"Silvio, konzentriere dich auf das Ritual, nicht auf meine Tochter." Ertappt huschten die Pupillen des jungen Mannes auf sein Gegenüber. Sorcha hielt die Lider gesenkt und rührte sich nicht. Der Paese wusste nicht zu sagen, ob sie die Lippen bewegt und die Worte ausgesprochen oder ob er sie lediglich gedacht hatte. Covergrafik: Moonwolf Blue © Zoa@fotolia.de Inhalt: Kapitel 1 - Seite 1 Lexikon - Seite 35
Vis Banken, Vlakkeland
Haus von Sorcha O‘Connor
18. Tag des Windumemanoth im Jahre 1143
Früher Abend des Mondtages
„Silvio, konzentriere dich auf das Ritual, nicht auf meine Tochter.“
Ertappt huschten die Pupillen des jungen Mannes auf sein Gegenüber. Sorcha hielt die Lider gesenkt und rührte sich nicht. Der Paese wusste nicht zu sagen, ob sie die Lippen bewegt und die Worte ausgesprochen oder ob er sie lediglich gedacht hatte. Er warf einen verstohlenen Blick nach Links. Auch die Augen seines Bruders waren geschlossen. Wenn Mario etwas bemerkt hatte, ließ er sich nichts anmerken. Silvio beschloss, es ebenso zu halten. Er atmete langsam durch, senkte die Lider und versuchte sich von allen Eindrücken zu befreien.
„Fühle dich selbst“, vernahm er Sorchas Stimme und immer noch war er nicht sicher, ob sie in Wirklichkeit sprach oder in seinen Gedanken. „Spüre deine Existenz, lausche deinem Herzschlag, horche auf deinen Atem.“
Die Tonlage der älteren Frau blieb eindringlich und monoton, dabei aber nicht einschläfernd. Silvio horchte in sich, lauschte auf seinen Körper, sein Innerstes und schließlich verschwanden alle störenden Empfindungen des Alltags. Zurück blieb Wärme, das Gefühl von Geborgenheit und Sorchas Stimme.
„Spürt den Kreis, euch und uns.“
Der Anweisung folgend konzentrierte sich der Schwarzhaarige auf jene, deren Hände er umfasste. Zu seiner Linken stand, sein Bruder, ein kleineres Ebenbild seiner selbst, sah man von dem Bart ab, den Mario jeden Morgen sorgsam stutzte. In der rechten Hand spürte er Lilliannas kühle Finger. Sie war Marios Frau und Sorchas Tochter. Silvio fühlte, das Gleichgewicht der beiden Menschen. Von ihrer Nervosität zu Beginn der Zeremonie war nichts geblieben. Dann berührte er eine Welle von Energie und Macht. Sorcha, die ihm gegenüberstand, war von ihnen die Erfahrenste. Sie leitete das Ritual und führte die Familie in eine andere Welt.
„Tretet in den Kreis.“
Sie gehorchten gleichzeitig, traten jeder einen Schritt vor und berührten sich an den Schultern. Der athletische Mann spürte den Teppich aus Bast kaum einen Lidschlag lang unter seinen bloßen Füßen, dann durchdrang er die Wand. Mario und Lillianna keuchten erschrocken auf und Silvio drückte beruhigend ihre Hände. Beide taten diesen kleinen Schritt, diese Reise in eine andere Welt, zum ersten Mal.
Die Wand war zähflüssig und klebrig wie Honig, aber eiskalt. Der Paese hatte das Gefühl um jeden Zentimeter kämpfen zu müssen, zog dabei Bruder und Schwägerin mit sich. Als die Kälte endlich nachließ, stand ihm Schweiß auf der nackten Haut. Er öffnete die Augen und sah sich um. Erst als Sorcha lächelnd die Hände von Mario und Lillianna losließ, tat er es ihr gleich.
Créscáth
18. Tag des Windumemanoth im Jahre 1143
Früher Abend des Mondtages
Silvio erinnerte sich noch genau, wie er sich gefühlt hatte, als er das erste Mal zum Créscáth gereist war. Er betrat eine andere Welt, die der wirklichen wie ein Spiegel glich, bevölkert von farblosen, leblosen Schatten. Massive Gegenstände, wie die Wände von Sorchas Hütte, wirkten zum Teil durchscheinend. Silvio erkannte durch die äußere Hülle ein festes Gerüst - und dabei dachte er nicht an die Struktur des Baumes, aus dem die Bretter einst gesägt worden waren. Es sah aus wie Fäden, geschaffen aus einer eigentümlichen Energie. Sie beschreiben zu wollen, überstiege das Verständnis der meisten Erdenbürger. Lebende Wesen, gleich ob Pflanzen, Tiere oder Menschen, sah er lediglich als blasse, halbdurchsichtige Schatten der realen Gestalten. Zwischen den vier Weltenwanderern bedeckte grauer Nebel den Boden, wallte stetig auf.
„Es ist unheimlich“, hauchte Lillianna und legte fröstelnd die Arme um ihren nackten Körper.
„Es ist die Welt der Geister, der Seelen und der Ahnen“, erklärte Sorcha, „Eine Welt, die nur wenige begreifen. Selbst die weisesten und erfahrensten Reisenden durch den Scáth stehen immer wieder vor einem neuen Rätsel.“ Die Älteste blickte lächelnd erst zu ihrer Tochter, dann zu ihrem Schwiegersohn und sah schließlich Silvio auffordernd an. „Doch heute sollen die Geister uns helfen, ein Rätsel zu lösen. Setzt euch, Kinder.“
Silvio nickte der Eyrén knapp zu und löste sich von der Gruppe. Er war nicht nur hier, um seinem Bruder und dessen Frau Beistand zu leisten. Vor allem war er für die Sicherheit zuständig. Während Sorcha, Mario und Lillianna im Nebel Platz nahmen, verließ Silvio das durchscheinende Gerüst der Hütte. Unter seinen bloßen Füßen fühlte sich die Straße, die in der Realität aus festgetretenem Lehm bestand, unwirklich weich an. Durchsichtige Schatten bewegten sich auf dem Weg. Einige von ihnen schwebten gar hinter dem wässrigen Abbild eines Huftieres. Der groß gewachsene Paese wusste, dass die Leute in der realen Welt auf einem Karren oder in einer Kutsche saßen. Das Gefährt selbst war zu jung, um ein Ebenbild im Scáth zu hinterlassen.
Der junge Mann umrundete die Hütte und beobachtete sorgfältig die Umgebung. Am Kai, wo das große Lagerhaus stehen musste, entdeckte Silvio ein paar Fionn Taibhse, Geister, die Strukturfäden erstellten und anordneten. Das Lagerhaus, das in der realen Welt noch nicht einmal zwei Jahre stand, war im Créscáth kaum zu sehen. Die Fionn Taibhse gaben dem Schatten Struktur und Halt, ließen ihn sichtbar und das Gebäude in der stofflichen Welt stark werden, damit es noch viele Jahre überdauerte. Die Geister arbeiteten langsam, dabei so gründlich und mit einem Geschick, dass Silvio stehen blieb und ihnen eine Weile zusah. Lächelnd beschloss er, Mario später davon zu erzählen. Doch dann riss er sich von dem Anblick los und zwang sich, seinen Rundgang zu beenden. Als er nichts Auffälliges entdeckte, trat er zurück in die Hütte, die hier im Créscáth noch viel zerbrechlicher aussah, als in Wirklichkeit.
Sorcha, Mario und Lillianna saßen auf dem Boden, als Silvio eintrat. Zwischen ihnen schwebten grüne Lichtkugeln, welche den Nebel ein wenig vertrieben. In der Mitte stand eine Schale ebenso real, wie sie in der Wirklichkeit war. Ein heißer Stein am Grund erwärmte das Wasser darin.
Wortlos ließ sich Silvio nieder. Er tunkte zwei Finger in eine weitere Tonschale, die Sorcha ihm hinhielt, und nahm braune Farbe auf. Zeigefinger und Mittelfinger setzte er mit etwas Abstand mittig auf seine behaarte Brust und zog zwei Linie bis auf den Bauch. Die Farbe fühlte sich auf seiner Haut wie warmer Schlamm an. Silvio zeichnete vier Querlinien durch die Parallelen und malte zum Schluss einen kleinen Bogen dazwischen auf seinen Bauch. Dies war das Zeichen seiner Sippe, den Mhac Fíodóir, den Söhnen des Webers. Dasselbe Zeichen glänzte bereits auf Marios Körper. Silvio tunkte seine Finger noch einmal in die Farbe und malte sich einen Halbkreis auf die Stirn. Dies war das Symbol des Mondes, in dem er geboren war.
Mit einem wohlwollenden Lächeln nahm Sorcha die Schale wieder an sich. Auf ihrer Stirn glänzte ein voller, kreisrunder Punkt, denn die alte Frau war unter dem Vollmond geboren.
Auf die Oberkörper der beiden Frauen hatte Sorcha das Zeichen ihrer eigenen Sippe gemalt. Es zeigte eine stilisierte Schriftrolle mit einem beinahe vollem Mond darin und stand für die Mhac Finscéal, die Söhne der Legende.
Sorcha stellte die Schale mit der Farbe neben sich und klaubte einige gehackte Kräuter und Pilze aus einem Tuch. Sie begann zu singen, während sie die Pflanzen in das heiße Wasser rieseln ließ. Ihrer kraftvollen Stimme merkte man das Alter nicht an. Schon nach den ersten Tönen fielen Silvio, Mario und Lillianna in das Gebet an die Geister und Ahnen ein.
Zu allererst baten sie Gealach, die Göttin des Mondes, um Schutz und Beistand während des Rituals, denn sie hatte großen Einfluss im Scáth, der Geisterwelt. Den zweite Vers des rhythmischen Gesangs widmeten sie Gaia, der Mutter Erde, für die sie mit jedem Atemzug kämpften. Den dritten Abschnitt sang die Alte allein und rief die Seelen ihrer Ahnen, den Mhac Finscéal, zur Unterstützung. Ohne im Klang inne zu halten, wiederholte Silvio diese Strophe beinahe wortgetreu und rief die Seelen der Mhac Fíodóir.
Die Älteste fiel in einen Sprechgesang, während die Übrigen im Kreis summend die Melodie dazu angaben. Sorcha hob die Tonschale mit beiden Händen und reichte sie ihrer Tochter. Lillianna nahm sie ebenso entgegen, trank einen Schluck und gab das Gefäß Silvio. Dieser beließ die warme Flüssigkeit einen Moment im Mund, genoss das würzige Aroma, ehe der Sud seine Kehle hinab rann und er das Gebräu Mario anbot. Zuletzt trank Sorcha und die Melodie der anderen verklang.
Stille hüllte sie ein.
Erst als die Schale wieder in der Mitte des Kreises stand, stimmten die Vier den Gesang von neuem an. Sorcha holte den warmen Stein aus dem Sud und zerrieb mit ihm die aufgeweichten Kräuter und Pilze. Das würzige Aroma, das Silvio noch schmeckte, kitzelte ihn nun auch in der Nase.
Sorcha verrührte den Brei mit der Hand, nahm eine großzügige Portion und malte damit das Symbol des Lebens auf den rundlichen Bauch ihrer Tochter. Lillianna war im sechsten Monat schwanger und dieses Ritual hielten sie für ihr Kind ab.
Die Älteste rieb ihre Hände aneinander und hielt sie dann über die Schale, als wollte sie ihre Glieder wärmen. Eine Kugel aus Glut entstand zwischen ihren Handflächen. Das Summen der drei Jüngeren verwandelte sich offene Töne, ohne dass sie Worte aussprachen. Der Glutball schwebte zwischen Sorchas Händen. Als sie diese zurückzog, fiel das Licht in die Kräuterbrühe. Wasser zischte auf. Rauch umfing die Kugel, verschlang sie und suchte seinen Weg nach oben in den Nebel. Die Melodie verstummte auf ihrem Höhepunkt. Vier paar Augen fixierten die Schale, in welcher der Kräutersud kochte. Die Glutkugel schmolz langsam dahin und ließ neuen Rauch aufsteigen.
„Wir bitten heute für ungeborenes Leben.“ Sorcha lächelte Lillianna aufmunternd zu, ehe ihre grünen Augen nacheinander die Gesichter der beiden Männer erfassten. „Wir bitten die Geister um Rat und um Weisung.“ Silvio vermochte sie durch den Rauch, der weiterhin der Schale entsprang, kaum zu sehen, doch ihre Stimme drang klar an seine Ohren. „Lillianna“, die Älteste griff nach der Hand ihrer Tochter, „du trägst das Kind in dir. Dir gehört die erste Frage.“
Lillianna atmete tief durch, sah alle der Reihe nach an und sagte dann mit leiser Stimme: „Gealach, Herrin des Mondes, bitte sage mir, wird mein Kind gesund sein?“
Silvio warf einen kurzen Blick auf seine Schwägerin und betrachtete sodann die rauchende Schale. Es war die typische Frage einer werdenden Mutter. Sicher hatten die Geister, hatte Gealach, sie unzählige Male gehört. Noch während der Schwarzhaarige darüber nachdachte, veränderte sich der formlose Qualm. Er nahm Gestalt an, wuchs in einer schmalen Säule empor und verdichtete sich in Augenhöhe der Sitzenden, bis er eine flackernde Kerze bildete.
„Das ist nicht möglich“, hauchte Mario. Er war das erste Mal bei einem solchen Ritual anwesend und im Allgemeinen sehr skeptisch eingestellt. Hätten nicht Sorcha und Silvio darauf bestanden, er hätte sich gegen den Ritus ausgesprochen. Lilliannas Augen, die so grün waren, wie die ihrer Mutter, leuchteten vor Glück und Erleichterung. Da blies ein Wind durch den Kreis. Die Flamme aus Rauch flackerte auf und erlosch. Zurück blieb die Säule und eine feine Rauchfahne, die sich ihren Weg nach oben in den Nebel suchte.
Marios Augen wurden groß. Instinktiv griff sich Lillianna an den runden Bauch und selbst auf Sorchas Gesicht zeichnete sich Sorge ab.
„Was bedeutet das?“, fragte die werdende Mutter atemlos. „Mutter, was bedeutet das?“
Alle Blicke ruhten auf der Ältesten, die weiterhin angestrengt die qualmende Schale fixierte. Silvios Augen weiteten sich, als ein neuer, dunklerer Rauchstoß die Säule emporschoss, den schmalen Docht umschloss und als neue Flamme ruhig auf der Kerze saß.
Ganz langsam drängte weiterer Rauch nach oben und umschlang das Bild der brennenden Kerze.
„Mutter?“
Die Furchen auf der Stirn der Ältesten glätteten sich. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Gealach gab dir Antwort, meine Tochter. Dein Kind wird gesund auf die Welt kommen. Doch es wird von Gefahren umgeben. Eines Tages wird der Tod an seiner Seite stehen und nach ihm greifen. Doch dein Kind wird stark sein und den Tod besiegen.“
Die Erleichterung der werdenden Eltern war spürbar. Silvio tastete nach ihren Händen und drückte sie, zum Zeichen, dass er immer an ihrer Seite wäre.
„Mario, dein Kind wird geboren, du wirst sein Vater. Die nächste Frage gehört dir.“ Auffordernd nickte Sorcha ihrem Schwiegersohn zu. Silvio vermochte ein Schmunzeln nicht zu unterdrücken, denn er ahnte, welche Frage seinem Bruder auf dem Herzen lag.
„Gealach, bitte sage uns, werde ich einen Sohn haben?“
Das war seit Wochen ein heißer Diskussionspunkt, denn Mario sprach immerzu von seinem Sohn. Wenn Lillianna es hörte, hielt sie ihm fortlaufend vor, er könne nicht wissen, dass er einen Jungen bekäme und über eine Tochter freute er sich sicherlich ebenso.
Der Qualm in der Schale wallte abermals auf und schoss in die Höhe. Er verdichtete sich, doch ehe die Sitzenden ein Symbol erkennen konnten, flog eine Gestalt im Rauch hinab.
Silvio ruckte mit dem Kopf hoch. Aus den Augenwinkeln sah er eine Klinge aufblitzen. Da traf ihn etwas hart am Schädel und es wurde dunkel um ihn.
Eine Frau schrie in schmerzhafter Qual. Sie keuchte atemlos und schrie erneut auf.
„Lillianna?“ Silvio versuchte die Augen zu öffnen, doch es gelang ihm nicht. Seine Lider waren schwer wie Blei und immer wieder griff Düsternis nach dem Geist des Mannes.
„Lillianna.“ Der Name der Schwägerin kam nur mühsam genuschelt über seine Lippen. Die Schreie schwollen an. Sie übertönten beinahe diese andere Frauenstimme, die beruhigend und eindringlich sprach. Er versuchte zu verstehen, was die Frau sagte, doch es wollte ihm nicht gelingen. Irgendetwas an den Stimmen war nicht richtig. Mit aller Macht versuchte Silvio an diesem Gedanken fest zu halten. Für einen kurzen Moment überwältigte ihn das Gefühl von Gefahr. Panisches Kreischen mischten sich in die Stimmen der Frauen. Jemand rief seinen Namen. Silvio roch Blut und Angst. Doch ehe eine Welle von Adrenalin durch seinen Körper schwemmte und ihn begreifen ließ, erkannte er ein anderes Geräusch.
Es war der helle, erste Schrei eines Neugeborenen. Der Paese hob träge eine Hand und fasste sich an den schmerzenden Schädel. Dieser Laut war so falsch. Er passte nicht in das Hier und Jetzt. Und zugleich war der Schrei des Erben alles, was zählte. Mit jeder Faser seines Körpers spürte Silvio die Kraft des Kindes. Sie erfüllte ihn mit Hoffnung und Wärme.
Wind kam auf und mit ihm ein Flüstern, das kaum zu verstehen war und dennoch die schrille Stimme des Säuglings übertönte:
„Ein Kind wird geboren von mehr als zwei Stämmen. Gesucht von mehr als zwei Seiten, lebt es in mehr als einer Welt. Gelehrt von mehr als einem Wesen, wird es geplagt von mehr als zwei Stimmen. Gejagt von mehr als zwei Feinden wird es einmal Frieden bringen.“
„Silvio!“ Der Ruf, so schrill, dass er in den Ohren schmerzte und den flüsternden Wind mühelos vertrieb, ließ den Mann endlich die nötige Kraft finden. Er zwang seine Augen auf und erkannte blitzendes Silber. Sein kampferprobter Körper reagierte instinktiv. Er rollte sich zur Seite und stieß zugleich den rechten Fuß kraftvoll in den Bauch des Angreifers. Erst als Silvio den Widerstand spürte, war er auch geistig wieder da. Er drehte sich auf dem Boden, entging der nieder sausenden Klinge dabei um haaresbreite. Noch einmal trat er nach seinem Gegner, traf dessen Knie und brachte ihn zu Fall. Der Paese rammte ihm die Faust in die Nieren, umfasste mit seiner freien die Waffenhand des anderen und schlug sie so oft wuchtig auf den Boden, dass dieser den Säbel losließ. Silvio verpasste der hässlichen Fratze des Kerls einen Schlag, der ihn ins Reich der Träume schickte, und rappelte sich auf. Seine blauen Augen flogen herum und erfassten die Situation in Sekundenschnelle.
Sorcha hatte sich verwandelt und nahm es gleich mit zwei Angreifern auf. Marios Brust war Blut verschmiert. Er hatte sich schützend vor seine Frau gestellt und versuchte mit bloßen Händen seinen bewaffneten Gegner abzuwehren. Der Anblick erweckte die Bestie in Silvio. Er sprang auf und war mit zwei schnellen Sätzen bei dem Schwertschwinger. Noch während der Bewegung wechselte er die Gestalt. Knochen verschoben sich knirschend und Muskeln wuchsen. Silvio traf sein Ziel mit solcher Wucht, dass der Kerl schwankend zu Boden fiel. Er verwandelte sich weiter. Haare wuchsen auf seinen Armen und schwollen zu einer Felldecke an. Er rammte dem Liegenden seine Hand in den Bauch und traf mit Klauen, die aus seinen Fingern brachen. Sein Opfer heulte vor Schmerz auf, doch Silvio kümmerte sich nicht weiter darum. Erst musste er Mario und Lillianna in Sicherheit bringen.
Er rappelte sich auf und stapfte auf die beiden Menschen zu, die nackt und zitternd auf dem Boden lagen. In ihren Augen stand Panik, als Silvio, nun vollständig bedeckt mit Fell, mit Klauen statt Händen und mit einer Wolfsfratze statt seines Gesichts, über ihnen aufragte.
Seine Wolfsohren zuckten. Das Geräusch, als der Angreifer die feuchte Luft in seine Lungen saugte, um seine Muskeln anzuspannen, sich für einen Aufprall zu wappnen, verriet dessen Unerfahrenheit. Eine Klinge sirrte durch den Nebel. Silvio neigte sich über Lillianna, wich dadurch der Waffe aus und stieß zugleich ein Bein nach hinten. Sein Kontrahent brach den Angriff keuchend ab. Der Paese sah sich nicht länger nach ihm um, umfasste stattdessen die beiden Menschen mit seinen behaarten Armen. Bei dem nächsten Schritt konzentrierte er sich auf die reale Welt. Mario und Lillianna keuchten auf, als die Kälte zwischen den Welten sie wie Eis umschloss. Dann fielen sie auf den Lehmboden in Sorchas Hütte.
Silvio achtete darauf, dass sie einigermaßen sanft landeten, doch weiter konnte er keine Rücksicht nehmen. Er ließ sie los, deutete auf die Tür und betete, dass die Beiden ihn verstanden und gehorchten.
Die reale Welt war nur eine trügerische Sicherheit für Mario und Lillianna. Von den Leuten draußen ließen sich die Angreifer vermutlich mehr abhalten, als von der Kälte zwischen den Sphären.
Ohne eine weiteren Blick auf den Bruder und die Schwägerin stemmte sich Silvio hoch. Mit drei Schritten durchquerte er nicht nur den Raum, sondern auch von Neuem die Barriere zum Scáth. Kaum das er im Nebel stand, sah er sich suchend nach Sorcha um.
Die Älteste kämpfte immer noch mit zwei Angreifern zu gleich. Es handelte sich um Bestien, halb Wölfe und halb Menschen. Sie boten eine erschreckende Ähnlichkeit zu der wölfischen Gestalt des Paesen. Zwei weitere riesige Kreaturen lagen besiegt am Boden.
Silvio eilte der Ahnin zu Hilfe. Ihr Fell glänzte dunkel und war zu Büscheln verklebt. An ihrer Hüfte hing es gar in Fetzen herab. Kein Laut des Schmerzes erklang von ihr, doch sie atmete rasselnd und keuchend, während sie sich erneut auf ihren Gegner stürzte. Dies erfüllte Silvio mit mehr Furcht, als jeder Schmerzensschrei es vermocht hätte.
Er drängte seine Sorge fort, schob sie zur Seite und verwandelte sie in blanke Wut. Mit dem Schrei eines Berserkers sprang er einen der Feinde an. Dieser taumelte, fiel gegen die verletzte Älteste und zog sie mit. Zu dritt rollten sie durch den Nebel; ein Knäuel aus Muskeln, Zähnen und Klauen. Silvio brüllte auf, als die Klinge des Angreifers seinen Arm traf. Es war nur ein kleiner Schnitt, doch das Silber fraß sich in seine Haut und erlahmte die Muskeln. Er biss zu ohne darauf zu achten wohin und traf die Schulter. Der Feind keuchte auf, als Silvio mit seinen wölfischen Fängen am Fleisch riss. Es musste ein unerfahrener Kämpfer sein, denn der Schmerz raubte ihm so viel seiner Kraft, dass Silvio ihn auf den Rücken warf. Rasch war er über ihm, langte mit der Pranke nach der Kehle des Unterlegenen und ließ ihm keine Gelegenheit zur Kapitulation. Es gab keinen Schrei mehr, nur ein gurgelndes Röcheln. Der Körper zuckte unter Silvio und lag dann still. Angewidert warf der Krieger die Sehnen in seiner Klaue fort und drehte sich nach Sorcha um.
Trotz der Verletzungen hielt die Alte ihren Gegner immer noch in Schach. Doch nun, nachdem der Angreifer registrierte, dass er der Letzte war, stieß er ein helles Heulen aus. Sorcha setzte ihm nach. Ihre Kiefer schnappten ins Leere, als der Körper der Bestie verschwamm und in die Tiefen der Geisterwelt floh. Alarmiert sah sich Silvio nach den bewusstlosen Widersachern um.
‚Wir hätten sie töten sollen‘, dachte der Krieger beschämt, als diese ebenso verschwanden, wie der erste. Er verdrängte die Gedanken an das, was hätte getan werden müssen und konzentrierte sich auf die Ahnin. Seine Stimme klang ebenso rau wie besorgt, als er sich erkundigte: „Bist du in Ordnung?“
Sorcha verwandelte sich bereits zurück. Das cremefarbene Fell, in dem vom Alter silbrig weiße Streifen schimmerten, schwand und machte ihrem wallenden, blondem Haar Platz. Die tiefen Risse im Pelz wuchsen mit der Haut zusammen, bis nicht mehr als blutverschmierte Striemen übrigen blieben.
„Nur ein paar Kratzer“, kommentierte sie. Herrisch deutete sie mit dem Kopf auf den toten Angreifer. „Kümmere dich um den. Ich werde nach den Kindern sehen.“ Sie verschwand mit dem nächsten Schritt aus dem Créscáth, ohne dass sie Silvios Nicken sah.
Der Krieger verwandelte sich zurück in seine menschliche Gestalt, während er sich neben den Toten hockte. Seine blauen Augen wanderten aufmerksam über die haarige Bestie.
Er war ein Recke der Mondgöttin Gealach, halb Mensch und halb Wolf. Am Anbeginn der Zeit hatte die Göttin den Menschen zum Wolf gelegt und ihren Silberschein in die Zusammenkunft gegeben. Auf diese Weise waren die Faolchú entstanden, machtvolle Kämpfer zwischen den Welten. Ihre Aufgabe war der Schutz Gaias, der Mutter Erde und Schwester der Mondgöttin, vor finsteren Mächten.
Silvio betastete den Leichnam und untersuchte ihn gründlich. Er hoffte einen Hinweis, auf die Abstammung des Kriegers, zu finden. Es gab viele Sippen unter Gealachs Streitern. Vor Dekaden waren sie Eins gewesen, hatten nebeneinander gekämpft, gelebt und geliebt. Doch in der Zeit, als der Llyngyr, das Böse, in die Herzen der Menschen gekrochen war, hatte es auch die menschliche Seite der Menschwölfe getroffen. Sie wurden herrschsüchtig, eigensinnig und eitel. Jeder sah einen Konkurrenten in seinem Gegenüber und bald galt das erste Gesetz nicht mehr, das besagte, kein Faolchú dürfe einen anderen töten. Statt Mutter Gaia zu schützen, bekämpften die Krieger des Mondes sich gegenseitig - bis Gealach ein Machtwort sprach. Darauf vereinigten sie sich zu Sippen und änderten das Gebot. Kein Faolchú einer Sippe durfte einen Gleichgesinnten töten.
Silvio war überzeugt, dass die Bestie weder zu den Mhac Fíodóir noch zu den Mac Finscéal gehörte. Er fand allerdings keinen Hinweis auf eine andere Sippe. Lediglich die rituelle Narbe, die jeden erwachsenen Menschwolf kennzeichnete, entdeckte er. Da er keine weiteren alten Kampfspuren fand, war sein Angreifer ein sehr junger, oder wenigstens unerfahrener, Artgenosse gewesen.
Er überlegte, ob er mit dem Geist des Gerichteten reden sollte. Manchmal sprachen die Toten in einem letzten Anflug von Reue zu ihren Richtern. Der Paese zweifelte jedoch an seinen magischen Fähigkeiten. Seine Talente lagen ganz eindeutig auf anderen Gebieten. Er kannte lediglich den Ritus, der die Seele aus dem Körper befreite, damit sie zu ihren Ahnen zurückkehren konnte. Die Technik, den Geist zu binden, ihn am gehen zu hindern und Fragen zu stellen, war Silvio fremd. Er schloss die Augen, atmete tief durch und sammelte die Energie Gealachs in sich. Als er die Lider hob, murmelte er beschwörende Worte aus der alten Sprache der Faolchú. Dabei legte er seine Hand erst auf das Herz des toten Kriegers, führte sie dann zu dessen Stirn, betastete jedes Seelenfenster und hielt über seinem Mund inne. Als er die Hand wegzog, leuchtete der Körper. Atemlos beobachtete Silvio, wie sich die Seele vom Fleisch löste, wie sie sich aufsetzte und den Paesen ansah. Die Augen schimmerten unwirklich in weiß und grau mit einer strahlenden, goldenen Iris. Silvio keuchte erschrocken auf, als der Geist in sein Innerstes sah. Er fühlte sich nackt, durchleuchtet und glaubte, seine Gedanken und Gefühle lägen offen vor der Gestalt aus dem Äther. Die Stimme der Erscheinung klang wie trockenes Laub im Herbst. Obwohl sie nicht lauter als ein Flüstern war, ging sie durch Mark und Bein.
„Der rechte Weg ist dir noch verschlossen, mein Richter, doch eines Tages wirst du mich verstehen.“
Hätte ein lebender Faolchú auf diese Weise ein Gespräch angefangen, hätte Silvio ihn zurechtgewiesen. Die Höflichkeit erforderte eine Vorstellung, ehe man ein weiteres Wort an sein Gegenüber richtete. Allerdings nahm der Paese nicht an, dass dies bei der Seele eines Getöteten viel Sinn machte. Er ließ nicht auf dieses Niveau herab, sah sein Opfer mit erhobenem Kopf an und sagte: „Ich bin Silvio di Natichio, Moltóir und Mhac Fíodóir.“
Der Geist lächelte, während er in die Höhe schwebte. Silvio stand ebenso auf, nur um nicht unter seinem einstigen Gegner zuknien.
„Ich weiß wer du bist. Du bist der Wächter des Auserwählten. Dein Name steht auf der Liste der Toten. Du wirst den rechten Weg noch sehen.“ Mit einem Lachen, das noch kälter war als das Eis des Nordens, stieg die Seele hinauf.
„Warte!“, rief Silvio ihr nach. „Was soll das bedeuten? Wer bist du?“
„Bring meinen Körper in das Reich der Mhac Folaíon“, gab der Geist als Letztes von sich.
Vis Banken, Vlakkeland
Haus von Sorcha O‘Connor
18. Tag des Windumemanoth im Jahre 1143
Später Abend des Mondtages
„Du hast sie aus dem Kreis geschickt, du Narr?“
Silvio, der noch die Kälte zwischen den Welten auf seiner Haut spürte, hatte mit einer anderen Begrüßung gerechnet. Sein Blick huschte von einem Anwesenden zum nächsten. Marios Oberkörper war in einen weißen Leinenverband gehüllt. Der Faolchú witterte die Kräuter darin. Mit einer lockeren Seemannshose bekleidet, saß er in einem groben Holzstuhl, der mit Fellen und Decken gepolstert war. Neben ihm verbreitete der offene Kamin behagliche Wärme. Lillianna reichte ihrem Mann einen Becher mit dampfendem Tee. Ein ärmelloses Unterkleid umspielte ihren Körper, an dem Silvio keine Verletzungen entdeckte. Schließlich sah er die Alte an, die ein ähnliches Gewand wie ihre Tochter trug.
„Sie leben, oder nicht?“, kommentierte er und trat zu dem Stuhl, auf den er vor dem Ritual seine Kleidung abgelegt hatte. Er legte den silbernen Säbel des besiegten Feindes auf den Tisch und zog die Hose an.
Sorcha schnaubte. „Ihnen hätte aber etwas zustoßen können. Solange der Kreis besteht, sind sie sicher. Niemand hätte ihnen irgendwas anhaben können.“
„Dann muss an deinem Kreis im Créscáth irgendetwas falsch gewesen sein, Sorcha-críonna.“ Silvio versuchte, seinen Worten mit der ehrenvollen Anrede der Ältesten ein wenig von der Schärfe zunehmen. Er widersprach der Ahnin nicht gerne, sah sich allerdings im Recht. Immerhin war Mario verletzt und hätten die Angreifer es in die reale Welt geschafft, hätten sie ihn und Lillianna getötet. Ehe die Greisin den Disput fortsetze, mischte sich ihre Tochter ein.
„Hört auf zu streiten, bitte! Wir leben noch und Marios Verletzungen sind, Gealach sei Dank, nicht so schlimm.“
Nun schnaubte Silvio, der stets um seinen Bruder besorgt war. Mario war nur ein Gaolta, ein Verwandter, kein Faolchú wie Silvio und Sorcha. Seine Wunden heilten so schlecht wie bei jedem anderen Menschen. Doch auf den fragenden Blick winkte der Bärtige ab und meinte: „Nur ein paar Kratzer. Es sah ernster aus als es ist. Sag mir lieber, was mit deinem Arm ist.“
Mit gerunzelter Stirn betrachtete Silvio seinen rechten Arm. Auf den ersten Blick war dieser kleine Schnitt nur halb so gefährlich, wie Marios aufgerissene Brust. Der Bruder war ja jedoch gewöhnt, dass die Wunden eines Faolchús innerhalb weniger Minuten heilten.
„Er hat mich damit getroffen“, beantwortete Silvio die Frage und deutete auf die Waffe des Feindes. Die Spur des Silbersäbels brannte unangenehm und blutete unentwegt, wenn auch nicht sehr stark.
Sorcha trat mit einem Tuch und ihrer Kräuterschale hinzu. Mit strenger Miene wies sie auf einen weiteren mit Fellen gepolsterten Stuhl. „Setz dich und lass mich das ansehen. Und erzähle und endlich, was du herausgefunden hast. Lillianna, brüh ihm auch einen Tee auf.“
Die Jüngeren gehorchten. Silvio überlegte kurz, ehe er mit bedauernder Stimme erklärte: „Viel habe ich nicht erfahren. Der eine, den ich erwischt habe, war ein Mhac Folaíon, die anderen vermutlich ebenso. Die Folaíon kämpfen nur selten gemeinsam mit fremden Sippen.“
„Warum haben sie uns überhaupt angegriffen“, fragte Lillianna, während sie ihrem Schwager einen dampfenden Becher reichte.
„Die Mhac Folaíon und die Mhac Fíodóir waren noch niemals Freunde“, entgegnete dieser. „Sie paaren sich nicht mit Menschen. Die Art, wie wir den Fortschritt und die Städte verehren, bezeichnen sie als Verrat an Gaia. Wenn sie könnten, wie sie wollten - autsch!“ Silvio zuckte zusammen und sah Sorcha vorwurfsvoll an, die seine Wunde nicht eben behutsam behandelte. Die Alte verzog keine Miene und meinte gleichmütig: „Du bist ein Krieger Gealachs, stell dich nicht so an.“
„Ich glaube nicht, dass sie hinter dir oder mir her waren“, warf Mario ein. Ungeachtet des besorgten Blicks seiner Frau erhob er sich vorsichtig. Wenn der Bärtige nachdachte, saß er niemals still. Man müsste ihm schon ein Bein abhacken, damit er nicht hin und her lief wie ein Wolf in einem Käfig. „Sie haben Lillianna angegriffen und sie wirkten ziemlich überrascht, dass sie geradewegs auf dich drauf gefallen sind.“
Silvio senkte den Kopf und betrachtete den warmen Tee in seiner Hand. Es nagte an ihm, dass er gleich zu Beginn des Kampfes das Bewusstsein verloren hatte. Er dachte an die Worte des Mhac Folaíon und bekam nur mit halben Ohr Lilliannas Einwürfe mit. ‚Wächter des Auserwählten‘ hatte der Geist des Kriegers ihn genannt. Das raue Flüstern klang in seinen Ohren wieder: ‚Dein Name steht auf der Liste der Toten.‘ Ein Frösteln durchfuhr den Paesen. Er fürchtete sich nicht zu sterben, doch diese Worte verkürzten seine Lebenszeit von vielen Jahren auf - was? Ein paar Monate, Wochen oder Tage? Er war das Ziel gewesen, nicht Lillianna. Obwohl -. Die blauen Augen des Kriegers blieben an dem gewölbten Bauch der Schwägerin hängen. In seinen Gedanken hörte er den Schrei des Neugeborenen und das Wispern einer Frau.
„Silvio?“ Sorchas warme Hand an seiner Wange und ihre sanfte Stimme holte ihn zurück in die Gegenwart. Aus ihren Augen sprachen die Güte und Besorgnis einer Mutter und eine Frage, die ihre Lippen nicht verließ. Der Paese schüttelte den Kopf. Er konnte weder von dem Geist noch von der Frauenstimme erzählen, nicht so lange die beiden Gaolta dabei standen. ‚Wächter des Auserwählten.‘
Silvio atmete tief durch, stellte den Becher auf den Tisch und erhob sich. Sorcha betrachtete ihn zwar prüfend, ließ ihn aber gewähren, als Silvio nach seinem Hemd und den Stiefeln griff.
„Wo willst du hin?“, fragte stattdessen die Tochter der Ältesten.
„Zum Schiff. Wir werden morgen früh wie geplant auslaufen.“ Silvio wich dem Blick seiner Schwägerin aus, während er sich anzog.
Lillianna öffnete protestierend den Mund, doch Mario schloss sie beruhigend, zugleich bestimmend in die Arme. „Er hat Recht. Wenn wir länger warten, friert der Kanal zu und du überredest mich, eine weitere Saison zu bleiben. Wir müssen zurück, mein Schatz.“
„Aber das Ritual“, wand Lillianna zögernd ein. Hilfe suchend blieb ihr Blick an der Mutter hängen. Die schüttelte jedoch den Kopf. „Gealach hat entschieden, dass dein Kind keinen Ritus braucht, um ins Leben zu finden.“
Silvio hüllte sich in seinen warmen Mantel und trat zur Tür. Mit einem Blick zurück und einem beruhigenden Lächeln auf den Lippen riet er: „Ruht euch heute Nacht aus. Mit dem Morgengrauen hole ich euch ab.“ Dann verschwand er in der windigen Herbstnacht.
Créscáth: wörtl.: Erdschatten; sprich: KREHsskah; Das Geisterreich, das man immer als erstes betritt, wenn man von der realen Welt in die Geisterwelt reist.
críonna: wörtl.: weise; sprich: KRIHnja; Eine Ehrenbezeichnung für ältere oder hochgestellte Faolchú. Sie wird an den Namen angehängt. (Sorcha-críonna)
Eyrén: sprich: eirEHN; Weibliche Angehörige des Landes Eyré.
Eyré: sprich: eirEH; 1. Das westlichste Land des Kontinents Mennenerr. Es grenzt an Kaldur und wird von drei Seiten von Meeren (Eismeer, Lointain-Kanal) umschlossen. 2. Männliche Angehörige des Landes Eyré.
Faolchú: wörtl.: Wolfskrieger; sprich: faulchUH; Ein wölfischer Gestaltwandler, Diener der Mondgöttin und Beschützer der Erde.
Fionn Taibhse: wörtl.: webender Geist; sprich: fihnj TAHWsse; Geister, die strukturlose Materie zu festen Gegenständen binden.
Gaia: sprich: GAja; Die personifizierte Erde oder Göttin der Erde.
Gaolta: wörtl.: Verwandter; sprich: KAULta; Verwandte der Faolchú, die sich nicht verwandeln können.
Gealach: wörtl.: Mond; sprich: chjalACH; Göttin des Mondes und Schutzpatronin der Faolchú.
Lillianna di Natichio: sprich: lilJANNah di naTItschio; eine Gaolta, Tochter von Sorcha und Ehefrau von Mario. Sie ist in Eyré geboren, lebt aber seit ihrer Kindheit in Vlakkeland.
Llyngyr: wörtl.: böse; sprich: LJINGir; Die Verkörperung des Bösen.
Mario di Natichio: sprich naTItschio; ein Gaolta, Ehemann von Lillianna und Bruder von Silvio. Er ist gebürtiger Paese.
Mhac Finscéal: wörtl.: Söhne der Legende; sprich: mak finssKEHal; Eine Sippe der Faolchú, die bekannt für ihre Lieder- und Legendensammlung ist.
Mhac Fíodóir: wörtl.: Söhne des Webers; sprich: mak FIHtohr; Eine Sippe der Faolchú, die für ihre Nachsicht gegenüber den Menschen bekannt ist.
Mhac Folaíon: Söhne des reinen Blutes; sprich: mak foLAHon; Eine Sippe der Faolchú, die für ihren Fanatismus und ihren Hass auf die Menschen bekannt ist.
Moltóir: wörtl.: Richter; sprich: molTOHR; Ein Faolchú, der unter dem Halbmond geboren ist.
Mondtag: Der erste Tag der Woche.
Paese: sprich: päs; 1. Das südlichste Königreich des Kontinents Mennenerr. Es grenzt an das Königreich Tartós und ist von drei Seiten von Meeren (Mittleres Meer, Ostbuch, Baragan Kanal) umschlossen. 2. Männliche und weibliche Einwohner des Königreiches Paese.
Scáth: wörtl.: Schatten; sprich: sskAH; Das gesamte Geisterreich.
Silvio di Natichio: sprich: SILwio di naTItschio; Ein Faolchú, der zur Sippe der ‚Söhne des Webers‘ gehört. Er ist unter dem Halbmond geboren und der Bruder von Mario. Er ist gebürtiger Paese.
Sorcha O‘Connor: sprich: SORcha; Eine Ahnin der Faolchú, die zu der Sippe der ‚Söhne der Legende‘ gehört. Sie wurde unter dem Sichelmond geboren und ist die Mutter von Lillianna. Sorcha ist ursprünglich in Eiré geboren, lebt aber seit etlichen Jahren in Vlakkeland.
Vis Banken: Ein ehemaliges Fischerdorf in Vlakkeland, das sich langsam zur Handelsstadt entwickelt. Vis Banken liegt an der Bucht von Vlakkeland.
Vlakkeland: Ein Küstenland des Kontinents Ghesseimuhl. Vlakkeland wird vom Westmeer umspült. In der Bucht von Vlakkeland liegen mehrere Inseln. Das Land grenzt an den Staatenbund Lointain, das Land Mid und das Königreich Tires.
Windumemanoth: wörtl.: Weinmonat; Der zehnte Monat im Jahr gehört zur Herbstzeit.
Sunnypluesch Re: - Zitat: (Original von Damballa am 13.05.2010 - 14:13 Uhr) Sehr Spannend freue mich auf die Fortsetzung =) Grüßchen Carmen Vielen Dank! *verneig* Bis 4 sind die Kapitel schon hier. Schau vielleicht mal über mein Profil. ;-) |
Sunnypluesch Re: Bravo! - Zitat: (Original von Mythologia am 13.05.2010 - 14:03 Uhr) *klatsch* Echt super! Ich hoffe es gibt eine Fortsetzung? Vielen Dank! *verneig* Bis 4 sind die Kapitel schon hier. Schau vielleicht mal über mein Profil. ;-) |
Mythologia Bravo! - *klatsch* Echt super! Ich hoffe es gibt eine Fortsetzung? |
Sunnypluesch Re: - Zitat: (Original von Loy1984 am 09.04.2010 - 13:10 Uhr) Die Story find ich richtig klasse, zumindest was ich bisher gelesen hab. Ich wette der Rest wird mich positiv überraschen Hallo Loy, vielen Dank für deinen Kommentar und fürs Lesen. ;-) Ich geb mir Mühe, dass es spannend bleibt. lG Sunny |
Sunnypluesch Re: Re: Re: - Zitat: (Original von Kenshin am 06.04.2010 - 21:47 Uhr) Zitat: (Original von Sunnypluesch am 06.04.2010 - 21:38 Uhr) Zitat: (Original von Kenshin am 05.04.2010 - 14:45 Uhr) Sehr gut beschrieben, man kann sich alles gut vorstellen, auch die Geisterwelt hast du gut erklärt. Klingt wie der anfang eines riesen Romans da sich gleich am Anfang tausende von Fragen anbahnen ( hoffe mal das du einen guten Bergführer findest der dir beim überqueren/beenden der Geschichte hilft^^ ) Muss ehrlich sagen das ich erst nach den ersten 15 Seiten alle Namen mit den richtigen Personen verbinden konnte und mit den Stämmen wird es wohl noch etwas länger dauern... Aber die Geistererwelt ist auf jeden Fall eine gelungene Idee, die du auch super umgesetzt hast. Bin gespannt wie es weitergeht und was für neue Fragen und erklärungen du dir für den nächsten Teil einfallen lässt. Alles in allem gut geschrieben, jetzt musst du das Niveau nur noch halten wenn in jedem Teil so viele Namen auftauchen vielleicht an einem Glossar arbeiten... ( kleiner Scherz^^) Lg Kenshin Huhu Kenshin, vielen Dank für deinen Kommentar. Du has Recht, es handelt sich tatsächlich um das erste Kapitel einer ganzen Buchreihe. Ich arbeite tatsächlich an einem Lexikon und einem Personenverzeichnis. Eigentlich wollte ich es erst bei der Gesamtfassung zufügen, aber vielleicht sollte ich es doch schon zu den einzelnen Kapiteln packen. Sind immerhin einige fremde Worte. Ich denk mal drüber nach. Falls ich deinen Ansprüchen nicht mehr gerecht werde, beschwer dich ruhig. ;-) Die Kapitel 2 bis 4 sind ebenfalls schon vollständig online. lG Sunny hab ich gesehen, aber da die alle ganu schön lang sind habe ich mir im Moment noch nicht die Zeit für ein weiteres Kapitel gönnen können^^ Macht nix, bloß keinen Stress. |