Kassandra.
Ich streckte mein Gesicht gen Himmel und spürte die Regentropfen auf meiner bleichen Haut, die nur von einem dunklen Rouge Farbe bekommen hat. Die Laternen flimmerten in den gläsernen Tropfen die von meiner Haut abwärts hinunter perlten. Ein Sternenklarer Himmel erstreckte sich über uns und der schleifende Gang, den unsere Füße hervorbrachten, war das einzige Geräusch in dieser menschenleeren Gegend. Sicherlich wäre ich geflüchtet, die Straße die hinter Luna und mir lag zurück gerannt und gehofft, dass niemand mir folgt. Doch mein Arm war von ihren Händen wie von Fesseln umschlungen, sodass es kein Entkommen mehr gab. Die Wege neigten sich langsam dem Ende zu und wir erreichten leichten Herzens unser Ziel.
Luna.
Warum war Kassandra nur so ruhig? Sonst redet sie doch immer am laufenden Band. Den ganzen Weg über nur ein bisschen ja, nein und so gesagt. Wir öffneten die Tür eines abgewrackten Clubs. Laut dröhnende Musik klang uns entgegen und ich dachte ich würde taub werden. Als nächstes merkte ich den Geruch, was sag ich da, den Gestank von kalten Zigarreten. Ich schaute in Kassandras Gesicht und sah, dass sie ziemlich glücklich aussah, nachdem wir hier angekommen waren. Wir legten unsere Sachen ab und gingen zur Bar. Doch nach einer kleinen Weile schien es mir so, als würde sich Kassandra langweilen, also fragte ich sie, ob sie mit mir auf die Tanzfläche käme.
Kassandra.
Ich strahlte förmlich als Luna den Türgriff runter drückte, denn nur ein Wort ging mir durch den Kopf „Sicherheit“. Ja, in Sicherheit fühlte ich mich gewogen, jedoch verschwand das Strahlen auf meinem Gesicht und der Kloß, der mich verlassen hat, kehrte zurück. Die warme Luft dringt zu mir durch und trocknet die vielen Perlen. Das ist wirklich nicht meine Welt, als ich meinen Blick durch den Raum schweifen ließ und dies feststellte. Aber Luna zu Liebe begleitete ich sie, auch wenn ich schon so manche Vorahnungen habe.
Nein, schrie ich, so laut ich nur konnte, doch niemand würde mich je hören, denn ich wagte es nicht mich auffällig und in Position zu rücken. Auch das Tanzen war in meinen Augen eine schlechte Idee. Die Blicke würden uns verfolgen und das hinterlistige Lachen der älteren Generation verriet ihre Hintergedanken.
Luna.
Ich dachte, dass sie gerne tanzen würde. Doch sie zögerte bei der Antwort. Wenn sie jetzt mit mir auf die Tanzfläche gehen würde, würde sie es bestimmt nur mir zu liebe machen. Aber ich wollte doch so gerne tanzen. Doch wenn sie es nicht möchte, zwingen mag ich sie nicht und allein´ tanzen ist nicht das Selbe. Nach einer Weile äußerte sie sich, dass sie doch nicht tanzen möchte. Ich sagte, dass es okay sei, obwohl ich es doch gerne gemacht hätte. Aber zum Trotz bewegte ich meinen Körper ordinärer als ich es vorhatte.
Kassandra.
So kannte ich sie gewiss nicht. Wie sie tanzte, als wolle sie sich gleich, den vor Begierde fast platzenden Männern ausliefern. Ich schloss meine Augen, um diesen Augenblick nicht näher beizuwohnen. Aber mir ist bewusst, dass ihr kleiner Auftritt noch Konsequenzen, nicht nur für sie sondern auch eben so für mich haben wird. Und zu allem Übel winkte sie mir zu und tat etwas von dem ich nicht geglaubt hätte, dass ihr Verstand das zuließ. Die Augen der Männer folgten ihren Bewegungen und vibrierten im Takt der Musik. Ihr kleiner Winker bescherte mir auch ein paar Blicke die ich zu gern vermeiden wollte. Jetzt ist es zu spät wir sitzen mitten drin. Ein Zittern durchzog mich und mein Fuß richtete sich schon zum Ausgang hin, aber ich kann sie nicht alleine lassen. Also stand mein Entschluss fest ich eilte schnellen Schrittes zu ihr hinüber, reichte ihr das T-Shirt, das auf dem Boden gelandet war und zog sie zur Tür, doch ein Mann weigerte sich durch gekonnte Handzeichen uns vorbei zulassen.
Luna.
Wieso tut sie das? Wieso holt sie mich von der Tanzfläche? Zum Glück verweigert uns der Mann den Weg, zwar weiß ich nicht wieso, aber trotzdem find´ ich´s gut. Und warum gibt sie mir das T-Shirt wieder? Mir ist doch so heiß vom Tanzen. Ich schaute an mir herunter und bemerkte, dass ich nur noch im BH da stand. Nun schossen mir etliche Gedanken durch den Kopf und innerlich bedankte ich mich bei Kassandra, dass sie mir das Oberteil wiedergab. Wie lange ich wohl schon nur so getanzt habe? Doch ich wollte noch tanzen. Mich hatte sozusagen das Tanzfiber gepackt. Ich wollte, nein ich musste unbedingt tanzen. Ich riss mich von ihr los und ging wieder in die Mitte des Raumes. Meine Lieblingsmusik lief sogar. Ich rockte wie wild ab, dieses Mal passte ich auf, dass ich mein Pullover anbehielt. Doch plötzlich wurde ich aus meinen Tanzbewegungen gerissen ich spürte etliche Blicke auf mir. Die Männer glotzten mich mit großen Augen an. Was wollen die bloß? Gefallen denen denn meine Tanzschritte so sehr? Das wird es wohl sein! Oder…
Kassandra.
Was ich jetzt tun würde, entfremdete meine Persönlichkeit, aber der Moment ist gekommen und ich sah keinen anderen Ausweg. Wie gepackt und voller Wut stürmte ich los, ballte die Faust und ließ sie mit dem verschmitzten Grinsen des Mannes zusammenstoßen, der Frust und Enttäuschung spiegelten sich in meiner Tat wieder. Ein letzter auffordernder Blick streifte Luna, doch ohne Erfolg. Ich stürmte hinaus und rannte fort. Jede Sekunde wandte ich mich, da die starrenden Blicke immer noch in mir verharrten, doch durch ein kräftiges Schütteln wehrte ich diese ab. Luna du wirst es bereuen…
Luna.
Ich sah sie nur noch fortrennen. Warum, Kassandra gehst du? Ich will noch nicht, das wollte ich dir sagen, doch du warst schon weg. Allein hier zu sein ist nicht sehr gut. Ich holte meine Jacke und die restlichen Sachen und wollte hinausrennen, in der Hoffnung, Kassandra noch einzuholen. Doch es gelang mir nicht die Tür zu erreichen, denn diese Männer hielten mich fest. Ich schlug wie wild um mich, aber ich konnte nicht loskommen. Ich hörte sie im Unterbewusstsein rufen „Hey, warum gehst du, bitte bleib noch, es ist so schön mit dir!“ Doch ich wollte nicht mehr. Ich schrie so laut, dass mich alle komisch anguckten. Irgendwie konnte ich mich dann doch befreien. Ich rannte hinaus. Nun war der Regen noch stärker geworden, denn als wir ankamen tröpfelte es nur ein wenig, aber jetzt goss es wie aus Eimern. Das war mir aber egal ich rannte und rannte. Ich hörte laute Schritte hinter mir, große, schnelle. Das war mir nicht geheuer. Los komm Luna, lauf schneller, lauf schneller. Ich drehte mich um und sah Männer aus diesem komischen Club mir hinterher rennen. Sie verfolgen mich, los Luna lauf schneller. Die Schritte näherten sich. Ich bekam Angst und rannte und rannte. Mit nassen Haaren und verlaufener Schminke kam ich zur Kreuzung, nun war es meine Entscheidung, kurzer Weg, der Wald oder der langer Weg die Straße. Ich musste einfach den kurzen Weg nehmen, denn mein trockener Atem schnürte mir die Luft ab…
Kassandra.
Die ersten Sonnenstrahlen weckten mich und kitzelten mein Antlitz. Ich stand widerwillig auf und die Tränen der vergangenen Nacht waren längst getrocknet. Der Spiegel zeigte mir einen Menschen, den ich nicht sehen wollte, die Angst und Hilflosigkeit hatte mich im gesamten Gesicht geprägt, nicht weiter mochte ich mich so betrachten und schlich die hölzerne Treppe so gut es eben ging zur Küche hinab. Meine Füße waren wund von meiner Flucht aus der Hölle und schmerzten, aber ich versuchte diese Gedanken zu verdrängen. Um mich abzulenken warf ich einen Blick in die Zeitung. Mein Herz blieb „stehen“, mein Puls raste und Perlen der Angst laufen mir den Hals hinunter. Das Titelblatt es zeigte…es wies auf Luna! Doch an ihrem Gesicht erkannte ich sie nicht, nur die Kleidung verriet mir, dass sie es war. Ich schluckte sie war verstümmelt worden und ich wusste auch von wem, doch mit den Konsequenzen hätte sie rechnen müssen. Jedoch entreißen sich meiner Seele Tränen des Gewissens und der unendlichen Schuld, die ein Leben lang auf mir lasten würde.