Romane & Erzählungen
Alle Jahre wieder

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"Alle Jahre wieder"
Veröffentlicht am 26. November 2009, 4 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Ich habe in den letzten Jahren mehrere Bände mit Lyrik und Kurzprosa bei diversen Verlagen veröffentlicht. Ebenso findet man meine Gedichte in einigen Anthologien (z.B. "Bethlehems Begebenheiten") oder Zeitschriften (z.B. "Donaustrudl"). Aktuell bereite ich Publikation "Das Mädchen mit den Kaleidoskopaugen" vor, die Ende März 2019 im Spielberg Verlag erscheinen wird. Gerne arbeite ich mit Künstlern von außerhalb der Literaturszene ...
Alle Jahre wieder

Alle Jahre wieder

Jetzt geht es wieder los. Über den Straßen hängen LED-Lichterketten, die langbeinigen Schaufensterpuppen stehen knöcheltief in imitiertem Kunstschnee und die Altstädte werden rücksichtslos in überfüllte Disneyparks verwandelt, deren Spezialität der Ausschank von heißem und mit Süßstoffen durchsetztem Rotweinverschnitts ist.
Unter normalen Bedingungen würde kein Mensch, der halbwegs bei Trost ist freiwillig so etwas zu sich nehmen, aber wenn dieses übel riechende Zeug im Monat Dezember von genervten jungen Frauen, die sich erkennbar für die alberne Weihnachtsmannmütze auf ihrem Kopf schämen, in Plastikbecher portioniert und als „Glühwein“ oder „Punsch“ zum Kauf angeboten wird, vertilgen Menschen, die ansonsten durchaus in Frieden mit ihren anspruchsvollen Geschmacksnerven leben das unappetitliche Gebräu plötzlich hektoliterweise und oft mit einem Ausdruck von Befriedigung, den man üblicher Weise sonst nur im Zusammenhang mit der Befriedigung des Geschlechtstriebs antrifft .

Meiner Vermutung nach muss diese eigenartige Erscheinung auf die selbe Ursache zurück zu führen sein die dafür verantwortlich ist, dass uns die gängigen Radiosender plötzlich völlig missratene Popliedchen aus den unseligen 80-er Jahren ernsthaft als musikalische Weihnachtseinstimmung verkaufen wollen, nur weil in irgendeiner Strophe der meist von solariengebräunten, bisexuellen Wesen gesungenen Liedchen die Worte „Last christmas“ oder irgend so etwas in der Art vorkommen und dazu ein Synthesizer metallene Geräusche von sich gibt, die offensichtlich Assoziationen zu Pferdeschlitten und Glöckchen wecken sollen.

Verantwortlich für dieses mich mit zunehmendem Alter immer stärker beunruhigende Phänomen, kann meines Erachtens nur eine Art von zyklisch wiederkehrender, auto-suggestiver Massenpsychose sein.
Jedes Jahr, so etwa ab Ende November, wenn auf Grund des miesen Wetters draußen absolut nichts mehr los ist und Dunkelheit und kalter Regen auch die letzte Herbstromantik abgewürgt haben, fangen Millionen von Leuten fast gleichzeitig an sich mantraartig vorzusagen, dass jetzt die gemütlichste und schönste Zeit des Jahres bevorsteht, auch wenn sie ganz genau wissen das dem nicht so ist und sie diese Selbsttäuschung mit Übergewicht, Sodbrennen und erhöhten Cholesterinwerten werden bezahlen müssen.

Mag sein vor langer Zeit, an die sich aber nur noch wenige Alte erinnern, gab es tatsächlich mal etwas das man mit den Worten „Weihnachtsvorfreude“ oder  - was beinahe zynisch klingt - „Weihnachstfriede“ beschreiben könnte.
Wenn dem wirklich so war, dann muss es irgendwas gewesen sein, das weit weg von diesem lauten, grellen und albernen Treiben unserer so genannten Weihnachtsmärkte liegt.  
Aber wie gesagt, das muss verdammt lang her sein …

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Über den Autor

Novalis63
Ich habe in den letzten Jahren mehrere Bände mit Lyrik und Kurzprosa bei diversen Verlagen veröffentlicht.
Ebenso findet man meine Gedichte in einigen Anthologien (z.B. "Bethlehems Begebenheiten") oder Zeitschriften (z.B. "Donaustrudl").
Aktuell bereite ich Publikation "Das Mädchen mit den Kaleidoskopaugen" vor, die Ende März 2019 im Spielberg Verlag erscheinen wird.
Gerne arbeite ich mit Künstlern von außerhalb der Literaturszene zusammen.
Mit Dr. Bernd Stallhofer biete ich das Projekt "Lyrik meets Mantra" an und Werner Ziegler Ziegler lädt mich regelmäßig zu gemeinsamen Aktionen in die Ausstellungen seiner Malerei ein.
Seit Januar diese Jahres bin ich mit meinem Paket "Drecksack" auch in dem bundesweit agierenden Projekt der "Literaturautomaten" vertreten.
Ich bin Mitglied des Schriftstellerverbandes Ostbayern und wenn ich Zeit dazu habe als Schauspieler aktiv.

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Gunda Lach ... - ... sooo unterschiedlich sind sind unsere Wahrnehmungen doch gar nicht, Udo. Dann kam die feine Ironie, die ich mit der letzten Zeile meines Gedichtes ausdrücken wollte ("Oh, du schöne Weihnachtszeit") wohl nicht richtig rüber? Im Grunde wollte ich doch das Gleiche aussagen wie du: Die meisten W-Märkte (es GIBT richtig tolle Ausnahmen, auf einer davon war ich gestern) sind zu Fress- und Saufmärkten mit komerzieller Orientierung verkommen ...).

Und das mit der Massenpsychose (vllt ist es sogar eine Massenhypnose?) liegst du wohl auch nicht verkehrt..
LG
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Novalis63 Re: mag ja sein - Ich weiß nicht, mir kommt diese Advents- und Weihnachtszeit schrecklich sinnentleert und scheinheilig vor.
Ich beneide die Leute die dem Ganzen zumindest eine sentimentale Note abgwinnen und in Kindheitserinnerunge schwelgen können.
Obwohl ich sonst ein eher gefühlsgelenkter Mensch bin, gelingt mir persönlich das leider so gut wie gar nicht.



Zitat: (Original von timeless am 01.12.2009 - 16:18 Uhr) daß das auf Großstädte zutrifft, aber hier bei mir ist eine wunderschöne friedliche Adventsstimmung.
Die Geschäfte sind liebevoll dekoriert, die Verkäuferinnen sind durchweg nett und freundlich.
Der Punsch, keine Ahnung, den trink ich nicht, weil ich keinen Süßstoff zu mir nehme. Aber es gibt ja noch heiße Maroni, gebrannte Mandeln, Zuckerwatte, alles Sachen für die ich als Kind so geschwärmt habe.
Ja und ganz besonders freue ich mich auf die lange Einkaufsnacht (21 Uhr) du siehst es handelt sich um eine Kleinstadt) wenn die Jugendlichen, die mit Feuereifer gebastelt und geplant haben, ihre Servicedienste, wie Regenschirm, Gedichte verschenken, Naschzeug reichen, anbieten.
Ich mah diese Zeit wirklich gern, mag auch den Nebel, besonders aber das warme Kerzenlicht.
Jede Jahreszeit hat seine besondere Stimmung, man muss sie nur annehmen.

Liebe Grüße Ute

Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster mag ja sein - daß das auf Großstädte zutrifft, aber hier bei mir ist eine wunderschöne friedliche Adventsstimmung.
Die Geschäfte sind liebevoll dekoriert, die Verkäuferinnen sind durchweg nett und freundlich.
Der Punsch, keine Ahnung, den trink ich nicht, weil ich keinen Süßstoff zu mir nehme. Aber es gibt ja noch heiße Maroni, gebrannte Mandeln, Zuckerwatte, alles Sachen für die ich als Kind so geschwärmt habe.
Ja und ganz besonders freue ich mich auf die lange Einkaufsnacht (21 Uhr) du siehst es handelt sich um eine Kleinstadt) wenn die Jugendlichen, die mit Feuereifer gebastelt und geplant haben, ihre Servicedienste, wie Regenschirm, Gedichte verschenken, Naschzeug reichen, anbieten.
Ich mah diese Zeit wirklich gern, mag auch den Nebel, besonders aber das warme Kerzenlicht.
Jede Jahreszeit hat seine besondere Stimmung, man muss sie nur annehmen.

Liebe Grüße Ute
Vor langer Zeit - Antworten
Volker autosuggestive Massenpsychose ... - trifft es ganz gut, denke ich. Aber dem letzten Absatz entnehme ich, dass Du durchaus kein Weinachtsfeind bist, sondern dass Du den Weihnachtsrummel zum Kotzen findest?
Trotzdem oder gerade deswegen wünsche ich Dir eine schöne Weihnachtszeit.
Herzliche Grüße
Volker
Vor langer Zeit - Antworten
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