30.12.
30.12.
Verwirrt ist sie also, von diesem Kerl, den sie ja nicht mal kennt, den sie nur einmal gesehen hat.
 Ich bin außer mir. Aber was kann ich schon machen, nichts , rein gar nichts.
Wenn ich doch wenigstens wüsste, was das für ein Mensch ist, dann ginge es mir gleich viel besser oder aber auch nicht.
Sarah geht mit leicht tänzelnden Schritten auf mich zu, streicht mir, wie zur Versöhnung über den Bildschirm und dann verlässt sie das Zimmer. Â
Natürlich nur, um mich Sekunden später, wieder mit großen Augen anzusehen.
Gilt dieser Blick etwa mir? Â Nein.
Natürlich sind ihre Gedanken bei diesem Antonio, das braucht sie mir nicht zu sagen, dass spüre ich. Â
Diese Art, wie sie um mich rumschleicht, so unbeteiligt und doch so lauernd.
Ich könnte, wenn ich denn eine hätte, aus der Haut fahren.
Bis zum Mittag hat sich der feine Herr nicht gemeldet.
Bestimmt zehnmal hat sie, mit flinken Fingern, eine Mail an ihn begonnen und dann sofort wieder gelöscht.
Von Sehnsucht und wilden Träumen stand da etwas. Aber wie ich schon sagte, sie hat die kleine Taste oben rechts gedrückt und schon waren diese heißen Worte entfernt.
Es bleibt ihr nichts anderes übrig,  denn auch ohne Antwort von Tonio, ist der Kühlschrank leer und sie muss in die Stadt fahren.
Hübsch schaut sie aus. Weich und weiblich, dezent geschminkt, die Haare locker  aufgesteckt, ein paar Strähnchen fallen  wie ungewollt in ihr ebenmäßiges  Gesicht und umrahmen das Oval.
Die Lacklederstiefelchen mit dem hohen Absatz, lassen sie noch schlanker erscheinen.
Dazu der schwarze Samtrock, der sehr feminin wirkt und der rote taillierte Blazer, sie sieht einfach wunderbar aus, geradezu traumhaft.
OK ok ich komme ins schwärmen, aber sie sieht wirklich phantastisch aus.
Â
 Stunden später höre ich den Haustürschlüssel im Schlüsselloch kratzen und schon folgt ein Poltern im Treppenhaus.
Sie hat die Stiefeln in die Ecke geschmissen, reißt sich den Blazer vom Leib und dann steht sie vor mir.
O Gott, was ist denn nur passiert, meiner Sarah laufen, dicke Tränen die Wangen runter.
Es sieht gerade so  aus, als wollten sich kleine Glasperlen einen Weg zu ihrem Mund  bahnen.
Herzzerreißend schluchzt sie und wirft sich in den Sessel, der direkt vor mir steht.
Sie blinzelt ein bisschen und die tränennassen Augen finden den  Weg direkt auf mein Gesicht.
Ungläubig schaut sie auf den Maileingang und dann wird ihr Blick glasklar und sie liest:
Â
Liebste Sarah,
als ich vorhin, im Fotogeschäft, so direkt hinter Ihnen stand, da ist mir fast das Herz stehen geblieben.
Es war ein wunderbares Gefühl, zu wissen wie sehr ich Sie begehre und kein Mensch hat uns etwas angesehen.
Wenn Sie auch nur einen halben Schritt zurückgetreten wären, hätten Sie meine Erregung gespürt.
Meine Lust,  Sie zu berühren hat mich fast umgebracht.
Bitte liebe Sarah, ich möchte Sie wiedersehen und ich bitte Sie ganz herzlich,
lassen Sie mich nicht zu lange warten,
 Ihr, voller Zärtlichkeit an Sie denkender, Antonio
Â
Sie steht so urplötzlich auf, dass der Sessel gefährlich ins wanken kommt, dann tanzt sie durch das Zimmer und lacht und lacht und lacht.
O, sagt sie zu mir, und ich dumme Gans habe doch gedacht, er würde mich nicht beachten Aber nein, er war voller Sehnsucht nach mir, ich hätte sein Begehren spüren können, oh ich bin so glücklich, die ganze Welt gehört mir, ach was war ich so dumm.
Ich denke, Sarah bitte, mach dich nicht lächerlich und vor allen Dingen, schreib nicht sofort zurück. Das sieht doch dann wirklich so aus, als hättest du voller Sehnsucht drauf gewartet, dass er sich meldet.
Als hätte sie meine Warnung verstanden, dreht sie sich rum und mit einem Schwung entleert sie die kleine weiße  Einkaufstüte. Zum Vorschein kommt ein zartes Nichts, aus roter Spitze.
Sie hält es vor sich und begutachtet es kritisch, dann zieht sie Bluse, Rock und den schwarzen Body aus und schlüpft in dieses Wunderwerk.
Keine Ahnung, wie so ein bisschen Spitze den Körper verhüllen soll, meiner Meinung nach, reine Geldverschwendung.
Naja, als sie die Träger ganz vorsichtig über ihre zarten Schultern legt, da bin ich natürlich ganz anderer Meinung, diese Anschaffung war ihr Geld hundertmal wert. Sie sieht einfach bezaubernd und sehr erotisch aus.
Sarah dreht sich vor dem Spiegel. Macht das Licht an, dreht den kleinen Scheinwerfer genau so, dass das Licht sanft auf ihren Körper trifft. Rennt raus und kommt mit den roten Pumps wieder angerannt.
Nun steht sie da, fast nackt nur mit diesem Spitzenteilchen und den roten Stöckelschuhen bekleidet.
Ein Traum, ein wirklicher Traum. Es sieht wunderbar aus, aber ist das denn nun auch praktisch, nur einmal mit dem Fingernagel hängengeblieben, dann ist die ganze Pracht hin.
Ja und bis heute hat dieses Haus so etwas sündiges auch noch nicht gesehen.
Ich will nicht sagen, dass die andere Wäsche die sie normalerweise trägt, langweilig ist, da sind ein paar Stücke dabei, die sind absolut sexy, aber dieses hier ist ja schon verboten frivol.
 Sie kann sich gar nicht sattsehen und als sie sich endlich beruhigt hat, setzt sie sich doch, in eben diesem roten, verboten gut aussehenden Body direkt vor mich, spannt ihre Finger, lässt sie ein paarmal, gerade als wollte sie die Tastatur eines Klavieres bearbeiten hin und her gleiten, um dann mit einem sanften Lächeln die Buchstaben auf den Bildschirm zu zaubern:
Â
Liebster Antonio,
wie gerne hätte ich Ihnen vorhin, in Ihre braunen Augen geschaut oder mich nur ganz sanft an Sie gelehnt, tief eingeatmet und Ihren Duft mit mir genommen.  Sie glauben nicht wie oft ich an Sie denken muss. Immer und immer wieder sind meine Gedanken nur bei Ihnen. Die Welt um mich herum versinkt in grauem Alltag, alles ist so…., ja, ich weiß nicht, wie ich Ihnen das jetzt beschreiben soll, Sie lieber Antonio sind das Licht, was meinen Tag erhellt.
Natürlich möchte ich sie wiedersehen, Sie spüren und wenn es nur ein kurzer Kuss auf Ihre Lippen ist, es würde mich selig machen.
Ich küsse Sie zärtlich und voller Sehnsucht auf den Mund,
Ihre Sarah
Â
Sie können sicher verstehen, wenn ich gerade etwas schweigsam bin, denn erstens sitzt sie ja immer noch, in dieser Aufmachung, vor mir und zweitens genieße ich diesen Anblick doch lieber still.
Ich darf mich verabschieden und natürlich halte ich Sie auf dem Laufenden,
Ihr PC-Hansi….
© UteAnnaMariaSch.
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