…
Jeff: „Du musstest ja unbedingt den Kerzenhalter stehlen!“
Scank: „Ach, komm, nun gib nicht mir allein die Schuld! Wem war es denn zu lästig, die brennende Kerze vom Kerzenhalter ab zu machen, sodass das Fass Schwarzpulver in Brand gesetzt wurde, was dem Ganzen den letzten Pfiff gegeben hat!?“
Jeff: „Nur, weil du mich geschubst hast!“
Scank: „Habe ich gar nicht! Ich bin gestolpert! Das kann jedem Mal passieren!“
Jeff: „Ja, aber nur so ein Dummbeutel wie du sucht in einem offenen Ölfass nach Schätzen und kippt es dabei in Richtung Feuer um…!“
Scank: „Wer hier wohl der Dummbeutel ist! Wo du doch die Tasche mit dem Königsschmuck im Meer verloren hast! So viel Gold!“
Jeff: „Na, wenn ein Schiff in zwei Teile zerbricht, habe ich reichlich Besseres zu tun als das Hab und Gut anderer an mich zu klammern!“
Scank: „Ach, bitte, so langsam wie es gesunken ist, hätten wir noch jedermanns Taschen durchsuchen können, ehe wir uns hätten um uns selbst kümmern müssen!“
Jeff: „Es ist aber nur auf deiner Seite langsam gesunken! Auf meiner raste das Steuer schon in Richtung Meeresboden, während ich noch verdutzt da stand!“
Scank: „Könnte auch daran liegen, dass du immer alles so spät raffst! So lange, wie du mit offenem Munde da standest, hätte ich dem Piratenkönig persönlich in die Hosen schauen können!“
Jeff: „Ach, als wärest du nicht erstaunt gewesen, dass dieses monströse Schiff in so kurzer Zeit Haifutter war! Außerdem hast du dich keinen Zentimeter an Waltibar herangetraut, als er uns mit dem Diebesgut erwischt hat! Wie hättest du ihm dann in die Hosen schauen können!?“
Scank: „Ach, Waltibar wäre kein Problem für mich gewesen! Den hätte ich in zwei Teile zerteilt mit seinem eigenen, stumpfen Haken an der Hand! Gefürchtet habe ich mich bloß vor dieser hässlichen Frau mit der dicken, schwarzen Warze am Kinn!“
Jeff: „Ach, die hätte doch zu dir gepasst! So ein schmutziges Bürschchen hätte sie sicher gern mal in ihr Stübchen gelassen!“
Scank: „Sag das nochmal!“
Jeff: „He, Scank, lass mich los! Vorsicht! Das Boot schaukelt! Wenn du die Warzenfrau so gern leiden mochtest, wieso hast du sie dann nicht auch mitgehen lassen?“
Scank: „Stimmt, ist schon schade, dass ich sie zurücklassen musste, sonst hätte ich sie mit dir in ein Zimmer gesperrt und mir einen Spaß draus gemacht, was dann passiert wäre! Und aus ihrer Warze hätte ich Warzensuppe gekocht und dir vorgesetzt!“
Jeff: „Mach keine Witze! Das ist ja ekelig! Die Warze hätte auch wohl eher dich verzehrt als andersherum!“
Scank: „Ja, stimmt, so gigantisch war sie! Wie ein kleiner Embryo, den sie auf dem Kinn hin und her schaukelte, um ihn zu beruhigen!“
Jeff: „Wenn du willst, dass ich spucke, mach nur weiter so!“
Scank: „Oh, weißt du, was die Alte tut, damit ihr Warzenbaby spuckt? Sie drückt es einmal ganz kräftig zusammen…!“
Jeff: „Igitt! Jetzt reicht es aber!“
Scank: „Haha! Das wäre doch mal eine Vorstellung wert! Die könnten wir in einem Circus auftreten lassen!“
Jeff: „Und dich gleich mit dazu! Als verwunschener Autorensohn, der sich sein Geld mit ekeligen Geschichtchen und dem Stehlen von armen Waisenkindern verdient!“
Scank: „… Findest du das lustig? Denn das ist es nicht.“
Jeff: „Nein, he, tut mir Leid. War dafür, dass ich und die Warzentante…, du weißt schon.“
Scank: „Ja, ich weiß schon…“
Jeff: „Tut mir ehrlich Leid!“
Scank: „Schon gut, Warzenbändiger!“
Jeff: „He!“
Scank: „Haha…! Oh! Sei mal leise… Hörst du das?“
Jeff: „Dein blödes Kichern? Meeresrauschen? Die Luftblasen des Leichnams der Warzenfrau?“
Scank: „Nein, nein! Sei ganz still!“
Jeff: „Also, ich höre nun wirklich gar nichts!“
Scank: „Einen Moment… du musst ganz ruhig sein!“
Jeff: „Was soll ich denn hören? Vielleicht machst du es mir mal einfacher, in dem du sagst, worauf ich achten soll?“
Scank: „Auf dieses Geräusch…“
Jeff: „Welches denn??“
Scank: „Schscht!“
Jeff: „Ich höre immer noch nichts…!“
Scank: „Moment…, da ist es…!
…“
Jeff: „Oh man, das ist nicht dein Ernst!“
Scank: „Hahaha, der war doch gut, oder?“
Jeff: „Furz die Warzenfrau an, nicht mich!“
Scank: „Aber sie ist doch deine Frau, dann sollte sie von dir glücklich gemacht werden!“
Jeff: „Oh… oh barmherziger Poseidon! Kann das sein!? Ich rieche ihn!!“
Scank: „Hahaha, noch besser! Laut und stinkig!“
Jeff: „Wir sind hier auf dem offenen Meer und ich riech‘ ihn! Igitt!“
Scank: „Was hast du vor? Willst du etwa von Bord springen, Jeff? Du bist ja verrückt! Das zieht doch sogleich hinfort!“
Jeff: „DU gehst gleich hinfort!“
Scank: „Schaukel nicht so herum!“
Jeff: „Ich tue, was ich will!“
Scank: „He, wir verlieren noch die ganzen Dublonen, wenn du so weiter machst!“
Jeff: „Mir doch egal!“
Scank: „Na toll, jetzt schwappt Wasser herein! Lass den Unsinn!“
Jeff: „Dann erklär mir, was wir jetzt machen sollen!“
Scank: „Gut, gut, okay! Nur halt das Boot ruhig!“
Jeff: „Also!? Wir sitzen hier fest, meilenweit entfernt vom Festland.“
Scank: „Genau… und wir haben gerademal eine halbe Wasserflasche noch übrig…“
Jeff: „Was? Heute Morgen war sie doch noch voll!“
Scank: „Ja, jetzt mach kein Theater draus! Jedenfalls sitzen wir hier fest… erst einmal. Wir könnten darauf warten, dass ein Schiff uns findet und mitnimmt gegen ein paar Schätze!?“
Jeff: „Spinnst du? Wenn sie Wind bekommen von dem Gold, dann metzeln sie uns nieder und behalten alle Schätze für sich!“
Scank: „Na, hast du einen besseren Vorschlag??“
Jeff: „Ich war schon vorhin dafür, dass wir es mit Rudern versuchen!“
Scank: „Und wohin rudern wir?? In Richtung Warzenfrau??“
Jeff: „Fang nicht wieder damit an! Wir rudern… einfach drauf los… immerhin besser, als auf den Tod zu warten.“
Scank: „Rudere du dich ruhig zu Tode! Ich halte erst einmal ein Nickerchen!“
Jeff: „Wenn ich allein rudere, dann fahren wir doch bloß im Kreis!“
Scank: „Na immerhin nervst du mich dann nicht!“
Jeff: „Oh, ich werde dir gleich…!“
Scank: „Lass meinen Hals los, du schäbiger Bandit!“
Jeff: „Dann hilf mir Paddeln, du rostige Schiffsschraube!“
Scank: „Aber ich bin müde! Jetzt lass los!“
Jeff: „Gut, fein. Mach, was du willst. Halt dein Schläfchen, aber wunder dich nicht, wenn du umzingelt von Haien aufwachst!“
Scank: „Ach, ich schmecke denen gar nicht!“
Jeff: „Stimmt, so wie du riechst!“
Scank: „Gleich gibt’s ein paar hinter die Löffel! Und jetzt lass mich schlafen!“
Jeff: „Du hast den ganzen Morgen nichts Anderes gemacht, wie kannst du immer noch müde sein!?“
Scank: „Dir brennt die Sonne ja auch nicht auf den kahlen Schädel!“
Jeff: „Jetzt fängt das wieder an! Ich hab deine Mütze nicht mit Absicht verloren!“
Scank: „Für Kerzenhalter hast du Zeit, aber für lebenswichtige Mützen nicht!“
Jeff: „Ach, komm, lass gut sein – geh schlafen!“
Scank: „Mach ich jetzt auch!“
Jeff: „Na, fein!“
Scank: „He, was war das?“
Jeff: „Ich dachte du wolltest schlafen?? Jetzt nerv mich nicht mit deinen Fürzen!“
Scank: „Nein, das war ich nicht! Das kam hier aus dem Boot!“
Jeff: „Das Boot kann nicht furzen!“
Scank: „Da! Da war es schon wieder… Hört sich an, wie blubbern.“
Jeff: „Ohje! Sieh dir das an!!“
Scank: „Nein! Bitte nicht!“
Jeff: „Barmherziger Poseidon, auch das noch!“
Scank: „Ein Loch im Boot! Hast du es bemerkt?“
Jeff: „Wie denn? Du furzt doch die ganze Zeit… Und was machen wir jetzt?“
Scank: „Rudern?“
Jeff: „Ganz toller Vorschlag! Dann gehen wir im Nu unter wie eine alte Seekuh!“
Scank: „War doch ursprünglich mal deine Idee! Dann verstopf das Ding doch endlich!“
Jeff: „Ja, womit denn??“
Scank: „Zieh dein Hemd aus!“
Jeff: „Spinnst du? Dann verbrenne ich ja!“
Scank: „Ach und mein Kopf brennt nicht!?“
Jeff: „Lass das jetzt! Wir müssen das Loch stopfen!“
Scank: „Pack ein paar Dublonen aus, wir nehmen den Sack!“
Jeff: „Gut, Moment!“
Scank: „Du sollst die Dublonen nicht aus dem Boot schmeißen!“
Jeff: „Das war ein Versehen!!“
Scank: „Wiedermal! Kannst du auch mal was richtig machen?“
Jeff: „Da! Siehst du! Das Loch ist dicht!“
Scank: „Na, wenigstens etwas!“
Jeff: „Ja, das ist ja noch einmal gut gegangen…“
Scank: „Jeff?“
Jeff: „Was gibt’s?“
Scank: „Du siehst irgendwie komisch aus…!“
Jeff: „Haha, danke, du hast auch einen hässlichen Fischkopf, Scank!“
Scank: „Das… das ist kein Scherz… dein, dein Hals ist so lang… Fühlst du dich krank?“
Jeff: „Ob ich mich? Ich fühle nichts, mein Hals ist normal! Was redest du bloß?“
Scank: „Fällt dir das Schlucken nicht schwer?? Dein Hals wird immer länger!“
Jeff: „Alles okay mit dir?“
Scank: „Mit mir? Mit mir!? Guck dich doch an! Ob es MIR gut geht! Dein Hals!!“
Jeff: „Ohje, Scank, du fantasierst ja!“
Scank: „Nein, nein, ich fantasiere nicht! Dein Hals! Er ist wirklich… Er wächst!“
Jeff: „Komm, beruhige dich! Nimm deine Arme herunter, ich tue dir doch nichts!“
Scank: „Nein, nein, komm mir nicht zu nahe!!“
Jeff: „Ich sitze noch immer auf meinem Platz… Hier, siehst du? Ich habe mich kein Stück bewegt.“
Scank: „Deine Augen… groß und gierig…! Deine Zunge! Oh! Eine Eidechsenzunge! Bitte, verschone mich! Verschone mich! Versch-„
Jeff: „Tut mir Leid, das musste jetzt sein. Hoffentlich hinterlässt das nicht eine all zu große Beule, sonst nimmt das ein böses Ende mit mir…
Ist ja zum Verrücktwerden hier. Die Sonne grillt bereits unsere Eingeweide. Und dir hat sie schon Halluzinationen hervorgezaubert. Dir dein sowieso schon zermartertes Hirn verbrannt. Dabei hattest du einmal so große Träume. Du wolltest ans Theater dich begeben. Stücke schreiben, wie Shakespeare. Wolltest dich von Frauen feiern lassen und dich an die alte Esmerinda herantrauen, um sie zu deinem Weib zu machen. Wolltest zwar in sicheren Leinen leben, aber den Armen etwas abgeben, weil du beide Seiten hattest kennengelernt. Du hast ein gutes Herz, das du hinter deinem eingerosteten Verstand und deiner scharfen Zunge versteckst. Du hattest noch so viel vor… Und ich war mir sicher, du hättest es geschafft. Du hättest ruhmreich gelebt und hättest deinen Traum mit allen geteilt. Aber nun schwimmt alles dahin… Es schwimmt dahin, verdammt! Und sinkt und sinkt… und so ergeht es auch mir, denn wir sitzen ja wortwörtlich im selben Boot.“
Scank: „W-was…re-redest denn du… für Sach-chen?“
Jeff: „Oh, du bist wieder wach. Hier, nimm einen Schluck, einen kräftigen.“
Scank: „Aber… haben doch nicht mehr viel…“
Jeff: „Nun, trink schon! Wer muss denn hier ohne Mütze sitzen?“
Scank: „…Genau…“
Jeff: „Und, geht es dir jetzt besser?“
Scank: „Bin ich eingeschlafen? Mein Kopf tut so weh… Sind wir immer noch auf dem Meer?“
Jeff: „Ja, sind wir.“
Scank: „Dann geht’s mir ungut.“
Jeff: „Ja, mir auch, Scank, mir auch.“
Scank: „Immer noch keinen neuen Plan?“
Jeff: „Paddeln?“
Scank: „Na schön, versuchen wir’s.“
Jeff: „Gib dir noch ein paar Minuten.“
Scank: „Gut, gut, wir wechseln uns eben ab. Weck mich, wenn du nicht mehr schaffst.“
Jeff: „Dass du mal wieder schlafen kannst! Na fein, mach, was du willst. Ich wecke dich dann.“
Scank: „Jaja…“
(…)
Jeff: „Oh, oh, was ist passiert? Bin ich eingeschlafen?“
Scank: „Ja, es ist bereits nächster Morgen. Das kommt davon, wenn man sich so wacker wach halten will. Mich hast du damit nicht beeindruckt.“
Jeff: „Das war nun auch wirklich nicht meine Absicht!“
Scank: „Ach und wieso dann das Ganze…? Ach, lass gut sein.“
Jeff: „Du sagst es… Und, schon Festland in Sicht? Hast du etwa die ganze Nacht gepaddelt?“
Scank: „Jetzt bist du beeindruckt, was! Siehst du, so macht man das!“
Jeff: „Scank…!?“
Scank: „Ja, ich weiß, darum geht es nicht, aber ich bin trotzdem ziemlich gut. Unsere Tage als Langfinger sind gezählt. Hast du dir derweil mal die Schätze angesehen? Ich habe sie heut Nacht kurz gezählt und geschätzt. Wir werden reiche Leute werden, Jeff, reiche Leute! Reiche, feine Männer, denen jede Türe offensteht!“
Jeff: „So fern wir von hier weg kommen…“
Scank: „Nun, zerstör es doch nicht gleich wieder! Stell es dir lieber vor, das gibt Kraft! Stell dir vor, wie reiche Leute leben! Königlich! Wir werden reicher sein als Waltibar es je gewesen ist!“
Jeff: „Ach, ich denke, das ist nicht mehr so wichtig. Reich und tot, das wäre doch ziemlich unsinnig.“
Scank: „Du kannst dich nicht über die Schätze freuen oder?“
Jeff: „Doch, doch, sicher, aber-„
Scank: „Nichts aber! Sieh dir das doch alles an! Wir sind reich!“
Jeff: „Aber was können wir derzeit mit dem ganzen Reichtum anstellen? Nichts!!“
Scank: „Darum geht es doch gar nicht… Jemand, der in die Taufe des Glückes kommt, wird auch nicht glücklicher, nur weil er sein Glück teilt! Das kann man mir nicht erzählen! Es geht um den Moment, das Gefühl! Ums positive Denken! Wir sind reich, das gibt uns ein gutes Gefühl, in diesem Moment jedenfalls,  gibt uns den Hoffnungsschimmer, weiter zu leben und vielleicht ist auch ein wenig Gier nötig, die ausreicht, dass wir mehr um unser Leben kämpfen, als wir es sonst getan hätten.“
Jeff: „Wie soll ich das jetzt verstehen?“
Scank: „Hätten wir diese Schätze nicht, hätten wir schon bald unser Leben aufgegeben. Aber da das Gold nun unser eigen ist, erlaubt es unsere Gier nicht, dass wir es Anderen erlauben würden. Andere, die sich die Schätze unter den Nagel gerissen hätten, nachdem unsere Leichen an Land gespült wurden. Andere, die sich nichts aus diesem Reichtum machen. Die es eigennützig verschwenden und nicht respektieren, was für ein langer, beschwerlicher Weg es für uns war, an sie heranzukommen. Diese Schätze, mein Lieber, werden uns am Leben erhalten.“
Jeff: „Hm, vielleicht hast du Recht. Nur gut, dass wir einander vertrauen, sonst hätte es noch einen Zwiespalt zwischen uns ausgelöst.“
Scank: „Du sagst es. Aber Brüder tun so etwas nicht, Jeff, Brüder nicht.“
Jeff: „Bruder hast du mich lange schon nicht mehr genannt. Nun, ich bin froh, dass dein Hirn doch noch nicht ganz verbrannt ist, Scank.“
Scank: „Mein Hirn läuft doch immer auf Hochtouren!“
Jeff: „Nur nicht im Moment des Diebstahls.“
Scank: „Das nennt man Ãœberlebensmethodik.“
Jeff: „Obwohl es keine angewandte Methode ist?“
Scank: „Das ist es ja gerade. Die Methodik liegt darin, keine zu sein. Wenn man überleben muss, überlegt man nicht großartig. Das Handeln zählt. Davon wird mein erstes Theaterstück handeln. Damit auch Dummbeutel wie du es verstehen!“
Jeff: „Selber Dummbeutel…! Soll ich jetzt wieder rudern?“
Scank: „Ja, übernimm‘ du mal. Die Nacht war ganz schön anstrengend. Mich frisst der Durst gleich auf.“
Jeff: „Sagt der Mann mit den Theater-Eingebungen!“
Scank: „Kreativität kommt und geht, das geht nicht zu erklären!“
Jeff: „Schon gut… Ich verdurste auch gleich. Aber es ist nur noch ein kleiner Rest, den müssen wir uns aufsparen.“
Scank: „Wie du meinst, ich halte mein Schläfchen, dann kriege ich vom Durst nichts mit.“
Jeff: „Ãœberlebensmethodik?“
Scank: „Genau.“
Jeff:„Gut‘ Nacht!“
Scank: „Es ist aber Tag!“
Jeff: „Na, fein, guten Tag, der Herr und süße Träume!“
Scank: „Wie auch immer…“
Jeff: „Du bist aber auch ein Dickschädel…!
Fein, du bist eingeschlafen. Das ging aber schnell. Ich hoffe, du hast wirklich Recht und der Schatz gibt uns etwas mehr Kraft zum Durchhalten, denn meine Finger sind bereits jetzt schon wund und mein Rücken schmerzt…, aber wem sage ich das? Du hast bestimmt dieselben Leiden. Was auch sein Gutes hat, dass wir eben nicht allein sind. Aber da du unentwegt schläfst, schätze ich, dass trotz der Ãœberlebensmethodik, dein Körper nicht mehr lange mitmacht. So wenig wie meiner. Was tun wir also, wenn das Wasser restlos alle ist und wir vor Durst fast umkommen? Reicht ein Schatz dann aus, um uns davon ab zu bringen, dem anderen die Kehle aufzuschlitzen, um von seinem Blut sich satt zu trinken?“
Scank: „Man, ich könnte schwören, du redest im Schlaf!“
Jeff: „Oder du hörst Stimmen im Schlaf, denn ich bin hellwach.“
Scank: „Deine roten Augen sagen etwas anderes!“
Jeff: „Sie sind rot, weil sie so lange offen stehen und wachsam sein müssen!“
Scank: „Wachsam…, ja, klar.“
Jeff: „Ja…“
Scank: „Moment… Wachsam? Deine Augen müssen wachsam sein, wofür? Hier ist doch niemand.“
Jeff: „Nein, das war doch nur so daher gesagt. Man sagt das so.“
Scank: „Sicher, sicher… es sei denn…“
Jeff: „Es sei denn-was?“
Scank: „Es sei denn – und das sage ich nicht, weil ich es denke –… du musst wachsam sein wegen mir!“
Jeff: „Wegen dir??“
Scank: „Ja, ich bin doch hier der einzige, den du beäugen müsstest. So ein großer Schatz. Wer teilt da schon gerne?“
Jeff: „Jetzt hör aber auch! Ich will den Schatz doch gar nicht für mich allein! Oder würdest du ihn für dich haben wollen?“
Scank: „Komm, gib schon zu, dass dich der Gedanke auch reizt, reicher zu sein als Piratenkönig Waltibar!“
Jeff: „Ich dachte, wir wären bereits mindestens so reich wie er?“
Scank: „Ãœberleg doch mal: Wir zusammen sind so reich wie eine Person. Aber hätte nur einer von uns diesen Reichtum würde er ihn um einiges mehr noch übertrumpfen!“
Jeff: „Geht es hier darum, der Reichere zu sein? Dann gebe ich dir eben mehr als die Hälfte dazu! So, hast du es jetzt?? Dass du noch Kraft zu streiten findest… Ich fühle mich gar nicht gut…“
Scank: „Jeff, alles in Ordnung mit dir? Du siehst wirklich gar nicht gut aus… Hier, trink den Rest.“
Jeff: „A-aber, das ist alles, was wir noch haben! Lass gut sein, ich schaffe das schon!“
Scank: „Nichts da. Trink.“
Jeff: „Nein!“
Scank: „Warum willst du nicht?“
Jeff: „Ich bin kein Räuber, Scank! Ich will, dass du das weißt! Die Sache auf dem Schiff war einmalig, das weißt du! Ich will, dass du es weißt! Ich würde dich nie bestehlen!“
Scank: „Das weiß ich doch. Nun trink.“
Jeff: „Nein, ich will, dass du den Rest bekommst.“
Scank: „Ich? Nein, ich hab‘ noch genug Kraft den Schatz vor dir zu beschützen!“
Jeff: „Das ist nicht komisch!“
Scank: „Hier, nimm schon.“
Jeff: „Ich lasse dir noch einen Schluck über…“
Scank: „Danke, kleiner Dummbeutel…“
Jeff: „Scank?“
Scank: „Ja?“
Jeff: „Wenn wir hier auf hoher See sterben, was passiert dann mit dem Schatz?“
Scank: „Wir sterben nicht.“
Jeff: „Achja, …Ãœberlebensmethodik?“
Scank: „Besser noch: Brüderliebe.“
Jeff: „Und Habgier, nicht wahr?“
Scank: „Beides ausgezeichnete Voraussetzungen für uns.“
Jeff: „Na, ich will dir mal glauben…“
Scank: „Besser ist’s! Aber du wirst es ja eh sehen…“
Jeff: „Genau…“
Scank: „Jeff?“
Jeff: „Na?“
Scank: „Mein erstes Theaterstück…“
Jeff: „Was ist damit?“
Scank: „Es soll von dir handeln. Von uns. Und diesem schaurigen Erlebnis.“
Jeff: „Und darüber, was für einen Spaß wir uns daraus gemacht haben, nicht wahr?“
Scank:Â „Ganz genau!“
Jeff: „Es wird sicher etwas ganz Besonderes!“
Scank: „Ohja!“
Jeff: „Und dann trinken wir Rum, den ganzen Tag!“
Scank: „Nur betrunken kann man die Welt der Reichen ertragen!“
Jeff: „Wir sind doch jetzt auch reich!“
Scank: „Reich an Erfahrung jedenfalls!“
Jeff: „Das sowieso…! So, ich muss mich hinlegen. Rudern wir morgen weiter.“
Scank: „Gut, ich kann auch nicht mehr.“
Jeff: „Eine Mütze Schlaf wird uns gut tun.“
Scank: „Genau und morgen dinieren wir mit Königen!“
Jeff: „Weil wir Könige sein werden!“
Scank: „Du sagst es!“
Jeff: „Scank? .. Scank? Du bist schon eingeschlafen… Ich kann nicht schlafen. Ich bin so müde, wie noch nie in meinem Leben, aber ich kann nicht schlafen. Ich fühle mich so schlapp. So erschöpft, dass ich mich nicht mehr erheben kann. Aber du kannst einfach schlafen. Dein Körper erholt sich. Du bist stark. Du wirst es schaffen. Werden wir beide. Und dann sehen wir uns irgendwann dein Theaterstück an und werden herzlich über diesen Moment lachen. Den Moment, in dem ich nicht schlafen konnte, obwohl ich so müde war und mich so schwach fühlte. Es ist schön an Morgen zu denken und nicht an heute. Aber ich weiß wirklich nicht, ob es einen Morgen für mich geben wird. Wenn aber nicht für mich, barmherziger Poseidon, dann für meinen geliebten Bruder.“
Scank: „Sieh, sieh dir diese Hure an!!“
Jeff: „Hm?“
Scank: „He, wach auf und sieh dir diese Hure an! Sie hat meine Mütze geklaut!!“
Jeff: „Wovon redest du?“
Scank: „Guck nicht so schlaftrunken! Die verdammte Hure schwimmt mit meiner Mütze davon!“
Jeff: „Solange es nicht der Schatz ist oder das, was das Loch im Boot verstopft… lass sie doch.“
Scank: „Wohl kaum! Sieh doch, sie lacht über mich! Dir zeig ich’s, du blöde Nixe, du!“
Jeff: „Nixe?“
Scank: „Na warte, du lachst zum letzten Mal!“
Jeff: „Scank, nicht!!“
Scank: „Ich hole mir zurück, was mir gehört!“
Jeff: „Komm zurück! Nicht! Spring nicht ins-!“
Scank: „Wo ist sie hin?“
Jeff: „Da ist niemand! Komm zurück ins Boot, verdammt! Das waren doch bloß die Fische, die du gesehen hast! Wenn man überhaupt in dieser Dunkelheit etwas sehen würde!“
Scank: „Nichts da! Du hast sie ihr gegeben!“
Jeff: „Was?? Oh man, Scank, komm zurück ins Boot, du wirst erfrieren!“
Scank: „Rede dich nicht heraus! Du hast sie mir gestohlen! Bist wohl auf den Geschmack gekommen! Als nächstes beklaust du mich meines Schatzes!“
Jeff: „Genug jetzt!! Komm zurück ins Boot!!!“
Scank: „Nein!“
Jeff: „Du ertrinkst noch, du wankst ja nur noch hin und her! Du fantasierst doch bloß!“
Scank: „Tu nicht so, als wäre ich bescheuert!! Du willst den Schatz für dich haben, gib es doch zu!“
Jeff: „Ich gebe dir den ganzen Schatz, wenn du willst, nur komm endlich wieder zurück zum Boot geschwommen, damit ich dich heraufziehen kann!“
Scank: „Damit du mich ermorden kannst! Deshalb schläfst du nie!“
Jeff: „Ich schlafe doch und ich werde auch gleich wieder schlafen, aber zunächst einmal komm zurück ins Boot!“
Scank: „Es hat sich ausgebrüdert, mein Lieber! Ich hol mir jetzt meine Mütze zurück!“
Jeff: „Scank, nicht! … Oh, so ein Mist!“
Scank: „Wirst du wohl hier bleiben!“
Jeff: „Wa-was?“
Scank: „Ich sitze doch hier neben dir! Du springst mir nicht ins Wasser!“
Jeff: „Aber, aber du warst doch eben noch… Wie bist du so schnell wieder ins Boot…? Ich verstehe gar nichts mehr… Oh, mein Schädel brennt.“
Scank: „Vierter Tag, mein Lieber, du hast geschlafen und dir einen Sonnenstich geholt. Aber ehrenwert von dir, dass du mich aus dem Wasser fischen wolltest.“
Jeff: „Mein Kopf brummt… Brummt deiner auch?“
Scank: „Nein, aber meine Zunge pocht irgendwie. Als würde sie gegen meinen Mund schlagen, er solle endlich wieder Nahrung und Wasser zu sich nehmen.“
Jeff: „Ja, das sagt mein Körper mir auch.“
Scank: „Ich hatte dir das letzte bisschen Wasser angeboten, aber du hast unsere Flasche von Bord geworfen und um dich zu beruhigen habe ich eine Zeit gebraucht. Jetzt ist die Flasche nicht mehr zu sehen.“
Jeff: „Tut mir Leid…“
Scank: „Schon gut, ich spiele langsam auch schon verrückt. Habe wirre Träume und sehe ab und zu Dinge. Aber wir machen das schon. Ist guter Grundstoff zum Schreiben.“
Jeff: „Da hast du wohl Recht. Wer könnte schon so gut über die Verrücktheiten auf hoher See schreiben, wie jener, der es selbst erlebt hat!?“
Scank: „Genau.“
Jeff: „Wer ist mit Rudern dran?“
Scank: „Da habe ich mir etwas überlegt.“
Jeff: „Und zwar?“
Scank: „Wir sollten alles von Bord werfen.“
Jeff: „Was??“
Scank: Wir sollten alles von Bord werfen!“
Jeff: „Ich habe gehört, was du gesagt hast. Nur verstanden habe ich es nicht. Wieso willst du unseren Schatz aufgeben? Wir wollten doch reich sein? Außerdem ist es einer der Gründe, der uns am Leben erhält, das hast du selbst gesagt!?“
Scank: „Ach, Jeff, wenn wir ehrlich sind ist Reichsein doch nicht so toll. Wir müssten trotzdem die ganze Zeit betrunken sein, um die Anderen aus zu halten. Wir sind ja doch nicht wie sie. Und das Stehlen könnte ich mittlerweile auch nicht mehr aufgeben. Es bringt viel zu viel Spaß! Und was die Ãœberlebensmethodik angeht… Ich denke, die ist noch verbesserungswürdig.“
Jeff: „Also alles von Bord werfen?“
Scank: „Tun wir’s.“
Jeff: „Dann ist das Rudern vielleicht auch einfacher.“
Scank: „Wir rudern eben zusammen. Was das Zeug hält, los!“
Jeff: „Aber ich kann kaum noch meinen Arm heben…“
Scank: „Schon gut, ich rudere ein bisschen. Ich sage dir dann Bescheid.“
Jeff: „Nein, das musst du nicht tun.“
Scank: „Ach, ich habe noch ein bisschen Kraft. Ãœberlass das mal deinem großen Bruder…“
…
Jeff: „Oh, sieh mal! Ein Regenschauer! Wir sind gerettet! Regen! Wasser! Sieh‘ doch, Scank! Wasser! Der barmherzige Poseidon schenkt uns Regen! Scank, sieh‘ doch! Steh‘ auf, Scank! Schluss mit Schlafen! Oh mein Gott, siehst du es auch?? Es ist dunkel, aber ich sehe es! Da hinten ist Festland! Wir haben es geschafft! Komm schon, Großer! Du Idiot, deine Warzenkönigin wartet! Wir sind gerettet! Scank, wach auf jetzt! … Scank? Scank??“
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Immer, wenn du schläfst, kommen mir die komischsten Gedanken. Aber als ich an Festland ging und dich zurücklassen musste, weil du dem ewigen Schlaf verfallen warst, waren meine Gedanken leer. Ich ging an Festland und überließ dich voll Trauer dem Meer.
All meine Träume und Wünsche waren vergessen. Denn nur dein Traum zählte. Ich tat mein Bestes und brachte unser Erlebnis, unsere Geschichte zu Papier.
Reich bin ich dadurch nicht geworden – wäre ja auch nicht in deinem Sinne – aber noch heute erzählt man sich von dem Theaterstück der Brüder auf hoher See.
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