit einem stummen Seufzer zu, dass sie seinen Arm umfasste und den Weg um das Lagerhaus zurückschritt.
„Mir fällt der Abschied bestimmt nicht leicht, aber wenn wir ihn noch länger aufschieben und ihr die Flut verpasst, dann wirfst du mir als erstes vor, ich wollte euch noch einen Winter hier halten.“

Lexikon

críonna: wörtl.: weise; sprich: KRIHnja; Eine Ehrenbezeichnung für ältere oder hochgestellte Faolchú. Sie wird an den Namen angehängt. (Sorcha-críonna)

Erdtag: Der zweite Tag der Woche.

Faolchú: wörtl.: Wolfskrieger; sprich: faulchUH; Ein wölfischer Gestaltwandler, Diener der Mondgöttin und Beschützer der Erde.

Gealach: wörtl.: Mond; sprich: chjalACH; Göttin des Mondes und Schutzpatronin der Faolchú.

Lepaen: Eine Küstenstadt im Königreich Paese. L. liegt am Mittleren Meer.

Lillianna di Natichio: Eine Gaolta, Tochter von Sorcha und Ehefrau von Mario. Sie ist in Eyré geboren, lebt aber seit ihrer Kindheit in Vlakkeland.

Maria O‘Connor y Graciano: Eine Gaolta, Tochter von Sorcha und Schwester von Lillianna. Sie ist in Eyré geboren, verbrachte ihre Jugend in Vlakkeland und lebt inzwischen im Königreich Tires.

Mario di Natichio: Ein Gaolta, Ehemann von Lillianna und Bruder von Silvio. Er ist gebürtiger Paese und von Beruf Reeder und Seefahrer.

Mhac Finscéal: wörtl.: Söhne der Legende; sprich: mak finssKEHal; Eine Sippe der Faolchú, die bekannt für ihre Lieder- und Legendensammlung ist.

Mhac Fíodóir: wörtl.: Söhne des Webers; sprich: mak FIHtohr; Eine Sippe der Faolchú, die für ihre Nachsicht gegenüber den Menschen bekannt ist.

Mhac Folaíon: Söhne des reinen Blutes; sprich: mak foLAHon; Eine Sippe der Faolchú, die für ihren Fanatismus und ihren Hass auf die Menschen bekannt ist.

Paese: sprich: päs; 1. Das südlichste Königreich des Kontinents Mennenerr. Es grenzt an das Königreich Tartós und ist von drei Seiten von Meeren (Mittleres Meer, Ostbuch, Baragan Kanal) umschlossen. 2. Männliche und weibliche Einwohner des Königreiches Paese.

Silvio di Natichio: Ein Faolchú, der zur Sippe der ‚Söhne des Webers‘ gehört. Er ist unter dem Halbmond geboren und der Bruder von Mario. Er ist gebürtiger Paese.

Sorcha O‘Connor: Eine Ahnin der Faolchú, die zu der Sippe der ‚Söhne der Legende‘ gehört. Sie wurde unter dem Sichelmond geboren und ist die Mutter von Lillianna. Sorcha ist ursprünglich in Eiré geboren, lebt aber seit etlichen Jahren in Vlakkeland.

Vis Banken: Ein ehemaliges Fischerdorf in Vlakkeland, das sich langsam zur Handelsstadt entwickelt. Vis Banken liegt an der Bucht von Vlakkeland.

Vlakkeland: Ein Küstenland des Kontinents Ghesseimuhl. Vlakkeland wird vom Westmeer umspült. In der Bucht von Vlakkeland liegen mehrere Inseln. Das Land grenzt an den Staatenbund Lointain, das Land Mid und das Königreich Tires.

Windumemanoth: wörtl.: Weinmonat; Der zehnte Monat im Jahr gehört zur Herbstzeit.

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Über den Autor

Sunnypluesch
Ich bin am Niederrhein geboren, aufgewachsen und lebe heute noch dort - wenn auch nicht in der selben Stadt. Das Wichtigste in meinem Leben - auch wenn es mancher nicht glauben mag - ist meine Familie. In meinen Werken ist Zusammenhalt und Konflikte zwischen Familienmitgliedern immer wieder ein Thema. Meine engste Familie, jene mit denen ich zusammenlebe, besteht aktuell aus meiner Frau Veronika, unserem Hund Xanadu, unsere Katze Trixi, sowie einem Aquarium voller Fische. Für Letzteres ist allerdings meine Frau verantwortlich.

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FSBlaireau Da lese - ich erst mal den ersten Teil
Vor langer Zeit - Antworten
Sunnypluesch Re: Ich -
Zitat: (Original von Luzifer am 24.02.2010 - 16:40 Uhr) habe ja noch gar nicht kommentiert, obwohl ich es schon gelesen habe... dachte, dass da noch was kommt zu diesem Kapitel (wegen der Bemerkung zu Anfang).

Auf alle Fälle will ich weiter lesen, was passiert. Die Bilder und Sprache sind so gut gewählt, dass der Leser in Gedanken in der Welt spazieren gehen kann. Da gebe ich Schlauchen recht =)

LG
Luzifer


Hallo Luzifer,
du hast richtig gedacht - es kommt auf jeden Fall noch etwas. Allerdings bin ich im Moment ein wenig im Stress wegen Hochzeitsvorbereitung und viele andere Dinge stehen schon hinten an. Nun muss leider auch das Buch leiden.
Nach meinem großen Tag geht es aber weiter. Versprochen.
lG
Sunny

PS: Und für dich gilt das selbe, wie für Schlauchen. ;-)
Vor langer Zeit - Antworten
Sunnypluesch Re: Wieder befinden wir -
Zitat: (Original von Schlauchen am 24.02.2010 - 15:20 Uhr) uns im Vlakkeland, habs richtig vor Augen.
Die Beschreibungen der Umgebung haben mir besonders gut gefallen, auch wie du eine Verbindung zwischen Beschreibung und persöhnlichen Dingen, wie dem Rudel schaffst.
Bin gespannt, was es mit dem Kind auf sich hat!

Liebe Grüße
Caro


Liebe Caro,
wie schön, dass du dich so in die Geschichte hineinversetzen kannst, wie ich es mir wünsche. Und noch einmal die Bitte, sollte das einmal anders sein, hau mir sofort auf die Finger. Dann war ich eindeutig zu Müde zum Schreiben und sollte den Text dringend überarbeiten. ;-)
Eine kleine Episode aus dem Leben des Kindes habe ich übrigends schon veröffentlicht. Allerdings ist diese aus der ersten Fassung des Buches. In der überarbeiteten Version wird auch diese Szene etwas anders aussehen. Mehr verrate ich aber nicht.
lG
Sunny
Vor langer Zeit - Antworten
Luzifer Ich - habe ja noch gar nicht kommentiert, obwohl ich es schon gelesen habe... dachte, dass da noch was kommt zu diesem Kapitel (wegen der Bemerkung zu Anfang).

Auf alle Fälle will ich weiter lesen, was passiert. Die Bilder und Sprache sind so gut gewählt, dass der Leser in Gedanken in der Welt spazieren gehen kann. Da gebe ich Schlauchen recht =)

LG
Luzifer
Vor langer Zeit - Antworten
Windflieger Das geht spannend weiter - ich habe es bis hierher sehr gerne gelesen und freue mich schon auf die Fortsetzung.
LG Ivonne
Vor langer Zeit - Antworten
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