Bin ich wirklich allein? Ich habe eben noch einmal durchs Fenster geschaut. Ich glaube nicht, dass sie mir gefolgt sind. Trotzdem habe ich vorsichtshalber die Haustür abgeschlossen, auch wenn sie das wohl kaum aufhalten würde. Sollten sie mir tatsächlich doch gefolgt sein, hält sie wahrscheinlich ohnehin nichts mehr auf. Diese blutrünstigen Dinger! Verdammt, wenn ich nur darüber nachdenke, dass ich vor gerade vier Stunden noch im karierten Schlafanzug und mit Eselkopfhausschuhen an meinen kalten Füßen durch diese Wohnung hier geschlurft bin, um meine restliche Lebensspanne mit Kaffee und Zigaretten zum Frühstück zu verkürzen, dann kommt mir all das nur noch wie eine hübsche Bilderbuchgeschichte aus meiner Kindheit vor. Nun gut, auch jetzt sitze ich hier, verbrühe meine Zunge am tief schwarzen Kaffee und inhaliere Sargnägel, als gäbe es kein Morgen, aber - und das ist die Crux - vielleicht gibt es ja auch gar kein Morgen mehr für mich. Scheiße auch, ich will gar nicht darüber nachdenken.
Dabei sah doch alles zuerst so witzig aus, als ich heute Morgen zur Arbeit ging. Ich betrat das Treppenhaus des Bürogebäudes meiner Firma durch die schwere Glastür und musste augenblicklich grinsen. Links von mir, direkt vor dem alten, klapprigen Fahrstuhl, stand ein Feuerlöscher auf dem gefliesten Boden. Der Fahrstuhl selbst war offen, weil auch in der Tür ein Feuerlöscher stand. Und selbst im Fahrstuhl hatte offensichtlich jemand einen solchen Behälter abgestellt. Für mich sah es aus wie ein Stillleben: »Feuerlöscher auf ihrem Weg ins Büro«. Ich dachte nicht weiter darüber nach, als ich meinen vor lauter Morgenmüdigkeit trägen Körper am Geländer hochzog, um bis ins dritte Stockwerk zu gelangen. Selbstverständlich hätte ich (wie die Feuerlöscher) den Lift nehmen können. Doch was tut man nicht alles, um wenigstens einigermaßen fit zu bleiben? Oder zumindest dem eigenen, schreienden Gewissen etwas vorzumachen?
Oben angekommen, wühlte ich in meiner viel zu großen Umhängetasche nach der Schlüsselkarte. Hätte ich sie vergessen, würde ich klingeln müssen, um mir von Sabine, unserer geliebten Empfangsdame, deswegen wahrscheinlich eine Standpauke anhören zu müssen, dass mir die Ohren dröhnten. Doch glücklicherweise fand ich das Ding, eingedeckt von benutzten und nie entsorgten Papiertaschentüchern. Wir Männer sagen gern, es sei ziemlich eklig, mit der bloßen Hand in der weichen Schwärze der bodenlosen Handtasche einer Frau zu wühlen, doch trägt ein Mann eine Tasche mit sich herum, sieht es darin nur unwesentlich besser aus. Ich weiß, wovon ich rede.
Das Piep signalisierte mir soeben, dass die Tür nun offen war, und ich war gerade dabei, die Schlüsselkarte wieder zu ihren Freunden, den Taschentüchern, zu tun, da hörte ich das »Bing« des eintreffenden Fahrstuhls. Wohl ein Kollege, dachte ich, und hielt die Tür offen. Doch es schritt niemand aus dem Fahrstuhl heraus. Nun, so unwichtig diese Fahrstuhlsache auch gewesen sein mochte, man schiebt die ersten Minuten eines angebrochenen Arbeitstages ja doch ganz gern ein wenig nach hinten, und so beschloss ich, nachzusehen, weshalb der Fahrstuhl im leeren Zustand hier oben angekommen sein würde. Vielleicht war jemand zusammengebrochen? Heiko, unser Boss, war schließlich keine Zwanzig mehr und vereinte zudem eine zerstörerische Mischung aus Choleriker und Hektiker in sich.
Was ich dann aber im Fahrstuhl vorfand, ließ mich doch sehr verwundert zurück. Wahrscheinlich klappte mir sogar die Kinnlade herunter, doch das kann ich nur vermuten. Hinter der geöffneten Fahrstuhltür standen jene drei Feuerlöscher, die ich eben noch unten im Erdgeschoss belächelt hatte. Meine Skepsis verflog dann jedoch recht schnell. Irgendein Spaßvogel würde die Dinger wohl ganz bequem ins dritte Stockwerk geschickt haben und gleich über die Treppe nachkommen. Dabei beließ ich es dann auch und ging nun endlich ins Büro.
Die erste halbe Stunde des Tages arbeitete ich den alltäglichen Mist ab: meinen unendlich langsamen PC aus dem tiefsten Mittelalter hochfahren, das Papierwirrwarr auf meinem Schreibtisch fein säuberlich sortieren, um es anschließend ordentlich geschichtet in die rote »Plunder«-Ablage zu legen und anschließend die ungelesenen aber sowieso unwichtigen E-Mails löschen, die jeden Morgen wie eine Flutwelle über mein wehrloses Postfach herfielen. Sitzt man erst mal sechs bis sieben Jahre am selben Schreibtisch und starrt den selben Bildschirm an, dann ist es ziemlich schwer, das morgendliche Standardrepertoire motiviert abzuspulen. Deswegen zog ich nach dieser halben Stunde sicher noch immer den Flunsch, mit dem ich bereits aus dem Bett geklettert war. Zeit für den ersten Kaffee. Es sollte mein letzter in diesem Büro werden, doch das wusste ich in dem Moment natürlich noch nicht.
Mein Büro befand sich am Giebel des Gebäudes, und die Kaffeeküche war, wie konnte es auch anders sein, natürlich genau am anderen Ende des elend langen Flurs zu finden. Auf dem Weg dorthin sammelte ich Herbert ein. Herbert war vor Jahren am selben Tag in diese Firma gekommen wie ich, und obwohl uns fast zehn Jahre Altersunterschied trennten, redeten wir so miteinander, als wären wir schon früher Klassenkameraden gewesen: Streitereien mit der festgefahrenen Familie, erfolglose Dates am vergangen Wochenende, der zuletzt gekaufte Technikschnickschnack... Wir tratschten über alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war und für arbeitszeitverkürzende Erheiterung sorgte.
»Und, gestern ›Wer wird Millionär‹ geschaut?«, fragte Herbert, während er seine rissige Kaffeetasse unter den Automaten hielt, der sie mit lauwarmem Bohnensaft auffüllte.
»Nein, ich hing geschlagene drei Stunden am Telefon«, sagte ich und rollte theatralisch mit den Augen.
»Ach, lass mich raten? Du hast mal wieder beschlossen, gegen die Wand zu rennen und dir dabei ordentlich die Fresse blutig zu hauen«, feixte Herbert.
»Na was denkst du denn? Die Fresse eines Mannes kann nie blutig genug sein«, sagte ich und musste auch lachen. Es war das alte Leid. Zwei erfolglose Vollzeitsingles, die sich darüber amüsierten, dass ihr liebstes Hobby darin bestand, abends einsam und allein in die vollgerotzten Kissen zu weinen.
»Wie sieht's bei dir aus?«, fragte ich, als der Automat gerade laut röhrend meine Kaffeetasse auffüllte. »Mal wieder was in der Pipeline?«
»Na ja, vielleicht am Wochenende. Madame hat sich mal wieder erbarmt und will mir nun einige Stunden ihrer kostbaren-« Ein lautes Scheppern schnitt Herberts Redeschwall abrupt ab. Wir schauten uns fragend an, stellten wie abgesprochen unsere Kaffeetassen zur Seite und gingen auf den Flur hinaus.
Im Eingangsbereich des Bürogangs lagen Glasscherben. Offensichtlich hatte jemand die Tür eingeschlagen. Herbert trabte sofort hinüber, um nachzusehen. Ich hätte eigentlich folgen sollen, doch irgendein irrationaler Gedanke brachte mich dazu, zurück in die Küche zu gehen und zumindest meine Kaffeetasse zu holen, bevor ich nachsehen würde, was denn geschehen war. Vielleicht war es auch nur die Macht der Gewohnheit, die mich zurücktrieb, schließlich ist ein waschechter Bürohengst nur selten ohne seine Kaffeetasse in den Weiten der Büros unterwegs. Ganz egal, was es auch war, mir rettete mein Griff zur Tasse jedenfalls das Leben. Für den armen Herbert dagegen, sollten sich die erfolglosen Frauengeschichten ein für allemal erledigt haben.
Ich hatte die Küche noch nicht wieder verlassen, als ich ein dumpfes Schlaggeräusch vernahm. Anschließend folgte ein Poltern, als wäre jemand zu Boden gestürzt. Und dann drang ein schriller Schrei an mein Ohr. Schnellen Schrittes war ich nun auf dem Flur und schaute in die Richtung, aus der die Geräusche gekommen waren. Ich konnte Herbert sehen, der reglos am Boden lag. Um ihn herum Glasscherben. Und rechts neben ihm Sabine, die eben noch gekeift hatte und nun die Hände vor den Mund hielt. Jetzt rannte auch ich zur Tür, und erst, als ich wenige Meter vor Herberts bewusstlosem Körper stand, erkannte ich das wirklich Abstruse an an der schrecklichen Szenerie: Direkt neben seinem Kopf stand ein verdammter Feuerlöscher!
Ich hatte nur wenige Sekunden, um alles wahrzunehmen, mir ein Bild vom Geschehen zu machen, denn anschließend überschlugen sich die Ereignisse. Es blieb gerade noch Zeit, um zu erkennen, dass aus Herberts verletztem Kopf Blut floss. Viel Blut! Und auch an dem Feuerlöscher klebte Blut. Jemand musste ihn durch die Scheibe geworfen und Herbert am Kopf getroffen haben, dachte ich, bevor mir einfiel, dass die Scheibe zerstört worden sein musste, als Herbert noch mit mir zusammen in der Küche gestanden hatte. Doch was stand ich dumm in der Gegend und überlegte, was passiert sein konnte? Ich sah Sabine an, die, wie zur Salzsäule erstarrt, im Gang stand und mit vor Schreck geweiteten Augen auf Herbert herabblickte.
»Sabine, ruf sofort den Notarzt, verdammt. Sab-«, begann ich, als auch ich von einem neuerlichen Geräusch unterbrochen wurde. Wieder dieses dumpfe Knallen von Metall auf einen harten Gegenstand. Dieses Mal direkt aus Heikos Büro. Es folgte ein lautes Krachen, als hätte jemand den kompletten Schreibtisch abgeräumt. Sofort darauf rannte ich hinüber zu seinem Büro und schaute durch die offene Tür. Heiko lag mit dem Gesicht nach unten Auf dem Teppich. Um ihn verstreut lagen Unmengen Papier, als wäre gerade eben ein Wirbelsturm durchs Büro gefegt. Auch sein Monitor lag am Boden. Tastatur und Maus ebenso. Und dann auf seinem Schreibtisch das, was mir das Blut in den Adern gefrieren ließ: ein weiterer Feuerlöscher!
»SABINE«, schrie ich, drehte mich um und wollte aus dem Büro stürmen. Doch soweit kam es gar nicht, denn ich hatte mich gerade erst herumgedreht, als ich zwei Feuerlöscher entdeckte, die in der offenen Tür standen und meinen Weg blockierten. Und was soll ich sagen? Scheiße, ich hatte das Gefühl, dass die Dinger mich tatsächlich anstarrten. So starrte ich zurück, bis ein weiteres »Klong« ertönte, dem ein erstickter Schrei folgte. Sabine!
Einen Moment noch stand ich wie angewurzelt in Heikos Büro, dann fasste ich all meinen Mut zusammen, stürzte auf die Feuerlöscher zu, die einfach nur im Weg standen, und trat sie beiseite. Ich rannte auf den Flur hinaus und zurück zu Sabine. Auch sie fand ich nur noch reglos auf dem Boden liegend. Da, wo vorher ein blonder Haarschopf ihren Kopf bedeckt hatte, war nun nur noch eine rot-graue Masse aus Blut, Gehirn und Schädelsplittern zu erkennen. Ich drehte mich weg, hin zu Herbert, der nun in einer großen Blutlache lag. Den Notarzt würde er nicht mehr brauchen. Augenblicklich biss ich in meine Hand, um nicht schreien zu müssen. Verdammt, wo waren die anderen Kollegen? Die konnten das alles doch unmöglich überhört haben! War denn sonst niemand anwesend?
Und als wären meine sich überwerfenden Gedanken ein Kommando gewesen, hörte ich ein lautes Poltern hinter mir. Ich drehte mich um und sah eben noch, wie ein bewusstloser Körper durch eine geöffnete Bürotür auf den Flur hinaus flog, an die gegenüberliegende Wand prallte und wie ein Stein zu Boden fiel.
»Dirk?«, rief ich, doch er antwortete selbstverständlich nicht. Trotzdem spürte ich das Verlangen, noch einmal nach ihm zu rufen, als mir die Worte im Hals stecken blieben. Die Feuerlöscher, die ich eben noch zur Seite getreten hatte, lagen nicht mehr dort, wo sie eben noch gelegen hatten. Die verdammten Dinger standen jetzt vor mir. Direkt vor mir. Allmählich schwante mir, dass sie sich angeschlichen haben mussten, während ich ihnen den Rücken zugekehrt hatte. Aber mordende Feuerlöscher? In welch grotesken Traum war ich da nur hineingeraten? ich überlegte, ob ich die Augen schließen und bis zehn zählen sollte. Oder mich kneifen. Andererseits käme man in einem Traum niemals auf diese Idee, oder? Panisch warf ich die Gedanken in meinem Kopf hin und her, als wären sie nutzlose Würfel ohne Augen.
»Scheiße!«, stieß ich krächzend hervor und schlug die Hände an meine Schläfen. Ich stand mitten im Flur, starrte die beiden Feuerlöscher vor mir an, als ich aus einem der hinteren Büros ein lautes und ekelhaftes Knirschen hörte. Einen Moment noch richtete ich meine Augen auf die diese diabolischen Mistdinger vor mir, als ich sie abermals beiseite trat, um dem Geräusch nachzulaufen.
Und was ich sah, ließ meinen Atem stocken: Drei über und über mit Blut besudelte Feuerlöscher bildeten in dem kleinen Zweierbüro, aus dem das widerliche Geräusch gekommen war und das nun wie ein Schlachthaus aussah, ein konspiratives Dreieck. In ihrer Mitte lagen die verstreuten Reste eines völlig zerrissenen Körpers. Die blutigen Fetzen des karierten Hemdes und die geschmacklosen braunen Lackschuhe sagten mir, dass es sich bei dem Unglückseligen nur um Jörg handeln konnte. Jörg - einer der Vertriebsmenschen, mit denen ich nie wirklich viel zu tun gehabt hatte. Zu viel Realitätsverlust für meinen Geschmack.
Wieder überfiel mich das grässliche Gefühl, als würden mich diese Feuerlöscher durch ihre nicht sichtbaren Augen anstarren. Ja, sie wirkten, als fühlten sie sich von mir bei der Arbeit erwischt. Und erst jetzt, unter diesen unsichtbaren aber bohrenden Blicken, spürte ich, dass die Betäubung des Adrenalins nachließ und ich in eine so nackte wie grausige Realität geschickt wurde, die eigentlich keine sein konnte. Ich bekam Angst. Verdammte Todesangst, die mich in ihren Würgegriff nahm und auch nicht mehr loslassen sollte.
Ein kehliger Schrei quälte sich durch meinen Rachen an die hörbare Oberfläche, während ich mich langsam rückwärts bewegte. Und plötzlich über etwas Hartes stolperte.
Ich war noch nicht einmal auf dem Boden aufgekommen, als ich bereits wusste, was mich zu Fall gebracht hatte: direkt hinter mir hatte ein weiteres dieser metallenen Monstren auf der Lauer gelegen. Natürlich sah ich zu, dass ich wieder auf die Beine kam. Ich wollte sofort in Richtung Ausgang rennen, als ich mit Entsetzen sah, was sich vor mir aufgebaut hatte: eine regelrechte Armada aus Feuerlöschern versperrte den Gang. Ich bin mir nicht ganz sicher, glaube nun aber, dass ich nicht einmal die Chance hätte, über die Dinger hinwegzuspringen. Vermutlich wäre ich mitten in ihnen gelandet, gestürzt und nie wieder aufgestanden.
So rannte ich stattdessen - etwas Besseres fiel mir einfach nicht ein - auf die Herrentoilette. Ohne Augen im Hinterkopf zu haben, wusste ich, dass die roten Teufel nur wenige Schritte hinter mir waren und gleich über mich herfallen würden. So rannte ich, so schnell ich nur konnte. Und schloss mich ein. Endlich Ruhe.
Ich setzte mich auf den Toilettendeckel, schlug die Hände vors Gesicht und versuchte, ruhig zu atmen. Es war wichtig, klare Gedanken zu fassen. Auch wenn das alles hier nicht wahr sein konnte, musste ich versuchen, eine Lösung zu finden. Einen Ausweg aus dieser ganz und gar unwirklichen Situation. Mein Herz raste, und jeder Teil meines Körpers zitterte wie Wackelpudding.
Es vergingen nur wenige weitere Sekunden, bis ich das erste Poltern hörte. »Rumms!« Sie waren direkt hinter der Tür und schlugen gegen das Holz. Wieder. »Rumms!« Ich stand auf, presste mich gegen die Wand. »Rumms!« Ich saß, verdammt noch mal, in der Falle. »Rumms!« Und dann das Geräusch von berstendem Holz. Ich wusste, sie würden nur noch wenige Anläufe brauchen, um Kleinholz aus der Tür zu machen. »Rumms!«
Sind die Überlebensinstinkte eines Menschen erst einmal geweckt, wird er zum wilden Tier. Und ich wage zu behaupten, dass sich in einer solchen Situation selbst so manch hungriges Raubtier niederwerfen lassen würde. Und auch wenn Feuerlöscher wohl normalerweise keine Raubtiere sind, blieb mir doch keine andere Wahl, als es mit ihnen aufzunehmen. Oder mir zumindest einen Weg durch ihre tödlichen Reihen zu bahnen. Keinen weiteren Gedanken ließ ich zu, drehte stattdessen am Schloss und riss die Tür auf.
Da standen sie, mindestens zu zehnt, und glotzten mich. Sie bewegten sich nicht, doch ich wusste, dass sie mir den Schädel zertrümmern würden, sobald ich auch nur eine Sekunde lang wegsah oder die Augen schloss. Eben deshalb sah ich nicht weg. Ich ging einen oder zwei Schritte zurück, warf mich sofort nach vorn und sprang ein einem Satz über die roten Biester hinweg. Ich hielt nicht an, rannte, was das Zeug hielt, aus der Herrentoilette hinaus, während ich hinter mir die kratzenden und scharrenden Geräusche meiner Verfolger hören konnte.
Für den Bruchteil einer Sekunde überkam mich die nackte Panik, dass der Flur nun voll von mordlüsternen Feuerlöschern sein würde, und dennoch lief ich hinaus in den Gang. Doch er war leer, und so rannte ich einfach immer weiter. Weiter Richtung Ausgang. Mir wurde schnell klar, wo all die teuflischen Dinger abgeblieben sein mussten. Denn es drangen knackende und schmatzende Laute aus den Büros, als ich an den offenen Türen vorüberlief. Ich sah nicht hinein, wusste ohnehin, was mich erwarten würde. Außerdem waren einige von den Monstern wie besessen hinter mir her.
Ich machte mir gar nicht erst die Mühe, die Eingangstür des Bürokomplexes zu öffnen, schließlich war die Scheibe ohnehin eingeschlagen worden. Als ich an den mittlerweile zur Hälfte verschwundenen Leichen meiner ehemaligen Kollegen Herbert und Sabine vorbeigestürmt war, sprang ich einfach durch die geschlossene Tür. Die Schnitte, die ich mir dabei zuzog, hielten sich glücklicherweise in Grenzen.
Ohne zu übertreiben kann ich sagen, dass der Teufel hinter mir her war, schließlich waren es gleich mehrere Teufel, die sich am liebsten über mich hergemacht hätten, und dementsprechend schnell stürmte ich das Treppenhaus hinab. Unten angekommen, hörte ich hinter mir eben noch, dass die Fahrstuhltür sich öffnete. Die Mistdinger hatten doch glatt versucht, mir den Weg abzuschneiden, dachte ich fast schon wieder ungläubig, als ich bereits über den Parkplatz rannte. Hinter mir hörte ich nun kein Geräusch mehr, und dennoch lief ich nicht langsamer.
Noch während des Rennens fiel mir ein, dass der Autoschlüssel sich in meiner verdammten Tasche befand, die natürlich noch in meinem Büro lag. Keine Zeit, darüber nachzudenken. Ich rannte einfach weiter. Beschloss, mich über die öffentlichen Verkehrsmittel nach Hause durchzuschlagen. Mich in Sicherheit zu bringen.
All die Leute in der Bahn schauten mich an, als wäre ich geisteskrank. Die meisten gingen in einem weiten Bogen um mich herum, machten gleichzeitig jedoch auch keinen Hehl daraus, dass sie nicht anders konnten, als mich anzuglotzen wie ein seltsames Tier im Zoo. Wenn ich jetzt in den Spiegel schaue, kann ich das verstehen. Ich bin weiß wie eine Wand, sehe aus, als hätte ich Nächte nicht geschlafen und schwitze permanent. Ja, ich sehe aus wie ein elender Drogenjunkie. Und derweil ich das alles hier niederschreibe (vielleicht, weil ich es schon morgen selbst nicht mehr glauben würde, wenn ich nur versuchte, mich zu erinnern), zittern meine Finger noch immer, als würde ein Motor in mir-
Verdammt, da war ein Klopfen am Fenster. Vielleicht sollte ich es lassen, ja, wahrscheinlich sollte ich das. Doch ich kann nicht anders. Gehe eben nachsehen.