Kurzgeschichte
Die erste Lesung

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"Die erste Lesung"
Veröffentlicht am 26. Januar 2010, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Laßt jedem Individuum, gleich welches Aussehen, welche Interessen, welche Religion und welcher Herkunft die Möglichkeit der freien Entfaltung seines Lebens und gönnt ihm die Suche nach seinem eigenen Glück. Freut euch wenn Menschen fröhlich sind und tröstet sie bei Trauer. Versucht die Gedanken anderer Menschen zu begreifen und behandelt jeden, wie Ihr behandelt werden möchtet. Vielleicht wird die Welt dann besser.
Die erste Lesung

Die erste Lesung

Die erste Lesung

 

 

Nun – Es war fertig – Sein Buch. Er hatte fast dreihundert Seiten zu Papier gebracht und nannte seine Jugenderinnerungen „Mein Leben als Pfalzgraf“. Seinem jetzigen Titel wohl angemessen.

 

Er war stolz auf sich. Doch – wollte es auch jemand lesen? Sicher- Seine Kurpfälzerin und seine besten Freunde waren begeistert, aber diese schienen ihm eher voreingenommen. Wollten auch fremde Menschen seine literarischen Ergüsse konsumieren?

 

Er veröffentlichte sein Werk für nur wenige Euro bei Books on Demand, sodass Jedermann, der die pfalzgräflichen Anekdoten verinnerlichen mochte, hierzu Gelegenheit erhalten sollte. Doch nur wenige hatten wahrlich Interesse daran.

 

Er war traurig.

 

So saßen der Pfalzgraf, seine Kurpfälzerin und etliche Freunde vor wenigen Wochen in der Stammkneipe seines ehemaligen Wohnortes zusammen und labten sich an köstlichem Met und wohlfeilem Bier. Sie unterhielten sich vortrefflich und irgendwann kam das Gespräch auf das pfalzgräfliche Werk zu sprechen.

 

„Mache doch einfach eine Lesung in meinem Lokal“ meinte der Wirt aus einer Laune heraus, „Du kannst Dein Werk vorstellen und ich bekomme manchen Gast, welcher sonst nie den Weg hierher gefunden hätte“. Beiden wäre hiermit gedient. Sie einigten sich auf Samstag, den 23. Januar.

 

Der Pfalzgraf, in seinem alkoholumnebelten Hirn, sagte sofort zu. Er ahnte nicht was auf ihn zukommen sollte.

 

Sein bester Freund Bernd – ebenfalls anwesend – erklärte sich einverstanden die erforderlichen Marketing-Maßnahmen zu übernehmen. Pfalzgraf konnte nicht ahnen, welche Entwicklung dies kleine Gespräch nehmen sollte.

 

Tage später – Er war wieder in der Kurpfalz – erreichte ihn eine Mail seines Freundes Bernd: „Schicke mir bitte eine Mail mit Deinem Bild und einige Informationen über Dein Leben als Schriftsteller“. Nun – Er sah sich selbst nicht als Schriftsteller, aber er tat der Freundschaft willen wie gewünscht.

 

Er konnte nicht ahnen was geschah.

 

Nur wenige Tage später erkannte er sein Konterfei auf einem Plakat, welches sein Freund Bernd ihm zukommen ließ und überall in der Stadt aushang.

 

 Er war verblüfft. Sollte er wirklich lesen? Aus seinem eigenen Werk? Nun – er war jetzt in der Pflicht. Aber er dachte, dass wohl wenige Menschen Interesse daran hätten. So war er weiterhin Wohlgemutes und glaubte eine Lesung vor nur wenigen Interessierten abhalten zu sollen.

 

Wieder einige Tage später. Sein Freund Bernd schien seine Arbeit als Management des Pfalzgrafen wohl sehr wörtlich zu nehmen. Es erreichte ihn ein Anruf vom Pfälzischen Merkur – der Tageszeitung des Ortes der literarischen pfalzgräflichen Ergüsse. „Sie machen eine Lesung in der Brasserie?“ ertönte es aus der Hörmuschel. „Würden Sie uns einige Informationen über sich geben?“ Er willigte etwas nachdenklich ein und gab dennoch gerne  Auskunft über seine schriftstellerische Existenz.

 

Dann erschien er im Pfälzischen Merkur eine Vorankündigung über seine Lesung über 2 Spalten.

 
Man lobte ihn im Voraus. Etwas, was ihm den Angstschweiß auf die Stirn trieb. Doch dies war noch nicht alles. Wieder ein Anruf – Diesmal von der Rheinpfalz. Wieder ein Interview. Wieder gab er bereitwillig Auskunft. Sein Freund Bernd hatte wohl gute Beziehungen. Er erstattete wiederum bereitwillig Auskunft über sich und sein Werk und glaubte wiederum sich in einem kleinen Artikel wiederzuerkennen zu dürfen. Doch weit gefehlt.

 

Fast eine komplette Seite nahm sein Konterfei in der Rheinpfalz mit dem Hinweis auf seine Lesung in Anspruch. Jetzt wurde er wahrlich nervös.

 

Der Abend des Ereignisses nahte. Er, einige Freunde aus der Kurpfalz und seine geliebte Kurpfälzerin erreichten die Brasserie. Sie waren die Ersten. 2 Stunden vor Beginn der Lesung.

 

Er wollte sich mit etwas Alkohol die Nervosität vertreiben, doch seine Kurpfälzerin unterband dies: „Du nuschelst wenn du getrunken hast“.

„Warum“ entgegnete er und schaute sich gegen 19.00 Uhr im Lokal um „außer uns ist kaum jemand da“.

 

Es war wirklich niemand da. Kein Mensch schien sich für den Pfalzgrafen zu interessieren. Also genehmigte er sich einige Biere und Schnäpse, um den Frust zu überwinden.

 

20.00 Uhr. Er wusste nicht, ob er sich freuen oder deprimiert sein sollte. Weniger als zehn  Leute waren anwesend – Trotz des Großaufgebotes der Tageszeitungen.

 

„Vielleicht ganz gut so“ ging es durch seinen Kopf, während seine Kurpfälzerin – nervöser als er selbst – kaum noch Worte hervorbrachte.

 

Dann ging er schlagartig. Als hätte Gott im Himmel Busse vorfahren lassen, füllte sich das Lokal plötzlich bis zum letzten Platz. Alle Plätze waren besetzt. Alle warteten auf den Pfalzgrafen.

 

Es war 20.30 Uhr. Auch die Presse war anwesend – bereit über sein Werk zu urteilen und dieses Urteil zu veröffentlichen. Was sollte er tun?

 

Lesen.

 

Er begab sich an den für ihn reservierten Platz, richtete das Mikrofon aus und begann einfach zu lesen. Er las Geschichten aus seinem Werk, Anfangs noch gehemmt, Dann jedoch flüssig. Es bereitete ihm einfach nur Freude. Er las zwei Stunden.

 

Es entging ihm, dass er von eingeladenen Pressefotografen fotografiert wurde; Es entging ihm, dass eine Reporterin emsig Aufzeichnungen machte; Es entging ihm sogar, dass die Zuhörer schmunzelten und lachten. Er las einfach aus seinem Buch.

 

Er war glücklich.

 

Nach der Lesung gesellte sich die Reporterin zum ihm um einige Fragen zu seinem Werdegang zu stellen. Wiederum antwortete er gewissenhaft. Danach wandte er sich seinen Freunden zu, um den Abend feierlich ausklingen zu lassen.

 

Für ihn war die Lesung beendet.

 

Am Montag – wieder in der Kurpfalz – sandte ihm sein Freund Bernd die Rezession der Rheinpfalz:

  

Fast eine Seite lang hat man ihn gelobt. Was soll er nun tun? Er wird weiterhin schreiben. Nahezu jeder, der bei der Lesung anwesend war hat sein Erstlingswerk bestellt.

 

Dies ist die Geschichte eines glücklichen Menschen.

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Hörbuch

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pfalzgraf
Laßt jedem Individuum, gleich welches Aussehen, welche Interessen, welche Religion und welcher Herkunft die Möglichkeit der freien Entfaltung seines Lebens und gönnt ihm die Suche nach seinem eigenen Glück.
Freut euch wenn Menschen fröhlich sind und tröstet sie bei Trauer. Versucht die Gedanken anderer Menschen zu begreifen und behandelt jeden, wie Ihr behandelt werden möchtet.
Vielleicht wird die Welt dann besser.

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pfalzgraf Re: Biescha - Oh - Ein Fremder hat mein Buch gelesen und es hat gefallen. Danke schön.
Vor langer Zeit - Antworten
Aleischelsche Biescha - Hann dei Buch geles ! Wa weaglisch luschdisch ! Unn do druff kommds jo aan !!
Griess
Aleischelsche
Vor langer Zeit - Antworten
pfalzgraf Re: Na, dafür.... - Ohhh - Ich habe es immer zugegeben.
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Na, dafür.... - ... lohnt sich doch auch mal ein Handytelefonat in eisiger Kälte, nicht wahr?

Schön, Bernd, mal eine solche Erfolgsstory zu lesen, von der wir insgeheim doch alle ein bisschen träumen, auch wenn wir es niiieee zugeben würden ;-)

Lieben Gruß
Gunda
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