Biografien & Erinnerungen
Gott ist immer bei dir

0
"Gott ist immer bei dir"
Veröffentlicht am 18. Februar 2010, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.
Gott ist immer bei dir

Gott ist immer bei dir

GOTT IST IMMER BEI DIR

Ich lebte so, als würde ich ewig leben.

Ich lebte so, als würde das Glück, meinen Franz an meiner Seite zu haben, ewig währen.

Nicht, dass ich nur jubelnd und freudetrunken durch das Leben gegangen wäre. Ich kannte den Schmerz, ich kannte das Leid. Der Tod war mir vertraut; er hatte mir schon viele liebe Menschen genommen.

Doch Franz und ich?

Wir waren eine Einheit. Wir gehörten zusammen. Einer ohne den anderen war schlichtweg unvorstellbar. Sowohl für andere als erst recht für uns selbst.

Hans, der Zwillingsbruder meines Mannes, war schwer erkrankt. Fast zwei  Jahre lang besuchten wir ihn beinahe täglich. Wir sorgten uns um ihn, wir weinten gemeinsam, wenn wir nach Hause kamen, wir sprachen uns gegenseitig Mut und Hoffnung zu.

Dann starb Hans. -  Und in Franz ging eine Veränderung vor.

Es fehle ihm ein Stück, sagte er, er sei nicht mehr ganz. Sie seien Zwillinge gewesen, sie wären gemeinsam gekommen und müssten auch gemeinsam gehen.

„Hansl ruft mich schon“, interpretierte er das Krächzen der Krähen.

 

Und nur sechs Wochen später verließ er mich nach einem kurzen, dramatischen Todeskampf.

Für mich ging die Welt unter. Der Schock, der Schmerz, die Trauer, die Verzweiflung, die Ratlosigkeit ...! Ich fiel und fiel und fiel ...

Ich konnte nur schreien, brüllen, weinen. Ich konnte nichts essen, nicht mehr schlafen.

Die Leere in dem Haus machte mich fast verrückt. Mit wie vielen „e“ schreibt man Leere eigentlich? Ich glaube, es müssen hundert sein. Stundenlang hockte ich regungslos am Küchentisch und starrte einfach nur vor mich hin. Oder heulte, heulte, und heulte. Ich war zu nichts fähig, oft nicht einmal, um aufzustehen und zu Bett zu gehen. Das Leben schien mir sinnlos geworden zu sein. Für wen sollte ich aufräumen, einkaufen, kochen? Für wen? Wer sagte „Guten Morgen!“ zu mir? Wem konnte ich eine gute Nacht wünschen und wem schmeckte mein Essen? Wer lobte mich? Worüber sollte ich mir Gedanken machen? Mit wem konnte ich sie austauschen oder wie früher gar zu Papier bringen und Geschichten und Gedichte schreiben? Wer lächelte mir zu und drückte mir in zärtlichem Einverständnis die Hand? Es war so still, so totenstill in unserem Haus. Keine Türe ging auf und niemand trippelte über den Gang. Ich horchte und wartete – aber Franz kam nie wieder zur Türe herein. Alles blieb still und leer.

 

Und dennoch erfuhr ich in jener Zeit etwas unendlich Schönes und Wertvolles.

Ich war überrascht, wie viel Liebe mir zuteil wurde.

Von allen Seiten brachten mir Verwandte, Freunde und Bekannte Anteilnahme, Unterstützung und liebevolle Zuwendung entgegen. Wie ein Schwamm sog ich jedes Wort, jede Geste auf. Ich fühlte mich gehalten, aufgefangen. Die Menschen um mich herum gaben mir die Kraft, diese Zeit durchzustehen. Die Familie kümmerte sich rührend um mich. Meine Tochter blieb tagelang bei mir. Sie dachte für mich, sie handelte für mich, denn ich war in meinem Schmerz gefangen, und unfähig, mich zu irgend etwas aufzuraffen. Freunde standen morgens mit Frühstücksgebäck oder mittags mit Hühnersuppe vor der Tür und bestimmten energisch: „Du musst etwas essen!“ Unser Herr Pfarrer schickte mir tröstlichen Beistand und schenkte mir in einem persönlichen Gespräch Hoffnung und Vertrauen, dass der Herr mir die nötige Kraft zukommen lassen würde.

Staunend nahm ich die fürsorgliche Anteilnahme wahr, nahm sie wie ein Geschenk entgegen. Ein Geschenk, das mich in seiner Größe und Aufrichtigkeit überraschte und das mir Kraft und Zuversicht gab. Ich war sehr dankbar dafür.

 

„Wenn jetzt alle so lieb zu dir sind“, meinte eine Freundin, „so hast du selbst vorher schon viel dafür investiert.“

Über diesen Satz habe ich lange nachgedacht.

In zwischenmenschliche Beziehungen investieren?  Ich weiß schon, was sie meinte, aber für mich klang das so nach Vorsatz, nach Geschäft. Ich war doch niemals lieb oder nett zu Menschen, damit SIE jetzt lieb oder nett zu mir sind, damit ich meine Gefühle quasi zurückerstattet bekomme.

Nein, ich sah darin die Liebe Gottes, sah die Zeichen, mit denen GOTT  mir zeigen wollte, dass ich nicht allein bin,  dass ER da ist und mich hält.

„Jeder Mensch“ - so schreibt Paulo Coelho - „jeder Mensch sollte zwei Sprachen sprechen: diejenige der Allgemeinheit und die Sprache der Zeichen. Erstere dient dazu, mit den Mitmenschen zu kommunizieren, die zweite erlaubt uns zu verstehen, was Gott uns sagen will.“

Gott schickte mir in meinem Schmerz unzählige Zeichen Seiner Liebe und Gnade. Er schickte sie mir in Form von berührenden Situationen, wunderbaren „Zufällen“ und in Form der Zuwendung von Menschen. Auch in vielen guten Gesprächen und liebevollen kleinen Geschenken, die mich trösten und mir Freude bereiten sollten, erkannte ich die Hand  Gottes.

 

Seither sind einige Jahre vergangen. Es tut noch immer weh – und wird wohl immer weh tun – aber langsam fand ich ins Leben zurück. Ich fühlte, dass mir Gott nahe war und mir half, meinen Schmerz und meine Verzweiflung in dankbare Erinnerung umzuwandeln.

 

„Schreibst du noch?“, fragten mich Freunde und Bekannte.

„Nein.“, hatte ich damals gesagt, „da ist nichts mehr.  Ich wüsste nicht, was ich mit einem Blatt Papier und einem Bleistift anfangen  sollte.“

Ich lebte nicht mehr, ich funktionierte.

Ich verspürte keinerlei Bedürfnis zu schreiben, sei es als Therapie, wie mir manche empfahlen, oder aus Freude und Lust am Fabulieren.

Mein Kinder drängten mich, nach Wien zu ziehen,  Im Haus sei gerade eine Wohnung frei geworden.

Wieder eine Fügung Gottes?

Ich wagte den Neubeginn, ich war bereit, zu neuen Ufern aufzubrechen ...

Ich ging nach Wien, in der Nähe meiner Kinder, ich war nicht mehr allein.

Und doch empfand ich die Einsamkeit so groß, weil die Zweisamkeit so groß gewesen war.

Da trat eine Freundin auf den Plan und riet mir, einmal in "mystorys"  hineinzuschauen..

Auch eine Fügung Gottes?

.... Ich begann erst zu lesen, dann  zaghaft zu schreiben  - und entdeckte langsam wieder Freude daran. Mit der Zeit fand ich viele nette Menschen und Freunde hier. Wirkliche, gute Freunde - das ist so schön!  Dafür bin ich sehr, sehr dankbar.  Mein Leben ist wieder reicher und schöner geworden.

 

Und nun habe ich mich nach langen Überlegungen entschlossen, diesen Text zu veröffentlichen, um den Menschen, die meine Texte lesen, zu sagen:

 

„ HABT  MUT  UND  VERTRAUEN!!  SO  SCHLIMM  ES  AUCH  KOMMEN  MAG,  GOTT  LÄSST  DICH  NIE  ALLEIN  UND  LÄSST  DICH  NIEMALS  FALLEN !!

GOTT  IST  IMMER  BEI  DIR!!“

 

 

 

Ingrid Höttinger

http://www.mscdn.de/ms/karten/v_164652.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_164653.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_164654.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_164655.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_164656.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_164657.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_164658.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_164659.png
0

Hörbuch

Über den Autor

mukk
Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.

Leser-Statistik
60

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Annabel Liebe Ingrid, deine Zeilen berühren mich sehr. Der Glaube an Gott ist für mich das, was mir schon so oft geholfen hat. Nicht immer bietet das Leben nur Schönes, auch wenn ich bemüht bin, nur dies zu sehen. Ich wünsche dir alle Kraft der Welt, herzlichst, Annabel
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Liebe Annabel, danke dir allerherzlichst für deinen schönen Kommi. Auch ich wünsche dir Kraft und Liebe in allen Lebenslagen.
Sei ganz, ganz lieb gegrüßt!
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Eine sehr ... -
Zitat: (Original von Salija am 15.04.2010 - 15:05 Uhr) ...bewegende Geschichte.


Durch einen schweren Schicksalsschlag habe ich jedoch an meinem Glauben an das Gute gezweifelt (so auch an der Liebe des Herrn). Es hat lange gedauert bis ich erkannt habe, dass der Herr auch in dieser Zeit immer an meiner Seite war.

Die Geschichte berührt mich sehr.

Lieben Gruß
Ramona


liebe Ramona, verzeih, dass ich dir erst heute antworte - war jetzt kaum im forum, habe mich aber über deine Zeilen sehr gefreut - danke dir.
Diese Zweifel kommen wohl vielen, wenn schlimme Dinge geschehen und man fassungslos nach dem Warum fragt....
Mit ganz lieben Grüßen
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Liebste Ingrid -
Zitat: (Original von timeless am 18.02.2010 - 19:26 Uhr) dieser Text ist dir sicher nicht leichtgefallen und ich glaube auch, dass dir dabei die Tränen geflossen sind, das ist mir ja eben beim lesen schon passiert, wie muss es erst dir gehen, die du diese Liebe gelebt hast.

Danke für das Mut machen.

Ich bewundere dich für die Kraft, die du hast und die du liebevoll weiterreichst.

Ganz liebe Grüße deine Ute


Liebe Ute, das Leben hat viele Lektionen für uns bereit und zwingt uns damit, zu wachsen und zu reifen.
Ich habe lange überlegt, so etwas Persönliches ins forum zu stellen. Vor allem aber wollte ich den Menschen, denen das Schicksal schwere Bürden auferlegt, Mut machen und Hoffnung schenken.
Mit ganz lieben Grüßen und herzlichem Dank
deine Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: -
Zitat: (Original von Luap am 18.02.2010 - 20:00 Uhr) Liebe Ingrid, das ist ein sehr teif gehender Text, der trotz der schweren unt traurigen Erlebnisse die frohe Botschaft unterstreicht, dass Gott uns niemals fallen lässt...

Herzlichen Gruss
Paulchen


Mein liebes Paulchen, ...und gerade in schweren Zeiten wird uns das ganz deutlich bewusst.
Ich danke dir ganz herzlich! Mit den liebsten Grüßen
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Du nennst es Gott! ... -
Zitat: (Original von pekaberlin am 18.02.2010 - 20:12 Uhr) ... Ich nenn es anders!
Aber das, Liebe Ingrid, spielt keine Rolle! Für mich nicht!
Doch diese, wirklich uns alle umarmende Geschichte brachte mich Dir sehr nahe! Ich werde es Dir, an diesem Ort, später mit einem Gedicht erklären, dass ich zwar Gottlos aber nicht ungläubig bin. Ich glaube (noch) an das Gute im Menschen, das Du ohne Zweifel verkörperst!
Und das nächste Mal berlinere ich auch wieder!
Liebe Grüße Peter


Mein lieber Peter, Gott, Schicksal, Universum, Allumfassende Liebe - es gibt viele Namen, jeder nennt es anders. Doch der Kern - an das Gute zu glauben, in Liebe zu handeln und zu leben ist allen gemein.
Danke dir ganz herzlich für deine lieben Worte, habe mich sehr gefreut.
Mit herzlichen Grüßen
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Das -
Zitat: (Original von Volker am 18.02.2010 - 20:29 Uhr) geht zu Herzen. Mit am ausdruckstärksten fand ich die Frage, wie viele e-s das Wort Leere wohl enthält.
Auch ich glaube an Gottes Trost und führende Hand, dennoch wünsche ich mir, vollkommen egoistisch, dass es nicht die Frau an meiner Seite, sondern ich sein möge, den er zuerst abberuft. Ich möchte den Schmerz nicht leiden müssen, den Du ertragan hast, liebe Ingrid.
Aber so Gott will, wird bis dahin noch ein bisschen Zeit vergehen.
Herzliche Grüße
Volker


Hallo, lieber Volker, ich habe mich über deinen Besuch und den schönen Kommi sehr gefreut. Danke dir ganz, ganz herzlich.
Die Leere - ich freue mich, dass du gespürt hast, was ich ausdrücken wollte. Die Leere!
Als ich 36 Jahre alt war, verlor ich meinen ersten Mann (Krebs), aber da waren zwei Kinder - ich musste weiterleben, ich musste in die Zukunft schauen und das Leben nun allein bewältigen.
Als Franz starb, war nichts mehr - da war nur noch diese Leere - im Haus, um mich, in mir ....
Danke dir und sei lieb gegrüßt
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Es ist schön ... -
Zitat: (Original von Gunda am 18.02.2010 - 21:41 Uhr) ... liebe Ingrid, dass du deinen Glauben - der ja wohl auch schon vor dem Tod deines Mannes groß gewesen sein muss - nicht verloren hast, als du deinen Franz verlorst. Wie leicht ist man in einer solchen Situation versucht, mit Gott und seinem Glauben zu hadern.

Es ist ein sehr anrührender Text, wie du ja wohl auch den diversen KOmmentaren entnehmen konntest. Ein Text, bei dem jedem, der einen nahestehenden Menschen verloren hat, ein Tränchen im Augenwinkel brennt ...

Lieben Gruß
Gunda




Danke dir herzlich, liebe Gunda, habe dir eine PN geschickt.
Mit den liebsten Grüßen
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: du -
Zitat: (Original von Rajymbek am 19.02.2010 - 08:15 Uhr) hast ihn behalten und ich habe ihn vor Jahren erst gefunden... Glaube ist wichtig, denn er bringt Beständigkeit in unser Leben.

VLG Roland


Lieber Roland, danke dir herzlich! Ich habe ihn nicht nur behalten, sondern er ist intensiver, größer geworden. Ich fühlte mich nie zuvor so in Gottes Liebe geborgen als in dieser schweren Zeit.
Mit lieben Grüßen
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
21
0
Senden

31126
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung