Toddy geht mit seinem Hund Ben spazieren. Der Hund gerät in eine Tierfalle und Toddy versucht alles um ihn zu retten.
 Copyright Eckard Neu                                    Â
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Toddy, Ben und die fiese Falle.
“Wo kommt denn dieser furchtbare Krach her?“ Ich schlug meine Augen auf und versuchte mich zu Recht zu finden.
„Ach ja, dieser blöde Wecker. Eben noch in den schönsten Träumen und jetzt! Aber nützt ja nichts. Ich legte mich auf die Seite und drehte dieser Lärmmaschine den Hals ab. Ich hatte Ma versprochen mit Ben Gassi zu gehen. Gassi gehen ist natürlich nicht der richtige Ausdruck für einen Spaziergang auf dem flachen Land, denn Gassen, so wie man sie aus dem Süden kennt, gibt es hier bei uns im Norden  nicht. Und Ben war auch kein Hund, mit dem man mal einfach so Gassi gehen konnte.
Er war so eine Promenadenmischung aus allem, was man sich so vorstellen kann. Genau so verhielt er sich auch. Er zwang dir automatisch seinen Willen auf. Ich denke mal, da ist   wohl irgendetwas in seiner Erziehung falsch gelaufen. Gehorchen war nicht gerade eine seiner Stärken. Seit sechs Jahren lebte er schon in unserer Familie. Mit Erziehung war in dieser Zeit nicht viel gelaufen. Mutter lies ihn einfach so, wie er war. Sie sagte, man soll der Natur nicht ins Handwerk pfuschen. Ein Wolf wird auch nicht dressiert, und der Hund stammt nun mal von einem Wolf ab. Naja, war schon eine seltsame Begründung, immerhin lebt der Wolf ja auch nicht in einer Familie mit den Menschen zusammen, aber als Familienoberhaupt hatte sie natürlich immer Recht.
Es sei denn, Nina kam zu Besuch. Dann hatte natürlich Nina Recht, weil die den Hund ja schließlich aus dem Tierheim geholt hatte.
Außerdem hat sie ja auch studiert. Irgend so einen sozialpädagogischen Kram. Irgendetwas mit Erziehung oder so. Nur bei Ben hat diese
- sozialpädagogische – Erziehung wohl nicht gewirkt.
Nina wohnte in Hamburg und kam nur alle paar Wochen mal vorbei. Um nach dem Rechten zu sehen, wie sie meinte. Aber tatsächlich war immer, wenn sie bei uns war, Remmidemmi im Haus. Ben, der ja sowieso schon machte, was ihm gerade in den Kopf kam, flippte jedes Mal total aus und jagte durch die Wohnung, dass die Fetzen nur so flogen.
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„So, jetzt aber bloß schnell aufstehen, den ich habe noch viel vor heute“, dachte ich und verschwand schnell im Badezimmer um mich zu waschen. Hätte beinahe vergessen meine Zähne zu putzen, fiel mir aber gerade noch ein. In der Küche schmierte ich mir schnell noch ein Brötchen und ab ging die Luzzi. „Äh, Ben! Gassi gehen ohne Ben wäre natürlich Blödsinn. Was war denn heute bloß los mit mir?“ Ich lief runter in den Wirtschaftsraum; dort hatte Ben sein Körbchen; und holte ihn. Kaum öffnete ich die Tür, kam er auch schon freudig mit dem Schwanz wedelnd auf mich zu. Er freute sich jedes Mal, wenn ich mit ihm spazieren ging. Wahrscheinlich, weil ich ihn frei laufen lies. Bei Ma musste er immer an der Leine gehen, und nur wenn sie dann weit genug vom Ort entfernt war, lies sie ihn gelegentlich mal ein kleines Stück laufen.
Wir waren schon ein ganzes Stück von zu Hause entfernt, und ich war mit meinen Gedanken bei Dieter, mit dem ich mich nachher treffen wollte, als plötzlich zwei wild fuchtelnde Arme vor meinem Gesicht auftauchten. Noch ehe ich sie sah, roch ich sie, sie hatte so einen unangenehmen Geruch. Ich kann es gar nicht genau beschreiben, wonach es roch, eben einfach nach Frau Bauermann. Sie lief immer in den gleichen Klamotten rum und vom Waschen hielt sie auch nicht viel. Jedenfalls habe ich sie noch nie anders erlebt.
Die hatte mir gerade noch gefehlt. Seit der Geschichte mit dem Hahn konnte ich die alte Bauermann, überhaupt nicht mehr leiden. Jedem, der es hören wollte, oder auch nicht, erzählte sie, wie ich im Hühnerstall auf der Leiter stand, und mich aus lauter Angst vor dem Hahn, nicht mehr herunter traute, bis sie mich erlöste. War aber auch ein riesiges Vieh, ging immer wieder auf mich los. Aber wenn die Bauermann rein kam, haute das Vieh sofort ab.
Was wollte die denn jetzt von mir?
„Toddy, bist du taub? Oder warum hörst du nicht, wenn ich dich rufe? Kannst deiner Mutter ausrichten, dass ich wieder genug Eier habe. Falls sie welche benötigt, soll sie mir bescheid geben", sagte sie, und dabei sah sie mich so seltsam an, so als wollte sie sagen: “musst die Eier aber selbst aus dem Hühnerstall holen“, und dann kam wieder so ein blödes Grinsen in ihr Gesicht.
"Hast du mich verstanden? Was machst du eigentlich so allein hier draußen? Hast du Ben gar nicht dabei?“
“Klar hab ich sie verstanden, bin doch nicht blöd“, dachte ich.“ Aber Ben, wo war der eigentlich? Eben lief er doch noch kurz hinter mir, und jetzt?“,
„Doch, natürlich ist Ben dabei. Er ist nur ein Stück vor gelaufen. Ich muss hinterher, damit er nicht verschwindet“, antwortete ich. „Geht in Ordnung, ich werde Ma bescheid geben. Sie wird sich dann schon bei Ihnen melden“. Schnell lief ich den Weg hinauf, um aus ihrem Blickfeld zu kommen.
Gleich hinter der Kurve, wo sie mich nicht mehr sehen konnte, rief ich laut nach Ben. Aber auch nach wiederholtem Rufen erfolgte keinerlei Reaktion. Meistens bellte er wenn man ihn rief, aber kam natürlich nicht, wäre ja unter seiner Würde gewesen. Dann, wenn man schon völlig genervt war, stand er plötzlich vor einem und tat so, als wäre er nie weg gewesen. Heute jedoch war kein Bellen zu hören. „So`n Mist“, dachte ich, ich sollte doch um neun bei Dieter sein. Wenn Ben nicht bald auftaucht, wird aus der Verabredung nichts werden.
Dieter wird Ãœbermorgen elf Jahre alt. Damit war er genau drei Monate älter als ich, was er manchmal auch ganz schön raushängen lies. Wir wollten hinten an der Au ein Floß bauen und damit an Dieters Geburtstag auf große Fahrt gehen. Also große Fahrt bedeutet, wir wollten mal so`n bisschen auf der Au rumschippern. Und große Fahrt, sagte Dieter dazu, weil sein Onkel als Seemann immer auf großer Fahrt war. Angeblich war sein Onkel Kapitän, aber Nina hatte ihn mal in Hamburg gesehen und meinte, dass er einfacher Matrose sei. War mir aber auch völlig egal. Hauptsache, Dieter fing nicht jeden Satz mit: „Aber mein Onkel sagt“ an, das nervte total, denn alles was sein Onkel sagte, war Dieter heilig.
Im Moment  allerdings war ich genervt, denn Ben kam einfach nicht. Und wie auf Bestellung, grollte es am Himmel. Kam wieder so`n Gewitter auf, und dann durfte ich natürlich nicht an die Au. „Ist zu gefährlich“, meinte Ma immer.
Gerade wollte ich über einen am Boden liegenden Baumstumpf springen, da sah ich Ben am Boden liegen. Erschrocken blieb ich stehen. „Oh Mann, was war denn hier passiert?“ Ich kniete mich neben dem völlig regungslos daliegenden Ben, und versuchte herauszufinden, ob er noch atmete.
Irgendwie bewegte sich da noch was, also lebte er noch. Gott sei Dank! Aber was war das? Es sah aus, als wenn er eine Kette um den Hals trug. Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich diese „Kette“ als eine Schlinge aus einzelnen Gliedern. Ich versuchte Ben daraus zu befreien und stellte entsetzt fest, dass die einzelnen Kettenglieder mit messerscharfen Spitzen versehen waren. Diese waren so stark in sein Fell gedrungen, dass er ohnmächtig geworden war. Hier hatte jemand eine ganz gemeine Falle gebaut.
Ich bekam die Kette nicht auseinander, so sehr ich auch an ihr zerrte. Was sollt ich jetzt machen? Schnell nach Hause laufen und Hilfe holen? In der Zwischenzeit könnte Ben allerdings aufwachen und versuchen, sich selbst zu befreien. Dabei würde er sich bestimmt noch mehr verletzen. Langsam geriet ich in Panik. Wie konnte ich Ben nur helfen? Er atmete kaum noch. Kurz entschlossen sprang ich auf und rannte so schnell mich meine Beine trugen, nach Hause. Kurz vor der Hauptstraße stolperte ich über einen Ast und knallte voll in eine Wasserpfütze. So`n Mist, nun war auch meine Hose noch dreckig und verletzt hatte ich mich dabei auch noch. Meine Hände und auch die Hose waren mit Blut verschmiert. Aber das konnte mich jetzt überhaupt nicht aufhalten. Nur schnell nach Hause und Hilfe holen.
Dort angekommen, lief ich in die Küche, um Ma zu erzählen, was mit Ben los war. Aber klar, es passte mal wieder alles zusammen. Sie war nicht da und auch sonst kein Mensch in der Nähe. Was mach ich jetzt bloß? Warum war denn keiner da, der mir helfen konnte?
Das Telefon! Â Gott sei Dank, dass es so etwas gibt. Schnell hin und Nina anrufen, denn die wusste immer einen Rat. Die Nummer stand doch in diesem kleinen Buch, das immer neben dem Telefon lag.
Heute natürlich nicht. Vielleicht auf Mutters Schreibtisch im Nähzimmer!  Ich rannte in das Zimmer und fand natürlich nichts. O Gott o Gott. Was mach ich jetzt bloß? Ich stolperte in den Flur zum Telefon. Irgendwo musste doch dieses blöde Buch mit den ganzen Telefonnummern herum liegen.
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Tat es auch, nämlich unter dem Telefon. O Mann… Jetzt aber schnell die Nummer wählen und dann tüt…tüt…, das dauerte alles viel zu lang. „Leider ist zurzeit keiner im Haus. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht, und ich rufe dann zurück, “ kam die dusselig Ansage vom Anrufbeantworter. Na toll, muss ja so kommen. Immer, wenn man mal jemanden braucht, ist keiner da. Ich überlegte kurz, rüber zu Frau Bauermann zu gehen, aber das lies ich lieber sein. Die war immer so neugierig und wollte dann wieder alles ganz genau wissen. Und dann die Geschichte mit dem Hahn. Nee, da geh ich auf keinen Fall rüber. Aber was tun? Ich entschloss mich, wieder zu Ben zu laufen. Irgendwie würde ich ihm auch alleine helfen können. Also schnell  den Weg wieder zurück.
Später erzählte Ma mir, dass ich wohl gerade wieder verschwunden war, als sie mit dem Rad um die Ecke gefahren kam. Sie war nur kurz beim Kaufmann, um noch einige Sachen fürs Mittagessen zu besorgen. Als sie in den Flur kam, blieb sie erschrocken stehen. „Was war hier denn passiert?“, dachte sie. Der Telefonhörer lag neben dem Telefon. Der kleine Stuhl war umgefallen, und zu allem Ãœberfluss war auch noch alles mit Blut verschmiert. Sie rannte durchs Haus und rief nach mir und Ben. Aber klar, es konnte ihr ja keiner antworten, denn ich war ja inzwischen wieder auf dem Weg zu Ben. Als sie dann auch noch die Verwüstung in ihrem Nähzimmer sah, bekam sie furchtbare Angst. Hier musste was Schlimmes passiert sein. Sie lief zum Telefon und rief auf der Polizeistation an.
„Polizeistation Schellerby, Hauptkommissar Pohlmann, was kann ich für Sie tun?“ hörte sie die Stimme am anderen Ende der Leitung sagen. „Hallo, Herr Pohlmann, hier ist Brigitte Kleinert, ich glaube, hier ist etwas Schlimmes passiert, ich komme vom Einkaufen nach Hause, und im Haus ist alles verwüstet. Im Flur ist Blut, der Telefonhörer liegt daneben, und auch in meinem Nähzimmer ist alles durchwühlt. Toddy und Ben sind nicht im Haus. Ich habe furchtbare Angst, dass ihnen etwas passiert sein könnte“.
„Nun man ruhig Blut, junge Frau. Es kann ja auch für alles eine einfache Erklärung geben. Bleiben Sie da, ich komme gleich vorbei“, entgegnet ihr der Polizeikommissar.
Es vergingen kaum fünf Minuten und Polizeihauptkommissar Pohlmann stand vor der Tür. Nachdem Ma ihm dann nochmals alles erklärt hatte, und er sich den „Tatort“ genau angeschaut hatte, kam er zu dem Schluss: „Hier muss die Spurensicherung ran.“
Wer jetzt aber denkt, es kämen Polizeibeamte mit allen erdenklichen technischen Geräten, um Spuren zu sichern, der liegt völlig falsch. Spurensicherung hier bei uns auf dem Dorf bedeutet nämlich: Hasso. Hasso ist ein Hundekollege von Ben, nur dass er eben dem Polizeihauptkommissar Pohlmann gehört und sich somit quasi im Polizeidienst befindet. Kaum ausgesprochen, dreht der Polizeihauptkommissar sich um und geht zu seinem Dienstwagen, allerdings nicht ohne vorher noch schnell meiner Mutter zu erklären, dass sie alles so liegen lassen und nichts anfassen solle. Es dauerte auch nicht lange, und er stand wieder in der Tür, und bei ihm, wie sollte es auch anders sein, Hasso.
Hasso, der deutsche Schäferhund, hatte schon einige Preise erschnüffelt. Ganz besonders gut war er im Fährten lesen.
“Haben sie noch einige, nicht gewaschene, Kleidungsstücke von Toddy da? fragte er Ma. Sie legte ihm eine alte Hose und einen Pullover hin. Hasso machte sich auch gleich darüber her, so als hätte er nur darauf gewartet, endlich mal wieder seinen ausgezeichneten Spürsinn beweisen zu können. Schnurstracks rannte er auf die Straße. Rüber auf die andere Seite, den schmalen Pfad entlang, runter zum Fluss. Ma und Polizeihauptkommissar Pohlmann konnten kaum mit ihm Schritt halten. Einmal blieb er kurz stehen, um am Boden herumzuschnüffeln. Das war wohl die Stelle, an der ich gestürzt bin und mich verletzt hatte. Â
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Und dann stand Hasso plötzlich vor mir und wedelte mit dem Schwanz. Dann erblickte er Ben und schnüffelte an ihm herum. Ma kam heulend auf mich zugerannt und schloss mich in die Arme, so dass ich beinahe keine Luft mehr bekam. Sie stammelte immer nur: „Oh Toddy, mein kleiner Toddy“. Da war es wieder „mein Kleiner“. Warum um alles in der Welt sagten die Erwachsenen immer „mein Kleiner?“, dachte ich. Irgendwann muss ich mal mit Ma darüber reden. Jetzt allerdings war dazu keine Gelegenheit, denn sowohl meine Mutter als auch Herr Pohlmann wollten wissen, was passiert war und warum Ben so bewegungslos da lag. Dann sahen beide die Kette, die er um den Hals hatte. „Was ist das denn?“, riefen sie fast gleichzeitig und schauten sich das arme Tier genauer an.
Und just in diesem Moment fing Ben an sich zu regen. Das heißt, zuerst bewegte er seinen Kopf, und dann pupste er ganz furchtbar, sodass sich bald ein unangenehmer Geruch breit machte. Kurz darauf fing Ben an, leise zu winseln, so als hätte er furchtbare Schmerzen. Was sicherlich auch der Fall war. Ma und Herr Pohlmann sahen sich besorgt an und begannen dann, Ben von der furchtbaren Fessel zu befreien. Er jaulte dabei, und man merkte, dass er große Schmerzen haben musste. Nachdem sie es geschafft haben, ihn zu befreien, nahm Polizeihauptwachtmeister Pohlmann sein Handy zur Hand und rief Dr. Hü an. Dr. Hü ist der Tierarzt im Dorf. Er heißt eigentlich Dr. Pferdmenges, aber alle nennen ihn nur Dr. Hü. Es dauerte auch gar nicht lange, und der Doktor kam mit seinem Landrover um die Ecke gefahren. Er untersuchte Ben und meinte, “ Der Hund muss in meine Klinik“ Gemeinsam legten sie ihn vorsichtig auf eine Trage, und Doc Hü fuhr schnell mit ihm in seine Praxis, um ihn dort weiter zu verarzten.
Ma nahm mich an die Hand und führte mich zum Polizeiwagen. Hasso bekam noch ein Leckerli und musste wieder in seine Hundebox. Herr Pohlmann legte die Falle ins Auto und brummelte immerfort vor sich hin: „Was sind das doch für gemeine Menschen, die so etwas tun. Die muss man hinter Gitter bringen“.
Zu Hause angekommen, schickte Ma mich erst einmal unter die Dusche. Dann musste ich ihr genau erzählen, wie es eigentlich zu dem Vorfall mit Ben gekommen war. Zuerst war mir gar nicht so wohl bei der Geschichte, denn immerhin hatte ich durch seine Träumerei Ben ja aus den Augen verloren. Bald aber merkte ich, dass Ma mich so besorgt ansah, während ich berichtete und nur froh war, dass mir nichts passiert war. Dabei erzählte ich auch von dem Gespräch mit Frau Bauermann. Gerade als ich mit dem Erzählen fertig war, klingelte es, und Dieter stand vor der Tür. Er hatte natürlich längst mitbekommen, dass irgendetwas los war, denn ich war ja nicht zu unserer Verabredung gekommen und als er das Polizeiauto bei uns vor der Tür stehen sah. wollte er natürlich genau wissen, was passiert war.
Und so erzählte ich noch einmal die ganze Geschichte, diesmal allerdings mit breiter Brust, denn jetzt fühlte ich mich schon wie ein kleiner Held, der einiges erlebt hatte.
Ich fragte Ma, ob ich mit Dieter noch ein wenig raus durfte.
 „Ja, Toddy, aber um sechs bist du wieder zu Hause“, sagte sie. Und so zogen wir beide erst einmal ab. Natürlich gingen wir zu der Stelle, an der Ben in die fiese Falle geraten war. Wir fühlten uns jetzt wie Detektive, die den Fall aufklären wollten. Aber so leicht wie es im Fernsehen immer aussah, war es nun doch nicht. Wir wussten gar nicht, wo wir anfangen sollten zu suchen, und vor allen Dingen, wonach wir eigentlich suchen sollten.
„Was glaubst du denn, wer so etwas macht?“, fragte Dieter. „Ach, ich weiß nicht, bestimmt war es ein Wilderer, der nur zufällig hier in der Gegend war und Wildfleisch oder das Fell der Tiere an die Gaststätten, oder an Touristen verkauft und Ben ist eher zufällig in seine Falle geraten. Wir können ja mal im Dorfkrug nachfragen, ob irgendjemand dort etwas angeboten hat. Ich befürchte aber, dass uns, weil wir ja noch Kinder sind, die Erwachsenen nichts erzählen werden.“ „Da hast du bestimmt Recht, dann gehen wir eben zur Polizeistation, und machen dem Polizeikommissar Pohlmann diesen Vorschlag“, antwortete Dieter, und so machten wir uns auf den Weg.
Schon von weitem erblickten wir eine große Menschenmenge vor dem Polizeigebäude. Alle redeten aufgeregt durcheinander, sodass wir uns erst einmal erkundigen mussten, was eigentlich los war. Da entdeckte ich meine Klassenkameradin Petra in der Menge und lief auf sie zu. Als sie mich sah, kam sie mir entgegen und erzählte aufgeregt, dass ein Schüler der neunten Klasse verhaftet worden sei, weil er angeblich eine Falle aufgestellt hatte, in der sich ein Kind verfangen haben sollte.
Oh Man Oh Man denke ich, jetzt ist Ben schon ein Kind. Warum die Leute wohl immer so übertreiben müssen? Ich nehme Petra an die Hand und erzähle ihr, was wirklich passiert ist und das Dieter und ich jetzt eigentlich zu Polizeikommissar Pohlmann wollen, um ihm einen Tipp zu geben. Aber das hat sich ja wohl erledigt. Ganz erstaunt sieht Petra mich an. Sie will sofort wissen, wie es Ben denn jetzt geht. Ich kann ihr aber dazu gar nichts sagen. Ich weis nur, dass Ben zur Zeit bei Dr. Hü in Behandlung ist und operiert wird. Spontan beschließen wir zur Praxis zu gehen um dort nachzufragen, wie es dem armen Hund geht. Ich halte Ausschau nach Dieter, aber der ist mal wieder verschwunden. Na egal, dann eben nicht. Und so geh ich mit Petra allein zu Dr. Hü. Bestimmt wird Dieter nachher wieder sauer sein, überlegt ich noch, aber wenn er nun mal nicht aufzufinden ist, was soll ich denn machen?
Beim Doc angekommen, kommt uns Gaby, die Arzthelferin, entgegen und sagt: „Ihr kommt bestimmt wegen Ben, aber da gibt es noch nichts Neues zu berichten. Er wird noch immer operiert.“
In diesem Augenblick kommt Doc Hü aus dem OP. Als er uns sieht, kommt er gleich zu uns herüber: „Euer Freund Ben hat noch mal Glück gehabt. Er braucht jetzt nur einige Tage Ruhe, dann kann er wieder nach Hause. Es sind keine inneren Organe verletzt.“ erzählt er uns.
Ich bin überglücklich und will so schnell wie möglich nach Hause, um Ma diese freudige Nachricht zu überbringen. Vor der Tür verabschiede ich mich von Petra, der das gar nicht so recht ist, denn sie möchte noch mehr erfahren. Aber ich will jetzt schnell nach Hause, um Ma die freudige Nachricht von Bens Genesung zu überbringen und renne los.
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Ma und Frau Bauermann sitzen am Küchentisch als ich reingerannt komme.
„Na mein Kleiner“, sagt Frau Bauermann, „nu man nicht so stürmisch, oder hast du schon wieder etwas Neues, Aufregendes erlebt, von dem du uns erzählen möchtest?“
Was will die denn hier? Bestimmt wieder neuen Gesprächsstoff für ihre Tratscherei suchen, damit sie sich nachher wieder überall wichtig machen kann!
Ich beschließe, erst einmal nichts von der guten Nachricht zu erzählen. Soll sie doch ruhig noch ein bisschen schmoren, die alte Bauermann, und will schnell wieder aus dem Zimmer rennen, aber Ma merkt natürlich sofort, dass ich irgendwas auf dem Herzen habe. Da sie aber meine Abneigung gegenüber Frau Bauermann kennt, sagt sie nur: „Nun geh erst mal, ziehe deine Schuhe aus, wasch dir die Hände, und dann können wir auch gleich zu Abend essen.“
Ich könnte sie küssen vor Freude, dass sie mich nicht in Gegenwart von Frau Bauermann ausfragt, und gehe darum auch gleich ins Bad. Kurz darauf  kommt Ma ins Badezimmer, und ich kann ihr die freudige Nachricht über Bens Genesung mitteilen.
 Sie fragt  noch, wer denn der Junge aus der neunten Klasse ist, der angeblich die Falle gelegt haben soll. „Das weiss ich auch noch nicht, aber ich will gleich nach dem Essen noch mal los, um das in Erfahrung zu bringen“, erkläre ich ihr.
„Nichts da, du bleibst jetzt im Haus. Es ist schon spät, und erlebt hast du heute ja wohl auch genug“, sagt sie. „Morgen ist auch noch ein Tag.“ Da hilft auch alles Bitten und Betteln nichts, wenn sie einmal nein sagt, dann heißt das auch nein.
Beim Abendessen unternehme ich doch noch mal einen Versuch, werde aber sofort von Ma mit den Worten: „Ich sagte nein, mein Sohn“ unterbrochen. Und wenn sie mich so mit „mein Sohn“ anspricht, dann weiß ich aus Erfahrung, dass es allemal besser ist, den Mund zu halten. Also verschwinde ich nach dem Abendessen in mein Zimmer und versuche noch ein bisschen zu lesen. Aber das geht natürlich überhaupt nicht. Ich kann mich nicht konzentrieren und lege das Buch gleich wieder zur Seite. Als das Telefon klingelt, renne ich sofort in den Flur. Ma war natürlich schneller und nahm gerade den Hörer ab. „Kleinert“, höre ich sie sagen, „ach, Dieter, du bist es. Ja, er steht schon neben mir. Aber nicht so lange, morgen könnt ihr auch noch alles bereden“, und damit gibt sie mir den Hörer in die Hand. „Du hast gehört, nicht zu lange“.
 „Hallo Dieter, wo warst du denn eigentlich vorhin? Ich konnte dich nicht finden und bin dann mit Petra zu Doc Hü gegangen.“
 „Ah, Petra, dann wolltest du mich wohl auch gar nicht finden“, sagt Dieter.
 „Du spinnst total. Natürlich habe ich versucht dich zu finden, aber ist jetzt auch egal, Ben geht es besser und er kann bald wieder nach Hause.“
„Ja, habe ich schon gehört, aber ich habe etwas herausgefunden über den Jungen aus der Neunten, und das ist sehr interessant.“ „Lass hören“, sage ich.
„Also, er heißt Jörg Petermann, und jetzt halt dich fest: Er ist vom Gymnasium geflogen, weil er dort immer wieder Ärger mit der Polizei hatte. Er soll mit Tierfellen und anderen Sachen gehandelt haben. Einige sagen sogar, er hat auch mit Drogen gehandelt, und der Polizei ist er aufgefallen, weil er einfach davon gelaufen ist, als Polizeihauptwachtmeister Pohlmann ihn befragen wollte. Der hatte nämlich von seinem Kollegen aus dem Nachbarort den Tipp bekommen, sich diesen Jungen mal näher anzuschauen. Sein Vater ist wohl schon lange tot, und seine Mutter ist kaum zu Hause. Sie hat angeblich einen Freund in Hamburg und kümmert sich nicht um ihren Sohn. Vor einem Jahr ist er schon einmal erwischt worden, als er eine Falle aufgestellt hat. Jetzt soll er in ein Heim für schwer erziehbare Kinder geschickt werden.“ „Woher weißt du das denn nun alles“, frage ich Dieter.
„Tja, als du mit Petra Händchen haltend durch die Gegend marschiert bist, habe ich einfach mal Detektiv gespielt und einige Leute, die dort vor der Polizeistation herumstanden, befragt. Und ob du’s jetzt glaubst oder nicht, ausgerechnet Petras Mama hat mir das alles erzählt. Die Leute waren sehr aufgebracht und wollen, dass der Junge aus dem Dorf gejagt wird, weil sie Angst um ihre Kinder haben.“
Als ich gerade antworten will, kommt Ma in den Flur“ Jetzt ist Schluss mein Kleiner“, sagt sie, dabei streicht sie mir übers Haar,“ ihr könnt euch morgen weiter unterhalten, jetzt ist Bettzeit.“ Da war es wieder „mein Kleiner“, „ich muss morgen unbedingt mal mit Mutter darüber reden“, denke ich, bevor ich mich mit Dieter für den nächsten Tag  verabrede.
MysticRose Toddy und die böse Falle - Hallo Eckhard, habe mich auch mal auf deinem Profil umgeschaut und Toddys Geschichte gelesen. Für mich war es anstrengend, da es ziemlich lang war und leider auch nicht mein Gebiet. Sie ist sicherlich gut geschrieben und auch die Art der Erzählung gefällt mir, genau so wie Marianne auch. Aber ich finde es leider langweilig und bewerte es deshalb auch nicht. Grüße von MysticRose |